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Einkaufskommission


Begriff und rechtliche Einordnung der Einkaufskommission

Die Einkaufskommission ist eine spezielle Form der Kommission im Handelsrecht, bei der der Kommissionär im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung des Kommittenten Waren oder Dienstleistungen beschafft. Sie ist insbesondere im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt und spielt eine zentrale Rolle in der Warendistribution sowie in komplexen Handelsgeschäften. Rechtlich handelt es sich bei der Einkaufskommission um ein sogenanntes Geschäftsbesorgungs- und Treuhandverhältnis mit besonderen Rechten und Pflichten für die Beteiligten.


Rechtsgrundlagen

Gesetzliche Regelungen

Die rechtliche Basis der Einkaufskommission findet sich insbesondere in den §§ 383 ff. HGB. Diese Vorschriften regeln die allgemeinen Grundlagen der Kommission. Die Einkaufskommission stellt einen Unterfall der allgemeinen Kommission dar (§ 383 Abs. 1 HGB), bei dem der Erwerb von Sachen oder Rechten durch den Kommissionär im eigenen Namen, aber für Rechnung des Kommittenten erfolgt. Obwohl diese Vorschriften überwiegend dispositiv sind, können Parteien durch individuelle Vereinbarungen hiervon abweichen.

Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten

Die Einkaufskommission unterscheidet sich sowohl vom klassischen Kaufvertrag als auch von der Vermittlung und vom Handelsvertretervertrag, da der Kommissionär selbst als Käufer auftritt, ohne dass nach außen rechtliche Beziehungen zum Kommittenten entstehen. Rechtlich ist sie außerdem von der Verkaufs- oder Verkaufskommission abzugrenzen, bei der es um den Absatz von Gegenständen im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung geht.


Beteiligte und ihre Rechtsstellung

Kommittent

Der Kommittent ist die Person, für deren Rechnung die Einkäufe erfolgen. Der Kommittent ist wirtschaftlicher Eigentümer der erworbenen Waren oder Rechte und trägt das unternehmerische Risiko für das Geschäftsergebnis.

Kommissionär

Der Kommissionär ist im Rahmen der Einkaufskommission derjenige, der das Geschäft für einen anderen, aber im eigenen Namen, ausführt. Er wird rechtlich betrachtet zwingend Kaufmann sein (§ 383 HGB), denn das Handelsgesetzbuch setzt die Kaufmannseigenschaft voraus.


Rechtsbeziehungen bei der Einkaufskommission

Außenverhältnis: Rechtsgeschäft mit Dritten

Im Außenverhältnis tritt der Kommissionär als Vertragspartner des Lieferanten auf. Der Dritte, beispielsweise ein Verkäufer einer Ware, steht außerhalb des Kommissionsverhältnisses, kennt im Regelfall nicht den Kommittenten und kann nur den Kommissionär in Anspruch nehmen. Sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Erwerbsgeschäft treffen daher zunächst den Kommissionär.

Innenverhältnis: Schuld- und Haftungsverhältnisse

Im Innenverhältnis ist der Kommissionär verpflichtet, das Geschäft gemäß den Weisungen des Kommittenten sorgfältig und im Interesse des Kommittenten durchzuführen (§ 384 HGB). Er schuldet die Herausgabe der erworbenen Waren sowie die Abrechnung und – sofern vereinbart – die Übertragung von Rechten an den Kommittenten.

Herausgabepflichten und Schutz des Kommittenten

Sobald das erworbene Gut beim Kommissionär eingegangen ist, ist dieser gem. § 384 Abs. 2 HGB verpflichtet, es sicher zu verwahren und dem Kommittenten herauszugeben. Der Kommittent hat somit einen Herausgabeanspruch.


