Begriff und Abgrenzung: Persönliches Budget
Das Persönliche Budget ist ein Instrument des Sozialrechts, mit dem anstelle von Sach- oder Dienstleistungsangeboten eine Geldleistung bewilligt wird, um individuell erforderliche Unterstützungsleistungen selbstbestimmt zu organisieren. Es richtet sich vor allem an Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Personen und kann auch trägerübergreifend ausgestaltet sein. Nicht zu verwechseln ist das Persönliche Budget mit dem privaten Haushaltsbudget, das der allgemeinen Einkommens- und Ausgabenplanung dient.
Ziele und Grundprinzipien
Kernziele sind Selbstbestimmung, Teilhabe und Wahlfreiheit. Die Geldleistung soll die bisherigen Leistungsansprüche inhaltlich gleichwertig abdecken. Maßgeblich sind Bedarfsgerechtigkeit, Zweckbindung der Mittel und Transparenz über Bewilligung, Verwendung und Nachweis. In der trägerübergreifenden Ausgestaltung koordinieren mehrere Leistungsträger einheitlich Bedarf, Höhe und Nachweise.
Rechtsnatur und Einordnung
Rechtsdogmatisch handelt es sich um eine zweckgebundene Geldleistung, die an die Stelle einzelner oder mehrerer Sachleistungen tritt. Sie kann laufend oder einmalig gewährt werden und ist grundsätzlich kein zusätzliches, sondern ein alternatives Leistungsformat. Grundlage der Durchführung ist eine Ziel- bzw. Budgetvereinbarung zwischen leistungsberechtigter Person und den beteiligten Stellen, die den individuellen Bedarf, den Bewilligungszeitraum, die Höhe und die Nachweiserfordernisse regelt.
Beteiligte Stellen
Je nach Bedarfslage können verschiedene Träger zuständig sein, etwa Rehabilitationsträger, Träger der Eingliederungshilfe, Träger der gesetzlichen Kranken- oder Pflegeversicherung, Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Arbeitsförderung. Bei mehreren Zuständigkeiten wird ein koordinierender Träger bestimmt, der das Verfahren bündelt.
Anspruchsvoraussetzungen und Verfahren
Anspruchsberechtigt sind Personen, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Teilhabeleistungen oder vergleichbare Unterstützungsleistungen haben. Maßgeblich ist der individuelle Bedarf zur Sicherung von Teilhabe in Alltag, Bildung, Arbeit und Gemeinschaft. Altersgrenzen bestehen grundsätzlich nicht; die Anspruchsausgestaltung kann sich jedoch je nach Lebenslage unterscheiden.
Antrag und Feststellungsverfahren
Das Persönliche Budget wird auf Antrag geprüft. Im Verfahren werden Bedarf und Ziele ermittelt, die zweckentsprechende Verwendung festgelegt und die Höhe bestimmt. Häufig findet eine Bedarfsklärung im Rahmen eines strukturierten Gesprächs statt, an das sich eine Budget- oder Zielvereinbarung anschließt. Die Entscheidung erfolgt durch Verwaltungsakt; die Auszahlung richtet sich nach der vereinbarten Periodik. Der Bewilligungszeitraum ist befristet und wird regelmäßig überprüft.
Trägerübergreifendes Persönliches Budget
Bei überschneidenden Zuständigkeiten verschiedener Träger wird ein trägerübergreifendes Budget gebildet. Ein Träger übernimmt die Koordination, damit Bedarf, Leistungsumfang, Nachweise und Auszahlung einheitlich festgelegt sind. So sollen Doppelprüfungen vermieden und ein konsistentes Leistungsgefüge sichergestellt werden.
Leistungsumfang und Mittelverwendung
Finanziert werden können Leistungen, die dem festgestellten Bedarf entsprechen, beispielsweise Assistenz im Alltag, Mobilitäts- und Kommunikationshilfen, Arbeits- und Bildungsassistenz, Teilhabeleistungen im sozialen und kulturellen Bereich oder andere individuell erforderliche Unterstützungen. Nicht umfasst sind allgemeine Lebenshaltungskosten, soweit sie nicht spezifisch dem festgestellten Teilhabebedarf zuzuordnen sind.
