Begriff und Grundlagen: Exits im rechtlichen Kontext
Der Begriff „Exit“ bezeichnet im wirtschaftsrechtlichen Kontext den (vollständigen oder teilweisen) Ausstieg eines Gesellschafters, Investors oder Unternehmens aus einer Beteiligung, einem Unternehmen oder einem Vertragsverhältnis. Exits spielen insbesondere im Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Vertragsrecht sowie im Bereich von Unternehmenstransaktionen (Mergers & Acquisitions, M&A) eine zentrale Rolle. Im Folgenden werden sämtliche rechtliche Aspekte des Exits umfassend beleuchtet und die verschiedenen Exit-Formen, rechtliche Rahmenbedingungen sowie praktische Umsetzung detailliert erläutert.
Exit-Formen und ihre rechtliche Einordnung
Unternehmensverkauf (Share Deal und Asset Deal)
Unter einem Unternehmensverkauf wird der vollständige oder teilweise Verkauf der Geschäftsanteile (Share Deal) oder der einzelnen Vermögenswerte (Asset Deal) eines Unternehmens verstanden. Rechtlich handelt es sich hierbei um unterschiedliche Transaktionsformen mit jeweils eigenständigen Anforderungen:
Share Deal
Beim Share Deal werden Anteile (z. B. Aktien, GmbH-Geschäftsanteile) selbst veräußert. Wesentliche Rechtsgrundlagen sind aktien- und gesellschaftsrechtliche Vorschriften (§§ 15 ff. GmbHG, §§ 405 ff. BGB, AktG). Die Durchführung bedarf insbesondere bei GmbH-Anteilen notarieller Beurkundung (§ 15 Abs. 3 GmbHG).
Asset Deal
Beim Asset Deal erfolgt der Verkauf einzelner Vermögensgegenstände und Vertragsbeziehungen. Hier steht die Übertragung von Sachen und Rechten gemäß §§ 929 ff., §§ 398ff. BGB im Mittelpunkt. Häufig werden hierbei arbeitsrechtliche und gewerbliche Schutzrechte, aber auch Miet- und Lieferverträge nach § 613a BGB sowie § 566 BGB übertragen. Der Asset Deal führt in der Regel zu Einzelrechtsnachfolge, so dass für die Übertragung jedes Vermögensgegenstands gesonderte Regelungen erforderlich sind.
IPO (Initial Public Offering) als Exit
Der Börsengang (IPO) stellt eine Form des Exits dar, bei der Anteile an einem Unternehmen erstmals öffentlich am Kapitalmarkt platziert werden. Die rechtlichen Grundlagen sind im Wertpapierprospektgesetz (WpPG), Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Es kommen zudem strenge Prospektpflichten sowie Publizitätspflichten zum Tragen.
Trade Sale und Secondary Sale
Neben dem klassischen Unternehmensverkauf sind auch der sog. Trade Sale – der Verkauf des Unternehmens an einen strategischen Investor – sowie der Secondary Sale – der Verkauf von Anteilen an andere Investoren – Exitoptionen, die nach den üblichen gesellschafts-, vertrags- und ggf. kartellrechtlichen Grundsätzen erfolgen.
Rechtliche Rahmenbedingungen von Exits
Gesellschaftsrechtliche Grundlagen
Exits unterliegen gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen und Formalien:
- Zustimmungsbedürftigkeit: In vielen Gesellschaftsformen (insb. GmbH) ist der Anteilsverkauf an die Zustimmung der Gesellschafterversammlung gebunden (§ 15 Abs. 5 GmbHG).
- Mitverkaufsrechte/Mitverkaufspflichten (Tag along/Drag along): Gesellschaftsverträge enthalten häufig Regelungen, die Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Hinblick auf den Exit regeln. Tag along-Rechte sichern Minderheitsgesellschaftern das Recht zu, ihre Anteile zu den gleichen Bedingungen zu veräußern; Drag along-Pflichten ermöglichen Mehrheitsgesellschaftern, Minderheitsgesellschafter zum Verkauf ihrer Anteile zu verpflichten.
- Vorkaufsrechte und Zustimmungsverfahren: In Satzungen und Gesellschaftsverträgen finden sich häufig Vorkaufsrechte zugunsten bestehender Gesellschafter.
