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Fernstudium


Begriff und Abgrenzung des Fernstudiums

Ein Fernstudium bezeichnet eine besondere Form der Aus- oder Weiterbildung, bei der Lerninhalte überwiegend im Wege des schriftlichen, elektronischen oder medialen Fernunterrichts vermittelt werden. Kennzeichnend für das Fernstudium ist, dass Lehrende und Lernende räumlich sowie in Teilen zeitlich voneinander getrennt sind. Die Kommunikation und Leistungsüberprüfung erfolgt meist über digitale Plattformen, E-Mail, Telefon oder postalisch. Fernstudiengänge können zu staatlichen oder privaten Abschlüssen führen.

Ein Fernstudium ist vom klassischen Präsenzstudium sowie von anderen Formen der Weiterbildung wie beispielsweise E-Learning-Angeboten oder reinen Online-Kursen abzugrenzen; dies erfolgt maßgeblich anhand gesetzlicher Definitionen und Regelungen, die sowohl auf Bundes- als auch Landesebene variieren können.

Rechtliche Rahmenbedingungen des Fernstudiums in Deutschland

Allgemeine gesetzliche Grundlagen

Fernstudiengänge unterliegen in Deutschland weitreichenden rechtlichen Regelungen, die maßgeblich der Qualitätssicherung, dem Schutz der Teilnehmer sowie der Vergleichbarkeit mit klassischen Bildungswegen dienen. Die wichtigsten normativen Grundlagen sind das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) und, soweit es sich um akademische Fernstudiengänge handelt, die jeweiligen Hochschulgesetze der Länder sowie das Hochschulrahmengesetz.

Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)

Zentrales gesetzliches Regelwerk für das Fernstudium ist das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG), das seit 1977 in Kraft ist. Es dient dem Schutz der Teilnehmer an Fernlehrgängen, indem es Mindestanforderungen an die Lehrinhalte, die Vertragsgestaltung sowie die Informationspflichten der Anbieter stellt.

Geltungsbereich des FernUSG

Gemäß § 1 FernUSG gilt das Gesetz für jedes entgeltliche, auf vertraglicher Grundlage angebotene Fernstudium, bei dem das Lernziel überwiegend auf dem Wege des Fernunterrichts erreicht werden soll. Hiervon umfasst sind auch staatlich anerkannte und private Fernhochschulen, sofern sie ihren Sitz und/oder Geschäftsbetrieb in Deutschland haben.

Ausschlüsse vom Geltungsbereich betreffen etwa rein betriebsinterne Weiterbildungen oder Hochschulstudien mit nur marginalen Fernanteilen.

Zulassung von Fernlehrangeboten

Das FernUSG schreibt ausdrücklich vor, dass jedes Fernlehrangebot einer Zulassung durch die „Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht” (ZFU) bedarf (§ 12 FernUSG). Diese Zulassung wird an die Einhaltung bestimmter Qualitäts-, Informations- und Verbraucherschutzstandards geknüpft. Die ZFU prüft insbesondere die sachliche und didaktische Qualität des Materials, die Vereinbarkeit der Inhalte mit den angestrebten Abschlüssen sowie die Vertragstransparenz.

Rechte der Teilnehmer

Das FernUSG schützt die Teilnehmer durch spezifische Informationspflichten des Anbieters, ein 14-tägiges Widerrufsrecht sowie durch eine maximale Bindung von 12 Monaten an einen Vertrag (bei längeren Lehrgängen ist eine monatliche Kündigung nach Ablauf eines Jahres möglich).

Akademisches Fernstudium: Hochschulrechtliche Bestimmungen

Für Fernstudiengänge mit akademischen Abschlüssen gelten neben dem FernUSG die jeweiligen Hochschulgesetze und Prüfungsordnungen. Akademische Fernstudienanbieter benötigen eine staatliche Anerkennung als Hochschule und müssen die einschlägigen Akkreditierungsvorschriften (§ 7 HRG, landesrechtliche Regelungen) erfüllen. Die Gleichwertigkeit von Studien- und Prüfungsleistungen mit Präsenzstudiengängen wird hierbei regelmäßig überprüft.

