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Demerger

Begriff und Grundprinzip des Demerger

Ein Demerger bezeichnet die rechtlich geregelte Aufspaltung eines Unternehmens in zwei oder mehrere rechtlich eigenständige Einheiten. Ziel ist regelmäßig, Geschäftsbereiche organisatorisch, wirtschaftlich und rechtlich zu trennen. Die Trennung kann innerhalb eines Konzerns erfolgen oder zu neuen, unabhängigen Gesellschaften führen. Der Demerger ist damit das Gegenstück zur Verschmelzung: Statt Einheiten zusammenzuführen, werden sie getrennt.

Im Mittelpunkt stehen die Zuordnung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, die Verteilung von Anteilen sowie der Schutz von Anteilseignern, Gläubigern und Beschäftigten. Je nach Ausgestaltung kann ein Demerger kapitalmarktrechtliche, arbeitsrechtliche, gesellschaftsrechtliche, steuerliche und aufsichtsrechtliche Aspekte berühren.

Ziele und wirtschaftlicher Hintergrund

Häufige Ziele sind die Fokussierung auf Kerngeschäfte, die Erhöhung der Transparenz für Kapitalmärkte, die Trennung von Risikoprofilen, die Vorbereitung von Börsengängen einzelner Sparten oder die Entflechtung regulierter und nicht regulierter Tätigkeiten. Auch Nachfolge- und Strukturierungsfragen in Unternehmensgruppen können Anlass sein.

Formen des Demerger

Spin-off

Beim Spin-off werden Anteile an der abgespaltenen Gesellschaft an die bisherigen Anteilseigner des Mutterunternehmens im Verhältnis ihrer Beteiligung ausgegeben. Beide Unternehmen bestehen anschließend nebeneinander, die Anteilseigner halten Aktien an beiden Gesellschaften.

Split-off

Beim Split-off können Anteilseigner ihre Anteile an der Muttergesellschaft gegen Anteile an der abgespaltenen Gesellschaft tauschen. Wer tauscht, scheidet aus der Mutter aus und beteiligt sich fortan an der abgespaltenen Gesellschaft.

Split-up

Beim Split-up wird die Muttergesellschaft vollständig aufgelöst und ihr Vermögen auf mehrere Nachfolgegesellschaften verteilt. Die Anteilseigner erhalten Anteile an den neuen Gesellschaften.

Carve-out und Hive-down

Ein Carve-out beschreibt die Abspaltung eines Geschäftsbereichs in eine Tochtergesellschaft, verbunden mit einem separaten Börsengang oder Teilverkauf. Ein Hive-down ist die Übertragung eines Geschäfts auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft als Vorbereitung für weitere Schritte. Beide können Bausteine eines Demerger sein.

Rechtlicher Rahmen und Verfahrensablauf

Planung und Dokumentation

Demergers stützen sich auf einen strukturierten Prozess. Üblich sind ein formeller Spaltungs- oder Abspaltungsplan, Berichte zur Erläuterung der wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergründe sowie gegebenenfalls Prüfberichte unabhängiger Stellen. Der Plan regelt die Zuordnung von Vermögen, Verträgen, Rechten und Pflichten sowie die Anteilsverteilung.

Organbeschlüsse und Zustimmungserfordernisse

In der Regel sind qualifizierte Beschlüsse der zuständigen Gesellschaftsorgane erforderlich. Je nach Rechtsform und Gestaltungsvariante können besondere Mehrheitserfordernisse, Klassenabstimmungen oder Zustimmungen weiterer Gremien vorgesehen sein.

Registrierung und Wirksamwerden

Die Wirksamkeit tritt üblicherweise erst mit der Eintragung in das zuständige Register ein. Veröffentlichungen und Bekanntmachungen dienen der Information von Anteilseignern, Gläubigern und der Öffentlichkeit.

Anteilseignerrechte und -schutz

Demergers greifen in die Beteiligungsstruktur ein. Schutzmechanismen umfassen Informationsrechte, Einsichtsrechte und Abstimmungen in der Gesellschafter- oder Hauptversammlung. In einigen Rechtsordnungen sind Barabfindungs- oder Ausgleichsmechanismen vorgesehen, etwa bei Strukturmaßnahmen, die Minderheitsinteressen berühren. Wichtig ist eine klare Festlegung der Umtausch- oder Zuteilungsverhältnisse sowie die Gleichbehandlung innerhalb derselben Anteilsklasse.