Vertragsrechtliche Aspekte
Vorbereitung und Durchführung eines Exit-Vorgangs werden durch umfangreiche Verträge zwischen den Parteien (z. B. Kaufverträge, Anteilskaufverträge, Gesellschaftervereinbarungen) gestaltet. Hierbei sind insbesondere folgende rechtliche Inhalte relevant:
- Gewährleistung und Haftung: Verkäufer schulden typischerweise umfangreiche Garantien bezüglich der Beschaffenheit der Beteiligung/des Unternehmens. Die Verletzung kann zu Schadensersatz oder Rückabwicklung führen.
- Freistellungen (Indemnities): In der Praxis werden häufig Freistellungen vereinbart, durch die der Käufer vor bestimmten Risiken geschützt wird.
- Kaufpreisanpassungen (Purchase Price Adjustment-Klauseln): Der endgültige Kaufpreis kann nach vertraglich definierten Kriterien angepasst werden, z. B. an den Stand des Working Capitals zum Stichtag.
Arbeitsrechtliche Folgen
Beim Exit über einen Asset Deal, aber teils auch bei Share Deals, sind arbeitsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen:
- Betriebsübergang (§ 613a BGB): Beim Asset Deal gehen die Arbeitsverhältnisse in der Regel automatisch auf den Erwerber über; die Arbeitnehmer sind vorher über den geplanten Übergang zu informieren.
- Mitbestimmungsrechte: Bei größeren Unternehmen und bestimmten Rechtsformen sind Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertretungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bzw. Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) zu beachten.
Steuerrechtliche Besonderheiten
Der Exit hat stets steuerliche Konsequenzen, die unterschiedliche Steuerarten betreffen können:
- Ertragssteuerliche Behandlung: Sowohl Gewinne aus dem Verkauf von Anteilen als auch aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen unterliegen regelmäßig der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer. Relevant sind unter anderem die Regelungen des § 17 EStG (Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften).
- Grunderwerbsteuer: Bei Übertragungen von Grundstücken im Rahmen eines Asset Deals kann Grunderwerbsteuer anfallen (§§ 1 ff. GrEStG).
- Umsatzsteuer: Bestimmte Übertragungen im Rahmen eines Asset Deals können umsatzsteuerpflichtig sein, Ausnahmen bestehen bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG).
Kartell- und Fusionskontrolle
Bei größeren Transaktionen kann eine Anmeldung bei der Kartellbehörde erforderlich sein. Die Prüfung der Fusionskontrolle erfolgt nach den Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie unter Umständen europäischen Rechts nach der Fusionskontrollverordnung (FKVO). Ohne entsprechende Freigabe dürfen die Transaktionen nicht vollzogen werden (Vollzugsverbot).
Ablauf und Umsetzung eines Exits: Rechtliche Kernschritte
Vorbereitung
- Due Diligence: Vor Abschluss eines Exits wird eine umfassende Prüfung der rechtlichen, wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse der Zielgesellschaft oder der zu veräußernden Vermögensgegenstände durchgeführt.
- Strukturierung der Transaktion: Auswahl der optimalen Exit-Struktur unter Berücksichtigung aller gesellschaftsrechtlichen, steuerlichen und kartellrechtlichen Aspekte.
Vertragsabschluss und Vollzug
- Signing: Abschluss der erforderlichen Verträge.
- Closing: Erfüllung vereinbarter Vollzugsbedingungen (Closing Conditions), z. B. Zahlungsfluss, gesellschaftsrechtliche Zustimmungen, kartellrechtliche Freigabe.
- Übergang von Eigentum und Rechten: Rechtswirksamer Übergang der Beteiligung/des Unternehmens auf den Erwerber.
Nachvertragliche Rechte und Pflichten
Im Anschluss an den Exit können nachvertragliche Pflichten (z. B. Wettbewerbsverbote, Nachhaftung, Geheimhaltungsvereinbarungen) fortwirken. Etwaige Ansprüche aus Garantien und Freistellungen können auch nach dem Abschluss der Transaktion noch geltend gemacht werden.
Sonderformen des Exits und aktuelle Entwicklungen
Distressed Exit
Im Rahmen von Sanierungen und Restrukturierungen kommen sog. Distressed Exits vor, wobei Beteiligungen oder Vermögenswerte aus der Krise heraus verkauft werden. Rechtlich dominieren die Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO), insbesondere bei Unternehmensverkäufen durch den Insolvenzverwalter.
