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Change


Begriff und rechtliche Einordnung von „Change“

Der Begriff „Change“ (deutsch: Veränderung, Wechsel) spielt im rechtlichen Kontext eine bedeutende Rolle, insbesondere im Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, IT-Recht sowie im öffentlichen Recht. Der rechtliche Begriff umfasst verschiedene Arten von vertraglichen, organisatorischen und strukturellen Veränderungen, die sowohl innerhalb von Unternehmen als auch im Verhältnis zu Vertragspartnern oder dem Gesetz erfolgen können. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für einen Change sind je nach Bereich spezifisch geregelt und weisen erhebliche Unterschiede auf.


Change im Vertragsrecht

1. Änderungsverlangen und Änderungsvertrag

Im Vertragsrecht bezeichnet Change jede Form der vertraglichen Veränderung, die nach Vertragsschluss durch eine der Vertragsparteien initiiert oder einvernehmlich vereinbart wird. Eine Änderung eines bestehenden Vertrages kann grundsätzlich nur durch eine entsprechende Vereinbarung (Änderungsvertrag, Vertragsnachtrag) vorgenommen werden.

Rechtsgrundlage:
Die vertraglichen Änderungsmöglichkeiten ergeben sich aus dem Grundsatz der Privatautonomie (§ 311 Abs. 1 BGB). Jede Vertragsänderung bedarf einer übereinstimmenden Willenserklärung aller betroffenen Vertragsparteien. Eine einseitige Änderung ist regelmäßig nur durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung oder aufgrund spezieller gesetzlicher Grundlagen möglich.

Change Request:
In komplexen Dauerschuldverhältnissen, insbesondere im Bau- und IT-Recht, werden häufig sog. Change-Request-Verfahren genutzt. Sie ermöglichen es, Änderungsverlangen (Change Request) strukturiert einzubringen und deren Realisierung, Mehrkosten sowie Auswirkungen auf Fristen und Leistungen zu regeln.

2. Unilaterale Vertragsänderung

Eine einseitige Änderung eines Vertrages ist lediglich in eng begrenzten Ausnahmefällen oder bei Vorliegen vertraglicher Änderungsklauseln (z.B. Anpassungsvorbehalt, einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB) zulässig. Standardmäßig muss der Vertragspartner der Änderung zustimmen.

a. Gesetzliche Anpassungsrechte

Ein gesetzliches Änderungsrecht besteht in bestimmten Konstellationen, wie zum Beispiel bei Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), Wegfall oder Tod einer Vertragspartei (§ 356 BGB), oder im Mietrecht unter bestimmten Voraussetzungen.

b. Klauselkontrolle und AGB-Recht

Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB, §§ 305 ff. BGB) setzt der Möglichkeit, einseitige Change-Klauseln zu vereinbaren, enge Grenzen. Insbesondere allgemeine Änderungsbefugnisse zu Ungunsten des Vertragspartners sind regelmäßig unwirksam (vgl. § 308 Nr. 4 BGB).


Change im Arbeitsrecht

1. Arbeitsvertragsänderungen

Im Arbeitsrecht deckt der Begriff Change sämtliche arbeitsvertragliche Anpassungen ab, sei es durch Änderungskündigung, Änderungsvertrag oder Betriebsvereinbarung.

a. Änderungskündigung

Eine wichtige Form ist die Änderungskündigung nach § 2 KSchG, durch welche der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig die Fortsetzung zu geänderten Bedingungen anbietet. Hierbei sind die strengen Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes sowie Vorgaben des Mitbestimmungsrechts zu beachten.

b. Betriebsänderungen und Betriebsübergang

Im Zusammenhang mit Restrukturierungen (sog. Change Management) kommen die gesetzlichen Vorgaben zum Tragen, insbesondere §§ 111 ff. BetrVG (Betriebsänderung) sowie § 613a BGB (Betriebsübergang). Arbeitnehmervertretungen besitzen hier Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte.