Berechnung und Höhe
Die Höhe orientiert sich am notwendigen Bedarf und an den hierfür marktüblichen Aufwendungen. Berücksichtigt werden können dabei auch Folgekosten der Organisation, etwa bei Beschäftigung von Assistenzkräften. Ziel ist die Deckung des notwendigen, zweckgebundenen Bedarfs in gleichwertiger Qualität zur ansonsten in Betracht kommenden Sachleistung.
Nachweis und Kontrolle
Die Mittelverwendung ist zweckgebunden nachzuweisen. Vorgesehen sind regelmäßige Verwendungsnachweise sowie stichprobenartige oder anlassbezogene Prüfungen. Ergibt eine Prüfung Abweichungen vom vereinbarten Zweck, kann dies Auswirkungen auf die künftige Bewilligung oder zur Rückforderung führen.
Vertrags- und arbeitsrechtliche Aspekte
Wer das Persönliche Budget zur Beschäftigung von Assistenzkräften nutzt, kann Arbeitgeberin oder Arbeitgeber werden. Damit verbunden sind Pflichten aus dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, etwa zur Gestaltung von Arbeitsverträgen, zur Entgeltzahlung, zur Abführung von Abgaben, zum Arbeitsschutz und zur Beachtung von Arbeitszeitregelungen. Alternativ ist der Leistungsbezug über Dienste möglich, die im eigenen Namen Personal bereitstellen und die Arbeitgeberpflichten übernehmen.
Datenschutz und Vertretung
Im Rahmen des Budgets werden besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet. Es gelten erhöhte Anforderungen an Vertraulichkeit, Datensparsamkeit und Zugriffssteuerung. Bei Minderjährigen oder Personen mit rechtlicher Vertretung handeln Sorgeberechtigte oder bestellte Vertreterinnen und Vertreter im Rahmen ihrer Befugnisse. Vollmachten können vereinbart werden, soweit sie den rechtlichen Vorgaben entsprechen.
Wechselwirkungen mit anderen Leistungen
Das Persönliche Budget ersetzt die entsprechende Sachleistung; eine Doppelfinanzierung ist ausgeschlossen. Es kann in Abgrenzung oder Kombination mit Leistungen anderer Systeme stehen, etwa medizinischen, pflegerischen, schulischen oder beruflichen Hilfen. Die Koordination soll sicherstellen, dass Zuständigkeiten geklärt und Leistungen bedarfsgerecht ohne Überschneidungen erbracht werden.
Steuern und Sozialabgaben
Das Persönliche Budget ist eine zweckgebundene Leistung. Zahlungen an beschäftigte Assistenzkräfte können lohnsteuer- und beitragspflichtig sein, wobei die Abführung nach den allgemeinen Regeln erfolgt. Einnahmen und Ausgaben sind getrennt von privaten Mitteln zu führen, um die Zweckbindung eindeutig zu dokumentieren.
Rückforderung, Kürzung und Beendigung
Rückforderungen kommen in Betracht, wenn die Bewilligungsvoraussetzungen nicht vorlagen, Mittel zweckwidrig verwendet wurden, Nachweise fehlen oder sich der Bedarf wesentlich geändert hat. Kürzungen oder die Beendigung können folgen, wenn der Zweck nicht mehr erreicht wird oder eine andere Leistungsform sachgerechter erscheint. Bewilligungen sind regelmäßig befristet und werden im Rahmen der Fortschreibung neu geprüft; ein Wechsel zurück zur Sachleistung ist möglich.
Rechtsschutz
Gegen ablehnende, aufhebende oder belastende Entscheidungen stehen die üblichen verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfe offen. Fristen und Formerfordernisse sind zu beachten. In geeigneten Fällen kann eine aufschiebende Wirkung oder eine vorläufige Regelung in Betracht kommen. Beratungs- und Ombudsstellen können zur Klärung beitragen.
