Erwerbermodell
Begriff und rechtliche Einordnung
Das Erwerbermodell ist ein Begriff aus dem deutschen Immobilien- und Steuerrecht, welcher eine besondere rechtliche und wirtschaftliche Konstruktion zur Finanzierung sowie Förderung von Immobilien bzw. Bauprojekten beschreibt. Im Mittelpunkt steht dabei eine Organisation, bei der ein Erwerber (oder eine Gruppe von Erwerbern) eine Immobilie direkt oder indirekt erwirbt beziehungsweise entwickelt, wobei Fördermittel, steuerliche Vorteile oder rechtliche Erleichterungen in Anspruch genommen werden können.
Typischerweise findet das Erwerbermodell Anwendung im Kontext der Förderung von Wohnungsbauprojekten, insbesondere im Bereich der sozialen Wohnraumförderung, aber auch bei Denkmalimmobilien oder Sanierungsobjekten zur Inanspruchnahme besonderer Abschreibungsregelungen.
Zielsetzung und Funktionsweise des Erwerbermodells
Das Erwerbermodell dient dazu, Privatpersonen oder Personengruppen den (günstigen) Erwerb von Wohneigentum oder sonstigen Immobilien zu ermöglichen. In vielen Fällen werden im Rahmen dieses Modells öffentliche Förderungen, zum Beispiel im Rahmen der Wohnraumförderungsgesetze, in Anspruch genommen. Die rechtlichen Ausgestaltungen und die einzelnen Schritte können variieren:
- Initiator/Bauträger
Ein Bauträger initiiert das Projekt und bringt die Immobilie oder das Grundstück ein. Häufig erfolgt die Entwicklung auf noch zu bebauenden Grundstücken oder Sanierungsobjekten.
- Erwerberkreis
Einzelne Erwerber werden bereits vor der Errichtung oder Sanierung der Immobilie gewonnen und bekommen bestimmte Objekte (z. B. Wohnungen) zugeordnet. Mit Abschluss des jeweiligen Erwerbsvertrags erwerben sie direkt oder mittelbar das Eigentum oder Miteigentum.
- Fördermittelbeantragung
Diese erfolgt entweder durch den Initiator oder die Erwerber selbst. Hierbei werden Förderbedingungen, wie beispielsweise Wohnflächenbegrenzungen oder Einkommensgrenzen, berücksichtigt. Die Förderung kann aus Mitteln des Bundes, der Länder oder Kommunen stammen.
- Rechtsverhältnis zu Dritten
Im Rahmen des Erwerbermodells können unterschiedliche Rechtsarten eine Rolle spielen: vom herkömmlichen Immobilienkauf (ggf. nach dem Wohnungseigentumsgesetz – WEG) über Beteiligungen an Personengesellschaften bis hin zu Anteilserwerben an Kapitalgesellschaften.
Rechtliche Aspekte im Detail
Immobilien- und Grundstücksrecht
Das Erwerbermodell bewegt sich an der Schnittstelle mehrerer Rechtsgebiete:
- Bau- und Vertragsrecht: Erwerber schließen in der Regel Bauträgerverträge, die auf der Grundlage der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) stehen. Die MaBV stellt besondere Anforderungen an die Vertragsgestaltung, Abwicklung und Sicherstellung von Zahlungen.
- Wohnungseigentumsrecht: Häufig erfolgt die Aufteilung in Wohnungs- bzw. Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Hieraus resultieren besondere Rechte und Pflichten der Erwerber untereinander sowie gegenüber dem Verwalter.
- Grundbuchrecht: Mit dem Erwerb sind Grundbucheintragungen verbunden, unter Beachtung von Vormerkungen, Belastungen und etwaigen Förderauflagen.
Fördermittel- und Zuwendungsrecht
Eine zentrale Rolle im Erwerbermodell spielen die Regelungen zur Inanspruchnahme öffentlicher Förderung:
- Förderkriterien: Zugangsvoraussetzungen sind häufig Einkommensgrenzen, Nutzungsbindungen oder Preisbegrenzungen. Die Einhaltung wird durch zuständige Behörden (z. B. Landesförderinstitute) überwacht.
- Bewilligung und Rückzahlung: Fördermittel werden meist als Darlehen, Zuschüsse oder vergünstigte Kredite gewährt. Bei Nichteinhaltung der Zweckbindung oder bei vorzeitigem Verkauf droht eine Rückforderung der Mittel.