Change im Gesellschaftsrecht und M&A

1. Unternehmensbezogene Veränderungen

Im Gesellschaftsrecht umfasst Change etwa die Umfirmierung, Rechtsformwechsel, Satzungsänderungen oder Verschmelzung und Spaltung gemäß Umwandlungsgesetz (UmwG). Typische Change-Prozesse sind beispielsweise die Verschmelzung zweier Gesellschaften (§§ 2 ff. UmwG) oder Strukturänderungen durch Kapitalmaßnahmen (§§ 182 ff. AktG).

2. Change of Control-Klauseln

Besonders relevant ist im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen, Fusionen oder Beteiligungsveräußerungen die sogenannte „Change of Control“-Klausel. Sie regelt die Rechtsfolgen eines Kontrollwechsels, etwa automatische Kündigungsrechte von Vertragspartnern oder Anpassung/Beendigung laufender Verträge.


Change im IT-Recht und Projektvertragsrecht

1. Leistungsänderung und Change Request

IT-Projekte und Werkverträge sind häufig von Änderungsverlangen während der Projektlaufzeit geprägt. Change Request Prozesse dienen dazu, Änderungswünsche zu definieren, bewerten und umsetzen. Dabei sind Vergütungsanpassung und Fristverlängerung zentrale Verhandlungspunkte.

Vertragsgrundlagen:
Typische Vertragsarten wie EVB-IT in der öffentlichen Auftragsvergabe oder Standard-Dienstleistungsverträge sehen regelmäßige Regelungen zu Change Requests vor. Diese sind erforderlich, weil bereits kleine Änderungen große Auswirkungen auf Gesamtleistung und Zeitplan haben können.

2. Nachtragsmanagement

Vertragliche Regelungen zum Nachtragsmanagement sind rechtlich zwingend notwendig, um Streitigkeiten über Leistungsveränderungen, Vergütungsanpassungen und die Abgrenzung von Haupt- und Nebenpflichten zu vermeiden. In der Praxis ist die genaue Dokumentation sämtlicher Change-Prozesse unerlässlich.


Change im öffentlichen Recht

1. Änderungsverfahren im Verwaltungsrecht

Im öffentlichen Recht bezeichnet Change legitime Änderungen von Verwaltungsakten (Widerruf, Rücknahme, nachträgliche Auflagen) sowie die Änderungen von Verwaltungsverträgen (§§ 54 ff. VwVfG). Grundsätzlich ist eine Änderung von Verwaltungsentscheidungen nur unter den engen Voraussetzungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes möglich.

2. Änderungen im Vergaberecht

Im Vergaberecht spielen Change-Prozesse insbesondere bei Vertragsanpassungen während der Vertragslaufzeit eine zentrale Rolle. Nach der EU-Vergaberichtlinie und dem GWB/VOB/A sind Vertragsänderungen nur innerhalb klar definierter Grenzen und unter Wahrung von Transparenz und Gleichbehandlung zulässig.


Bedeutung und Risiken von Change-Prozessen

1. Rechtssicherheit

Vertragliche und gesetzliche Change-Regelungen schaffen Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Ungeregelte oder informelle Änderungen bergen erhebliche Risiken der Unwirksamkeit oder nachteiligen Vertragsauslegung.

2. Streitpotenzial

Change-Prozesse führen in der Praxis häufig zu Streitigkeiten über Reichweite, Vergütung, Fristen und Umgang mit Nebenpflichten. Die exakte Ausgestaltung im Ausgangsvertrag sowie die Dokumentation sämtlicher Änderungsschritte sind entscheidend.


Fazit

Der Begriff „Change“ ist ein rechtlich vielschichtiger Begriff, der in nahezu allen Bereichen des Zivil- und öffentlichen Rechts eine wichtige Rolle spielt. Die jeweiligen Anforderungen, Voraussetzungen, Risiken und Rechtsfolgen sind stark vom Kontext abhängig und unterliegen einer festen gesetzlichen und vertraglichen Ordnung. Eine sorgfältige vertragliche Ausgestaltung, klare Change-Prozesse sowie die genaue Beachtung der jeweiligen gesetzlichen Sonderregelungen sind für die rechtssichere Umsetzung von Veränderungen unabdingbar.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen bei der Einführung von Veränderungen im Unternehmen beachtet werden?

