Begriff und rechtliche Grundlagen der Faktura
Die Faktura ist ein zentrales Element im Wirtschaftsverkehr und bezeichnet die schriftliche Mitteilung eines Geldbetrags, der im Rahmen eines Schuldverhältnisses für eine erbrachte Lieferung oder Dienstleistung in Rechnung gestellt wird. Im Sprachgebrauch wird die Faktura häufig mit der Rechnung gleichgesetzt. Die Faktura ist jedoch nicht synonym zur bloßen Aufstellung von Beträgen, sondern erfüllt spezifische gesetzliche Anforderungen, insbesondere im Steuerrecht. Dieser Artikel beleuchtet die Faktura in ihrer rechtlichen Gesamtheit, beschreibt Anwendungsbereiche und Vorschriften und grenzt sie gegenüber verwandten Begriffen ab.
Definition und Abgrenzung
Die Faktura ist ein schriftliches Dokument, das die Forderung eines Unternehmens gegenüber einem Kunden aufgrund eines Rechtsgeschäftes (z.B. Kaufvertrag, Werkvertrag, Dienstvertrag) festhält. Sie dokumentiert die Entstehung der Forderung und die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung des ausgewiesenen Betrags.
Abzugrenzen ist die Faktura von Quittungen, Lieferscheinen oder Bestellungen. Während die Quittung die Begleichung einer Schuld bestätigt, ist die Faktura die Anspruchsgrundlage für die Zahlung. Ein Lieferschein dokumentiert nur den Warenausgang, nicht aber die Zahlungsaufforderung.
Gesetzliche Anforderungen an die Faktura
Steuerrechtliche Aspekte
Im deutschen und europäischen Steuerrecht spielt die Faktura eine entscheidende Rolle für die Umsatzsteuer. Nur bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung (§ 14 UStG) ist der Vorsteuerabzug für den Leistungsempfänger möglich. Die rechtlichen Anforderungen sind im Umsatzsteuergesetz (UStG) detailliert geregelt.
Mindestangaben einer Faktura nach § 14 Abs. 4 UStG
Eine Faktura muss, um steuerlich anerkannt zu werden, folgende Angaben enthalten:
- Vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers sowie des Leistungsempfängers
- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsstellers
- Ausstellungsdatum der Faktura
- Fortlaufende Rechnungsnummer zur Identifikation
- Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der Dienstleistung
- Zeitraum der Leistungserbringung
- Nettoentgelt nach Steuersätzen und -befreiungen gegliedert, sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts
- Anzuwendender Steuersatz sowie der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag, getrennt nach Steuersätzen
- Bei bestimmten Leistungen der Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Reverse-Charge)
Ausnahmen und Sonderregelungen
Bei Kleinbetragsrechnungen bis zu 250 Euro (§ 33 UStDV) besteht ein reduzierter Pflichtumfang. Fahrausweise und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen unterliegen ebenfalls besonderen Anforderungen.
Handelsrechtliche Folgen der Faktura
Bedeutung im Handelsgesetzbuch
Das Handelsgesetzbuch (HGB) kennt keine eigene Definition der Faktura, impliziert deren Bedeutung jedoch im Rahmen handelsüblicher Gepflogenheiten und der Buchführungspflichten (§§ 238 ff. HGB). Kaufleute sind verpflichtet, Geschäftsvorfälle, damit auch Ausgangs- und Eingangsrechnungen, geordnet aufzuzeichnen.
Belegfunktion und Buchungspflicht
Die Faktura ist wesentlicher Beleg für die Verbuchung eines Geschäftsvorfalles. Sie dient als Beweis im Streitfall über Bestehen und Umfang einer Forderung. Ohne ordnungsgemäße Faktura können Ansprüche schwerer durchgesetzt werden.
Zivilrechtliche Bedeutung
Anspruchsgrundlage und Verjährung
Die Faktura begründet nicht selbst den Zahlungsanspruch, sondern dokumentiert diesen. Grundlage bleibt das zugrundeliegende Schuldverhältnis. Die Verjährung von Forderungen beginnt regelmäßig mit dem Schluss des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist und der Gläubiger hiervon Kenntnis erlangt hat (§ 199 BGB). Die Faktura hat eine beweisunterstützende Rolle bei der Geltendmachung von Forderungen.
Funktionen im Mahnwesen
Im Rahmen des Mahnwesens ist die Faktura Nachweis für die Fälligkeit der Forderung. Sie bildet die Basis für Zahlungserinnerungen, Mahnungen und letztlich für gerichtliche Geltendmachung.
Elektronische Faktura
Rechtliche Voraussetzungen
Elektronische Fakturen gewinnen sowohl im nationalen als auch im internationalen Geschäftsverkehr an Bedeutung. Die rechtlichen Voraussetzungen sind seit Umsetzung der EU-Richtlinie 2010/45/EU (in Deutschland durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011) gelockert worden.
Authentizität und Unversehrtheit
Für elektronische Fakturen gilt, dass Authentizität der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und Lesbarkeit gewährleistet sein müssen. Dies kann durch elektronische Signaturen, EDI-Verfahren oder innerbetriebliche Kontrollverfahren erfolgen.