- Verpflichtung zur Eigenwohnraumnutzung: Insbesondere Wohnraumförderung ist häufig mit der Pflicht zur Selbstnutzung oder zum Mietwohnraum verbunden (Belegungsbindung).
Steuerrechtliche Rahmenbedingungen
Das Erwerbermodell eröffnet unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen steuerliche Vorteile:
- Sonderabschreibungen: Für bestimmte Immobilien – wie denkmalgeschützte Gebäude oder Sanierungsobjekte – können außerordentliche Abschreibungen (§§ 7h, 7i Einkommensteuergesetz) geltend gemacht werden.
- Grunderwerbsteuer: Die Grunderwerbsteuer fällt regelmäßig bei jeder Übertragung der Immobilie an. Gestaltungsmöglichkeiten bestehen bei gesellschaftsrechtlichen Modellen.
- Förderungen und Zuschüsse: Gewährte öffentliche Zuschüsse können steuerpflichtig sein oder zu einer Reduzierung der Anschaffungskosten führen.
Anwendungsbereiche und typische Gestaltungsformen
Wohnraumförderung
Im Bereich der Wohnraumförderung wird das Erwerbermodell insbesondere dort eingesetzt, wo staatliche Fördermittel gezielt für den Erwerb von eigengenutztem oder vermietetem Wohnraum verwendet werden sollen. Initiatoren sind hier meist Kommunen, Wohnungsunternehmen oder genossenschaftliche Organisationen.
Denkmal- und Sanierungsobjekte
Bei der Sanierung denkmalgeschützter Immobilien oder Gebäuden in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten stellt das Erwerbermodell eine Möglichkeit dar, steuerliche Begünstigungen an die Erwerber weiterzureichen. Häufig werden die Wohnungen noch während der Bauphase einzelnen Erwerbern verkauft, die individuelle Abschreibungsmöglichkeiten nutzen können.
Gesellschaftsrechtliche Erwerbermodelle
Mitunter werden Erwerbermodelle über Poolgesellschaften (z. B. GbR, GmbH & Co. KG) realisiert, bei denen die Erwerber – anteilig nach Einlage – an einer Gesellschaft beteiligt sind, die die Immobilie hält, nutzt oder veräußert. Dies kann insbesondere bei Großobjekten oder gemeinschaftlicher Verwaltung rechtliche und wirtschaftliche Vorteile bieten.
Rechtliche Herausforderungen und Risiken
Das Erwerbermodell ist mit spezifischen rechtlichen Risiken verbunden:
- Haftungsfragen: Insbesondere bei gemeinschaftlichen Erwerbermodellen muss die Haftungsverteilung eindeutig geregelt sein.
- Verstoß gegen Förderauflagen: Eine nicht zweckentsprechende Nutzung kann erhebliche Rückzahlungsverpflichtungen begründen.
- Vertragsgestaltung: Fehlerhafte oder unzureichende Vertragsformulierungen bergen die Gefahr rechtlicher Auseinandersetzungen, insbesondere im Hinblick auf Gewährleistung oder die Abwicklung im Insolvenzfall.
- Steuerliche Risiken: Steuerliche Vergünstigungen sind an enge Voraussetzungen geknüpft. Ein Verstoß kann zur Nachversteuerung oder Versagung der Vergünstigung führen.
Gesetzliche Grundlagen
Die rechtliche Ausgestaltung des Erwerbermodells basiert auf einer Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
- Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV)
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Wohnraumförderungsgesetze und Landesförderprogramme
- Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)
Fazit
Das Erwerbermodell stellt ein komplexes Finanzierungskonzept im Immobilien- und Förderrecht dar. Es ermöglicht es insbesondere privaten Erwerbergruppen, unter Nutzung öffentlicher Fördermittel sowie steuerlicher Sonderregelungen Immobilien zu erwerben oder zu entwickeln. Die rechtliche Ausgestaltung ist aufgrund der vielfältigen Schnittstellen zwischen Immobilien-, Förder-, Steuer- und Vertragsrecht mit besonderen Anforderungen verbunden. Eine sorgfältige Planung und vertragliche Gestaltung sind unerlässlich, um die Vorteile des Modells voll auszuschöpfen und rechtliche Risiken zu minimieren.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um ein Erwerbermodell wirksam umzusetzen?
