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Einverständnis


Begriff und Definition des Einverständnisses

Das Einverständnis ist ein zentrales Rechtsinstitut, das in verschiedenen Rechtsgebieten eine entscheidende Rolle spielt. Im rechtlichen Kontext bezeichnet das Einverständnis die ausdrückliche oder konkludente Zustimmung einer Person zu einem bestimmten Verhalten oder einer Maßnahme. Das Einverständnis hat erheblichen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit von Handlungen sowie auf die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften.

Einverständnis im Zivilrecht

Bedeutung im allgemeinen Vertragsrecht

Im Zivilrecht ist das Einverständnis vor allem beim Abschluss von Verträgen sowie bei einseitigen Rechtsgeschäften von Relevanz. Es begründet den Willen einer Person, sich vertraglich zu binden oder bestimmte Rechtsfolgen herbeizuführen. Nur wenn ein wirksames Einverständnis aller Vertragsparteien vorliegt, entsteht in der Regel ein wirksamer Vertrag (§§ 145 ff. BGB).

Formen des Einverständnisses

  • Ausdrückliches Einverständnis: Die Zustimmung wird verbal oder schriftlich erklärt.
  • Konkludentes Einverständnis: Die Zustimmung erfolgt durch schlüssiges Verhalten, beispielsweise das Heben der Hand bei einer Abstimmung.

Bedeutung bei der Stellvertretung

Im Rahmen der Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) ist das Einverständnis des Vertretenen Grundvoraussetzung, damit eine rechtsgeschäftliche Handlung des Vertreters dem Vertretenen zugerechnet wird.

Einverständnis im Strafrecht

Tatbestandsausschließende Wirkung

Im Strafrecht kann das Einverständnis eines Betroffenen die Tatbestandsmäßigkeit eines strafrechtlichen Delikts ausschließen. Beispielhaft ist dies bei den sogenannten tatbestandsausschließenden Einverständnissen (etwa bei Diebstahl nach § 242 StGB), wenn der Berechtigte die Wegnahme akzeptiert.

Rechtfertigende Wirkung

Neben der tatbestandsausschließenden Wirkung kann das Einverständnis auch eine rechtfertigende Wirkung entfalten, insbesondere im Zusammenhang mit der Einwilligung (§ 228 StGB – Körperverletzung mit Einwilligung).

Voraussetzungen für ein wirksames strafrechtliches Einverständnis

  • Einwilligungsfähigkeit: Die einwilligende Person muss die erforderlich Einsichtsfähigkeit besitzen.
  • Informationsgrundlage: Das Einverständnis muss auf einer ausreichenden Information über die Rechtsfolgen beruhen.
  • Freiwilligkeit: Das Einverständnis darf nicht unter Zwang oder Drohung erfolgen.

Einverständnis im Datenschutzrecht

Im Bereich des Datenschutzrechts ist das Einverständnis, oft auch als „Einwilligung“ bezeichnet, von zentraler Bedeutung (§ 51 BDSG, Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO). Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist oft erst dann rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihr Einverständnis erteilt hat.

Anforderungen an eine wirksame Einwilligung

  • Transparenz: Die betroffene Person muss klar und verständlich über den Zweck der Datenverarbeitung informiert werden.
  • Widerrufbarkeit: Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.
  • Zweckbindung: Das Einverständnis gilt grundsätzlich nur für den angegebenen Zweck.

Einverständnis im Medizinrecht

Das medizinische Einverständnis ist eine wesentliche Voraussetzung jeder medizinischen Maßnahme (§ 630d BGB – Einwilligung des Patienten). Ohne wirksames Einverständnis stellt ein medizinischer Eingriff in der Regel eine rechtswidrige Körperverletzung dar.

Voraussetzungen des medizinischen Einverständnisses

  • Aufklärung: Patientinnen und Patienten müssen umfassend über Risiken und Alternativen informiert sein.
  • Freiwilligkeit: Die Erklärung muss ohne Zwang erfolgen.
  • Einwilligungsfähigkeit: Die Person muss in der Lage sein, das Für und Wider einer Maßnahme zu verstehen und darauf basierend zu entscheiden.

