Legal Lexikon

Dolmetscher


Definition und rechtlicher Status des Dolmetschers

Ein Dolmetscher ist eine Person, die gesprochene oder gebärdete Sprache mündlich zwischen zwei oder mehreren Parteien überträgt, welche unterschiedliche Sprachen verwenden. Neben der sprachlichen Kompetenz sind Dolmetscher vor allem in rechtlichen Kontexten unverzichtbar, um die Verständigung sicherzustellen. Das deutsche Recht sowie verschiedene internationale Vorschriften definieren genaue Anforderungen, Aufgaben und Rechte für Dolmetschende, insbesondere in Gerichts- und Behördensituationen.

Rechtliche Grundlagen

Dolmetschen im gerichtlichen Verfahren

Dolmetscher nehmen im gerichtlichen Verfahren eine bedeutende Stellung ein, da das Recht auf ein faires Verfahren die vollständige sprachliche Verständigung voraussetzt. Dieses Recht ist unter anderem in folgenden Gesetzen und Vorschriften geregelt:

Strafprozessordnung (StPO)

Gemäß § 185 StPO ist ein Dolmetscher zu bestellen, wenn eine beteiligte Person die deutsche Sprache nicht ausreichend versteht oder sich nicht ausreichend ausdrücken kann. Das gilt sowohl für Angeklagte als auch für Zeugen, Beteiligte oder andere Verfahrensbeteiligte.

Zivilprozessordnung (ZPO)

§ 189 ZPO regelt, dass das Gericht zur Verhandlung und zur Beweisaufnahme einen Dolmetscher hinzuziehen muss, wenn Verfahrensbeteiligte der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind.

Verwaltungsverfahren

Auch im Verwaltungsverfahren ergibt sich aus § 17 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz), dass eine sprachliche Verständigung sichergestellt werden muss. Die Behörde kann hierzu Dolmetschende hinzuziehen.

Menschenrechte und EU-Recht

Das Recht auf Verständigung wird durch Artikel 6 Abs. 3 lit. e der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie durch Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments zum Recht der Verdächtigen und Beschuldigten auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren gewährleistet.

Vereidigung und öffentliche Bestellung

Um in öffentlichen Verfahren tätig sein zu dürfen, müssen Dolmetscher im Regelfall öffentlich bestellt und allgemein vereidigt sein. Die genaue Regelung erfolgt durch Landesgesetze, insbesondere durch das Gesetz über die allgemeine Beeidigung von Gerichtsdolmetschern (Gerichtsdolmetschergesetz – GDolmG) sowie die entsprechenden Ausführungsgesetze in den Bundesländern.

Voraussetzungen und Ablauf der Vereidigung

Voraussetzung für die Vereidigung ist in der Regel eine nachgewiesene besondere Sprachkompetenz sowie Zuverlässigkeit und persönliche Eignung. Nach positiver Prüfung erfolgt die Vereidigung auf die gewissenhafte, wahrheitsgemäße und unparteiische Ausübung der Aufgabe.

Dauer der Vereidigung

Die Vereidigung gilt im Regelfall für fünf Jahre, kann jedoch bei Bedarf erneuert werden. Ohne Vereidigung können Dolmetscher nur ausnahmsweise, etwa bei akuter Notwendigkeit, bestellt werden.

Rechte und Pflichten von Dolmetschern

Schweigepflicht

Dolmetscher unterliegen einer umfassenden Schweigepflicht über alle ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen (§ 189 Absatz 4 ZPO, § 53 Absatz 1 Nr. 4 StPO). Eine Verletzung der Verschwiegenheit kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Unparteilichkeit und Neutralität

Dolmetscher sind zur strikten Neutralität verpflichtet. Sie dürfen sich vorrangig nicht durch persönliche Interessen oder Beziehungen zu Verfahrensbeteiligten beeinflussen lassen und müssen jede Form von Befangenheit vermeiden.

Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht

Im Rahmen von Gerichtsverfahren sind Dolmetscher gemäß § 53 StPO und § 383 ZPO berechtigt, die Aussage zu verweigern, soweit sich ihr Wissen auf den Inhalt ihrer Tätigkeit bezieht und sie der Schweigepflicht unterliegen.

Haftung

Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger fehlerhafter Verdolmetschung können Dolmetscher haftbar gemacht werden. In besonders schwerwiegenden Fällen kann auch eine strafrechtliche Verantwortung, etwa wegen Falschaussage, bestehen.