Studienakkreditierung und Qualitätssicherung

Die Akkreditierung von Fernstudiengängen erfolgt in Deutschland durch die Stiftung Akkreditierungsrat oder anerkannte Akkreditierungsagenturen. Es wird darauf geachtet, dass Fernstudiengänge in Bezug auf Struktur, Inhalt und Prüfungsanforderungen gleichwertig ausgestaltet sind wie Präsenzstudiengänge.

Datenschutz und Datensicherheit im Fernstudium

Der Datenschutz spielt im Fernstudium eine zentrale Rolle. Fernstudienanbieter haben die Vorgaben aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) einzuhalten. Hierzu gehört insbesondere der Schutz der im Rahmen der Lernplattformen, Kommunikationsmittel und Prüfungen verarbeiteten personenbezogenen Daten. Eine Datenverarbeitung darf nur im erforderlichen Umfang und auf Grundlage von Einwilligungen oder Rechtsvorschriften erfolgen.

Vertragsrechtliche Aspekte

Fernstudienverträge unterliegen dem deutschen Zivilrecht, insbesondere den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§§ 312c ff. BGB), Werk- und Dienstverträgen sowie dem Verbraucherschutzrecht. Die Vertragsunterlagen müssen transparent und verständlich Angaben zu Inhalten, Dauer, Preis, Kündigungsfristen und zur Zertifizierungswürdigkeit des Abschlusses enthalten.

Widerrufsrecht und Kündigung

Teilnehmende eines Fernstudiums haben auf Grundlage des FernUSG und des Bürgerlichen Gesetzbuches ein besonderes Widerrufsrecht von mindestens 14 Tagen ab Vertragsschluss und Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen.

Internationale Fernstudiengänge

Für internationale Fernstudien muss differenziert werden: Fernunterricht deutscher Anbieter für Teilnehmende im Ausland fällt in der Regel ebenfalls in den Anwendungsbereich des FernUSG, zumindest wenn der Anbieter in Deutschland geschäftsansässig ist. Im weiteren Verlauf können jedoch auch abweichende nationale Regelungen und Prüfungsanerkennungen relevant sein.

Abschlüsse ausländischer Fernhochschulen unterliegen der Anerkennung durch die zuständigen deutschen Stellen, beispielsweise den Zentralen Stellen für ausländisches Bildungswesen (ZAB). Die Bewertung orientiert sich an formal anerkannten Qualifikationsrahmen.

Prüfungs- und Abschlussreglement im Fernstudium

Fernstudiengänge schließen häufig mit (staatlichen) Prüfungen ab, die von externen Stellen abgenommen werden oder in Präsenz stattfinden müssen. Die rechtlichen Anforderungen hierzu ergeben sich aus den Prüfungsordnungen der Hochschulen oder entsprechenden Verordnungen für nicht-akademische Fernlehrgänge.

Vorteile und Risiken aus rechtlicher Sicht

Vorteile

  • Hoher Verbraucherschutz: Durch das FernUSG werden Teilnehmende vor unseriösen Anbietern geschützt.
  • Qualitätskontrolle: Zulassungspflicht und Akkreditierungsauflagen gewährleisten einen Mindeststandard der Bildungsangebote.
  • Vertragsrechtliche Transparenz: Gesetzliche Informations- und Kündigungsvorschriften schützen die Teilnehmenden vor Nachteilen.

Risiken

  • Nicht anerkannte Anbieter: Angebote ohne ZFU-Zulassung sind in Deutschland nicht rechtskonform und können zu erheblichen Nachteilen führen.
  • Datenverarbeitung: Unsachgemäßer Umgang mit personenbezogenen Daten kann gegen DSGVO-Vorschriften verstoßen.
  • Unklare Anerkennung: Abschlüsse ausländischer Fernstudiengänge werden nicht immer automatisch in Deutschland anerkannt.