Grenzen und Wirksamkeit des Einverständnisses

Gesetzliche Grenzen

Das Einverständnis kann gesetzlich begrenzt sein. So ist beispielsweise bei gravierenden Rechtsgütereingriffen, wie schwerwiegenden Gesundheitsschädigungen oder Eingriffen in den Kernbereich der Menschenwürde, ein Einverständnis nicht stets wirksam.

Sittenwidrigkeit und Schutz Dritter

Ein nach den guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßendes Einverständnis ist nichtig. Ebenso kann ein Einverständnis keine Rechte Dritter beeinträchtigen; es entfaltet grundsätzlich nur Wirkung gegenüber dem Rechtsgutsträger.

Unterscheidung zwischen Einwilligung und Einverständnis

Im deutschen Recht wird oftmals zwischen Einwilligung und Einverständnis unterschieden. Während die Einwilligung eine vorgängige, ausdrücklich erteilte Zustimmung ist (vor Handlung), beschreibt das Einverständnis oft eine begleitende oder nachträgliche Zustimmung (auch durch schlüssiges Verhalten).

Fazit

Das Einverständnis ist ein vielseitig bedeutsames Rechtskonzept. Seine Wirksamkeit und Wirkung sind von den jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen abhängig. Von zentraler Bedeutung ist es im Zivilrecht zur Begründung von Rechtsgeschäften, im Strafrecht zur Rechtfertigung und Tatbestandsausschließung sowie im Datenschutz- und Medizinrecht für den Schutz persönlicher Rechte. Die Gewährleistung freiwilliger und informierter Zustimmung gilt stets als grundlegende Voraussetzung für die Wirksamkeit des Einverständnisses.

Häufig gestellte Fragen

Was ist im rechtlichen Sinne erforderlich, damit ein Einverständnis wirksam ist?

Damit ein Einverständnis rechtlich wirksam ist, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss das Einverständnis freiwillig, also ohne Zwang, Täuschung oder Drohung erfolgen. Die Person, die das Einverständnis erteilt, muss dafür geschäftsfähig oder wenigstens einwilligungsfähig sein; das heißt, sie muss die Bedeutung und die Folgen ihres Handelns erkennen können. Das Einverständnis muss zudem eindeutig und möglichst konkret erklärt werden. In einigen Fällen, etwa im Datenschutzrecht oder bei medizinischen Eingriffen, ist aus Beweisgründen eine schriftliche Erklärung empfohlen oder sogar gesetzlich vorgeschrieben. Darüber hinaus muss sich das Einverständnis auf den genau bestimmten Sachverhalt beziehen und darf keine generelle Blanko-Genehmigung darstellen. Ist das Einverständnis an Bedingungen geknüpft oder wurde es widerrufen, so verlieren alle darauf gestützten Handlungen ihre Rechtsgrundlage.

Kann ein einmal erteiltes Einverständnis widerrufen werden?

Ja, ein Einverständnis kann grundsätzlich jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen werden, solange der Widerruf nicht durch eine vertragliche oder gesetzliche Regelung ausgeschlossen ist. Insbesondere im Datenschutzrecht (z.B. Art. 7 DSGVO) und im Bereich der medizinischen Behandlung steht das Recht zum Widerruf ausdrücklich zu. Mit dem Zugang des Widerrufs wird das Einverständnis unwirksam und es dürfen ab diesem Zeitpunkt keine Handlungen mehr vorgenommen werden, die auf dem ursprünglichen Einverständnis beruhen. Der Widerruf kann formfrei erfolgen, sofern keine besondere Form vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben ist. Allerdings können für bereits erfolgte, auf dem Einverständnis basierende Handlungen unter Umständen weiterhin rechtliche Verpflichtungen entstehen.