Vergütung von Dolmetschern

Die Vergütung im Rahmen gerichtlicher oder behördlicher Tätigkeiten richtet sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Die Sätze sind gesetzlich festgelegt und bemessen sich je nach Art und Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit sowie dem zeitlichen Aufwand. Die Kosten trägt grundsätzlich die jeweilige Behörde oder das Gericht, können jedoch im Rahmen der Kostenerstattung auf Parteien umgelegt werden.

Verpflichtung zur Hinzuziehung eines Dolmetschers

Gesetzliche Verpflichtung

Gerichte und Behörden sind gesetzlich verpflichtet, bei Verständigungsschwierigkeiten einen Dolmetscher beizuziehen, etwa in Strafsachen, Familien- und Asylverfahren sowie in Verwaltungsverfahren. Verstöße gegen diese Verpflichtung können zur Aufhebung von Entscheidungen oder zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen.

Beantragung durch Beteiligte

Jede Partei hat das Recht, bei Verständigungsschwierigkeiten die Bestellung eines Dolmetschers zu beantragen. Eine Ablehnung ist nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei offensichtlichem Missbrauch, zulässig.

Dolmetscher im internationalen und europäischen Recht

Dolmetscherleistungen sind in internationalen Rechtshilfeverfahren, in Auslieferungs- sowie Asylverfahren unabdingbar. Die Europäische Union und internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen schreiben entsprechende Mindeststandards vor und gewährleisten so, dass das Recht auf Verständigung weltweit anerkannt ist.

Zusammenfassung

Der Begriff Dolmetscher bezeichnet nicht nur eine sprachmittlerische Dienstleistung, sondern umfasst eine Vielzahl rechtlicher Regelungen und Verpflichtungen. Die Qualität und Rechtskonformität der Dolmetschleistung ist wesentlicher Bestandteil eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens. Durch gesetzliche Regelungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene wird sichergestellt, dass Dolmetscher ihre Aufgaben unter klar definierten Rechten und Pflichten sowie unter strenger Kontrolle der öffentlichen Hand ausführen.


Hinweis: Die Ausführungen in diesem Beitrag ersetzen keine individuelle Rechtsberatung, sondern dienen ausschließlich der allgemeinen Information zu den rechtlichen Grundlagen des Begriffs „Dolmetscher“.

Häufig gestellte Fragen

Wann besteht im rechtlichen Zusammenhang ein Anspruch auf einen Dolmetscher?

Ein Anspruch auf einen Dolmetscher besteht im rechtlichen Kontext insbesondere dann, wenn eine Person die Verhandlungssprache nicht ausreichend beherrscht und dadurch Gefahr läuft, ihre Rechte im Verfahren nicht wahrnehmen zu können. Dies ist in vielen Verfahrensordnungen – etwa der Zivilprozessordnung (§ 185 GVG), der Strafprozessordnung (§§ 185 ff. GVG, § 187 GVG), dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), sowie auf europäischer Ebene durch die Richtlinie 2010/64/EU – ausdrücklich geregelt. Ziel ist der Schutz eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens. Der Anspruch erstreckt sich auf alle wesentlichen Verfahrensabschnitte wie Gerichtsverhandlungen, Anhörungen, Ermittlungsverfahren und, in bestimmten Fällen, auch auf die Übersetzung wichtiger Schriftstücke. Der Betroffene muss darauf hingewiesen werden, dass ihm ein Dolmetscher zur Verfügung steht. Die Kosten trägt im Allgemeinen die Justiz, unabhängig vom Verfahrensausgang.

Welche Voraussetzungen muss ein gerichtlicher Dolmetscher erfüllen?

Gerichtliche Dolmetscher müssen bestimmte persönliche und fachliche Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen über eine nachgewiesene Qualifikation im Dolmetschen verfügen und uneingeschränkt vertrauenswürdig sein. In Deutschland beispielsweise ist für die Tätigkeit als gerichtlicher Dolmetscher meist eine öffentliche Bestellung und Vereidigung nach dem Justizdolmetschergesetz (JDG) oder den jeweiligen Landesgesetzen erforderlich. Damit verbunden ist die Verpflichtung zur Neutralität und Verschwiegenheit. Die Reihenfolge der Bestellung – prioritär beeidigte Dolmetscher, subsidiär andere Personen mit geeigneter Sprachkenntnis – ist ebenfalls geregelt. Gerichtsdolmetscher müssen sämtliche Aussagen vollständig, sachlich und möglichst wortgetreu übertragen, ohne eigene Wertung oder Weglassungen.

Wie erfolgt die Auswahl und Bestellung eines Dolmetschers durch das Gericht?