Für die rechtssichere Umsetzung eines Erwerbermodells müssen verschiedene juristische Voraussetzungen erfüllt werden. Zunächst ist eine genaue Analyse der jeweiligen nationalen und ggf. europarechtlichen Vorgaben erforderlich, insbesondere hinsichtlich der Vertragsgestaltung und der Zulässigkeit des Modells im Kontext des jeweiligen Sachverhalts (zum Beispiel Immobilienerwerb, Unternehmensbeteiligung). Maßgeblich sind hier unter anderem die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie ggf. des Handelsgesetzbuchs (HGB), sofern Gesellschaftsstrukturen betroffen sind. Die Parteien müssen über die notwendige Geschäftsfähigkeit verfügen und sämtliche Willenserklärungen müssen im rechtlichen Sinn wirksam abgegeben werden. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass etwaige gesetzliche Formvorschriften – wie etwa die notarielle Beurkundung bei Grundstücksgeschäften (§ 311b BGB) – eingehalten werden. Eventuell bestehende Genehmigungs- oder Anzeigepflichten, beispielsweise nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) oder im Rahmen des Geldwäschegesetzes (GwG), müssen beachtet werden. Schließlich sind wettbewerbs- und steuerrechtliche Aspekte zu prüfen, um die wirtschaftliche Gestaltung rechtlich einwandfrei umzusetzen.
Welche Haftungsrisiken bestehen für die Parteien im Rahmen des Erwerbermodells?
Im Erwerbermodell entstehen für die beteiligten Parteien unterschiedliche Haftungsrisiken, abhängig von der vertraglichen Ausgestaltung und den jeweiligen Rollen der Beteiligten. Der Erwerber haftet grundsätzlich für die ordnungsgemäße Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen und etwaige Pflichten aus dem Vertragsverhältnis, beispielsweise aus einem Kauf- oder Gesellschaftsvertrag. Besonders relevant wird dies bei verdeckten Mängeln oder nachvertraglichen Pflichten. Im Gesellschaftsrecht (z.B. beim Share-Deal) können durch die Übernahme von Gesellschaftsanteilen weitergehende Haftungen gegenüber Gesellschaftsgläubigern entstehen, insbesondere wenn es um eine Personengesellschaft (GbR, OHG) geht, bei der Gesellschafter auch mit ihrem Privatvermögen haften (§ 128 HGB). Haftungsbegrenzungen müssen ausdrücklich vertraglich vereinbart werden, hierin bestehen aber rechtliche Grenzen, insbesondere bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Verkäufer unterliegen einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht; Verstöße hiergegen können zu Schadensersatzansprüchen (c.i.c.) führen.
Welche Auswirkungen hat das Erwerbermodell auf bestehende Verträge und rechtliche Verpflichtungen?
Mit der Übertragung von Gegenständen, Grundstücken oder Gesellschaftsanteilen im Rahmen des Erwerbermodells gehen regelmäßig auch bestehende Verträge und rechtliche Verpflichtungen auf den Erwerber über, sofern dies nach den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist. Bei Grundstücksgeschäften tritt der Erwerber in bestehende Miet- oder Pachtverhältnisse ein (§ 566 BGB, „Kauf bricht nicht Miete“). Bei Unternehmenserwerben kommt es darauf an, ob ein Asset-Deal oder ein Share-Deal vorliegt: Beim Asset-Deal muss für jeden einzelnen Vertrag die Zustimmung des Vertragspartners eingeholt werden, beim Share-Deal bleibt die Gesellschaft als Vertragspartner erhalten, die Verträge bestehen weiter. Eventuell greifen auch Regelungen zur gesamtschuldnerischen Haftung oder zur Haftung für Altschulden (z.B. § 25 HGB beim Erwerb eines Handelsgeschäfts). Darüber hinaus können gesetzliche oder vertragliche Zustimmungserfordernisse (z.B. bei sogenannten Change-of-Control-Klauseln) bestehen.
Welche Rolle spielen Genehmigungen und behördliche Erlaubnisse beim Erwerbermodell?
