Begriff und rechtliche Grundlagen von Finanzinstrumenten
Finanzinstrumente sind zentrale Rechtsbegriffe des Wirtschafts- und Kapitalmarktrechts. Sie umfassen sämtliche Verträge oder Urkunden, durch die Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen sowie Eigentums-, Gläubiger- oder Beteiligungsrechte in Bezug auf Kapitalanlagen geregelt werden. Finanzinstrumente bilden die Grundlage für den Handel an Finanzmärkten und sind maßgeblich für regulatorische Vorschriften, insbesondere im Bereich der Europäischen Union sowie des deutschen Kapitalmarkt-, Bank- und Bilanzrechts.
Definition und Abgrenzung
Allgemeine Definition
Gemäß gesetzlicher Definition, insbesondere nach § 1 Abs. 11 Kreditwesengesetz (KWG) und Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (CRR), sind Finanzinstrumente solche Vermögenswerte, die am Finanzmarkt gehandelt werden oder das Recht hierzu verbriefen. Die Definition umfasst sowohl wertpapierverbriefte als auch unbefristete und derivative Produkte.
Abgrenzung zu anderen Begriffen
Finanzinstrumente sind von anderen Instrumenten wie physischen Wertgütern und bestimmten sonstigen wirtschaftlichen Vertragsformen (z. B. einfachen Lieferverträgen) abzugrenzen. Sie unterscheiden sich insbesondere durch die Übertragbarkeit sowie die Beteiligung am Kapitalmarkt.
Typen und Kategorien von Finanzinstrumenten
Klassifizierung nach deutschem und europäischem Recht
Wertpapiere (§ 2 Abs. 1 WpHG)
Unter diesem Begriff fallen insbesondere Aktien, Anleihen, Genussscheine und Schuldscheindarlehen, sofern sie übertragbar und am Markt handelbar sind. Wertpapiere unterliegen dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sowie relevanten europäischen Vorschriften wie der MiFID II-Richtlinie.
Derivate
Hierzu zählen insbesondere Optionen, Futures, Swaps und andere Termingeschäfte, die sich auf Vermögenswerte, Zinssätze, Wechselkurse, Rohstoffe oder finanzielle Indizes beziehen. Derivate gelten als hochregulierte Instrumente aufgrund ihrer Systemrelevanz sowie des inhärenten Risikos.
Investmentfondsanteile
Beteiligungen an Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sind ebenfalls als Finanzinstrumente qualifiziert. Hierzu zählen Anteile an offenen oder geschlossenen Fonds, unabhängig von deren rechtlicher Form.
Schuldverschreibungen und Verbriefte Rechte
Unter diese Kategorie fallen unter anderem Zertifikate, strukturierte Produkte sowie Asset Backed Securities (ABS). Diese Instrumente sind oftmals auf die spezifische Strukturierung von Kreditrisiken oder Zahlungsansprüchen zugeschnitten.
Digitale und innovative Finanzinstrumente
Elektronische Wertpapiere, Token und Krypto-Wertpapiere rücken vermehrt in den Fokus des Finanzmarktrechts. Das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) und die Verordnung über Märkte für Krypto-Werte (MiCAR) schaffen besondere Vorschriften für deren Ausgabe und Handel.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Kapitalmarktrechtliche Regulierung
Registrierung und Handelszulassung
Finanzinstrumente dürfen an regulierten Märkten, multilateralen Handelssystemen (MTF) oder organisierten Handelssystemen (OTF) grundsätzlich nur gehandelt werden, wenn sie zuvor in das offizielle Register aufgenommen wurden und die rechtlichen Voraussetzungen für den Handel erfüllen.
Prospektpflicht und Informationsasymmetrien
Für das öffentliche Angebot von Finanzinstrumenten sieht das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) umfangreiche Prospektpflichten und Offenlegungserfordernisse vor. Ziel ist es, Transparenz und Anlegerschutz zu gewährleisten.
Insiderrecht und Marktmissbrauch
Insiderinformationen, Marktmanipulationen und verbotene Handelspraktiken im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten fallen unter die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) und werden durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt und sanktioniert.
