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Demerger


Demerger: Begriffserklärung und rechtlicher Überblick

Definition und Abgrenzung des Begriffs Demerger

Ein Demerger (deutsch: Ausgliederung oder Abspaltung) bezeichnet im Wirtschaftsrecht die rechtliche Trennung eines Unternehmens in zwei oder mehrere selbstständige Gesellschaften. Ziel eines Demergers ist es, bislang innerhalb eines Unternehmens zusammengefasste Geschäftsbereiche in eigenständige Einheiten zu überführen. Der Begriff ist insbesondere im internationalen Kontext gebräuchlich, findet jedoch zunehmend auch Einzug in die deutschsprachige Rechts- und Wirtschaftspraxis.

Rechtliche Grundlagen eines Demergers

Grundlegende Strukturen

Ein Demerger kann in unterschiedlichen Rechtsformen ausgeführt werden. Im deutschen Gesellschaftsrecht erfolgt die Umsetzung regelmäßig auf der Grundlage des Umwandlungsgesetzes (UmwG), insbesondere durch die Abspaltung (§§ 123 ff. UmwG) oder Ausgliederung (§§ 123 Abs. 3 UmwG). In anderen Rechtsordnungen, etwa im anglo-amerikanischen Raum, sieht das Gesellschaftsrecht spezifische Regelungen für den Demerger-Prozess vor.

Formen des Demergers im deutschen Recht

Das Umwandlungsgesetz unterscheidet verschiedene Formen der Umwandlung, die unter dem begrifflichen Dach des Demergers zusammengefasst werden können:

  • Abspaltung zur Neugründung: Teile eines Unternehmens werden abgespalten und in eine neu zu gründende Gesellschaft eingebracht.
  • Abspaltung zur Aufnahme: Die abgespaltenen Unternehmensanteile werden auf eine bereits bestehende Gesellschaft übertragen.
  • Ausgliederung zur Neugründung: Unternehmen gliedern einen Teil ihres Vermögens zur Gründung einer neuen Gesellschaft aus, wobei der übertragene Teil auf die neue Gesellschaft übergeht.

Demerger im internationalen Rechtsvergleich

Im internationalen Vergleich existieren unterschiedliche rechtliche Konzepte und Begrifflichkeiten. Im United Kingdom sind Demerger and Spin-off gängige Begriffe, während im US-amerikanischen Recht häufig von Spin-off, Split-off oder Split-up gesprochen wird. Die rechtlichen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Gläubigerschutz, Anteilszuteilung und Mitbestimmungsrechte, variieren je nach nationalem Gesellschaftsrecht erheblich.

Ablauf und rechtliche Anforderungen eines Demergers

Vorbereitungsphase

Die Vorbereitung eines Demergers umfasst in der Regel folgende Schritte:

  1. Due-Diligence-Prüfung: Überprüfung der abzuspaltenen Unternehmensbereiche hinsichtlich Vermögenswerten, Schulden, Verträgen und Arbeitsverhältnissen.
  2. Erarbeitung eines Spaltungs- oder Ausgliederungsplans: Definition der abzuspaltenen Vermögensgegenstände, Unternehmensanteile und die Modalitäten der Übertragung.

Entscheidungsfindung und Beschlussfassung

  • Beschluss des obersten Gesellschaftsorgans: Die Durchführung eines Demergers bedarf regelmäßig eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses der Gesellschafterversammlung oder – bei Aktiengesellschaften – der Hauptversammlung, häufig mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des vertretenen Kapitals (§ 13 UmwG).
  • Unterzeichnung des Spaltungs- oder Ausgliederungsvertrags: Notarielle Beurkundung ist erforderlich (§ 15 UmwG).