Gleichstellung mit Papierrechnungen
Elektronische und Papierrechnungen sind grundsätzlich gleichgestellt. Die Zustimmung des Empfängers zur elektronischen Übermittlung bleibt erforderlich (§ 14 Abs. 1 UStG).
Faktura im internationalen Zusammenhang
Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Handel
Im internationalen Kontext, insbesondere bei innergemeinschaftlichen Lieferungen innerhalb der EU, gelten besondere Anforderungen an die Faktura. Hierzu zählen die Aufnahme der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern beider Parteien und spezielle Vermerke zum Steuerbefreiungsgrund (§ 14a UStG).
Zollrecht und Drittlandsgeschäfte
Bei Exporten in Drittländer ist die sogenannte „Commercial Invoice“ (Handelsrechnung) als Faktura für zollrechtliche Zwecke unerlässlich. Sie enthält zusätzliche Angaben (Warenursprung, Zolltarifnummer etc.) und ist Teil der Ausfuhrdokumentation.
Aufbewahrungspflichten
Gewerbe-, Steuer- und Handelsrecht
Unternehmer sind verpflichtet, Fakturen im Rahmen der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten mindestens zehn Jahre aufzubewahren (§ 147 AO, § 257 HGB). Dies betrifft sowohl ein- als auch ausgehende Fakturen. Die Unterlagen müssen während dieser Frist ordnungsgemäß aufbewahrt und lesbar gemacht werden können, auch in elektronischer Form.
Praktische Bedeutung und Sanktionen bei Fehlern
Konsequenzen bei fehlerhaften Fakturen
Fehlerhafte Fakturen führen zu steuerlichen Risiken wie dem Verlust des Vorsteuerabzugs sowie möglichen Bußgeldern und Nachzahlungen. Auch zivilrechtliche Probleme können auftreten, etwa bei Beweisproblemen oder der Geltendmachung von Forderungen.
Steuerstrafrechtliche Relevanz
Die Ausstellung unrichtiger Fakturen oder „Scheinrechnungen“ kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (§ 370 AO – Steuerhinterziehung, § 14c UStG – unberechtigter Steuerausweis).
Zusammenfassung
Die Faktura ist im Wirtschaftsleben ein unverzichtbares Dokument mit weitreichenden rechtlichen Implikationen. Sie ist nicht nur Voraussetzung für steuerliche Geltendmachung, sondern auch Beweisurkunde über Forderungen und Teil der handels- und steuerrechtlichen Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten. Rechtssichere Ausstellung und Aufbewahrung von Fakturen sind im Geschäftsverkehr ebenso unabdingbar wie die Beachtung der speziellen nationalen wie internationalen Regelungen. Fehler oder Versäumnisse bei der Erstellung und Behandlung von Fakturen können schwerwiegende rechtliche und wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Pflichtangaben muss eine Faktura nach deutschem Recht enthalten?
Nach deutschem Recht, insbesondere nach § 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), sind für eine ordnungsgemäße Rechnungserstellung zwingend bestimmte Pflichtangaben erforderlich. Eine Faktura muss den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, die dem jeweils Beteiligten für die Rechnungsstellung und den Rechnungsempfang zugeordnet werden können, aufführen. Weiterhin verpflichtend ist die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer des Ausstellers der Rechnung. Jede Faktura muss zudem das Ausstellungsdatum und eine einmalig vergebene Rechnungsnummer enthalten, die eine eindeutige Identifikation ermöglicht. Darüber hinaus sind der Leistungszeitpunkt oder das Lieferdatum, eine genaue Beschreibung der gelieferten Waren oder Dienstleistungen, das Entgelt sowie der darauf entfallende Steuersatz bzw. der Steuerbetrag anzugeben. Bei Rechnungen über Beträge unter 250 Euro (sogenannte Kleinbetragsrechnungen) gelten erleichterte Anforderungen. Fehlende oder fehlerhafte Pflichtangaben können zu Vorsteuerabzugsverboten oder ggf. zu steuerlichen Nachteilen führen.
Wie lange müssen Fakturen gesetzlich aufbewahrt werden?
Die Aufbewahrungsfristen für Fakturen richten sich in Deutschland nach den Vorgaben des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Abgabenordnung (AO). Für Unternehmer besteht eine grundsätzliche Pflicht zur Aufbewahrung aller empfangenen und abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege, wozu auch Rechnungen zählen, für einen Zeitraum von zehn Jahren (§ 147 Abs. 3 AO, § 257 Abs. 4 HGB). Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in die Unterlagen gemacht oder die Rechnung ausgestellt wurde. Bei Verstößen gegen die Aufbewahrungspflicht drohen steuerliche Sanktionen und ordnungsrechtliche Konsequenzen. Die Daten müssen während der gesamten Aufbewahrungszeit jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar gemacht werden können und dürfen nicht verloren gehen.
Wann ist die elektronische Archivierung einer Faktura rechtlich zulässig?