Bei der Einführung von Veränderungen („Change-Prozessen“) in Unternehmen sind zahlreiche rechtliche Voraussetzungen zu beachten. Primär zu berücksichtigen sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), insbesondere § 87 BetrVG betreffend mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten wie Arbeitszeit, Arbeitsentgelt oder technische Überwachungseinrichtungen. Bei größeren Veränderungen wie Betriebsänderungen greift § 111 BetrVG, der eine Interessenausgleichs- und Sozialplanpflicht vorsieht. Im Rahmen von Umstrukturierungen kann auch das Umwandlungsgesetz (UmwG) relevant sein, falls Fusionen, Spaltungen oder Formwechsel erfolgen. Datenschutzrechtliche Aspekte nach DSGVO und BDSG sind bei Veränderung von IT-Systemen oder Arbeitsabläufen mit personenbezogenen Daten zwingend zu berücksichtigen. Ebenso können arbeitsvertragliche Anpassungen notwendig werden, etwa bei geänderten Aufgabenbereichen oder Arbeitsorten – hier erfordert es meist Änderungsvereinbarungen oder im Zweifel Änderungskündigungen nach § 2 KSchG, welche ebenfalls strengen Vorgaben unterliegen. Zusätzlich sind je nach Branche besondere Regelwerke wie das Tarifvertragsgesetz (TVG) oder betriebliche Regelungen zu prüfen, etwa wenn tarifliche Öffnungsklauseln betroffen sind. Letztlich sollten Unternehmen alle rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig identifizieren, um vermeidbare Rechtsrisiken wie Anfechtungen, Unterlassungsklagen oder Schadensersatzforderungen auszuschließen.

Welche Informations- und Beteiligungspflichten bestehen bei Change-Prozessen gegenüber dem Betriebsrat?

Unternehmen sind verpflichtet, den Betriebsrat nicht nur über geplante Veränderungen umfassend und rechtzeitig zu informieren, sondern ihn – je nach Art der Maßnahme – auch zu beteiligen. Die Informationspflicht ergibt sich aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat alle Unterlagen erhalten muss, die zur Meinungsbildung über geplante Veränderungen erforderlich sind. Bei mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen muss zudem die Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 BetrVG eingeholt werden. Bei Betriebsänderungen im Sinne von § 111 BetrVG, also grundlegenden Strukturveränderungen mit erheblichen Nachteilen für die Belegschaft, ist der Betriebsrat ebenfalls frühzeitig und vollumfänglich zu informieren, um gegebenenfalls einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. Versäumnisse bei der Unterrichtung oder Beteiligung können dazu führen, dass die beabsichtigten Maßnahmen rechtlich angreifbar sind oder gar unwirksam werden. Des Weiteren kann das Arbeitsgericht in bestimmten Fällen die Durchführung der Maßnahme untersagen, bis die Mitbestimmungsrechte ausreichend beachtet wurden. International tätige Unternehmen müssen zusätzlich die Vorgaben des Europäischen Betriebsratsgesetzes (EBRG) bei grenzüberschreitenden Veränderungen beachten.

Welche Besonderheiten gelten bei der Änderung von Arbeitsverträgen im Rahmen von Change-Prozessen?

Im Rahmen von Change-Prozessen kann es notwendig werden, bestehende Arbeitsverträge anzupassen, beispielsweise hinsichtlich Tätigkeitsbereich, Arbeitszeit oder Arbeitsort. Solche Änderungen sind grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Für einvernehmliche Vertragsänderungen genügt eine entsprechende Änderungsvereinbarung, die schriftlich fixiert werden sollte. Lehnen Arbeitnehmer die Änderungen ab, bleibt als letztes Mittel nur die Änderungskündigung nach § 2 KSchG. Diese muss den allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz beachten; das heißt, sie ist nur sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen. Rechtsfolgen einer unzulässigen Änderungskündigung sind deren Unwirksamkeit sowie unter Umständen Schadensersatzansprüche. Darüber hinaus besteht bei größeren Maßnahmen Mitbestimmung durch den Betriebsrat, insbesondere bei Versetzungen, die als Änderung des Arbeitsbereichs nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtig sind. Tarifvertragliche und betriebliche Regelungen gehen individuellen Vertragsänderungen häufig vor, sofern sie zugunsten der Arbeitnehmer gestaltet sind.