Zusammenfassung

Das Fernstudium ist in Deutschland umfassend geregelt und unterliegt zum Schutz der Teilnehmenden und zur Sicherstellung der Bildungsqualität strikten rechtlichen Vorgaben. Zentrale Rechtsgrundlagen sind das FernUSG, die Hochschulgesetze sowie das Datenschutzrecht. Maßgeblich ist die Zulassungspflicht aller Fernlehrangebote, die Informationspflichten der Anbieter und die Gleichwertigkeit der Studienabschlüsse. Fehlende Zulassungen oder Anerkennungen können erhebliche rechtliche Konsequenzen für Anbieter und Teilnehmende nach sich ziehen. Der Abschluss eines Fernstudiums sollte stets auf der Grundlage einer überprüften Rechtskonformität des Angebots erfolgen.

Häufig gestellte Fragen

Muss ein Fernstudium in Deutschland staatlich anerkannt sein?

In Deutschland muss ein Fernstudium grundsätzlich dann staatlich zugelassen sein, wenn es sich um ein Fernlehrangebot handelt, das auf einen staatlichen oder öffentlich-rechtlichen Abschluss vorbereitet oder berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. Dies regelt das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Für die behördliche Zulassung ist die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) verantwortlich. Ohne ZFU-Zulassung ist das Anbieten eines Fernlehrgangs, der in die Kategorie des FernUSG fällt, unzulässig und kann mit Bußgeldern geahndet werden. Die ZFU prüft dabei unter anderem die Lernziele, Qualifikation der Autoren und Tutoren, die Vertragsgestaltung sowie die didaktisch-methodische Gestaltung des Fernunterrichts. Fernstudiengänge an (staatlichen oder staatlich anerkannten) Hochschulen sind allerdings vom FernUSG ausgenommen, sofern sie mit akademischem Grad (z. B. Bachelor, Master) abschließen und durch die jeweilige landesrechtlich zuständige Behörde akkreditiert wurden. In solchen Fällen bedarf es keiner zusätzlichen ZFU-Zulassung.

Haben Studierende in Fernstudiengängen ein Anrecht auf BAföG?

Fernstudierende haben in Deutschland grundsätzlich einen Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sofern das Fernstudium als „dem Präsenzstudium gleichwertig” anerkannt ist und die übrigen Voraussetzungen, wie Altersgrenze, Leistungsnachweise und Bedürftigkeit, erfüllt werden. Die Gleichwertigkeit ist in der Regel dann gegeben, wenn es sich um einen akademischen Fernstudiengang an einer Hochschule handelt, der zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führt. Wichtig ist zudem, dass der Fernstudierende nachweisen kann, dass das Studium als „Vollzeitstudium” betrieben wird und der überwiegende Teil der Zeit für das Studium verwendet wird. Reine Teilzeit- oder nebenberufliche Fernstudiengänge sind jedoch in der Regel nicht BAföG-förderfähig. Die Entscheidung darüber trifft das zuständige BAföG-Amt im Einzelfall anhand der jeweiligen Studienordnung und des individuellen Studienverlaufs.

Wie wirkt sich ein Fernstudium auf den Arbeitslosenstatus aus?

Der Bezug von Arbeitslosengeld I oder II (ALG I/ALG II) ist grundsätzlich dann möglich, wenn das Fernstudium als nebenberufliche Weiterbildung betrieben wird und die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt dadurch nicht eingeschränkt wird. Das heißt, Leistungsempfänger müssen dem Arbeitsmarkt weiterhin in vollem Umfang zur Verfügung stehen, Vorstellungsgespräche wahrnehmen und eine Arbeit aufnehmen können. Ein Vollzeit-Fernstudium gilt dabei rechtlich wie ein Präsenzstudium: Wer ein solches absolviert, ist in der Regel nicht vermittlungsfähig und verliert den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III oder SGB II. Anders bei Teilzeit- oder hobbybasierten Fernstudien: Hier bleibt der Leistungsbezug möglich, sofern das Studium die Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht beeinträchtigt. Es empfiehlt sich, vor Beginn eines Fernstudiums die Zustimmung der Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters einzuholen und das Studium transparent anzugeben.

Ist der Fernstudienvertrag juristisch kündbar?