Private Equity und Venture Capital
Im Private-Equity- und Venture-Capital-Bereich werden Exits in gesellschaftsvertraglichen Regelungen früh strukturiert. Begründet werden hierzu häufig vorrangige Liquidationspräferenzen, Wandlungsrechte oder Exit-Optionen, die besondere Vertragsgestaltungen und rechtliche Prüfungen notwendig machen.
Internationale Exits
Im grenzüberschreitenden Kontext sind Besonderheiten des internationalen Gesellschafts-, Vertrags- und Steuerrechts zu beachten. Grenzüberschreitende Veräußerungen können zudem dem internationalen Fusionskontrollrecht und Foreign Investment Control unterliegen.
Literatur und Quellen
- BGB – Bürgerliches Gesetzbuch
- GmbHG – Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
- AktG – Aktiengesetz
- GrEStG – Grunderwerbsteuergesetz
- InsO – Insolvenzordnung
- WpHG, WpPG – Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapierprospektgesetz
- GWB – Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Der Begriff „Exit“ umfasst im rechtlichen Sinne verschiedenste Transaktions-, Steuer- und Strukturierungsformen, deren rechtskonforme Umsetzung eine Vielzahl spezialgesetzlicher und allgemeiner zivil-, arbeits- sowie öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu beachten hat. Eine sorgfältige rechtliche Prüfung und Gestaltung ist für einen erfolgreichen Exit unerlässlich.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Prüfungen sind im Vorfeld eines Exits notwendig?
Vor einem Exit ist die Durchführung einer sogenannten Legal Due Diligence unerlässlich. Hierbei erfolgt eine umfassende rechtliche Prüfung des Unternehmens, um mögliche Risiken für potenzielle Käufer oder Investoren zu identifizieren und abzumildern. Die Prüfung umfasst insbesondere Gesellschaftsverträge, Gesellschafterlisten, Anstellungsverträge der Geschäftsleitung, Mitarbeiterbeteiligungen, bestehende und ausstehende Verträge mit Geschäftspartnern, die ordnungsgemäße Anmeldung von Schutzrechten (u.a. Marken, Patente), laufende rechtliche Auseinandersetzungen und die Einhaltung regulatorischer Vorgaben. Außerdem wird geprüft, ob alle steuerlichen Pflichten erfüllt wurden. Die Ergebnisse dieser Prüfung fließen in die Verhandlungsführung und Vertragsgestaltung des Exits ein, da sie für die Bewertung des Unternehmens und die Festlegung von Garantien, Freistellungsklauseln oder Kaufpreisanpassungen maßgeblich sind.
Welche rechtlichen Vertragstypen werden bei einem Exit typischerweise abgeschlossen?
Im Rahmen eines Exits werden regelmäßig verschiedene Verträge abgeschlossen. Zentrale Bedeutung hat der Unternehmenskaufvertrag (Share Purchase Agreement, SPA), in welchem die Übertragung der Geschäftsanteile sowie sämtliche Bedingungen und Garantien geregelt werden. Meistens sind Nebenabreden wie Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements) oder Wettbewerbsverbote (Non-Compete Agreements) erforderlich. Ebenfalls relevant sind Regelungen über Earn-Out-Strukturen, falls Teile des Kaufpreises an zukünftige Geschäftsentwicklungen gekoppelt werden. Bei bestimmten Exits, wie zum Beispiel Asset Deals, wird statt des Anteilskaufs die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter vertraglich geregelt. Darüber hinaus können Aktionärsvereinbarungen, Abwicklungsvereinbarungen mit ausscheidenden Gesellschaftern sowie Verträge zur Übertragung von Schutzrechten und Software notwendig werden.
Welche gesetzlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten gelten bei einem Exit?
Die gesetzlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten hängen maßgeblich von der Rechtsform des Unternehmens und der Beteiligten ab. Bei Kapitalgesellschaften wie der GmbH oder der AG besteht grundsätzlich eine Anzeigepflicht beim Handelsregister im Falle eines Gesellschafterwechsels (§ 40 GmbHG, §§ 67, 67e AktG). Werden Schwellenwerte überschritten, kann zusätzlich eine Mitteilungspflicht an das Bundeskartellamt bzw. das zuständige Kartellamt (Fusionskontrolle) bestehen. Im börsennotierten Bereich sind Ad-hoc-Mitteilungen nach Art. 17 MAR verpflichtend, sobald eine wesentliche, kursrelevante Tatsache – wie ein Exit – vorliegt. Zudem können nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) Meldepflichten gegenüber dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bestehen, vor allem bei ausländischen Investoren.
