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Entry standard


Entry Standard

Der Entry Standard ist ein Begriff aus dem deutschen Kapitalmarktrecht und bezeichnete bis zum Jahr 2017 ein Teilsegment des Open Market (Freiverkehr) an der Frankfurter Wertpapierbörse. Das Segment diente als Börseneintrittsmarkt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie junge und wachstumsorientierte Unternehmen, die einen vereinfachten Zugang zum Kapitalmarkt suchten. Der Entry Standard ist mit der Einführung des „Scale“-Segments im März 2017 ausgelaufen. Dennoch besitzt der Begriff weiterhin historische und rechtliche Relevanz bei der Einordnung der Kapitalmarktregulierung in Deutschland.

Begriffliche Einordnung und Abgrenzung

Der Entry Standard ist dem sogenannten Freiverkehr („Open Market“) zuzuordnen. Im Gegensatz zum Regulierten Markt handelt es sich bei diesem um einen von der jeweiligen Börsengesellschaft organisierten und geregelten, jedoch nicht per Gesetz regulierten Marktabschnitt. Das Marktsegment sollte vor allem Unternehmen ansprechen, die nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen für den Regulierten Markt erfüllten, aber dennoch eine Börsenotierung anstreben.

Entry Standard war kein gesetzlich normiertes Börsensegment, sondern eine segmentbezogene Sonderregelung innerhalb des Freiverkehrs mit klar definierten Zulassungsfolgen und Publizitätsanforderungen, die freiwillig gewählt werden konnten.

Rechtlicher Rahmen

Voraussetzungen für die Aufnahme

Die Voraussetzungen zur Aufnahme im Entry Standard ergaben sich aus den von der Deutsche Börse AG festgelegten Regularien. Zu den grundlegenden Bedingungen zählten:

  • Unternehmenssitz und Rechtsform: Das emittierende Unternehmen musste als Kapitalgesellschaft bestehen. Sitz und rechtlicher Bestand mussten belegt sein.
  • Wertpapierprospekt: Zur Aufnahme war grundsätzlich ein Wertpapierprospekt erforderlich, oder es musste eine gesetzliche Ausnahme gem. Wertpapierprospektgesetz (WpPG) vorliegen.
  • Emissionsbegleiter: Die Teilnahme an diesem Segment erforderte einen sogenannten Capital Market Partner als Emissionsbegleiter.
  • Schriftlicher Antrag: Die Aufnahme musste durch einen formellen Antrag erfolgen.

Transparenz- und Folgepflichten

Für Emittenten im Entry Standard galten erhöhte Transparenzanforderungen im Vergleich zum allgemeinen Freiverkehr, die jedoch hinter jenen des Regulierten Marktes zurückblieben. Diese umfassten:

  • Regelmäßige Berichterstattung: Veröffentlichung von Halbjahres- und Jahresabschlüssen nach internationalen oder nationalen Bilanzierungsvorschriften.
  • Ad-hoc-Publizität: Emittenten mussten kursrelevante Informationen nach den Bestimmungen des Entry Standards publizieren. Es bestand jedoch keine unmittelbare Anwendung der Ad-hoc-Publizität nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG).
  • Unternehmenskalender: Offenlegung der wichtigsten Termine (z.B. Hauptversammlung, Bilanzpressekonferenz).
  • Fortlaufende Unternehmensdarstellung: Bereitstellung von Firmeninformationen auf der Internetseite der Emittenten.

Segmentbezogene Regulierung und Rechtsfolgen

Im Gegensatz zu Märkten des öffentlichen Angebots nach dem Börsengesetz (BörsG) war der Entry Standard Bestandteil des von der Börsenordnung geregelten Freiverkehrs. Die Folge war eine reduzierte unmittelbare Anwendung des deutschen und europäischen Kapitalmarktrechts:

  • Aufsicht und Überwachung: Zuständig war primär die Deutsche Börse AG im Rahmen ihrer Börsenaufsicht; die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwachte insbesondere die Einhaltung prospektrechtlicher Vorgaben.
  • Anleger- und Emittentenschutz: Der Schutzstandard lag zwischen dem allgemeinen Freiverkehr und dem Regulierten Markt; Pflichten und Haftungen waren eingeschränkt, insbesondere im Hinblick auf Informationsveröffentlichung und Delisting.
  • Keine Indexfähigkeit: Wertpapiere des Entry Standards waren nicht für die Teilnahme an den wichtigsten Aktienindizes (z.B. DAX, MDAX) zugelassen.