Risiken und Haftung bei der Einkaufskommission

Eigenhaftung und Delkredere

Für Verbindlichkeiten aus dem Einkaufsgeschäft haftet primär der Kommissionär gegenüber dem Dritten. Er ist jedoch berechtigt, vom Kommittenten Ersatz für Aufwendungen und Verluste in Zusammenhang mit dem Kommissionsgeschäft zu verlangen. Bei Übernahme des sogenannten Delkredere-Risikos (Haftung für Bonität eines Dritten) besteht eine weitergehende Haftung, die häufig gesondert vergütet wird.

Eigentumserwerb und Insolvenzrisiken

Das erworbene Eigentum verbleibt zunächst beim Kommissionär und geht erst mit Herausgabe an den Kommittenten über. Im Falle einer Insolvenz eines Beteiligten ergeben sich spezifische Regelungen hinsichtlich des Aussonderungs- beziehungsweise Absonderungsrechts (§§ 47, 48 InsO), die den Kommittenten besonderem Schutz unterstellen.


Pflichten und Rechte des Kommissionärs

Sorgfaltspflicht und Weisungsbefolgung

Der Kommissionär ist verpflichtet, bei der Ausführung des Auftrages die Interessen des Kommittenten zu wahren und dessen Weisungen zu befolgen (§ 384 HGB). Bei Abweichungen oder rechtlichen Unklarheiten sind Nachfragen und Aufklärungspflichten vorgesehen.

Abrechnung und Auskunftspflicht

Nach Ausführung des Kommissionsgeschäfts muss der Kommissionär dem Kommittenten Rechenschaft ablegen und über sämtliche, im Zusammenhang mit dem Erwerb stehenden Vorgänge detailliert Auskunft geben (§ 387 HGB).

Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch

Für seine Tätigkeit steht dem Kommissionär eine Kommissionsprovision zu (§ 396 HGB). Zusätzlich kann er Ersatz aller erforderlichen Aufwendungen beanspruchen, die er im Zuge der Geschäftsausführung gemacht hat.


Besondere Erscheinungsformen und Anwendungsbereiche

Die Einkaufskommission findet in der modernen Wirtschaft in verschiedensten Branchen Anwendung, etwa in der internationalen Wareneinfuhr, im Automobilhandel, in Einkaufsverbünden oder in der Rohstoffbeschaffung. Sie bietet insbesondere strukturelle und steuerliche Vorteile, da zum Beispiel der eigene Name als Kommissionär oder die Bündelung von Einkaufsvolumina genutzt werden können, ohne dass der Kommittent nach außen in Erscheinung tritt.


Steuerrechtliche Aspekte

Im Umsatzsteuerrecht wird der Kommissionär nach § 3 Abs. 3 UStG so behandelt, als würde er im eigenen Namen und für eigene Rechnung handeln. Dies hat umsatzsteuerliche Konsequenzen für die Abrechnung zwischen Kommittent und Kommissionär und kann beispielsweise zu einer Steuerschuldnerschaft des Kommissionärs führen. Zudem sind die jeweiligen nationalen einkommensteuer- und handelsrechtlichen Vorgaben zu beachten.


Fazit

Die Einkaufskommission ist eine im Handelsrecht umfassend geregelte Erscheinungsform der Kommission, die besondere Rechtsbeziehungen zwischen Kommittent, Kommissionär und Dritten begründet. Durch die spezifischen Regelungen des HGB und ergänzende zivilrechtliche sowie steuerrechtliche Vorschriften entsteht ein rechtlich komplexes Konstrukt mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Die rechtlichen Pflichten, Haftungsfragen sowie die Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsinstituten spielen eine zentrale Rolle bei der rechtssicheren Gestaltung und Durchführung von Einkaufskommissionsgeschäften.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten übernimmt der Kommissionär im Rahmen einer Einkaufskommission?

