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Einwilligung in ein Rechtsgeschäft


Einwilligung in ein Rechtsgeschäft

Begriff und rechtliche Einordnung

Die Einwilligung in ein Rechtsgeschäft ist ein essenzieller Begriff des deutschen Privatrechts. Sie beschreibt das vorgängige, ausdrückliche oder konkludente Einverständnis einer Person – des Einwilligungsberechtigten – mit einem (noch vorzunehmenden) rechtlichen Handeln eines anderen. Besonders relevant ist die Einwilligung im Zusammenhang mit der Wirksamkeit von Rechtsgeschäften, bei denen die handelnde Person aus verschiedenen Gründen (meist geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig) auf die Mitwirkung oder Zustimmung eines Dritten, etwa eines gesetzlichen Vertreters, angewiesen ist.

Systematische Stellung im Bürgerlichen Recht

Abgrenzung zu verwandten Rechtsinstituten

Die Einwilligung ist vom Begriff der Genehmigung zu unterscheiden. Während die Einwilligung das Einverständnis vor oder spätestens zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses voraussetzt, handelt es sich bei der Genehmigung um die nachträgliche Zustimmung zu einem bereits abgeschlossenen Rechtsgeschäft (§ 184 BGB). Beide Institute gehören zu den sog. einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärungen und haben jeweils eigenständige Voraussetzungen und Rechtsfolgen.

Gesetzliche Grundlagen

Die Einwilligung findet ihre zentrale gesetzliche Verankerung in § 183 BGB. Neben dem allgemeinen Schuldrecht sind daneben zahlreiche Spezialregelungen in Einzelgesetzen (z. B. im Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Familienrecht und Medizinrecht) zu berücksichtigen, die besondere Anforderungen an die Einwilligung stellen können.

Voraussetzungen und Wirkungen der Einwilligung

Erteilungsberechtigung

Die Einwilligung kann grundsätzlich nur von der Person erteilt werden, die durch das Rechtsgeschäft betroffen wird oder kraft Gesetzes berechtigt ist, für eine andere Person zu handeln – typischerweise der gesetzliche Vertreter bei beschränkt geschäftsfähigen oder geschäftsunfähigen Personen.
Zu den häufigsten Fällen zählen:

  • Eltern (als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Kinder, §§ 1626ff. BGB)
  • Betreuer (bei betreuten volljährigen Personen, § 1902 BGB)
  • Vormund (§ 1793 BGB)

Form und Inhalt

Die Einwilligung ist grundsätzlich formfrei, sofern das zugrundeliegende Rechtsgeschäft keine besondere Form vorschreibt. Sie kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen. Im Einzelfall können gesetzliche Formvorschriften (z. B. notarielle Beurkundung bei Grundstücksgeschäften, § 311b BGB) Anwendung finden.

Zeitpunkt und Widerruf

Die Einwilligung muss zumindest im Moment des Rechtsgeschäfts vorliegen. Sie kann vor oder spätestens gleichzeitig mit dem Rechtsgeschäft erteilt werden. Ein Widerruf der Einwilligung ist grundsätzlich bis zum Zugang der Willenserklärung bei dem Empfänger möglich, sofern die Einwilligung nicht unwiderruflich erklärt wurde oder das Gesetz Gegenteiliges bestimmt.

Wirkung für das Rechtsgeschäft

Wird eine erforderliche Einwilligung rechtzeitig und wirksam erteilt, ist das Rechtsgeschäft unmittelbar wirksam (§ 111 Satz 1 BGB). Fehlt die Einwilligung, ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam und bedarf nachträglich der Genehmigung, um Wirksamkeit zu erlangen (§ 108 Abs. 1 BGB).

Anwendungsbereiche und besondere Fallgestaltungen

Minderjährigenschutz und Geschäftsfähigkeit

Im Rahmen des Minderjährigenschutzes (§§ 104ff. BGB) ist die Einwilligung ein elementarer Baustein: Rechtsgeschäfte beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger sind ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters grundsätzlich schwebend unwirksam, sofern es sich nicht um ein sog. lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft handelt (§ 107 BGB).

Stellvertretung und Handeln im fremden Namen

Im Rahmen der Stellvertretung kann die Einwilligung erforderlich sein, wenn der Vertretene das Geschäft vor Abschluss ausdrücklich erlaubt oder einen Handlungsspielraum einräumt, innerhalb dessen der Vertreter agieren darf (§§ 164ff. BGB).

Medizinrecht und Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit

Besondere Bedeutung hat die Einwilligung im Medizinrecht. Ärztliche Eingriffe stellen grundsätzlich eine Körperverletzung im strafrechtlichen Sinne dar (§ 223 StGB), sind aber bei wirksamer Einwilligung des Patienten nach § 228 StGB gerechtfertigt. Diese Einwilligung setzt eine umfassende Aufklärung und Geschäftsfähigkeit des Patienten voraus.