Historische Entwicklung und rechtliche Auswirkungen

Einführung und Zielsetzung

Der Entry Standard wurde im Oktober 2005 als Reaktion auf die steigenden regulatorischen Anforderungen und die Auflösung des früheren Neuen Marktes eingeführt. Ziel war es, kleinen und mittleren Unternehmen einen einfacheren Zugang zum Kapitalmarkt mit begrenzten Transparenz- und Folgevorschriften zu bieten.

Beendigung und Übergang zu Scale

Mit Wirkung zum 1. März 2017 wurde der Entry Standard von dem neu geschaffenen Segment „Scale“ abgelöst. Das Scale-Segment bietet ein vergleichbares, jedoch reformiertes rechtliches Umfeld mit angepassten Anforderungen, um eine bessere Kapitalmarktfinanzierung für wachstumsorientierte Unternehmen zu unterstützen.

Rechtliche Bedeutung nach Eintritt des Segments

Auch nach seinem Auslaufen bleibt der Entry Standard für die historische Einordnung von Börsenzulassungen, Compliance-Anforderungen und Haftungsfällen aus der Vergangenheit relevant. Gesellschaften, die ehemals im Entry Standard gelistet waren, müssen etwaige Rückschlüsse auf Pflichten- oder Haftungsfragen stets unter Berücksichtigung der zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Regelungen bewerten.

Wesentliche Unterschiede zu anderen Börsensegmenten

Entry Standard vs. Regulierter Markt

Im Regulierten Markt gilt eine umfassende Integration nationaler und europäischer Kapitalmarktregeln, insbesondere umfangreiche Publizitätspflichten (z.B. nach WpHG und MAR), Prospektpflichten gemäß EU-Recht sowie spezifische Anforderungen an Unternehmensführung und Corporate Governance. Im Entry Standard beschränkten sich die Anforderungen hingegen auf börsenorganisationsrechtliche Vorgaben mit reduziertem Umfang.

Entry Standard vs. Open Market (ohne Segmentierung)

Der Entry Standard bildete innerhalb des Open Market eine Sonderform, die freiwillig gewählt werden konnte und für die spezifische zusätzliche Veröffentlichungspflichten festgelegt wurden. Im allgemeinen Open Market („Basic Board“) bestehen dagegen ausschließlich geringere Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Berichtspflichten.

Bedeutung für Emittenten und Kapitalmarkt

Der Entry Standard fungierte als Sprungbrett für junge Unternehmen, um Kapitalgeber zu gewinnen und Liquidität an der Börse zu generieren. Die niedrigschwelligen Anforderungen zielten auf eine ausgewogene Balance zwischen notwendiger Transparenz und marktwirtschaftlicher Flexibilität. Daraus resultierten Vorteile hinsichtlich Kapitalbeschaffung und Kapitalmarktzugang, jedoch auch gewisse Risiken für Anleger durch einen geringeren Regulierungsstandard.

Literatur und Quellen

  • Börsengesetz (BörsG)
  • Wertpapierprospektgesetz (WpPG)
  • Deutsche Börse AG: Regelwerk Entry Standard (historisch)
  • Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): Kapitalmarktaufsicht
  • Müller, M.: „Kapitalmarktrecht und Börsensegmente in Deutschland“, 3. Auflage

Dieser Beitrag vermittelt einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, Entwicklung sowie tragende Besonderheiten des Entry Standards als Bestandteil der deutschen Kapitalmarktregulierung.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Regelwerke sind für die Festlegung des Entry Standards maßgeblich?

