Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Rechtsbegriffe (allgemein)»Entsprechenserklärung

Entsprechenserklärung


Entsprechenserklärung: Definition und rechtliche Grundlagen

Die Entsprechenserklärung ist ein rechtlich bedeutsames Dokument, das insbesondere im Bereich der Unternehmensführung und der Corporate Governance Anwendung findet. Sie dient dazu, die Einhaltung von Normen, Standards oder kodifizierten Vorgaben zu bestätigen und ist in verschiedenen gesetzlichen und normativen Zusammenhängen relevant. Der Begriff wird vor allem mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) in Verbindung gebracht, tritt jedoch auch in anderen Rechtsbereichen auf. Die Entsprechenserklärung gewährleistet Transparenz und Rechenschaftspflicht und ist häufig zwingender Bestandteil gesetzlicher Rechenschaftspflichten.


Rechtlicher Rahmen der Entsprechenserklärung

Entsprechenserklärung im Aktiengesetz (AktG)

§ 161 AktG: Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex

Im Rahmen des Aktiengesetzes (§ 161 AktG) sind börsennotierte Gesellschaften in Deutschland verpflichtet, jährlich eine sogenannte Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) abzugeben. Darin müssen Vorstand und Aufsichtsrat erklären, inwieweit den Empfehlungen des Kodex entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden („comply or explain”-Prinzip). Die Erklärung ist dauerhaft auf der Unternehmenswebsite zu veröffentlichen.

Rechtliche Anforderungen:

  • Adressaten: Vorstand und Aufsichtsrat
  • Publizität: Ständige Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft
  • Inhalt: Entsprechenserklärung bezüglich der Empfehlungen des DCGK sowie ggf. Begründung von Abweichungen
  • Zeitpunkt: Jährlich, mit konkreten Angaben für die Vergangenheit und für die Zukunft

Bedeutung für Investoren und Stakeholder

Die Entsprechenserklärung trägt maßgeblich zur Transparenz und Nachprüfbarkeit der Unternehmensführung bei. Für Aktionäre und die interessierte Öffentlichkeit bietet sie wichtige Informationen über die gelebte Corporate Governance eines Unternehmens.


Weitere gesetzliche Kontexte der Entsprechenserklärung

Neben dem Aktiengesetz und dem Deutschen Corporate Governance Kodex existieren auch in anderen Rechtssystemen oder Branchenregelwerken Vorschriften, nach denen Unternehmen, Organisationen oder Einzelpersonen eine Entsprechenserklärung abgeben müssen.

Beispiele:

  • Vergaberecht: Bei öffentlichen Ausschreibungen kann eine Entsprechenserklärung als Nachweis dafür gefordert werden, dass bestimmte Standards, etwa im Bereich Nachhaltigkeit oder Sozialstandards, eingehalten werden.
  • Compliance und Zertifizierungen: Unternehmen geben häufig Entsprechenserklärungen ab, um Konformität mit Gesetzen, branchenspezifischen Richtlinien oder technischen Normen (z. B. ISO-Standards) zu bestätigen.
  • Datenschutz: Im Kontext der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) können Unternehmen erklären, dass sie die Anforderungen der Datenschutzvorschriften erfüllen.


Inhaltliche Anforderungen und rechtliche Wirkung

Inhaltliche Elemente einer Entsprechenserklärung

Je nach Rechtsgrundlage und Anwendungsbereich kann der Inhalt einer Entsprechenserklärung variieren. Im Allgemeinen sollten folgende Punkte enthalten sein:

  • Bezugnahme auf relevante Normen oder Kodizes: Nennung der Vorschrift, der entsprochen wird
  • Zeitraum der Gültigkeit: Angabe der Frist oder des Zeitraums, für den die Erklärung gilt
  • Erläuterung von Abweichungen: Falls nicht allen Vorgaben entsprochen wird, sollten Abweichungen detailliert und nachvollziehbar erläutert werden
  • Verantwortliche Stelle: Angabe, welche Organe oder Personen die Erklärung abgeben

Rechtsfolgen und Haftung

Veröffentlichungspflichten und Folgen unterlassener Erklärung

Die Pflicht zur Abgabe und Veröffentlichung der Entsprechenserklärung ist gesetzlich normiert. Wird sie unterlassen oder fehlen wahrheitsgemäße Angaben, kann dies:

  • Verletzung gesetzlicher Pflichten durch Vorstand oder Aufsichtsrat
  • Sanktionen durch die Börse oder Aufsichtsbehörden
  • Reputationsschäden für das Unternehmen
  • Haftungsrisiken für die Verantwortlichen

Bindungswirkung

Eine Entsprechenserklärung entfaltet jedoch in der Regel keine materielle Bindungswirkung, sondern dient vielmehr der Transparenz über die Einhaltung gesetzlicher oder freiwilliger Standards. Dennoch kann sie haftungsrechtliche Relevanz entfalten, insbesondere dann, wenn offengelegte Angaben falsch oder irreführend sind und hierdurch Dritte geschädigt werden.