Gläubigerschutz und Haftung

Zum Schutz von Gläubigern sehen viele Rechtsordnungen Ankündigungs- und Sicherungsmechanismen vor. Gläubiger können innerhalb bestimmter Fristen Sicherheiten verlangen oder Einwendungen erheben. Haftungsregelungen bestimmen, ob die an der Abspaltung beteiligten Gesellschaften für vor dem Demerger begründete Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch oder anteilig haften. Klare Zuordnungstabellen im Spaltungsplan dienen der Transparenz.

Beschäftigte und Betriebsübergang

Bei einer Übertragung von Betrieben oder Betriebsteilen gehen Arbeitsverhältnisse grundsätzlich auf die aufnehmende Einheit über. Rechte und Pflichten bleiben erhalten, und es gelten Informations- und, je nach Ausgestaltung, Beteiligungsrechte von Arbeitnehmervertretungen. Tarifliche und betriebliche Regelungen können nachwirken. Besondere Beachtung findet die Kontinuität betrieblicher Altersversorgung und die Wahrung kollektiver Strukturen.

Steuerliche Grundzüge

Steuerlich wird angestrebt, die Trennung möglichst neutral zu gestalten. Voraussetzungskataloge und Anti-Missbrauchs-Regeln können eine Rolle spielen. Betroffen sein können Ertragsteuern, Grunderwerbsteuer, gegebenenfalls Umsatzsteuerfragen in Abhängigkeit vom Übertragungsgegenstand sowie Quellensteuern im grenzüberschreitenden Kontext. Die steuerliche Behandlung hängt von Struktur, Motivlage, Beteiligungsquoten und Haltedauern ab.

Kapitalmarktrecht und Börse

Berührt ein Demerger börsennotierte Unternehmen, kommen Ad-hoc-Publizität, Insiderrecht, Prospekt- oder Informationspflichten in Betracht, insbesondere wenn Anteile der abgespaltenen Einheit zum Handel zugelassen werden sollen. Indexzugehörigkeit, Segmentwechsel und Stimmrechtsmitteilungen können Folgefragen sein. Transparente Finanzinformationen, etwa carve-out- oder pro-forma-Abschlüsse, sind häufig erforderlich.

Wettbewerbs- und Fusionskontrolle

Demergers können fusionskontrollrechtlich relevant sein, wenn sich Kontrolle über Unternehmen ändert oder Vermögenswerte auf andere Unternehmensgruppen übergehen. Innerkonzernliche Umstrukturierungen können je nach Ausgestaltung anmeldepflichtig sein. Maßgeblich sind Umsatzschwellen, die Art der Kontrolle und die wettbewerblichen Auswirkungen in betroffenen Märkten.

Bewertung, Bilanzierung und Transparenz

Die Zuteilungsverhältnisse stützen sich auf Bewertungen der betroffenen Geschäftsbereiche. In der Rechnungslegung können Darstellung als aufgegebener Geschäftsbereich, Neubewertungen und Eigenkapitalveränderungen relevant werden. Offenlegung von Bewertungsmethoden, Annahmen und Risiken unterstützt die Nachvollziehbarkeit für Anteilseigner und Gläubiger.

Internationale und grenzüberschreitende Demerger

Bei grenzüberschreitender Trennung treffen unterschiedliche Rechtsordnungen aufeinander. Es gelten jeweils die Anforderungen der beteiligten Staaten, etwa zu Organbeschlüssen, Prüfungen, Arbeitnehmerbeteiligung, Registrierung und Steuerfolgen. Harmonisierungstendenzen existieren, gleichwohl bleiben nationale Besonderheiten bedeutsam.

Risiken und typische Streitpunkte

Streitpunkte betreffen häufig die Wertermittlung, die Zuteilungsverhältnisse, die Abgrenzung von Vermögensgegenständen, die Verteilung latenter Risiken, Garantien zwischen den entstehenden Einheiten sowie steuerliche Qualifikationstatbestände. Operativ stellen Übergangsleistungen, IT-Entflechtung und Markenrechte besondere Anforderungen.

Vertragswerke und Offenlegung

Zum Dokumentenpaket zählen Spaltungsplan, Berichte, Prüfbestätigungen, Registerunterlagen, gegebenenfalls Prospekte, sowie ergänzende Vereinbarungen wie Übergangs- und Dienstleistungsverträge, Lizenz- und Gewährleistungsregelungen zwischen den beteiligten Gesellschaften. Veröffentlichungen dienen der Rechtsklarheit und der Wahrung von Schutzfristen.