Wann ist ein Einverständnis formbedürftig?

Ein Einverständnis ist immer dann formbedürftig, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder wenn eine besondere Form zur Beweissicherung angezeigt erscheint. Beispiele hierfür sind die Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die in vielen Fällen schriftlich oder in elektronischer Form dokumentiert werden muss, sowie die Zustimmung zu medizinischen Eingriffen, die aus haftungsrechtlichen Gründen meist schriftlich erfolgt. Auch im Mietrecht oder Arbeitsrecht können formgebundene Einverständnisse notwendig sein, etwa zur Änderung von Vertragsbestandteilen. Fehlt in solchen Fällen die erforderliche Form, ist das Einverständnis in der Regel nichtig und somit rechtlich unwirksam.

Welche Bedeutung hat die Geschäftsfähigkeit beim Einverständnis?

Die Geschäftsfähigkeit ist eine zentrale Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Einverständnisses im rechtlichen Kontext. Nur wer ganz oder teilweise geschäftsfähig ist – also vor allem volljährige oder gemäß § 104 BGB teilgeschäftsfähige Personen – kann ein wirksames Einverständnis abgeben. Minderjährige oder betreute Personen benötigen in der Regel die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Die fehlende Geschäftsfähigkeit führt dazu, dass ein Einverständnis entweder nichtig ist oder zumindest schwebend unwirksam bleibt, bis eine nachträgliche Genehmigung erfolgt. Darüber hinaus kann auch die Einwilligungsfähigkeit – das heißt, das tatsächliche Verständnis für die Tragweite des eigenen Handelns – von Bedeutung sein, insbesondere bei medizinischer Behandlung oder bei der Erteilung von Einwilligungen im Datenschutz.

Gibt es gesetzliche Ausnahmen, bei denen ein Einverständnis nicht erforderlich ist?

Ja, in bestimmten Situationen sehen Gesetze ausdrücklich vor, dass ein Einverständnis nicht eingeholt werden muss. Solche Ausnahmen bestehen zum Beispiel im Strafrecht, wenn ein übergeordnetes Rechtsgut geschützt werden muss oder eine gesetzliche Ermächtigung besteht, wie etwa bei polizeilichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Auch im Bereich des Datenschutzes gibt es gesetzliche Erlaubnistatbestände, die eine Verarbeitung personenbezogener Daten ohne Einwilligung gestatten, etwa zur Erfüllung eines Vertrags, zur Wahrung berechtigter Interessen oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen. Im medizinischen Bereich können Notfallsituationen eine Behandlung ohne Einverständnis rechtfertigen, etwa wenn der Patient nicht ansprechbar ist und Gefahr im Verzug besteht. In allen Fällen müssen die gesetzlichen Voraussetzungen für das Aussetzen oder Entfallen der Einwilligung strikt beachtet werden, da ein unrechtmäßiger Eingriff erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Wie verhält sich das Einverständnis zu bestehenden gesetzlichen Verboten?

Ein Einverständnis kann keine Wirkung entfalten, wenn die mit ihm gedeckte Handlung durch Gesetz ausdrücklich verboten ist. Beispielhaft zu nennen sind Strafbestimmungen, bei denen das Einverständnis des Betroffenen nicht zur Straflosigkeit führt, wie etwa bei Körperverletzungshandlungen mit Todesfolge oder bei sittenwidrigen Rechtsgeschäften nach § 138 BGB. Ein mit Einverständnis begangener Gesetzesverstoß bleibt somit in der Regel weiterhin rechtswidrig. Anders ist es hingegen im Zivilrecht, zum Beispiel bei Einwilligung in einfache Körperverletzungen (z.B. beim Sport), die durch das Einverständnis des Betroffenen gerechtfertigt sein können, solange kein Sittenverstoß vorliegt. Entscheidend ist immer, ob das betreffende Gesetz eine Dispositionsbefugnis des Betroffenen vorsieht oder ausschließt.