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Deed

Definition und Einordnung

Eine Deed ist eine feierlich errichtete Urkunde, mit der eine Person oder Organisation eine rechtsverbindliche Erklärung in besonderer Form abgibt. Sie dient vor allem dazu, Verpflichtungen ohne Gegenleistung zu begründen, Rechte endgültig zu übertragen oder rechtliche Verhältnisse abschließend zu regeln. Der Begriff entstammt Rechtsordnungen des Common Law (unter anderem England & Wales, Australien, Neuseeland sowie in Teilen der USA). Im deutschsprachigen Raum wird Deed je nach Kontext unter anderem als feierliche Urkunde, Schuldschein, Abtretungsurkunde, Übertragungsurkunde oder – bei Immobilientransaktionen in den USA – als Eigentumsübertragungsurkunde verstanden.

Rechtsnatur und Zweck

Abgrenzung zum einfachen Vertrag

  • Gegenleistung: Eine Deed erfordert keine Gegenleistung. Bei einfachen Verträgen ist eine Gegenleistung regelmäßig Voraussetzung für die Bindungswirkung.
  • Form: Eine Deed folgt besonderen Formvorgaben (Schriftform, ausdrückliche Bezeichnung als Deed, ordnungsgemäße Unterzeichnung und häufig Zeugenschaft sowie Übergabe).
  • Bindungswirkung: Deeds entfalten eine gesteigerte Bindungswirkung. Sie werden traditionell als „feierliche“ Verpflichtungen behandelt.
  • Verjährung: Ansprüche aus einer Deed verjähren in vielen Common-Law-Rechtsordnungen später als Ansprüche aus einfachen Verträgen.

Typische Zwecke

  • Unentgeltliche Übertragungen (z. B. Schenkung, Abtretung)
  • Endgültige Freigaben und Vergleiche (Release, Settlement)
  • Garantien und Sicherheiten (Guarantee, Indemnity)
  • Treuhandverhältnisse (Trust Deed), Vollmachten mit besonderer Form (Deed of Power of Attorney)
  • Übertragungen von Grundeigentum (insbesondere im US-Immobilienrecht)

Formvorschriften und Wirksamkeit

Schriftform und Formulierungen

Eine Deed wird schriftlich niedergelegt. Üblich ist eine klare Kennzeichnung, etwa durch Formulierungen wie „Executed as a Deed“ oder „This Deed“. Häufig enthalten Deeds ein Datum, eine Präambel (Hintergrund/Recitals) und die sogenannten operativen Bestimmungen (operative provisions).

Unterschriften und Zeugenschaft

Natürliche Personen

Die Unterzeichnung erfolgt eigenhändig. In vielen Rechtsordnungen ist die Anwesenheit einer unabhängigen, volljährigen Zeugin oder eines Zeugen vorgesehen, die bzw. der die Unterschrift bestätigt (Attestierung). Die Zeugin oder der Zeuge unterschreibt regelmäßig unter Angabe von Namen und Anschrift.

Gesellschaften und Körperschaften

Bei Unternehmen gelten besondere Zeichnungsregeln, etwa die Unterzeichnung durch zwei vertretungsberechtigte Personen oder eine vertretungsberechtigte Person zuzüglich Zeugin/Zeuge. Die zulässigen Kombinationen richten sich nach der jeweiligen Rechtsordnung und den internen Vertretungsregeln.

Delivery (Übergabe) und Wirksamkeitszeitpunkt

Eine Deed wird mit „Delivery“ wirksam. Delivery bedeutet die eindeutige Absicht, an die Deed gebunden zu sein. Sie kann physisch durch Übergabe oder konkludent durch entsprechende Erklärungen erfolgen. Häufig wird der Wirksamkeitszeitpunkt durch Datumsangaben oder Bedingungen bestimmt. Bei einer „Escrow“-Konstellation tritt die Wirksamkeit erst ein, wenn vorab definierte Bedingungen erfüllt sind.