Ein Fernstudienvertrag, der den Regelungen des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) unterliegt, ist mit besonderen Verbraucherschutzrechten versehen. Nach Vertragsabschluss können Studierende gemäß § 4 FernUSG binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen schriftlich widerrufen (Widerrufsrecht). Darüber hinaus besteht gemäß § 6 FernUSG jederzeit ein Kündigungsrecht; frühestens jedoch zum Ablauf der ersten sechs Monate mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen. Nach Ablauf dieser Erstlaufzeit darf der Vertrag jederzeit mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Über diese Rechte muss im Vertrag explizit aufgeklärt werden. Sollten diese Angaben fehlen, gilt eine verlängerte Widerrufs- bzw. Kündigungsfrist. Bei Fernstudiengängen, die an Hochschulen mit akademischem Abschluss angeboten werden, gelten die jeweiligen hochschulrechtlichen Immatrikulations- und Exmatrikulationsordnungen.

Welche datenschutzrechtlichen Pflichten bestehen im Fernstudium?

Bildungseinrichtungen, die Fernstudiengänge anbieten, unterliegen den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union sowie ergänzend dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Im Rahmen der digitalen Kommunikation und Lernplattformen werden personenbezogene Daten wie Name, Adresse, Leistungsnachweise und Kommunikationsdaten verarbeitet. Die Daten dürfen nur für die Durchführung des Studiums verwendet und müssen gegen unbefugte Zugriffe geschützt werden. Studierende müssen vorab transparent über Art, Umfang und Zweck der Datenerhebung informiert werden (Art. 13 DSGVO). Eine Weitergabe an Dritte ist nur mit Einwilligung oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zulässig. Für die Löschung und Berichtigung von Daten sowie das Recht auf Auskunft gelten ebenfalls die DSGVO-Vorgaben. Beim Einsatz von Tools und Plattformen muss zudem geprüft werden, ob eine Datenübermittlung in Drittländer stattfindet; in solchen Fällen sind ergänzende Schutzmechanismen wie Standardvertragsklauseln erforderlich.

Welche Prüfungsrechte und -pflichten gelten im Fernstudium?

Auch im Fernstudium gelten die einschlägigen Prüfungsordnungen der jeweiligen Hochschule bzw. des Bildungsanbieters. Prüfungen müssen gemäß der Prüfungsordnung durchgeführt werden, Gleichbehandlung und Chancengleichheit sind zwingend zu garantieren. Studierende haben einen Anspruch auf rechtzeitige Anmeldung, Information über Prüfungsmodalitäten, Einsicht in Prüfungsleistungen sowie Widerspruchsrechte bei Bewertung und Nichtbestehen. Im Kontext digitaler Prüfungen sind datenschutzrechtliche Vorschriften zu beachten, insbesondere bei Video-Ident-Verfahren oder Online-Proctoring (Überwachung während der Prüfung per Kamera). Der Einsatz solcher Systeme erfordert eine besondere Rechtsgrundlage und Zustimmung durch die Studierenden. Werden dabei Fehler gemacht (z.B. Datenschutzverletzungen, mangelnde Fairness), können Prüfungen rechtlich anfechtbar sein. Die Durchführung von Prüfungen im Ausland verlangt gegebenenfalls weitere formale Vorgaben, wie die Benennung eines unabhängigen Prüfungsbeauftragten.

Unterliegt das Fernstudium besonderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen?

Ein Fernstudium wird aus arbeitsrechtlicher Sicht als private Weiterbildung betrachtet, sofern keine anderweitigen Regelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag existieren. Arbeitnehmern steht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch auf bezahlte oder unbezahlte Freistellung für ein privates Fernstudium zu. Allerdings eröffnet das Bildungsurlaubsgesetz einiger Bundesländer (wie z.B. Hessen oder Berlin) die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Bildungsurlaub für anerkannte Fernstudienveranstaltungen zu beantragen. Der Rechtsanspruch und die Anerkennung variieren jedoch je nach Bundesland und Art des Fernstudiums. Wird das Fernstudium vom Arbeitgeber initiiert oder finanziert, können anderweitige arbeitsvertragliche Verpflichtungen, etwa zur Rückzahlung der Kosten bei vorzeitigem Ausscheiden, bestehen. ArbG sollten hierfür klare Vereinbarungen treffen. Generell greift im Fernstudium das Gleichbehandlungsgebot sowie der Schutz vor Diskriminierung gemäß AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), sofern das Arbeitsverhältnis berührt wird.