Entsprechenserklärung und verwandte Dokumente

Unterschied zu anderen Erklärungsarten

  • Konformitätserklärung: Während die Konformitätserklärung häufig im Rahmen von Produktsicherheitsvorschriften abgegeben wird, um die Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Anforderungen (z. B. CE-Kennzeichnung) zu bestätigen, betrifft die Entsprechenserklärung meist die Einhaltung von Empfehlungen, Standards oder Grundsätzen ohne unmittelbare gesetzliche Verpflichtung.
  • Selbstverpflichtungserklärung: Diese bezieht sich meist auf eine nach außen gerichtete freiwillige Selbstbindung, während die Entsprechenserklärung häufiger im Rahmen einer gesetzlichen Berichtspflicht erfolgt.

Praktische Relevanz und Publizität der Entsprechenserklärung

Öffentliche Zugänglichkeit

Im Kontext des § 161 AktG müssen Entsprechenserklärungen dauerhaft auf der Internetseite des betreffenden Unternehmens verfügbar sein. Die Veröffentlichung dient der Information von Investoren, Analysten, Medien und weiterer gesellschaftlicher Gruppen.

Bedeutung für das Unternehmensimage

Die Entsprechenserklärung wird von der Öffentlichkeit als Signal für verantwortungsvolle und transparente Unternehmensleitung wahrgenommen. Abweichungen vom Kodex müssen offen gelegt und plausibel begründet werden, was die Qualität der Beziehungen zu Stakeholdern positiv beeinflussen kann.


Fazit

Die Entsprechenserklärung stellt ein wesentliches Element moderner Unternehmensführung dar. Sie sorgt für Transparenz bezüglich der Einhaltung von Vorschriften, Standards und Empfehlungen und verpflichtet Unternehmen, insbesondere börsennotierte Aktiengesellschaften, zur regelmäßigen Offenlegung ihrer Unternehmenspraxis und etwaiger Abweichungen. Daraus ergeben sich wichtige rechtliche, wirtschaftliche und kommunikative Implikationen für Unternehmen und deren Organe.


Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK), aktuelle Fassung abrufbar unter: www.dcgk.de
  • Aktiengesetz (AktG), insbesondere § 161
  • Bundesministerium der Justiz: Gesetzestexte und Erläuterungen zum Corporate Governance Kodex
  • Hinweise der Deutschen Börse zur Umsetzung von Transparenzanforderungen

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich zur Abgabe einer Entsprechenserklärung verpflichtet?

Zur Abgabe einer Entsprechenserklärung sind Unternehmen oder Organisationen verpflichtet, wenn sie bestimmten gesetzlichen Anforderungen, Normen oder Verordnungen unterliegen, die eine solche Erklärung explizit fordern. Beispielhaft verpflichten das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), die Bauproduktenverordnung (BauPVO) oder die Medizinprodukteverordnung (MDR) Hersteller, Importeure oder Verantwortliche, eine Entsprechenserklärung zu erstellen und bereitzuhalten. Die Verpflichtung resultiert nicht aus einer freiwilligen Selbstverpflichtung, sondern ist rechtlich bindend und im jeweiligen Fachgesetz, in Verordnungen oder branchenspezifischen Vorgaben eindeutig geregelt. Die Funktion einer solchen Erklärung besteht darin, im Rechtsverkehr, vor Behörden oder bei Verantwortlichkeiten im Schadensfall zu dokumentieren und nachzuweisen, dass ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Prozess nachweislich alle relevanten gesetzlichen und normativen Anforderungen erfüllt.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei Nichtabgabe oder fehlerhafter Entsprechenserklärung?

Unterbleibt die Abgabe einer gesetzlich geforderten Entsprechenserklärung oder enthält diese Falschangaben, drohen sowohl verwaltungsrechtliche als auch zivil- und strafrechtliche Konsequenzen. Verwaltungsrechtlich können Bußgelder, Ordnungsmaßnahmen oder ein Vertriebsverbot für das betroffene Produkt ausgesprochen werden. Im Zivilrecht kann eine fehlende oder falsche Entsprechenserklärung im Schadensfall zu einer verschuldensunabhängigen Haftung führen und Ansprüche auf Schadensersatz nach sich ziehen. Strafrechtlich kommen je nach Gesetzgebung auch Geldstrafen oder Freiheitsstrafen für verantwortliche Personen in Betracht, insbesondere wenn es durch Versäumnisse zu Gefährdungen oder Schäden für Dritte kommt – beispielsweise bei Konsumentenprodukten oder im Bausektor.