Siegel (Seal) und heutige Bedeutung

Historisch wurden Deeds gesiegelt. In vielen Rechtsordnungen ist ein physisches Siegel nicht mehr erforderlich. Teilweise werden Siegel durch bestimmte Formulierungen oder Unterschriftsmodalitäten ersetzt.

Elektronische Deeds

Die Anerkennung elektronisch unterzeichneter Deeds variiert zwischen den Rechtsordnungen. Digitale Signaturen, ferne Zeugenschaft oder Mischformen werden zunehmend geregelt, insbesondere unter Berücksichtigung sicherer Identifizierung und Integrität der Urkunde.

Inhaltliche Struktur einer Deed

Typische Bestandteile

  • Titel und Datum
  • Parteibezeichnungen und Definitionen
  • Präambel (Recitals) mit Hintergrundangaben
  • Operative Bestimmungen (Übertragungen, Verpflichtungen, Zusicherungen)
  • Zahlungs-, Freistellungs- und Haftungsregelungen
  • Bedingungen, aufschiebend/auflösend
  • Rechtswahl und Gerichtsstand
  • Ausführungsteil (Execution Block) mit Unterschriften und Zeugenschaft
  • Anlagen (Schedules)

Deed Poll vs. Indenture

Eine Deed Poll bindet in der Regel nur die unterzeichnende Partei und richtet sich einseitig an andere (z. B. Namensänderungen oder Verzichtserklärungen). Eine Indenture ist eine mehrseitige Deed, in der mehrere Parteien gegenseitige Bestimmungen vereinbaren.

Typische Einsatzfelder

  • Deed of Gift (unentgeltliche Zuwendung)
  • Deed of Assignment (Abtretung von Rechten)
  • Deed of Novation (Vertragsübernahme)
  • Deed of Release/Settlement (Vergleich, Verzicht, Freigabe)
  • Deed of Guarantee/Indemnity (Garantie, Freistellung)
  • Trust Deed (Treuhandurkunde)
  • Power of Attorney as Deed (besondere Vollmacht)
  • Property Deed (insbesondere US-Immobilienrecht: Warranty Deed, Quitclaim Deed, Special Warranty Deed)

Rechtsfolgen und Durchsetzung

Bindungswirkung und Rechtsbehelfe

Deeds entfalten eine erhöhte Bindungswirkung. Bei Verstößen kommen vertragliche Ansprüche, Unterlassung, Naturalrestitution oder Schadensersatz in Betracht. In bestimmten Konstellationen wirkt die Urkunde beweiserleichternd, etwa im Rahmen von Anerkenntnissen oder Freigaben.

Verjährung

Die Verjährungsfristen für Ansprüche aus einer Deed sind in vielen Common-Law-Rechtsordnungen länger als bei einfachen Verträgen. Die konkrete Dauer hängt von der jeweiligen Rechtsordnung und der Art des Anspruchs ab.

Unwirksamkeit, Anfechtung und Mängel

Formmängel

Fehlende oder fehlerhafte Unterschriften, fehlende oder unzulässige Zeugenschaft, fehlende Kennzeichnung als Deed oder Unklarheiten beim Delivery können zur Unwirksamkeit führen.

Willensmängel

Eine Deed kann anfechtbar sein, wenn sie unter Täuschung, Drohung oder unzulässiger Einflussnahme zustande kam oder wenn wesentliche Irrtümer vorliegen.

Inhaltliche Unwirksamkeit

Unvereinbare, unmögliche oder rechtswidrige Inhalte können die Wirksamkeit beeinträchtigen oder zur Nichtigkeit führen.

Registrierung und Publizität

Immobilienbezogene Deeds

Bei Grundstücken sind häufig besondere Registrierungs- oder Eintragungserfordernisse vorgesehen. Die Wirksamkeit zwischen den Parteien und die Publizität gegenüber Dritten können auseinanderfallen; Eintragungen dienen häufig dem Drittschutz und der Priorität.