Der Kommissionär verpflichtet sich rechtlich dazu, im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Kommittenten Rechtsgeschäfte – im Fall der Einkaufskommission insbesondere Erwerbsgeschäfte – abzuschließen. Hierbei muss er die Interessen des Kommittenten wahren und das Geschäft entsprechend den Weisungen ausführen, soweit solche vorliegen. Er haftet grundsätzlich für die ordnungsgemäße und sorgfältige Ausführung des Auftrags nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches (§§ 383 ff. HGB), insbesondere für die Auswahl des Verkäufers, die sorgfältige Abwicklung des Kaufvorgangs sowie die sachgerechte Verwahrung und Weiterleitung der erworbenen Waren. Im Falle von Pflichtverletzungen können Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kommissionär entstehen. Eine besondere Verantwortung betrifft die Transparenzpflicht: Der Kommissionär muss dem Kommittenten unverzüglich über die Durchführung des Geschäfts, etwaige Abweichungen sowie erhaltene Auskünfte informieren. Zudem ist er verpflichtet, die erworbenen Waren getrennt von seinem eigenen Vermögen zu halten und dem Kommittenten einen Herausgabeanspruch zu verschaffen.

In welchem Umfang haftet der Kommissionär für Mängel oder Schäden an der Ware gegenüber dem Kommittenten?

Der Kommissionär haftet gegenüber dem Kommittenten rechtlich für sämtliche Schäden oder Mängel an der Ware, sofern diese auf einer Pflichtverletzung im Rahmen der Abwicklung der Einkaufskommission beruhen. Dabei trifft ihn eine Haftung für Sorgfaltspflichtverstöße, insbesondere bei mangelhafter Prüfung der Ware, unsachgemäßer Handhabung oder Verletzung von Weisungen des Kommittenten. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Kommissionär automatisch eine Gewährleistung wie ein Verkäufer übernimmt – seine Haftung beschränkt sich auf das Überprüfen und die ordnungsgemäße Abwicklung gemäß den vertraglichen Vorgaben und nach handelsrechtlicher Sorgfalt. Sollte der Kommissionär ohne Verschulden Mängel erlangen, etwa weil diese vom Verkäufer verschwiegen wurden und auch bei ordnungsgemäßer Kontrolle nicht erkennbar waren, haftet er grundsätzlich nicht, muss den Kommittenten aber unverzüglich informieren. Der Kommittent kann eventuell bestehende Gewährleistungsrechte aus dem zugrundeliegenden Kaufvertrag über den Kommissionär geltend machen.

Welche rechtlichen Möglichkeiten hat der Kommittent bei Pflichtverletzungen des Kommissionärs?

Kommt es zu einer Pflichtverletzung durch den Kommissionär – dies können die Missachtung von Weisungen, eine unsorgfältige Auswahl des Geschäftspartners, Verzögerungen oder mangelhafte Erfüllung der Kommissionsaufgabe sein – stehen dem Kommittenten verschiedene rechtliche Mittel offen. Neben der Geltendmachung von Schadensersatz nach § 384 HGB kann der Kommittent das Kommissionsverhältnis gemäß den allgemeinen Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 662 ff. BGB) außerordentlich kündigen. Auch ist es möglich, einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung nach den Regelungen des deutschen Schuldrechts geltend zu machen. Hat der Kommissionär zum Beispiel die Weisungen bezüglich der Beschaffenheit oder Menge der zu erwerbenden Ware nicht eingehalten, kann der Kommittent die Annahme verweigern und auf Erfüllung oder Ersatzlieferung bestehen, sofern dies vertragsgemäß vereinbart wurde. Weitergehende Rechte bestehen, wenn der Kommissionär die Ware unzulässig mit eigenem Vermögen vermischt hat, sodass im Einzelfall auch strafrechtliche Relevanz in Form von Untreue (§ 266 StGB) vorliegen kann.

Wann und in welcher Form muss eine Abrechnung über das Kommissionsgeschäft erfolgen?