Eintragung und Wirksamkeit

  • Anmeldung zum Handelsregister: Der beschlossene Demerger ist zum Handelsregister anzumelden; die Eintragung begründet die Rechtswirksamkeit der Ausgliederung (§§ 17, 19 UmwG).
  • Gläubigerschutz: Gläubiger der betreffenden Gesellschaften haben nach §§ 121 ff. UmwG Anspruch auf Sicherheiten und können Widerspruch gegen den Demerger einlegen.

Gesellschafts- und steuerrechtliche Implikationen des Demergers

Gesellschaftsrechtliche Folgen

Ein Demerger wirkt sich direkt auf die betroffenen Gesellschaftsstrukturen aus. Die abgetrennten Anteile, Vermögenswerte und Vertragsverhältnisse gehen kraft Gesetzes durch Gesamtrechtsnachfolge auf die neue Gesellschaft über. Ebenso können Arbeitnehmer mitsamt bestehenden Arbeitsverträgen auf die ausgegliederte Gesellschaft übergehen (§ 613a BGB analog).

Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte

Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer sowie bestehende Beteiligungsverhältnisse sind im Rahmen des Demergers gemäß den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften zu beachten. Insbesondere die Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zur Unternehmensmitbestimmung sowie die Aktionärsrechte bei Aktiengesellschaften bleiben durch die Aufspaltung unberührt.

Steuerrechtliche Behandlung

Die steuerlichen Folgen eines Demergers sind vielfältig. Regelmäßig kommen folgende Steuerarten zur Anwendung:

  • Körperschaftsteuer: Die steuerliche Übertragbarkeit des Vermögens ist nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) geregelt. Ziel ist es meist, unter bestimmten Bedingungen die steuerliche Neutralität der Spaltung zu erreichen.
  • Grunderwerbsteuer: Übertragungen von Grundstücken im Rahmen eines Demergers können unter bestimmten Voraussetzungen grunderwerbsteuerpflichtig sein.
  • Umsatzsteuer: Leistungen innerhalb des Konzerns im Zuge des Demergers können umsatzsteuerlich privilegiert oder belastet sein.

Gläubigerschutz und Haftungsaspekte beim Demerger

Gläubigerschutzinstrumente

Das Umwandlungsgesetz sieht weitreichende Schutzmechanismen für Gläubiger der beteiligten Unternehmen vor. So können Gläubiger im Rahmen des sogenannten Gläubigeraufrufs binnen einer Frist Sicherheiten fordern, falls sie die Erfüllung ihrer Forderungen durch den Demerger gefährdet sehen (§ 22 UmwG).

Haftung der beteiligten Unternehmen

Neben den allgemeinen Vorschriften haften abspaltende und aufnehmende Gesellschaft für vor dem Demerger begründete Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch, begrenzt auf den Wert des übertragenen Vermögens (§ 133 UmwG). Dies gilt sowohl für zivilrechtliche Verbindlichkeiten als auch für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen.

Besonderheiten des Demergers im internationalen Kontext

Demergers, die grenzüberschreitend erfolgen, unterliegen dem Europäischen Umwandlungsrecht, insbesondere der EU-Umwandlungsrichtlinie. Hierbei sind Vorschriften zur Gleichbehandlung der Aktionäre, Gläubigerschutz, Mitbestimmung und die Einhaltung von Informations- und Offenlegungspflichten zu beachten.

Abgrenzung zu verwandten Transaktionen

Demerger ist abzugrenzen von verwandten Reorganisationsmaßnahmen wie:

  • Merger (Verschmelzung): Zusammenschluss mindestens zweier rechtlich selbstständiger Unternehmen unter Auflösung ohne Liquidation.
  • Spin-off: Teilweise synonym verwendet, insbesondere im US-Recht, bezeichnet häufig die Ausgliederung eines Teilbereichs in eine eigene Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Anteile an die bisherigen Anteilseigner.
  • Carve-out: Abspaltung eines Unternehmensbereichs im Vorfeld eines eigenständigen Börsengangs oder Verkaufes.