In welchem Verhältnis steht die Entsprechenserklärung zu weiteren Nachweisdokumenten wie Konformitätserklärung oder CE-Kennzeichnung?

Rechtlich gesehen ist die Entsprechenserklärung Teil eines umfassenden Nachweissystems zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. In vielen Fällen – etwa bei der CE-Kennzeichnung – ist die Entsprechenserklärung Bestandteil der Konformitätserklärung oder wird ihr beigefügt. Während die Konformitätserklärung einen formellen Nachweis der Konformität eines Produkts mit einschlägigen Richtlinien oder Verordnungen darstellt, spezifiziert die Entsprechenserklärung meist detailliert, welche Anforderungen, Normen oder Gesetze und mit welchem Ergebnis geprüft wurden. Sie dient als rechtssicheres Dokument, um gegenüber Behörden, Überwachungsstellen und im Rechtsverkehr die Einhaltung nachzuweisen – oft ist sie zudem Voraussetzung für die Vermarktung und das Inverkehrbringen von Produkten innerhalb des europäischen Binnenmarkts.

Besteht eine rechtliche Pflicht zur Aufbewahrung der Entsprechenserklärung? Und wenn ja, wie lange?

Die Aufbewahrungspflicht für Entsprechenserklärungen ergibt sich unmittelbar aus den zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften. Meist ist die Entsprechenserklärung über mehrere Jahre aufzubewahren – regelmäßig zehn Jahre nach dem letzten Inverkehrbringen des jeweiligen Produkts, nach Beendigung eines Bauvorhabens oder nach Ablauf des entsprechenden Produktionsloses. Die Frist ist in der jeweiligen fachspezifischen Rechtsgrundlage explizit geregelt, etwa in Artikel 10 der Bauproduktenverordnung oder Artikel 27 des Produktsicherheitsgesetzes. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht kann im Fall einer behördlichen Kontrolle oder eines Schadenfalls zu erheblichen rechtlichen Nachteilen führen, da die Nachweispflicht grundsätzlich beim Hersteller, Importeur oder Verantwortlichen liegt.

Wie muss die Entsprechenserklärung rechtssicher unterzeichnet sein?

Für die rechtliche Gültigkeit der Entsprechenserklärung ist eine eigenhändige, häufig auch elektronische, Unterschrift des Unternehmensverantwortlichen oder einer hierzu befugten Person erforderlich. Die Unterzeichnungsbefugnis muss dem innerbetrieblichen Organigramm beziehungsweise der Geschäftsordnung entsprechen, da andernfalls die Entsprechenserklärung als formell unwirksam und somit rechtlich angreifbar gilt. Die genauen Anforderungen an die Unterschrift – etwa in Bezug auf die elektronische Signatur – ergeben sich aus dem jeweils geltenden Fachgesetz oder aus den Vorgaben des europäischen Rechts (z. B. eIDAS-Verordnung für elektronische Signaturen).

Welche rechtlichen Prüf- und Kontrollrechte haben Behörden bezüglich Entsprechenserklärungen?

Behörden besitzen nach den einschlägigen Vorschriften weitreichende Prüf- und Kontrollrechte. Sie sind befugt, die Entsprechenserklärung jederzeit einzusehen, Kopien anzufordern und auf Plausibilität oder Vollständigkeit zu überprüfen. Im Rahmen von Marktüberwachungen, Stichproben oder auch anlassbezogen – zum Beispiel im Schadensfall oder bei Verdacht auf Normverstoß – können weitere Nachweise und begleitende Dokumentationen verlangt werden. Das Unternehmen oder der Verantwortliche muss in diesem Fall die Entsprechenserklärung unverzüglich vorlegen können. Die Nichtvorlage oder verspätete Vorlage kann rechtlich geahndet werden und als Ordnungswidrigkeit gelten, mit den oben genannten Folgen.

Gilt eine ausländische Entsprechenserklärung auch im deutschen Rechtsraum?

Eine im Ausland ausgestellte Entsprechenserklärung kann in Deutschland und der EU grundsätzlich anerkannt werden, sofern sie den in Deutschland beziehungsweise europaweit geltenden gesetzlichen Vorgaben entspricht und inhaltlich sowie formal vergleichbar ist. Maßgeblich ist, ob die zugrunde liegenden Rechtsnormen, Normen und technischen Standards identisch oder als gleichwertig anerkannt sind. Ist dies nicht der Fall oder bestehen Unterschiede in der Nachweispflicht, muss das Unternehmen oder der Verantwortliche eine Entsprechenserklärung nach deutschem Recht beziehungsweise europäischer Verordnung nachreichen. Dies ist vor allem im Warenverkehr innerhalb der EU ein häufiges Thema und unterliegt oft einer individuellen Prüfung durch die zuständigen Behörden.