Weitere Register

Je nach Inhalt der Deed können spezielle Register einschlägig sein, etwa Grundbuch- oder Handelsregister sowie Register für Sicherungsrechte.

Internationale und rechtsvergleichende Aspekte

England & Wales, Australien, Neuseeland

Die Deed ist als „specialty“ fest verankert. Charakteristisch sind Schriftform, Kennzeichnung als Deed, ordnungsgemäße Ausführung (einschließlich Zeugenschaft) und Delivery. Der Siegelzwang ist vielfach entfallen.

Vereinigte Staaten

Der Begriff Deed wird vor allem für Urkunden zur Übertragung von Grundeigentum verwendet. Je nach Bundesstaat bestehen unterschiedliche Formen (z. B. Warranty Deed, Quitclaim Deed) sowie Anforderungen an Anerkennung, Beglaubigung und Recording beim County Recorder.

Deutschland, Österreich, Schweiz

Es gibt kein direktes 1:1-Äquivalent zur Deed des Common Law. Teilweise kommen notarielle Urkunden, beglaubigte Erklärungen oder öffentlich beurkundete Rechtsgeschäfte funktional nahe. Die konkrete Einordnung hängt vom Anwendungsfall und dem anwendbaren Recht ab.

Begriffsabgrenzungen

Deed vs. Vertrag

Während ein Vertrag typischerweise auf Austausch von Leistungen beruht, ermöglicht eine Deed verbindliche Erklärungen ohne Gegenleistung. Zudem gelten gesteigerte Formerfordernisse und meist längere Verjährungsfristen.

Deed vs. notarielle Urkunde

Eine Deed ist eine privatrechtliche Urkunde nach Common Law mit besonderen Förmlichkeiten. Eine notarielle Urkunde ist ein durch eine Amtsperson beurkundetes Dokument nach kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen. Beide können ähnliche Zwecke erfüllen, folgen jedoch unterschiedlichen Systemen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist eine Deed?

Eine Deed ist eine besonders förmliche Urkunde des Common Law, mit der Verpflichtungen und Rechte wirksam und meist endgültig begründet, übertragen oder aufgehoben werden, häufig ohne dass eine Gegenleistung erforderlich ist.

Worin unterscheidet sich eine Deed von einem Vertrag?

Eine Deed verlangt besondere Förmlichkeiten und keine Gegenleistung, während ein Vertrag auf Austausch beruht. Zudem sind die Verjährungsfristen bei Deeds in vielen Rechtsordnungen länger.

Welche Formvorschriften gelten typischerweise für eine Deed?

Üblich sind Schriftform, klare Kennzeichnung als Deed, ordnungsgemäße Unterzeichnung, häufig Zeugenschaft und eine wirksam erklär­te Delivery. Bei Unternehmen gelten besondere Zeichnungsregeln.

Ab wann wird eine Deed wirksam?

Eine Deed wird mit Delivery wirksam. Delivery bedeutet die eindeutige Absicht, an die Urkunde gebunden zu sein; sie kann unmittelbar oder nach Eintritt von Bedingungen (Escrow) erfolgen.

Benötigt eine Deed eine Gegenleistung?

Nein. Eine Deed ist gerade dafür vorgesehen, Verpflichtungen und Rechte ohne Gegenleistung zu begründen oder zu übertragen.

Kann eine Deed elektronisch unterzeichnet werden?

Die Zulässigkeit elektronischer Unterschriften bei Deeds hängt von der jeweiligen Rechtsordnung ab. Teilweise sind elektronische Signaturen und ferne Zeugenschaft geregelt, teils bestehen Einschränkungen.

Wie lange können Ansprüche aus einer Deed geltend gemacht werden?

Die Verjährung ist in vielen Common-Law-Rechtsordnungen länger als bei einfachen Verträgen. Die konkrete Dauer richtet sich nach dem anwendbaren Recht und der Anspruchsart.