Viele Erwerbermodelle setzen die Einholung von Genehmigungen oder behördlichen Erlaubnissen voraus, damit der Erwerber seine Rechte an dem jeweiligen Objekt oder Unternehmen voll wirksam ausüben kann. Bei Grundstücks- oder Immobilienerwerben ist in bestimmten Konstellationen die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) erforderlich; beim Erwerb landwirtschaftlicher Flächen greift oft das Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) oder das Landpachtverkehrsgesetz. Im Unternehmenserwerb sind ggf. fusionskontrollrechtliche Freigaben (durch das Bundeskartellamt oder die Europäische Kommission) sowie ggf. sektorspezifische aufsichtsrechtliche Genehmigungen (z.B. im Banken- oder Energiebereich) einzuholen. Werden ausländische Investoren beteiligt, können investitionskontrollrechtliche Prüfungen (z.B. BMWK in Deutschland) erforderlich sein. Die Nichtbeachtung solcher Vorschriften kann zur Unwirksamkeit des Erwerbsvorgangs oder zu aufsichtsrechtlichen Konsequenzen führen.
Wie beeinflusst das Erwerbermodell die steuerrechtliche Behandlung der Transaktion?
Die steuerrechtliche Behandlung eines Erwerbermodells hängt maßgeblich von der konkreten Gestaltung (z.B. Asset-Deal vs. Share-Deal) und dem Vertragsinhalt ab. So kann beim Erwerb von Immobilien die Grunderwerbsteuer (§ 1 GrEStG) anfallen; beim Share-Deal können unter Umständen entsprechende Spezialregelungen zu einer Steuerpflicht führen, etwa wenn mehr als 90 % der Gesellschaftsanteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft erworben werden. Im Gesellschaftsrecht sind ertragsteuerliche Konsequenzen zu beachten, wie etwa der Ansatz von Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie mögliche steuerneutrale Rücklagenübertragungen. Darüber hinaus spielen Umsatzsteuer und gegebenenfalls die Übertragung stiller Reserven eine Rolle. Kaufpreisaufteilungen und Bewertungsgutachten müssen steuerlich fundiert erfolgen, um spätere steuerliche Nachteile zu vermeiden. Fehlerhafte Gestaltung kann zu Doppelbesteuerungen oder zum Verlust von Steuerprivilegien führen.
Welche Informations- und Aufklärungspflichten bestehen gegenüber Dritten im Zusammenhang mit dem Erwerbermodell?
Je nach Erwerbsgegenstand und -struktur bestehen umfassende Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber Dritten. Bei Immobilien- und Grundstückserwerben ist beispielsweise die Beteiligung und rechtzeitige Information von Grundbuchämtern zwingend erforderlich (§§ 873, 925 BGB). Im Unternehmenskontext sind Arbeitnehmer gegebenenfalls nach § 613a BGB über Betriebsübergänge zu informieren. Zudem müssen Gläubiger und Geschäftspartner informiert werden, sofern bestehende Verträge betroffen sind oder konsensuale Zustimmung erforderlich ist. Nach Maßgabe des Geldwäschegesetzes (GwG) sind zudem Offenlegungs- und Prüfpflichten einzuhalten, insbesondere bei wirtschaftlich Berechtigten juristischer Personen. Aufsichtsbehörden können in bestimmten Fällen (z.B. in regulierten Branchen) eine ex-ante-Information oder Meldepflicht verlangen.
Welche Bedeutung kommt der Mitwirkung Dritter im Rahmen des Erwerbermodells zu?
Dritte spielen häufig eine erhebliche Rolle in Erwerbermodellen. Neben Vertragspartnern können Banken (im Rahmen der Finanzierung und Sicherheitenbestellung), Notare (zur Wahrung gesetzlicher Formvorschriften, z.B. Beurkundungspflicht nach § 311b BGB) und Behörden (Genehmigungsbehörden, Grundbuchämter, Kartellbehörden) involviert sein. In vielen Konstellationen sind deren Zustimmung, Einwilligung oder Mitwirkung Voraussetzung für die Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs. Insbesondere im Gesellschaftsrecht kann die Zustimmung der Gesellschaft oder anderer Gesellschafter (z.B. bei Vorkaufsrechten oder Zustimmungsvorbehalten in Gesellschaftsverträgen) erforderlich sein. Eine fehlende Mitwirkung oder Zustimmung kann die Rechtswirksamkeit des Modells gefährden oder zu nachträglichen Streitigkeiten und Schadensersatzansprüchen führen.