Die rechtlichen Grundlagen für den Entry Standard, der häufig als Segment an Börsen mit gelockerten Zulassungsvoraussetzungen verstanden wird, ergeben sich primär aus dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), dem Börsengesetz (BörsG) sowie den jeweiligen Börsenordnungen der Handelsplätze. Für die Frankfurter Wertpapierbörse war der Entry Standard zwischen 2005 und 2017 ein spezielles Marktsegment im Freiverkehr (Open Market), das eigene Zulassungs- und Folgepflichten regelte, unabhängig von den Regularien des regulierten Marktes gemäß EU-Prospektverordnung. Neben den gesetzlichen Grundlagen spielen Selbstregulierung und die Geschäftsbedingungen der jeweiligen Börse eine entscheidende Rolle. Aufgrund geringerer Transparenz- und Publikationspflichten mussten Emittenten im Entry Standard zwar gewisse Mindestanforderungen erfüllen – etwa ein Unternehmensportrait und geprüfte Jahresabschlüsse veröffentlichen -, aber nicht die umfassenden Pflichten des Prime oder General Standard befolgen. Neben nationalen Normen sind teilweise auch europäische Regelungen zu berücksichtigen, insbesondere wenn Wertpapiere grenzüberschreitend angeboten werden.

Welche besonderen Haftungsrisiken bestehen für Emittenten im Entry Standard?

Emittenten, die ihre Wertpapiere im Entry Standard notieren, unterliegen besonderen Haftungsrisiken, die sich primär aus den einschlägigen zivilrechtlichen, börsenrechtlichen und ggf. strafrechtlichen Vorschriften ergeben. Im Gegensatz zu den streng regulierten Marktsegmenten bestehen zwar geringere formale Transparenzanforderungen, jedoch bleiben die Vorschriften zum Anlegerschutz und zur Prospekthaftung grundsätzlich anwendbar. Werden fehlerhafte oder irreführende Angaben im Rahmen der geforderten Publikationen (z. B. Unternehmensportrait oder Jahresabschluss) gemacht, droht die Inanspruchnahme durch Anleger und Behörden. Auch können Verstöße gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten, sofern diese im individuellen Fall relevant sind, mit empfindlichen Geldbußen sanktioniert werden. Die laufende Überwachung erfolgt insbesondere durch die Handelsüberwachungsstellen und ggf. durch die BaFin. Kommt es zu einer Pflichtverletzung, können sowohl Organisationsverschulden des Emittenten als auch persönliche Haftung von Geschäftsleitern nach § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung) oder spezialgesetzlichen Regelungen eintreten.

Welche Reporting- und Publikationspflichten müssen Unternehmen im Entry Standard erfüllen?

Im Entry Standard galten verglichen mit regulierten Marktsegmenten reduzierte Publizitätsanforderungen. Dennoch mussten Emittenten bestimmte Mindestanforderungen einhalten, die sich hauptsächlich aus den Vorgaben der jeweiligen Börse und dem Börsengesetz ableiten. Hierzu gehörte insbesondere die fristgerechte Veröffentlichung eines geprüften Jahresabschlusses sowie eines aktuellen Unternehmensportraits. Im Unterschied zum regulierten Markt bestand jedoch keine Verpflichtung zur Quartalsberichterstattung oder zur Veröffentlichung von Halbjahresfinanzberichten. Zudem galten eingeschränkte Ad-hoc-Publizitätspflichten; die börsenseitigen Regularien konnten jedoch zusätzliche Informationspflichten vorsehen, die im Falle erheblicher kursrelevanter Entwicklungen auch Mitteilungspflichten vorsahen. Die Inhalte und Fristen der Publikationen waren im Detail in der jeweiligen Börsenordnung und im Teilnahmevertrag geregelt. Bei Versäumnissen konnten Sanktionen durch die Börse verhängt werden, einschließlich Verwarnungen, Geldbußen oder Ausschlüssen vom Handel.

Wie unterscheidet sich die rechtliche Stellung des Entry Standards vom regulierten Markt?

