Begriff und Grundbedeutung von „Certain“
„Certain“ ist ein englischer Rechtsbegriff und bedeutet je nach Kontext „bestimmt“, „gewiss“ oder „sicher“. Im rechtlichen Sprachgebrauch beschreibt er vor allem den Grad an Bestimmtheit oder Gewissheit, den eine Aussage, Regelung oder Feststellung aufweisen muss, damit sie rechtlich tragfähig ist. Das zugehörige Substantiv „certainty“ bezeichnet die (Rechts‑)Gewissheit oder Bestimmtheit. Kernidee ist, dass ein Inhalt so klar ist, dass er angewendet, vollstreckt oder überprüft werden kann.
Kerngedanke: Bestimmtheit und Gewissheit
Rechtliche Kommunikation zielt auf Vorhersehbarkeit und Klarheit. „Certain“ markiert dabei Schwellenwerte: Mal wird absolute Gewissheit verlangt (etwa beim Umfang eines Tenors), häufig genügt hinreichende Bestimmtheit oder eine „angemessene“ Gewissheit, die praktische Anwendung ermöglicht. Entscheidend ist, ob der Inhalt feststeht oder zumindest bestimmbar ist.
Typische Wortverbindungen
Typische Verbindungen mit rechtlicher Relevanz sind unter anderem:
- „sum certain“ (bestimmter Geldbetrag)
- „certain date/time“ (bestimmtes Datum/zeitlicher Punkt)
- „certainty of terms“ (Bestimmtheit der Vertragsbedingungen)
- „reasonable certainty“ (angemessene, hinreichende Gewissheit)
- „moral certainty“ (historisch verwendete Gewissheitsformel im Strafkontext)
- „certain persons/goods/places“ (bestimmte Personen/Sachen/Orte)
Rechtliche Relevanz in verschiedenen Bereichen
Vertragsrecht
Im Vertragsrecht beschreibt „certain“ die erforderliche Bestimmtheit der Vereinbarung, damit ein Vertrag zustande kommt und durchsetzbar ist. Je unbestimmter die Hauptpunkte (z. B. Leistung, Gegenleistung, Preis, Laufzeit), desto größer das Risiko rechtlicher Unwirksamkeit oder eingeschränkter Durchsetzbarkeit. Gleichwohl akzeptieren viele Rechtsordnungen, dass unvollständige oder offene Punkte durch branchenübliche Maßstäbe, objektive Kriterien oder ergänzende Auslegung aufgefüllt werden, sofern der Kern des Vertrages hinreichend klar ist.
„Certainty of terms“
Verträge müssen die wesentlichen Punkte so bestimmen, dass Inhalt und Umfang der Verpflichtungen erkennbar sind. Unbestimmte Formulierungen („to be agreed“, „subject to contract“) können gegen die Bestimmtheit sprechen. Dagegen genügt es häufig, wenn die Leistung durch objektive Referenzen (Index, Formel, Marktpraxis) bestimmbar ist.
„Sum certain“ und Zahlungsversprechen
„Sum certain“ meint einen genau bezifferten oder zumindest rechnerisch eindeutig ermittelbaren Geldbetrag. In Zahlungsversprechen, Wechsel- und Scheckrecht sowie in Vollstreckungstiteln spielt diese Eindeutigkeit eine zentrale Rolle, weil nur ein feststehender oder exakt berechenbarer Betrag vollstreckt werden kann.
„Certain date/time“
Fälligkeiten und Fristen müssen einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet sein oder sich verlässlich bestimmen lassen (z. B. „30 Tage nach Lieferung“). Solche Bestimmtheit ist Voraussetzung für Verzug, Verzinsung und die Durchsetzung von Rechtsfolgen.
Schadensersatz- und Deliktsrecht
Bei der Bezifferung von Schäden – insbesondere künftiger Schäden oder entgangener Gewinne – wird häufig eine „reasonable certainty“ verlangt. Gemeint ist keine absolute Gewissheit, sondern eine belastbare, nachvollziehbare Schätzung auf Grundlage verlässlicher Tatsachen. Reine Spekulation genügt nicht; nachvollziehbare Prognosen werden akzeptiert.
Strafrecht und Beweismaß
Historisch findet sich der Ausdruck „moral certainty“ zur Umschreibung der sehr hohen Gewissheit, die für eine Verurteilung erforderlich ist. Heute wird überwiegend mit der Formel gearbeitet, dass ein Schuldspruch nur bei einem Maß an Überzeugung erfolgt, das vernünftige Zweifel ausschließt. Der Begriff „certain“ markiert dabei den Anspruch, dass Zweifel nicht bloß theoretischer Natur sind, sondern praktisch ausscheiden.
Zivilprozess und Verfahren
In Klage- und Antragsverfahren müssen Begehren so bestimmt gefasst sein, dass Umfang und Ziel der gerichtlichen Prüfung feststehen. Auch im Kostenrecht und bei Zuständigkeitsfragen taucht „legal certainty“ als Maßstab auf, wenn es um Schwellenwerte oder den objektiven Gehalt eines Anspruchs geht. Der rote Faden bleibt die hinreichende Bestimmtheit als Voraussetzung geordneter Verfahren und vollstreckbarer Entscheidungen.
Öffentliches Recht und Regulatorik
In Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsakten dient „certain“ der Eingrenzung des Anwendungsbereichs, etwa bei „certain persons“ (bestimmte Personengruppen), „certain activities“ (bestimmte Tätigkeiten) oder „certain data“ (bestimmte Datenkategorien). Die Regelung muss so klar sein, dass Betroffene den Anwendungsbereich erkennen und ihr Verhalten darauf einstellen können.