Nach Abschluss des Kommissionsgeschäfts ist der Kommissionär rechtlich verpflichtet, eine vollständige und nachvollziehbare Abrechnung gegenüber dem Kommittenten zu erstellen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 384 Abs. 2 HGB und umfasst die detaillierte Offenlegung aller getätigten Geschäfte, angefallenen Kosten sowie erhaltenen Erlöse und Auskünfte über etwaige gewährte Rabatte oder Vergütungen. Die Abrechnung muss zeitnah, üblicherweise unmittelbar nach Geschäftserfolg, erfolgen und so gestaltet sein, dass der Kommittent alle wesentlichen Details nachvollziehen sowie eigene Rechte prüfen und geltend machen kann. Bestimmte Fristen sind im HGB zwar nicht explizit geregelt, im Zweifel gilt jedoch der Grundsatz der unverzüglichen Information. Kommen Unsicherheiten oder Streitigkeiten über die Abrechnung auf, kann der Kommittent Einsicht in die Geschäftsunterlagen des Kommissionärs verlangen (§ 384 Abs. 3 HGB).

Welche Rechte und Pflichten bestehen hinsichtlich der Herausgabe und Übertragung der erworbenen Waren?

Sobald das Kommissionsgeschäft, das heißt der Erwerb der Ware auf Rechnung des Kommittenten, abgeschlossen ist, ist der Kommissionär verpflichtet, die gekaufte Ware an den Kommittenten zu übergeben bzw. ihm den Herausgabeanspruch zu verschaffen (§ 384 Abs. 1 HGB). Bis zur Übergabe hat der Kommissionär die Ware sorgsam und getrennt von seinem eigenen Vermögen aufzubewahren. Der Kommittent kann jederzeit die Herausgabe verlangen, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen getroffen wurden. Die Eigentumsübertragung erfolgt rechtlich so, dass der Kommissionär als Käufer gegenüber dem Verkäufer auftritt, der Kommittent erwirbt jedoch mit der Zahlung des Kaufpreises und der Anzeige dieser Tatsache einen Herausgabeanspruch. Bei Insolvenz des Kommissionärs genießt der Kommittent, sofern eine Trennung der Waren erfolgt ist, ein Aussonderungsrecht nach der Insolvenzordnung (§ 47 InsO).

Darf der Kommissionär bei der Ausführung des Kommissionsgeschäfts eigenständig Verträge mit nahestehenden Dritten abschließen?

Dem Kommissionär ist es grundsätzlich erlaubt, Verträge mit Dritten auch aus dem eigenen Interessen- oder Einflussbereich abzuschließen, sofern keine anderslautende Weisung des Kommittenten vorliegt und keine Interessenkollision besteht. Allerdings ist er gesetzlich verpflichtet, den Kommittenten über solche Geschäftskonstellationen unverzüglich zu unterrichten (§ 400 HGB). Typische Beispiele sind Vertragsabschlüsse mit verbundenen Unternehmen oder Angehörigen. Der Kommittent kann die Annahme des so abgeschlossenen Geschäfts binnen einer bestimmten Frist (regelmäßig Wochenfrist) ablehnen, wenn er wegen der Konstellation einen Interessenkonflikt oder Nachteil befürchtet. Unterbleibt diese Information oder ist der Vertrag im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erfolgt, kann der Kommittent auf dessen Kosten bestehen und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen.

Wie verhält es sich mit dem Erwerb von Waren unter fremdem Namen (Strohmanngeschäften) innerhalb der Einkaufskommission?

Rein rechtlich ist im Rahmen einer Einkaufskommission zu beachten, dass der Erwerb durch den Kommissionär stets im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Kommittenten erfolgen muss (§ 383 Abs. 1 HGB). Ein Erwerb unter Verwendung eines fremden Namens („Strohmann“) entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben und kann erhebliche rechtliche Risiken bergen. Im Falle eines Strohmanngeschäfts drohen insbesondere Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts, Haftungsprobleme im Verhältnis zu Dritten sowie ein Verlust der typischen Schutzmechanismen für Kommittenten, etwa in Bezug auf das Aussonderungsrecht bei Insolvenz des Kommissionärs. Wird dennoch ein Strohmann eingesetzt, sollte dies ausdrücklich vereinbart werden und unterliegt strengen Anforderungen an Transparenz und Bevollmächtigung, um rechtlich Bestand zu haben; andernfalls können hieraus Schadensersatzansprüche entstehen.