Literatur und Weblinks

  • Umwandlungsgesetz (UmwG)
  • Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
  • Europäische Richtlinie (EU) 2019/2121 über grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen

Hinweis: Der Demerger ist ein komplexes Instrument der Unternehmensumstrukturierung mit weitreichenden rechtlichen, steuerlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Die konkrete Ausgestaltung sollte sich stets an den aktuellen gesetzlichen und steuerlichen Vorgaben orientieren.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Demerger in Deutschland erfüllt sein?

Ein Demerger – im deutschen Recht häufig als Ausgliederung oder Abspaltung bezeichnet – setzt eine Reihe von gesetzlichen Voraussetzungen voraus, die in den §§ 123 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt sind. Als zwingende Voraussetzung bedarf es zunächst eines formellen Umwandlungsbeschlusses durch die Gesellschafterversammlung des betroffenen Unternehmens. Dieser Beschluss muss notariell beurkundet werden. Darüber hinaus schreibt das Gesetz die Erstellung eines Spaltungsvertrags bzw. Spaltungsplans vor, in dem die Einzelheiten der Vermögensaufteilung und die Übernahme der bestehenden Rechtsverhältnisse dargestellt werden. Zu beachten ist ebenfalls das sogenannte Gläubigerschutzverfahren nach §§ 125, 133 ff. UmwG, das den Gläubigern der Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen das Recht einräumt, Sicherheiten zu verlangen. Bei börsennotierten Unternehmen können zusätzliche kapitalmarktrechtliche Anforderungen hinzukommen, etwa Veröffentlichungs- und Informationspflichten nach WpHG und MAR. Schließlich sind gegebenenfalls mitbestimmungsrechtliche Aspekte (z.B. nach MitbestG, DrittelbG, SEBG) zu beachten, insbesondere wenn durch die Strukturmaßnahme betriebsverfassungsrechtliche Änderungen eintreten. Eine sorgfältige rechtliche Prüfung der Einhaltung aller notwendigen Formerfordernisse ist unerlässlich, da formelle Fehler die Nichtigkeit der Umstrukturierungsmaßnahme nach sich ziehen können.

Welche Mitbestimmungsrechte haben Arbeitnehmer bei einem Demerger?

Im Rahmen eines Demergers spielen die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer nach deutschem Recht eine zentrale Rolle. Nach § 13 UmwG ist der Betriebsrat frühzeitig über die geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen zu unterrichten und anzuhören. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht darüber hinaus Informations- und Mitwirkungsrechte, insbesondere nach §§ 111 ff. BetrVG, vor – etwa bei geplanten Betriebsänderungen wie einer Spaltung. Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne können erforderlich werden. Ist ein Unternehmen dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) oder dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) unterworfen, ist zu prüfen, wie sich die Gremienzusammensetzung im Aufsichtsrat nach dem Demerger gestaltet und ob Rechte und Pflichten auf die neuen Gesellschaften übertragen werden. Besondere Vorschriften gelten bei grenzüberschreitenden Abspaltungen, die unter das SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) fallen können, insbesondere bezüglich der Arbeitnehmerbeteiligung auf europäischer Ebene. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann zur Unwirksamkeit des Demergers oder zu arbeitsrechtlichen Ansprüchen führen.

Welcher Gläubigerschutz ist bei einer Abspaltung zu gewährleisten?

Das Umwandlungsgesetz sichert Gläubigern im Rahmen von Demergers umfassende Schutzrechte zu. Nach §§ 125, 133 ff. UmwG sind betroffene Gläubiger spätestens mit der Bekanntmachung des Demergers in den (elektronischen) Registern über die Abspaltung zu informieren. Sie können innerhalb von sechs Monaten nach der Eintragung Sicherheiten verlangen, wenn sie glaubhaft machen, durch die Spaltung benachteiligt zu werden. Die Haftungsbestimmungen in § 133 UmwG sehen zudem eine gesamtschuldnerische Haftung der beteiligten Gesellschaften für alle im Spaltungsvertrag übertragenen Verbindlichkeiten vor. Das heißt, sowohl die übertragende als auch die aufnehmende Gesellschaft haften für die betroffenen Altschulden anteilig oder unter Umständen auch vollständig. Eine effektive Umsetzung des Gläubigerschutzes setzt voraus, dass alle bestehenden und potentiellen Verbindlichkeiten sorgfältig erfasst und bewertet werden, um Anfechtungen oder Nachforderungen vorzubeugen.