Welche Regelungen und Schranken gibt es bei der Einführung neuer IT-Systeme im Unternehmen?

Bei der Einführung neuer IT-Systeme im Rahmen von Change-Prozessen spielen insbesondere datenschutzrechtliche und mitbestimmungsrechtliche Vorgaben eine zentrale Rolle. Sobald personenbezogene Daten verarbeitet werden, greifen sowohl die Regelungen der DSGVO als auch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Vor der Einführung sind die Zwecke, Arten der verarbeiteten Daten, Zugriffsrechte und etwaige Übermittlungen genau zu dokumentieren. Oft ist zudem eine Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Art. 35 DSGVO erforderlich. Mitbestimmungspflichten des Betriebsrats ergeben sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, da IT-Systeme regelmäßig dazu geeignet sind, Leistung und Verhalten von Arbeitnehmern zu überwachen. Ohne Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung ist die Einführung solcher Systeme in der Regel unzulässig. Die Betriebsvereinbarung sollte unter anderem Regelungen zu Zugriffsbeschränkungen, Protokollierungen, Monitoring und Zwecken der Nutzung enthalten. Auch IT-Sicherheitsaspekte und Meldepflichten nach dem IT-Sicherheitsgesetz sind zu prüfen, vor allem wenn kritische Infrastruktur betroffen ist.

Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen bei fehlerhafter Umsetzung von Change-Prozessen?

Eine fehlerhafte Umsetzung von Change-Prozessen kann zu vielfältigen arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Werden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats missachtet, können Maßnahmen nach §§ 23, 101, 102 Abs. 1 BetrVG gerichtlich untersagt oder rückgängig gemacht werden. Arbeitnehmer haben bei rechtswidrigen Maßnahmen etwa Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu bisherigen Bedingungen, Schadensersatz wegen entgangener Leistungen oder Ersatz von Aufwendungen. Unwirksame Änderungskündigungen führen zur Fortgeltung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Versäumnisse beim Datenschutz können neben der zivilrechtlichen Haftung auch Bußgelder nach DSGVO und BDSG nach sich ziehen. Ebenfalls drohen reputationsschädigende Klagen, mögliche Schadensersatzforderungen und Verzögerungen oder gar das Scheitern des Change-Projekts. Im schlimmsten Fall kann auch eine persönliche Haftung von Geschäftsführern (§ 43 GmbHG) oder Vorständen (§ 93 AktG) im Raum stehen, wenn grob fahrlässig gegen gesetzliche Pflichten verstoßen wurde.

Welche Bedeutung hat der Interessenausgleich und Sozialplan bei größeren Umstrukturierungen?

Bei größeren Umstrukturierungen und Betriebsänderungen verpflichtet § 111 BetrVG Unternehmen zur Verhandlung eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat. Ziel ist es, Einvernehmen über das „Wie“ der Maßnahme zu erzielen, etwa über Zeitplan, Umfang und Alternativen. Kommt keine Einigung zustande, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, deren Spruch für beide Parteien bindend ist. Parallel zum Interessenausgleich ist ein Sozialplan gemäß § 112 BetrVG zu verhandeln, der nachteilige Folgen für die Belegschaft – insbesondere Einkommensverluste oder Arbeitsplatzverlust – mildert. Der Sozialplan ist gerichtlich durchsetzbar und vermittelt individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer auf Abfindung, Umschulung oder sonstige Ausgleichsmaßnahmen. Die Pflicht zur Verhandlung greift bereits ab einer bestimmten Unternehmensgröße (mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer). Unternehmen sollten die Kosten- und Komplexitätsfolgen eines Sozialplans rechtzeitig einkalkulieren, um nachträgliche finanzielle und operative Risiken zu minimieren.