Das zuständige Gericht prüft im Rahmen des jeweiligen Verfahrens die Sprachkenntnisse der Verfahrensbeteiligten. Wird ein Verständigungsmangel festgestellt, bestellt es einen geeigneten Dolmetscher. Dabei wird bevorzugt auf öffentlich bestellte, allgemein beeidigte Dolmetscher zurückgegriffen, deren Daten in speziellen Verzeichnissen geführt werden. Liegt kein solcher Dolmetscher vor, können auch andere Personen mit nachgewiesenen Kenntnissen beauftragt werden. Die Bestellung erfolgt durch formale Verfügung und die Vereidigung wird im Termin wiederholt, sofern die allgemeine Beeidigung nicht vorliegt. Auch die Ablehnung eines Dolmetschers wegen Besorgnis der Befangenheit ist geregelt und kann von den Parteien beantragt werden.

Wie ist die Haftung eines Dolmetschers im gerichtlichen Verfahren geregelt?

Ein Dolmetscher haftet grundsätzlich für falsche oder unterlassene Übersetzungen, wenn diese auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen (§ 839 BGB, in Verbindung mit § 185 GVG). Kommt es zu einer nachweislich fehlerhaften Dolmetschleistung, kann dies nicht nur die Entscheidung des Gerichts beeinflussen, sondern im Extremfall ein Revisionsgrund sein. Im Rahmen ihrer Tätigkeit sind Dolmetscher als sogenannte Justizhelfer grundsätzlich wie Zeugen und Sachverständige strafrechtlich und zivilrechtlich verantwortlich, insbesondere bei Verletzung der Schweigepflicht (§ 203 StGB). Eine fehlerhafte Leistung kann einen Amtshaftungsanspruch gegen den Staat begründen, der sich dann ggf. im Wege des Regresses an den Dolmetscher wenden kann.

Welche Rechte haben Beteiligte bezüglich des eingesetzten Dolmetschers?

Verfahrensbeteiligte haben das Recht, die Ablehnung eines Dolmetschers zu beantragen, etwa wegen Besorgnis der Befangenheit, persönlicher Nähe zu einer Partei oder mangelnder fachlicher Qualifikation. Sie können zudem beanstanden, wenn ein Dolmetscher die eigene Sprache oder Dialektvariante nicht ausreichend beherrscht. Ein gesetzlicher Anspruch auf einen bestimmten oder einen bestimmten Herkunftsdolmetscher besteht jedoch nicht, sofern der bestellte Dolmetscher die nötige Qualifikation besitzt und neutral ist. Beteiligte haben zudem das Recht, eine genaue und vollständige Wiedergabe ihrer Aussagen zu verlangen sowie Protokollfehler rügen zu lassen.

Werden die Kosten für gerichtliche Dolmetscher von der Staatskasse übernommen?

Gemäß den gesetzlichen Regelungen werden die Dolmetscherkosten bei Gericht und Behörden grundsätzlich von der Staatskasse getragen, wenn die Bestellung im Rahmen der Prozessführung oder Amtshandlungen erforderlich ist (z. B. § 187 GVG). Dies gilt unabhängig davon, ob die Partei steuerfrei ist oder nicht. Eine Erstattungspflicht durch die Partei kann nur bei böswilliger oder schuldhafter Herbeiführung der Dolmetscherbestellung oder im Kostenfestsetzungsverfahren nach Verfahrensausgang entstehen. Im Zivilverfahren können diese Kosten im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs auf die unterliegende Partei übergehen.

Welche Unterschiede bestehen zwischen dem Dolmetscher im Strafverfahren und im Zivilverfahren?

Der rechtliche Rahmen unterscheidet sich in Detailfragen zwischen Straf- und Zivilverfahren. Im Strafverfahren gilt ein besonderes Gebot der Fairness und der Beschuldigtenrechte, das u. a. durch die Richtlinie 2010/64/EU gestärkt ist. Hier ist eine umfassende Hinweispflicht für Beschuldigte sowie die kostenlose Bereitstellung eines Dolmetschers bereits im Ermittlungsverfahren vorgesehen. Im Zivilverfahren ist die Dolmetscherbestellung dagegen häufig an einen Antrag oder bereits erkennbare Sprachprobleme gekoppelt; hier trägt die Partei unter Umständen – je nach Kostenentscheidung – die Dolmetscherkosten mit. In verwaltungsrechtlichen Verfahren gelten vergleichbare Grundsätze wie in Zivilverfahren, teils jedoch mit erweiterten Amtsermittlungspflichten.