Familien- und Betreuungsrecht

Im Familien- und Betreuungsrecht spielt die Einwilligung eine zentrale Rolle bei Schutzvorschriften für Minderjährige und Betreute. Beispielsweise bedürfen bestimmte Rechtsgeschäfte der Einwilligung des Familiengerichts (§§ 1821ff. BGB).

Gesellschafts- und Arbeitsrecht

Im Gesellschaftsrecht kann die Einwilligung von Gesellschaftern oder Organen erforderlich sein, etwa bei Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs. Im Arbeitsrecht ist die Einwilligung häufig im Zusammenhang mit datenschutzrechtlichen Vorgaben oder Nebenverpflichtungen relevant.

Unwirksamkeit der Einwilligung

Willensmängel

Die Einwilligung kann an Willensmängeln leiden (z. B. Irrtum, Drohung, Täuschung), ebenso kann die Geschäftsfähigkeit des Einwilligenden fraglich sein. Liegen solche Mängel vor, können sowohl Einwilligung als auch das darauf gestützte Rechtsgeschäft anfechtbar sein.

Gesetzliche Ausnahmen und Verbote

Einige Rechtsgeschäfte sind unabhängig von einer Einwilligung unzulässig oder nicht genehmigungsfähig, beispielsweise bei sittenwidrigen Geschäften (§ 138 BGB) oder gesetzlichen Verboten (§ 134 BGB).

Folgen der fehlenden Einwilligung

Fehlt die erforderliche Einwilligung, ist das Rechtsgeschäft typischerweise schwebend unwirksam. Dies bedeutet, dass es zunächst keine rechtliche Wirkung entfaltet, bis der Einwilligungsberechtigte nachträglich durch Genehmigung das Geschäft wirksam werden lässt. Wird die Genehmigung verweigert, wird das Geschäft endgültig nichtig.


Fazit: Die Einwilligung in ein Rechtsgeschäft stellt eine zentrale Rechtsfigur dar, die insbesondere den Schutz minderjähriger oder betreuter Personen sowie die Kontrolle und Legitimation bestimmter, rechtlich relevanter Handlungen sicherstellen soll. Sie stellt hohe Anforderungen an Inhalt, Zeitpunkt und Erteilung und beeinflusst die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften maßgeblich. In zahlreichen Bereichen des Zivilrechts ist die Einwilligung unverzichtbar, um Rechtsklarheit, Vertragssicherheit und den Schutz besonders schutzwürdiger Gruppen im Rechtsverkehr zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Was sind die Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung in ein Rechtsgeschäft?

Damit eine Einwilligung aus rechtlicher Sicht wirksam ist, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss die einwilligende Person geschäftsfähig sein, zumindest jedoch die für eine Einwilligung erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzen. Nach deutschem Recht beispielsweise kann eine Einwilligung durch einen Geschäftsunfähigen – etwa ein Kleinkind oder eine dauerhaft geistig beeinträchtigte Person – grundsätzlich nicht wirksam erteilt werden. Weiterhin muss die Einwilligung ernsthaft, freiwillig und ohne Zwang erfolgen. Sie darf nicht unter Drohung oder durch Täuschung erlangt worden sein, da diese Umstände die Wirksamkeit beeinträchtigen. Die Einwilligung muss zudem auf einen konkreten und bestimmten Lebenssachverhalt bezogen sowie grundsätzlich vor Vornahme des Rechtsgeschäfts erklärt werden (sog. vorherige Einwilligung). In bestimmten Fällen ist auch eine nachträgliche Genehmigung möglich, die jedoch streng von der vorherigen Einwilligung zu unterscheiden ist. Außerdem muss die Einwilligung hinreichend bestimmt und an den richtigen Vertragspartner gerichtet werden, damit klar ist, wofür sie erteilt wird.

Kann eine erteilte Einwilligung widerrufen werden, und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Die Möglichkeit des Widerrufs einer Einwilligung hängt von der Art des Rechtsgeschäfts und deren gesetzlichen Grundlagen ab. Grundsätzlich ist eine Einwilligung ein einseitiges, empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft, das bis zur Vornahme des betroffenen Rechtsgeschäfts frei widerrufen werden kann, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Nach dem wirksamen Abschluss des Hauptgeschäfts ist ein Widerruf der Einwilligung jedoch vielfach ausgeschlossen, sondern es bedarf gegebenenfalls einer Anfechtung oder anderer rechtlicher Schritte. Bestimmungen des Verbraucherschutzes (wie das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen) oder des Datenschutzes (Widerruf der Einwilligung zur Datenverarbeitung nach Art. 7 DSGVO) sehen spezielle Regelungen vor, die hiervon abweichen können. Maßgeblich ist stets, dass der Widerruf eindeutig gegenüber dem Geschäftspartner erklärt werden muss und dieser den Zugang des Widerrufs beweisen können sollte.