Der Entry Standard war rechtlich dem Freiverkehr (Open Market) zugeordnet und unterlag damit nicht der umfassenden Regulierung des regulierten Marktes (wie General Standard oder Prime Standard), der strengen Anforderungen nach dem europäischen Kapitalmarktrecht, Prospektpflichten und laufenden Publizitätsvorgaben entspricht. Im rechtlichen Sinne war der Entry Standard kein regulierter Markt gemäß der Definition der MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) oder des § 2 Abs. 11 WpHG, sondern ein Segment im Freiverkehr. Dadurch fielen zahlreiche gesetzliche Vorschriften, insbesondere solche aus dem Börsengesetz und der EU-Prospektverordnung, nur eingeschränkt oder gar nicht an. Schutzmechanismen für Anleger waren somit eingeschränkt und rechtliche Streitigkeiten richteten sich maßgeblich nach den weniger strengen Vorschriften des Freiverkehrs sowie den individuellen Zulassungsbedingungen und Geschäftsbedingungen der Börse.

Welche Informationspflichten hat die Börse gegenüber Anlegern im Entry Standard?

Die jeweilige Börse trägt im Rahmen des Entry Standards die Verantwortung, Anlegern die zentralen Informationen zu den gelisteten Unternehmen zugänglich zu machen. Sie muss dabei insbesondere sicherstellen, dass die von den Emittenten gemäß den Segmentregeln eingereichten Dokumente (Jahresabschlüsse, Unternehmensportraits) veröffentlicht und in einer für Anleger leicht zugänglichen Form bereitgestellt werden. Rechtlich ergeben sich diese Pflichten aus den Börsenordnungen, die Transparenzanforderungen festlegen, sowie aus allgemeiner Verkehrspflicht der Börse. Über die gesetzlich geforderten Maßnahmen hinaus können börsenseitige Webportale oder zentrale Publikationsstellen eingerichtet sein, um die Informationen zu verteilen. Die Einhaltung und Umsetzung dieser Pflichten wird durch die Handelsüberwachungsstelle überwacht; Verstöße können empfindliche Sanktionen gegen die Börse nach sich ziehen, wenn nachweislich Anlegerinteressen verletzt wurden.

Welche Folgen hat die Beendigung der Notierung im Entry Standard für die Rechtsstellung der Aktionäre?

Wird die Notierung eines Unternehmens im Entry Standard beendet, entfallen ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit sämtliche segmentbezogenen Sonderregelungen. Für die Aktionäre bedeutet dies, dass sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von den besonderen Publizitäts- und Transparenzanforderungen profitieren, die im Entry Standard galten. Handelt es sich um einen vollständigen Delisting-Vorgang, sind die Wertpapiere in der Regel nur noch eingeschränkt handelbar, was die Liquidität und den Marktwert negativ beeinflussen kann. Die rechtliche Grundlage findet sich in den jeweiligen Börsenordnungen, wobei betroffene Aktionäre lediglich allgemeine zivilrechtliche Ansprüche behalten, z. B. bei arglistiger Täuschung oder betrügerischen Handlungen während der Listungszeit. Ein Anspruch auf einen Ausgleich oder eine Abfindung ist im Entry Standard grundsätzlich nicht vorgesehen, es sei denn, es greifen Sonderregelungen, etwa bei einem parallelen öffentlichen Übernahmeangebot.

Inwiefern können Investoren im Entry Standard Rechtsmittel gegen Emittenten oder die Börse geltend machen?

Investoren im Entry Standard besitzen grundsätzlich das Recht, zivilrechtliche Ansprüche gegen Emittenten (z. B. wegen Verstoßes gegen Veröffentlichungspflichten oder Täuschung) sowie gegebenenfalls gegen die Börse (z. B. wegen unzureichender Überwachung oder fehlerhafter Veröffentlichung von Informationen) geltend zu machen. Die Basis hierfür bilden die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zur Schadensersatzpflicht, § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) sowie spezialgesetzliche Haftungsnormen, etwa aus dem Wertpapierhandelsgesetz. Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen können Investoren sich an die BaFin als Aufsichtsbehörde wenden oder bei Verdacht auf Straftaten Anzeige erstatten. Zu beachten ist jedoch, dass die Segmentierung des Entry Standards im Freiverkehr und die damit verbundenen reduzierten regulatorischen Anforderungen die Rechtsdurchsetzung schwieriger gestalten können als im regulierten Markt. Zudem erfordert die Geltendmachung von Ansprüchen regelmäßig eine sorgfältige Prüfung der Kausalität sowie des Verschuldens der jeweiligen Partei.