Zeitplan und Vollzug

Der Ablauf gliedert sich in Konzeption, interne Beschlussfassungen, externe Prüf- und Konsultationsschritte, Gläubiger- und Arbeitnehmerkommunikation, behördliche Freigaben, Registeranmeldungen und die operative Entflechtung. Die Wirksamkeit wird regelmäßig an Registereintragungen und den Eintritt von Bedingungen geknüpft.

Nach dem Vollzug

Nach Wirksamwerden folgen die Umsetzung der neuen Governance-Strukturen, die Stabilisierung getrennter Finanz- und Berichtsprozesse, die Erfüllung möglicher Nachmeldepflichten sowie die Beobachtung vereinbarter Nichtwettbewerbs- oder Kooperationsklauseln. Haftungs- und Gewährleistungsmechanismen laufen in der Regel über definierte Zeiträume fort.

Abgrenzung zu ähnlichen Transaktionen

Vom Demerger abzugrenzen sind reine Anteilsverkäufe (Share Deals), Übertragungen einzelner Vermögensgegenstände (Asset Deals) ohne gesellschaftsrechtliche Spaltung, Outsourcing-Verträge ohne Eigentumswechsel sowie interne Umstrukturierungen ohne rechtliche Entflechtung. Ein Carve-out ist häufig Vorstufe, aber nicht zwangsläufig ein eigenständiger Demerger im engeren Sinn.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was versteht man unter einem Demerger in einfachen Worten?

Ein Demerger ist die rechtlich geregelte Aufteilung eines Unternehmens in getrennte Gesellschaften. Geschäftsbereiche werden dabei mitsamt Vermögen, Verträgen und Verpflichtungen auf neue oder bestehende Einheiten übertragen, sodass am Ende eigenständige Unternehmen entstehen.

Welche Hauptformen des Demerger gibt es und worin unterscheiden sie sich?

Die gängigen Formen sind Spin-off (Zuteilung von Aktien der abgespaltenen Einheit an die bisherigen Anteilseigner), Split-off (Tausch von Aktien der Mutter gegen Aktien der abgespaltenen Einheit) und Split-up (vollständige Auflösung der Mutter bei Verteilung auf Nachfolgegesellschaften). Carve-out und Hive-down sind vorbereitende Strukturen, die mit einem Demerger kombiniert werden können.

Welche Rechte haben Anteilseigner bei einem Demerger?

Anteilseigner werden über den geplanten Schritt informiert und stimmen in der Regel darüber ab. Je nach Rechtsordnung bestehen Schutzmechanismen wie Informations- und Auskunftsrechte, Gleichbehandlung innerhalb von Anteilsklassen sowie in bestimmten Konstellationen Abfindungs- oder Ausgleichsmöglichkeiten.

Wie sind Gläubiger bei einem Demerger geschützt?

Gläubigerschutzmechanismen umfassen Bekanntmachungen, Fristen zur Geltendmachung von Sicherungsinteressen und klare Zuordnungen von Verbindlichkeiten. Haftungsregeln bestimmen, ob die beteiligten Gesellschaften für bestehende Schulden gemeinsam oder anteilig einstehen.

Was bedeutet ein Demerger für Beschäftigte?

Werden Betriebe oder Betriebsteile übertragen, gehen Arbeitsverhältnisse grundsätzlich auf die neue Einheit über. Rechte und Pflichten bleiben erhalten, Informations- und Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen sind zu beachten, und kollektive Regelungen können fortgelten.

Spielt das Wettbewerbsrecht bei Demergers eine Rolle?

Ja. Wenn sich Kontrolle über Unternehmen oder wesentliche Vermögenswerte ändert, kann eine fusionskontrollrechtliche Prüfung erforderlich sein. Ob eine Anmeldung notwendig ist, hängt von Struktur, Umsätzen und Marktwirkungen ab.

Wie werden Steuern beim Demerger behandelt?

Die steuerliche Behandlung richtet sich nach der gewählten Struktur und dem jeweiligen Rechtssystem. Ziel ist häufig Steuerneutralität, wofür bestimmte Voraussetzungen gelten können. Betroffen sein können Ertragsteuern, Verkehrsteuern und grenzüberschreitende Aspekte.