Müssen bei einem Demerger kartellrechtliche Vorschriften berücksichtigt werden?

Demergers unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen auch der Fusionskontrolle nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie der Fusionskontrollverordnung auf europäischer Ebene (FKVO). Eine Meldepflicht entsteht insbesondere dann, wenn durch die Ausgliederung und den Erwerb eines Unternehmensteils durch eine unabhängige Gesellschaft die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung droht, oder wenn bestimmte Umsatzzahlen überschritten werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch innerkonzernliche Umstrukturierungen meldepflichtig sein können, wenn sie wettbewerbsrechtlich relevante Auswirkungen auf die Marktstruktur haben. Verstöße gegen die Anmeldepflicht sind mit teils empfindlichen Sanktionen und unter Umständen mit Rückabwicklung der Maßnahme verbunden, weshalb frühzeitige kartellrechtliche Beratung empfohlen wird.

Welche steuerlichen Folgen hat ein Demerger aus rechtlicher Sicht?

Aus der rechtlichen Perspektive ist bei einem Demerger auf eine Vielzahl steuerlicher Aspekte zu achten, um steuerneutrale Umstrukturierungen gemäß den Vorgaben des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu realisieren. Rechtlich entscheidend ist dabei die Einhaltung der formalen und materiellen Voraussetzungen des UmwStG, insbesondere zu Buchwertübertragungen (§§ 15, 16 UmwStG) und zur Fortführung der steuerlichen Verlustvorträge. Werden diese Vorgaben missachtet oder unvollständig erfüllt, kann es zur Aufdeckung stiller Reserven und zu erheblichen steuerlichen Belastungen kommen. Eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung, wie sie früher vorgesehen war, ist mittlerweile nicht mehr verpflichtend, kann aber im Einzelfall für Rechtssicherheit sorgen. Zusätzlich können bei grenzüberschreitenden Demergers weitere steuerliche Anzeigepflichten sowie Aspekte der internationalen Doppelbesteuerung relevant werden.

Wie erfolgt die Eintragung eines Demergers im Handelsregister?

Die Eintragung eines Demergers in das Handelsregister ist an eine Vielzahl verfahrensrechtlicher Schritte gebunden. Zunächst sind sämtliche erforderlichen Unterlagen, wie das Protokoll der Gesellschafterbeschlüsse, der Spaltungsvertrag bzw. Spaltungsplan, der Spaltungsbericht und gegebenenfalls die Prüfungsberichte sowie die Erklärungen über die Gläubigerbenachrichtigung, zur Eintragung beim zuständigen Registergericht einzureichen. Die notarielle Anmeldung gemäß § 130 UmwG muss von sämtlichen vertretungsberechtigten Organen unterzeichnet werden. Bei Kapitalgesellschaften ist regelmäßig eine notarielle Beglaubigung erforderlich. Nach positiver Prüfung durch das Registergericht erfolgt mit dem Eintrag die gesellschaftsrechtliche Umsetzung der Umstrukturierungsmaßnahme, d.h. Rechte und Pflichten gehen mit diesem Zeitpunkt über. Die Eintragung ist nach § 14 HGB öffentlich bekanntzumachen und begründet Rechtssicherheit gegenüber Dritten. Ein Verfahrensfehler oder unvollständige Dokumentation können zur Zurückweisung des Eintragungsantrags führen.