Auslegung und Übersetzung im deutschsprachigen Kontext
Entsprechungen im Deutschen
Je nach Zusammenhang haben sich folgende Übersetzungen bewährt: „bestimmt“ (inhaltlich festgelegt), „hinreichend bestimmt“ (genug Klarheit für Anwendung und Vollstreckung), „gewiss/sicher“ (epistemische Gewissheit), „Rechtssicherheit/Bestimmtheit“ (übergeordnete Rechtsprinzipien). Bei Zahlungsbeträgen ist „bestimmter Geldbetrag“ bzw. „konkret bezifferbar“ üblich.
Bestimmtheit vs. Bestimmbarkeit
Viele Regelungen müssen nicht von vornherein vollständig feststehen; es genügt, wenn sie anhand objektiver Kriterien bestimmbar sind (z. B. Indizes, anerkannte Formeln, Drittbestimmung, Marktdaten). „Certain“ deckt daher sowohl fest Geschriebenes als auch durch Referenzsysteme Ableitbares ab.
Typische Auslegungs- und Gestaltungsrisiken
Der Ausdruck „certain“ kann entweder Klarheit erzeugen oder Unschärfen kaschieren. Risiken entstehen insbesondere, wenn:
- nur „bestimmte“ Beteiligte, Gegenstände oder Ereignisse benannt werden, ohne klare Abgrenzungskriterien zu liefern,
- Fälligkeit und Leistungszeitpunkte lediglich vage umschrieben sind,
- Preise oder Berechnungswege nicht nachvollziehbar festgelegt oder herleitbar sind,
- offene Formeln ohne Referenzstandards verwendet werden.
In solchen Fällen entscheidet die Auslegung, ob genug Bestimmtheit vorhanden ist oder ob Unklarheiten zu Lasten der Wirksamkeit oder Durchsetzbarkeit gehen.
Abgrenzungen und verwandte Konzepte
„Certain“ überschneidet sich mit „clear“, „definite“ und „specific“, die jeweils eigene Nuancen tragen: „clear“ betont Verständlichkeit, „definite“ Endgültigkeit/Abgeschlossenheit, „specific“ Detailgenauigkeit, während „fixed“ auf Starre und Unveränderlichkeit abzielt. „Certain“ ist breiter und verbindet Bestimmtheit mit praktischer Anwendbarkeit, ohne stets Endgültigkeit zu verlangen.
Internationale und interdisziplinäre Bezüge
In grenzüberschreitenden Verträgen, Schiedsverfahren und technischen Regulierungen spielt „certain“ eine Brückenrolle zwischen Sprachen und Systemen: Es markiert die Schwelle, ab der Inhalte hinreichend feststehen, um überprüft, vollstreckt oder nachvollzogen zu werden. Dies betrifft etwa Tenor-Fassungen, Berechnungsmechanismen, Datenkategorien, Schwellenwerte sowie Compliance-relevante Abgrenzungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu „Certain“
Was bedeutet „Certain“ in Verträgen konkret?
Es bezeichnet, dass zentrale Vertragspunkte feststehen oder zumindest anhand objektiver Kriterien sicher bestimmbar sind. Dazu zählen insbesondere Leistung, Gegenleistung, Fälligkeit und Berechnungsmechanismen. Ziel ist die Durchführbarkeit und Vollstreckbarkeit der Vereinbarung.
Worin liegt der Unterschied zwischen „certain“, „specific“ und „definite“?
„Certain“ betont hinreichende Bestimmtheit und Anwendbarkeit; „specific“ hebt Detailtiefe und Konkretion hervor; „definite“ fokussiert auf Endgültigkeit. Je nach Kontext kann mehr Detail („specific“) oder Endgültigkeit („definite“) erforderlich sein als das mit „certain“ verbundene Mindestmaß.
Was ist unter „sum certain“ zu verstehen?
Ein „sum certain“ ist ein feststehender oder rechnerisch eindeutig ermittelbarer Geldbetrag. Diese Eindeutigkeit ist wesentlich für Zahlungsansprüche, die Bezifferung in Titeln und die Vollstreckung.
Welche Rolle spielt „reasonable certainty“ bei Schadensersatz?
Schadenspositionen, insbesondere zukünftige Schäden oder entgangene Vorteile, müssen mit angemessener Gewissheit dargelegt werden. Erforderlich sind belastbare Daten und nachvollziehbare Berechnungen; bloße Vermutungen reichen nicht aus.
Wie wird „certain“ im Strafverfahren verstanden?
Historisch steht „moral certainty“ für eine sehr hohe Überzeugungsgewissheit. Gegenwärtig wird im Kern verlangt, dass die Überzeugung so stark ist, dass vernünftige Zweifel ausscheiden. „Certain“ verweist auf die besondere Strenge dieses Maßstabs.
Ist eine Fristangabe „by a certain date“ ausreichend bestimmt?
Ja, wenn das Datum konkret genannt oder durch eindeutige Bezugnahmen sicher bestimmbar ist (z. B. „30 Tage nach Übergabe“). Fehlt eine klare Bestimmbarkeit, kann die Wirksamkeit der Fristregelung in Frage stehen.
Wie erscheint „certain“ in behördlichen oder regulatorischen Texten?
Häufig zur Eingrenzung des Anwendungsbereichs, etwa für bestimmte Personen, Tätigkeiten oder Datenkategorien. Entscheidend ist, dass die Abgrenzung so klar erfolgt, dass Betroffene erkennen können, ob sie erfasst sind.