Abgrenzung zum privaten Haushaltsbudget
Das Persönliche Budget ist eine öffentlich-rechtlich geregelte, zweckgebundene Geldleistung zur Sicherung von Teilhabe. Ein privates Haushaltsbudget ist demgegenüber ein Instrument der persönlichen Finanzplanung ohne eigene Rechtsnatur. Schnittstellen können entstehen, wenn aus dem Persönlichen Budget Arbeitsverhältnisse vergütet werden oder wenn eigene Mittel zur Bedarfsdeckung beizusteuern sind. Die Zweckbindung des Persönlichen Budgets bleibt davon unberührt.
Besondere Konstellationen
Minderjährige und Schule
Bei Minderjährigen üben Sorgeberechtigte das Antrags- und Mitwirkungsrecht aus. Das Budget kann in schulischen Kontexten bedarfsbezogene Unterstützungsleistungen ermöglichen. Zuständigkeiten der Schul- und Sozialleistungsträger sind abzugrenzen und koordinationsbedürftig.
Kombination mit Pflegeleistungen
Bestehen pflegerische Bedarfe, ist die Abgrenzung zu Pflegeleistungen maßgeblich. Je nach Bedarfslage können Leistungen nebeneinanderstehen, sofern keine Doppelfinanzierung erfolgt. Koordinierte Entscheidungen sollen Überschneidungen vermeiden und den jeweiligen Leistungszweck sichern.
Arbeitgebermodell und Dienstleistungsmodell
Im Arbeitgebermodell werden Assistenzkräfte direkt beschäftigt; Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis liegen bei der leistungsberechtigten Person oder deren Vertretung. Im Dienstleistungsmodell erbringt ein Anbieter die Leistung eigenverantwortlich. Die rechtlichen Folgen unterscheiden sich insbesondere bei Haftung, Weisungsrecht, Mitbestimmung und Sozialabgaben.
Häufig gestellte Fragen
Ist das Persönliche Budget ein Anspruch oder eine Ermessensleistung?
Das Persönliche Budget ist als alternative Leistungsform zur Sach- oder Dienstleistung ausgestaltet. Besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf die entsprechenden Leistungen und ist das Budget geeignet, den Zweck gleichwertig zu erfüllen, ist die Bewilligung nicht auf bloßes Ermessen beschränkt.
Kann das Persönliche Budget abgelehnt werden und aus welchen Gründen?
Eine Ablehnung kommt in Betracht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen, die Zweckgleichwertigkeit zur Sachleistung nicht sichergestellt werden kann, eine Doppelfinanzierung droht oder die zweckentsprechende Verwendung nicht gewährleistet erscheint.
Wie lange wird das Persönliche Budget bewilligt?
Die Bewilligung erfolgt befristet. Die Dauer richtet sich nach dem individuellen Bedarf und den Festlegungen der Ziel- bzw. Budgetvereinbarung. Eine regelmäßige Überprüfung dient der Anpassung an geänderte Bedarfe.
Dürfen Angehörige aus dem Persönlichen Budget bezahlt werden?
Die Vergütung von Angehörigen ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, unterliegt jedoch besonderen Anforderungen an Eignung, Trennung von privaten und leistungsrechtlichen Rollen sowie an Nachweis und Angemessenheit der Vergütung.
Welche Nachweise sind für die Verwendung erforderlich?
Erforderlich sind in der Regel Belege über die zweckentsprechende Mittelverwendung, etwa Verträge, Rechnungen, Lohnunterlagen, Tätigkeitsnachweise und Dokumentationen entsprechend der Budgetvereinbarung.
Besteht ein Vorrang der Sachleistung gegenüber dem Persönlichen Budget?
Ein genereller Vorrang der Sachleistung besteht nicht. Maßgeblich ist, ob das Persönliche Budget den Leistungszweck in gleichwertiger Weise erreicht und die zweckentsprechende Verwendung gesichert ist.
Was passiert mit dem Persönlichen Budget bei Krankenhausaufenthalt?
Bei stationären Aufenthalten kann der Bedarf an budgetfinanzierten Leistungen vorübergehend entfallen oder sich verändern. Bewilligung und Auszahlung können im Rahmen der Vereinbarung angepasst werden; Doppelleistungen sind ausgeschlossen.