Welche Formvorschriften gelten für eine Einwilligung in ein Rechtsgeschäft?

Ob und welche Form für eine Einwilligung erforderlich ist, richtet sich nach der Formbedürftigkeit des Hauptgeschäfts. Grundsätzlich bedarf die Einwilligung keiner besonderen Form und kann mündlich, schriftlich oder sogar konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, erteilt werden, sofern das Gesetz oder der Vertragspartner keine bestimmte Form vorsehen. Bei formbedürftigen Rechtsgeschäften, etwa notariell beurkundungspflichtigen Verträgen (z. B. Grundstückskauf), ist regelmäßig auch für die Einwilligung die gleiche Form erforderlich wie für das Hauptgeschäft. Dies dient der Rechtssicherheit und dem Schutz des Einwilligenden. Fehlt die vorgeschriebene Form, ist die Einwilligung und damit regelmäßig auch das Rechtsgeschäft unwirksam.

Wer kann eine Einwilligung für einen Geschäftsunfähigen bzw. beschränkt Geschäftsfähigen erteilen?

Bei Geschäftsunfähigen – regelmäßig Kindern unter 7 Jahren oder dauerhaft Geisteskranken – kann die Einwilligung nur durch deren gesetzlichen Vertreter, meist die Eltern oder ein gerichtlich bestellter Betreuer, erteilt werden. Bei beschränkt geschäftsfähigen Personen, wie Minderjährigen zwischen 7 und 18 Jahren, ist grundsätzlich ebenfalls die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich (§ 107 BGB). Bestimmte Ausnahmen gelten für Geschäfte mit lediglich rechtlichem Vorteil oder Mittelgeschäfte mit eigenen Mitteln des Minderjährigen (Taschengeldparagraph). Soweit die Einwilligung eines Vertreters notwendig ist, muss auch dieser Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht handeln und der konkrete Vertragsanlass von der erteilten Einwilligung gedeckt sein.

Wie unterscheidet sich die Einwilligung von der Genehmigung bei Rechtsgeschäften?

Die Einwilligung ist ein vorheriges, vor Abschluss des Rechtsgeschäfts ausgesprochenes Einverständnis und wirkt ex ante – sie berechtigt den Handelnden von Anfang an zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts. Die Genehmigung hingegen ist ein nachträgliches, ex post erklärtes Einverständnis mit einem bereits vorgenommenen Rechtsgeschäft, das zunächst schwebend unwirksam ist, bis die Genehmigung erteilt wird (§ 184 BGB). Wird die Genehmigung verweigert, bleibt das Rechtsgeschäft unwirksam. Ist sie nicht erforderlich oder wird sie ordnungsgemäß erteilt, wirkt sie rückwirkend auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses.

Welche rechtlichen Folgen hat das Fehlen einer erforderlichen Einwilligung?

Fehlt eine verlangte Einwilligung, ist das abgeschlossene Rechtsgeschäft schwebend unwirksam oder sogar nichtig, je nachdem, ob eine nachträgliche Genehmigung möglich ist oder nicht. Im deutschen Recht sind beispielsweise Verträge mit beschränkt Geschäftsfähigen ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter zunächst schwebend unwirksam (§ 108 BGB); sie werden erst wirksam, wenn die Genehmigung erteilt wird. Ist das Rechtsgeschäft nicht genehmigungsfähig oder wird die Genehmigung verweigert, bleibt es endgültig unwirksam, und aus dem Geschäft können grundsätzlich keine Rechtsfolgen – etwa Ansprüche auf Erfüllung oder Schadenersatz – hergeleitet werden. In Einzelfällen können jedoch Rückabwicklungs- oder Herausgabeansprüche entstehen.

Gibt es besondere Schutzvorschriften bei der Einwilligung zu besonders risikobehafteten Rechtsgeschäften?

Ja, für besonders risikobehaftete oder lebenswichtige Rechtsgeschäfte bestehen teils strikte Anforderungen an die Einwilligung. So sind beispielsweise im Umgang mit medizinischen Behandlungen, gefährlichen Operationen oder großen Vermögensgeschäften oft besondere Schriftformen, Belehrungspflichten und Nachweispflichten vorgesehen. Bei minderjährigen Erben, Adoptionen oder Testamentsregelungen können auch behördliche oder gerichtliche Genehmigungen als zusätzliche Voraussetzung verlangt werden, um eine umfassende rechtliche Kontrolle und den Schutz des Betroffenen sicherzustellen. Auch im Datenschutzrecht und Arbeitsrecht gibt es besondere Schutzvorschriften und strenge Anforderungen an die Transparenz und Freiwilligkeit der Einwilligung.