Aufsichtsrechtliche Anforderungen
Kreditwesengesetz (KWG) und Finanzdienstleistungen
Geschäfte mit Finanzinstrumenten können erlaubnispflichtige Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte im Sinne des § 1 KWG darstellen. Anbieter benötigen grundsätzlich eine Erlaubnis der BaFin und unterliegen laufender Aufsicht.
Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)
Das KAGB enthält umfangreiche Vorschriften für Verwaltung, Vertrieb und Verwahrung von Finanzinstrumenten, insbesondere im Kontext von Investmentvermögen und alternativen Investmentfonds (AIF).
PRR- und EMIR-Verordnungen
Regelwerke wie die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (Capital Requirements Regulation, CRR) und die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (European Market Infrastructure Regulation, EMIR) schaffen Standards für Eigenkapitalausstattung und Risikomanagement bei Geschäften mit Finanzinstrumenten.
Bilanzrechtliche Behandlung
Nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) sowie den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind Finanzinstrumente bilanziell als Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten zu erfassen. Es sind spezielle Vorschriften zur Bewertung, Hedge-Accounting und Offenlegung zu beachten.
Steuerrechtliche Aspekte
Finanzinstrumente unterliegen je nach Art und Gestaltung der Besteuerung von Erträgen, Veräußerungsgewinnen und Ausschüttungen. Einkommensteuerrecht, Abgeltungsteuer sowie Umsatz- bzw. Kapitalertragsteuer sind hierbei maßgeblich.
Internationale Aspekte und grenzüberschreitender Handel
Aufgrund der internationalen Verflechtung der Kapitalmärkte werden Finanzinstrumente zunehmend durch unionsrechtliche und globale Standards reguliert. Abkommen wie das FATCA-Abkommen oder OECD-Regelungen zur steuerlichen Transparenz sind für den grenzüberschreitenden Handel von erheblicher Bedeutung.
Zusammenfassung
Finanzinstrumente stellen zentrale Rechtsobjekte des Kapital- und Bankrechts dar. Ihre rechtliche Behandlung ist von umfassenden nationalen sowie europäischen und internationalen Regelungen geprägt. Von der Definition über die unterschiedlichen Kategorien, aufsichts- und bilanzrechtliche Behandlung bis zu steuerlichen und grenzüberschreitenden Aspekten unterliegen Finanzinstrumente einer Vielzahl spezialgesetzlicher Bestimmungen. Damit sichern sie sowohl den funktionalen Ablauf der Finanzmärkte als auch einen hohen Standard des Anleger- und Marktschutzes.
Häufig gestellte Fragen
Inwieweit unterliegen Finanzinstrumente einer Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG)?
Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG zählen zahlreiche Finanzinstrumente wie beispielsweise Aktien, Schuldverschreibungen, Derivate oder Investmentanteile zu den Tatbeständen, bei deren gewerbsmäßigem Handel oder deren Verwaltung eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erforderlich ist. Die Erlaubnispflicht betrifft insbesondere das Betreiben von Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen, deren Ausgestaltung und Umfang im KWG näher konkretisiert sind (§ 32 KWG). Die Tätigkeiten, die einer Erlaubnis bedürfen, umfassen unter anderem das Finanzkommissionsgeschäft, das Depotgeschäft, die Anlagevermittlung, Finanzportfolioverwaltung u.v.m. Die fehlende Einholung der erforderlichen Erlaubnis hat weitreichende Konsequenzen: Zum einen droht eine strafrechtliche Sanktion gemäß § 54 KWG, zum anderen sind nach § 37 KWG Verträge, die ohne erforderliche Erlaubnis abgeschlossen wurden, in der Regel schwebend unwirksam beziehungsweise nichtig. Ausnahmefälle, wie beispielsweise privilegierte Tatbestände für bestimmte Gesellschaften oder Schwellenwerte, sind jeweils eng auszulegen und bedürfen einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung.
Welche Prospektpflichten bestehen beim öffentlichen Angebot von Finanzinstrumenten?