Die elektronische Archivierung von Rechnungen/Fakturen ist nach den Vorschriften der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) sowie nach §§ 146, 147 AO zulässig, sofern die Unveränderbarkeit, Vollständigkeit, Ordnung und Lesbarkeit der elektronischen Dokumente gewährleistet ist. Die fakturierte Rechnung muss inhaltlich deckungsgleich mit dem ursprünglichen Dokument aufbewahrt und gegen nachträgliche Änderungen geschützt werden. Das jeweilige Archivsystem muss eine lückenlose Protokollierung von Zugriffen und Veränderungen ermöglichen. Zudem sind geeignete Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Daten vor Verlust oder unbefugtem Zugriff zu schützen. Optional können Rechnungen zusätzlich ausgedruckt und im Original aufbewahrt werden, sofern dies dem jeweiligen Geschäftsprozess entspricht, rechtlich ist die elektronische Archivierung jedoch dem Papierformat gleichgestellt.
Darf eine Faktura nach dem Versand an den Rechnungsempfänger noch geändert werden?
Nachträgliche Änderungen einer bereits versandten Faktura sind ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Korrekturvorschriften zulässig. Grundsätzlich besteht nach Steuerrecht insbesondere dann Änderungsbedarf, wenn ursprünglich fehlerhafte Angaben (z.B. Zahlendreher, falsche Steuersätze, unzutreffende Leistungsbeschreibungen) gemacht wurden oder eine Storno- bzw. Korrekturrechnung erforderlich wird. Eine Änderung hat stets transparent zu erfolgen, d.h. die Ursprungsrechnung bleibt unverändert und wird durch eine Korrekturrechnung (Gutschrift, Stornorechnung oder zusätzliche Rechnung mit negativer Position) berichtigt. Die Korrektur muss wiederum alle gesetzlichen Pflichtangaben enthalten. Unautorisierte oder undokumentierte Änderungen ohne klare Nachvollziehbarkeit können aus Sicht der Finanzverwaltung zu erheblichen Rechtsnachteilen, insbesondere im Bereich Vorsteuerabzug, führen.
Unter welchen Umständen kann der Vorsteuerabzug aus einer Faktura steuerlich versagt werden?
Der Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG kann vom Finanzamt dann versagt werden, wenn eine Faktura nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht. Das betrifft insbesondere das Fehlen oder die Unrichtigkeit von Pflichtangaben wie etwa Steuernummer, Rechnungsnummer, genauer Leistungsbeschreibung oder dem korrekten Ausweis der Umsatzsteuer. Gänzlich ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug bei Rechnungen von sogenannten „Scheinunternehmen“ oder bei missbräuchlichen Gestaltungen. Auch bei objektiver Unkenntnis des Leistungsempfängers über die fehlende Unternehmereigenschaft des Ausstellers kann der Vorsteuerabzug nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nachträglich versagt werden. Selbst geringfügige formelle Fehler können den Abzug zeitweise unmöglich machen, bis eine Korrektur der Faktura vorliegt.
Wer haftet bei fehlerhaften Fakturen im Geschäftsverkehr?
Bei der Ausstellung fehlerhafter Fakturen haftet in erster Linie der Rechnungssteller – also das leistende Unternehmen – für die Korrektheit und Vollständigkeit der Abrechnung und damit für mögliche steuerliche Nachteile der Beteiligten gegenüber den Finanzbehörden. Sollte eine fehlerhafte Rechnung dazu führen, dass beim Empfänger ein unberechtigter Vorsteuerabzug vorgenommen wird, kann das Finanzamt vom Rechnungsaussteller die Beträge im Rahmen der Umsatzsteuerschuldnerschaft (§ 14c UStG) zurückfordern. Erhebliche Fehler, wie Steuerausweis ohne Unternehmereigenschaft oder Lieferung von nicht existierenden Gütern, können zudem Bußgelder und strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Im Innenverhältnis zwischen Vertragspartnern können schadensersatzrechtliche Ansprüche entstehen, wenn ein Beteiligter nachweislich durch eine fehlerhafte Faktura einen Vermögensschaden erleidet.
Besteht eine Pflicht zur Ausstellung einer Faktura im B2C- und im B2B-Bereich?
Die rechtliche Verpflichtung zur Ausstellung einer Faktura besteht insbesondere im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern (B2B) sowie bei Auslandsumsätzen innerhalb der EU (innergemeinschaftliche Lieferungen und sonstige Leistungen). In diesen Fällen ergibt sich die Pflicht unmittelbar aus § 14 UStG. Im Bereich B2C (Geschäfte mit Endverbrauchern) besteht nach deutschem Steuerrecht grundsätzlich keine Verpflichtung zur Rechnungsstellung, es sei denn, der Kunde verlangt ausdrücklich eine Rechnung oder es handelt sich um bestimmte Geschäftsvorfälle, wie etwa Bauleistungen. Bestimmte Berufsgruppen, wie Handwerker oder Gastronomen, unterliegen zudem ggf. spezifischen Regelungen im Zusammenhang mit der Belegausgabepflicht nach der Kassensicherungsverordnung.