Welche Rolle spielen Garantien und Freistellungen im Unternehmenskaufvertrag beim Exit?
Garantien (Warranties) und Freistellungen (Indemnities) sind zentrale Elemente eines Unternehmenskaufvertrages beim Exit. Sie dienen dazu, dem Käufer einen rechtlichen Schutz hinsichtlich bestimmter Eigenschaften oder Risiken des Unternehmens zu gewähren. Garantien betreffen meist den Bestand, die Werthaltigkeit und die rechtliche Lage des Unternehmens (z.B. keine unbekannten Verbindlichkeiten, alle Schutzrechte stehen dem Unternehmen zu, keine schwebenden Rechtsstreitigkeiten). Sollte sich nachträglich herausstellen, dass eine Garantie falsch war, kann der Käufer Gewährleistungsansprüche, meist Schadensersatz, geltend machen. Freistellungen beziehen sich auf konkret bekannte Risiken, für die der Verkäufer unabhängig von einem Verschulden haftet. Typische Beispiele sind laufende Gerichtsverfahren, Steuerrisiken oder Umweltverpflichtungen.
Welche regulatorischen Freigaben müssen unter Umständen vor einem Exit eingeholt werden?
Ob und welche regulatorischen Freigaben vor einem Exit eingeholt werden müssen, hängt insbesondere von der Größe des Unternehmens, dessen Branche und den beteiligten Parteien ab. Werden bestimmte Umsatzschwellen überschritten, muss regelmäßig eine Fusionskontrollanmeldung beim Bundeskartellamt oder der EU-Kommission erfolgen. Bei Unternehmen mit sicherheitsrelevanten Geschäftsbereichen (z.B. Telekommunikation, Energie, Rüstung) sowie bei Investitionen aus Nicht-EU-Ländern ist eine zusätzliche Investitionsprüfung nach dem Außenwirtschaftsrecht notwendig. Die Freigabe des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) kann erforderlich werden. Verstöße gegen Melde- oder Freigabepflichten führen zu Unwirksamkeit des Erwerbs und können mit hohen Bußgeldern belegt werden.
Wie wird die Haftung der Altgesellschafter nach einem Exit rechtlich geregelt?
Die Haftung der Altgesellschafter nach einem Exit wird im Unternehmenskaufvertrag durch spezifische Klauseln geregelt. Im Regelfall beschränkt sich die Haftung auf die im Vertrag vereinbarten Garantien und Freistellungen und ist oft zeitlich und betragsmäßig limitiert (z.B. Haftungsobergrenze, Verjährungsfristen, Bagatellgrenzen). Bei vorsätzlicher oder arglistiger Täuschung greifen jedoch weitergehende Haftungen, die sich auch aus allgemeinen gesetzlichen Vorschriften ergeben. Speziell bei der GmbH bestehen für Altgesellschafter nach Eintragung eines neuen Gesellschafters im Handelsregister grundsätzlich keine Nachhaftung, es sei denn, diese wurde ausdrücklich vereinbart oder ergibt sich aus Steuerrückständen oder aus öffentlichen Abgaben.
Welche steuerlichen Pflichten sind im Zuge eines Exits zu beachten?
Im Rahmen eines Exits bestehen umfangreiche steuerliche Pflichten. Insbesondere ist der Veräußerungsgewinn, der sich aus dem Unterschied zwischen Verkaufserlös und Anschaffungskosten der Anteile ergibt, steuerpflichtig. Bei natürlichen Personen fällt in Deutschland üblicherweise Abgeltungssteuer an; bei Beteiligungen im Betriebsvermögen kommen Körperschaft- bzw. Gewerbesteuern in Betracht. Auch kann die sogenannte Wegzugsbesteuerung (bei Verlagerung des steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland vor dem Exit) relevant werden. Die Besteuerung variiert je nach Beteiligungshöhe, Haltedauer und Beteiligungsstruktur. Es ist zwingend erforderlich, vor dem Exit detaillierte steuerliche Analysen durchzuführen. Darüber hinaus bestehen für die Gesellschaft steuerliche Erklärungspflichten hinsichtlich etwaiger Umsatzsteuer, Grunderwerbsteuer (bei Asset Deals mit Immobilien) sowie Dokumentationspflichten für die Wertermittlung von Anteilen.