Beim öffentlichen Angebot von Finanzinstrumenten im Sinne der EU-Prospektverordnung (EU) 2017/1129 ist grundsätzlich ein von der zuständigen Behörde gebilligter Prospekt zu veröffentlichen. Dies gilt sowohl für die Erstemission als auch – unter bestimmten Umständen – für anschließende Angebote an den Kapitalmarkt. Zweck der Prospektpflicht ist der umfassende Anlegerschutz durch Informationstransparenz: Im Wertpapierprospekt müssen sämtliche wesentlichen Informationen über das Finanzinstrument, den Emittenten und die damit verbundenen Risiken dargestellt werden. Der Prospekt ist vor Beginn des Angebots oder der Zulassung zur amtlichen Notierung vorzulegen und muss während des gesamten Angebotszeitraums aktuell gehalten werden. Verstöße gegen die Prospektpflicht können zivilrechtliche Schadensersatzansprüche der Anleger nach sich ziehen (§ 9 WpPG), aber auch aufsichtsrechtliche Maßnahmen und Bußgelder auslösen. Es bestehen jedoch Ausnahmen, etwa für Angebote an qualifizierte Anleger oder bei einem Gesamtgegenwert unter bestimmten Schwellenwerten.
Welche Bedeutung hat die MiFID II-Richtlinie für den Vertrieb von Finanzinstrumenten?
Die MiFID II-Richtlinie (Markets in Financial Instruments Directive), umgesetzt insbesondere im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), legt detaillierte Anforderungen an den Vertrieb von Finanzinstrumenten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) fest. Dies betrifft zum einen die organisatorischen Pflichten der Anbieter wie etwa die Einführung angemessener Compliance-Strukturen, die Vermeidung von Interessenkonflikten und die Dokumentation der Kundenberatung. Zum anderen werden durch MiFID II umfassende Transparenz- und Informationspflichten in Bezug auf Finanzinstrumente sowie die verpflichtende Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung eingeführt. Ein zentrales Novum ist zudem die Vorgabe zur Offenlegung von Kosten und Nebenkosten sowie die Einführung produktbezogener Anforderungen („product governance“). Verstöße gegen Vorschriften der MiFID II können neben aufsichtsrechtlichen Sanktionen auch zivilrechtliche Haftungsfolgen nach sich ziehen.
Unterliegen alle Finanzinstrumente den Vorschriften zum Insiderhandelsverbot gemäß MAR?
Nach der Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation, MAR, EU Nr. 596/2014) sind Finanzinstrumente, die an einem organisierten Markt, multilateralen Handelssystem (MTF) oder organisierten Handelssystem (OTF) gehandelt werden, grundsätzlich dem Insiderhandelsverbot unterworfen. Das Verbot umfasst den Erwerb oder die Veräußerung von Finanzinstrumenten unter Ausnutzung von Insiderinformationen sowie die unrechtmäßige Offenlegung oder Weitergabe entsprechender Informationen. Geschützt werden sämtliche Finanzinstrumente, deren Preis unmittelbar oder mittelbar von Insiderinformationen beeinflusst werden kann – hierzu zählen insbesondere Wertpapiere wie Aktien, Anleihen, aber auch derivative Instrumente. Damit ist der Anwendungsbereich des Insiderhandelsverbots sehr weit gefasst, auch im Hinblick auf sogenannte „leverage products“ und gewisse OTC-Produkte, sofern sie mit börsennotierten Papieren verbunden sind. Verstöße werden mit empfindlichen Bußgeldern und strafrechtlichen Sanktionen belegt.
Welche Mitteilungspflichten bestehen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten für bedeutende Beteiligungen?
Gemäß §§ 33 ff. Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sind Erwerber und Veräußerer von Stimmrechten an Emittenten, deren Aktien zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, verpflichtet, der Gesellschaft sowie der BaFin den Erwerb oder die Veräußerung mitzuteilen, sobald definierte Schwellenwerte (z.B. 3 %, 5 %, 10 %, etc.) über- oder unterschritten werden. Erfasst sind dabei nicht nur direkte Beteiligungen an Aktien, sondern auch indirekte Beteiligungen über Tochterunternehmen sowie bestimmte Finanzinstrumente wie Optionen, Wandelanleihen und ähnliche derivative Konstruktionen, die ein Erwerbsrecht auf Aktien gewähren. Die Meldefrist beträgt grundsätzlich vier Handelstage und Verstöße gegen diese Pflicht werden als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern geahndet. Zweck der Regelung ist die Transparenz hinsichtlich relevanter Einflussnahmen auf börsennotierte Unternehmen im Interesse des Kapitalmarktvertrauens.
Welche Pflichten bestehen für Emittenten von Finanzinstrumenten hinsichtlich Ad-hoc-Publizität?
Emittenten von Finanzinstrumenten, die an einem organisierten Markt zugelassen sind, sind gemäß Art. 17 MAR verpflichtet, unverzüglich Insiderinformationen, die sie unmittelbar betreffen, in Form einer sogenannten Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen. Hierbei handelt es sich um Informationen, die geeignet sind, den Kurs der betreffenden Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen. Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität verfolgt das Ziel, sämtliche Marktteilnehmer gleichzeitig und umfassend über kursrelevante Vorgänge zu informieren, um Insiderhandel und Marktmanipulationen zu unterbinden. Davon umfasst ist auch die Pflicht zur unverzüglichen Übermittlung an die BaFin sowie die Veröffentlichung auf der eigenen Website über einen gesetzlich definierten Mindestzeitraum. Ausnahmen und Verzögerungen sind nur unter strengen Voraussetzungen möglich; eine verspätete oder unterlassene Veröffentlichung ist sanktionsbewehrt.
Welche Anforderungen bestehen an die Verwahrung und Übertragung von Finanzinstrumenten unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten?
Die Verwahrung und Übertragung von Finanzinstrumenten richten sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere §§ 929 ff. BGB betreffend die Übertragung von Wertpapieren und den Vorschriften zur Verwahrung (§§ 688 ff. BGB). Bei Inhaberpapieren erfolgt der Eigentumserwerb regelmäßig durch Einigung und Übergabe; bei Wertpapieren in Sammelverwahrung ist zusätzlich die Umbuchung auf das Depotkonto des Erwerbers notwendig, dies nach § 24 DepotG. Namens- oder Orderpapiere erfordern darüber hinaus Indossament oder Umschreibung im Aktienregister. Die depotführende Stelle übernimmt treuhänderische Pflichten, darunter richtige Verbuchung, ordnungsgemäße Verwaltung und Wahrung der Rechte des Depotinhabers. Bei Rechtsgeschäften über Finanzinstrumente gelten zudem spezielle Formvorschriften, etwa die Schriftform oder notarielle Beurkundung im Einzelfall, sowie Schutzvorschriften zu Gunsten gutgläubigen Erwerbs.
Welche Sanktionen drohen bei Verletzung aufsichtsrechtlicher Pflichten im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten?
Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten – etwa die unerlaubte Erbringung von Finanzdienstleistungen, Unterlassen der Prospektveröffentlichung oder Missachtung von Insiderhandelsverbot – können mit einer Vielzahl administrativer, zivilrechtlicher und strafrechtlicher Sanktionen geahndet werden. Zu den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen zählen Untersagungsverfügungen, Rückabwicklungsanordnungen und empfindliche Bußgelder, die von der BaFin verhängt werden können. Zugleich können Strafnormen (etwa § 54 KWG oder Straftaten nach dem WpHG und der MAR) zur Anwendung kommen, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bedroht sind. Betroffene Anleger haben darüber hinaus ggf. Ansprüche auf Rückabwicklung, Schadensersatz oder Rücktritt vom Vertrag nach §§ 823 ff. BGB, § 37 WpHG und vergleichbaren Rechtsgrundlagen. Die zivilrechtliche Sanktionsfolge verschafft den Anlegern eine Kompensation oder Rückabwicklung ihrer Transaktionen und verstärkt den präventiven Charakter des aufsichtsrechtlichen Rahmens.