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Budget, persönliches


Begriff und Definition: Budget, persönliches

Das persönliche Budget bezeichnet im rechtlichen Kontext eine Form der Selbstbestimmung und individuellen Teilhabe für Menschen mit Behinderungen oder besonderem Unterstützungsbedarf. Es handelt sich um eine Leistung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, bei der anstelle von Sach- oder Dienstleistungen eine Geldleistung gewährt wird. Mit diesem Budget können berechtigte Personen notwendige Unterstützungsleistungen eigenständig einkaufen und individuell steuern.

Das persönliche Budget ist in Deutschland gesetzlich geregelt und stellt ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung dar. Rechtliche Grundlage hierfür ist insbesondere das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).


Gesetzliche Grundlagen

SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen

Die rechtlichen Regelungen zum persönlichen Budget sind im SGB IX, insbesondere §§ 29 und 30 SGB IX verankert. Das SGB IX bildet das Kernstück der gesetzlichen Vorschriften zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, wobei das persönliche Budget als Leistungsform ausdrücklich vorgesehen ist.

Paragraf 29 SGB IX

Nach § 29 SGB IX können Leistungen zur Teilhabe anstelle von Sachleistungen auch in Form eines persönlichen Budgets erbracht werden. Anspruchsberechtigt sind demnach Leistungsberechtigte, die einen individuellen Bedarf haben und selbstbestimmt darüber entscheiden möchten, wie und von wem ihre Unterstützung erbracht wird.

Paragraf 30 SGB IX

§ 30 SGB IX definiert die Ausgestaltung des persönlichen Budgets als Geldleistung oder in selteneren Fällen als Gutscheinsystem. Die Höhe richtet sich nach dem festgestellten individuellen Bedarf und basiert auf der bislang gewährten Sachleistung.

Weitere relevante Rechtsquellen

Das persönliche Budget ist auch in anderen Sozialgesetzbüchern (z.B. SGB XII – Sozialhilfe), im SGB XI (Pflegeversicherung) sowie im SGB V (gesetzliche Krankenversicherung) verankert, sofern Leistungen in Form eines Budgets gewährt werden können.


Anspruchsvoraussetzungen

Leistungsträger und Personenkreis

Anspruch auf ein persönliches Budget haben Menschen mit Behinderungen sowie von Behinderung bedrohte Personen und diejenigen, die auf Teilhabeleistungen angewiesen sind. Die Anspruchsberechtigung richtet sich nach den jeweils einschlägigen Vorschriften der verschiedenen Sozialleistungsträger, wie beispielsweise:

  • Integrationsämter
  • Deutsche Rentenversicherung
  • Unfallversicherungsträger
  • Pflegekassen
  • Sozialämter

Das Budget kann von volljährigen sowie minderjährigen Leistungsberechtigten geltend gemacht werden. Bei Minderjährigen üben die Sorgeberechtigten das Antragsrecht aus.

Antrag und Verfahren

Das persönliche Budget wird auf Antrag gewährt. Der Antrag ist an den zuständigen Leistungsträger zu richten, wobei das sogenannte Trägerübergreifende Persönliche Budget auch Leistungen mehrerer Träger bündeln kann. Im sogenannten Budgetgespräch wird der individuelle Bedarf ermittelt und die Umsetzung konkret vereinbart. Die Entscheidung über den Antrag muss innerhalb der gesetzlichen Fristen erfolgen.


Rechtliche Ausgestaltung

Umfang und Art der Gewährung

Das persönliche Budget wird regelmäßig als Geldleistung ausgezahlt. Die Höhe bemisst sich am individuellen Bedarf und entspricht in der Regel dem Wert der zuvor gewährten Sach- oder Dienstleistung.

Ausschluss und Besonderheiten

Ein Anspruch auf ein persönliches Budget kann ausgeschlossen sein, wenn rechtliche oder praktische Gründe entgegenstehen (z.B. erhebliche Gefährdung der Leistungsberechtigten oder erhebliche Ausführungshindernisse). Die Gründe müssen nachvollziehbar in einem Bescheid dokumentiert und begründet werden.

Rechtsfolgen und Verpflichtungen

Mit dem persönlichen Budget ist die Verpflichtung verbunden, die Leistungen zweckentsprechend zur Deckung des individuellen Hilfebedarfs einzusetzen. Die Leistungsempfänger müssen durch Nachweise, wie zum Beispiel Quittungen oder Verträge, belegen, dass das Budget bestimmungsgemäß verwendet wird. Missbrauch oder zweckwidrige Verwendung kann zu Rückforderung und weiteren rechtlichen Konsequenzen führen.

Qualitätssicherung

Die Verwendung und Wirkung des persönlichen Budgets wird regelmäßig überprüft. Je nach Träger kann dazu eine jährliche oder anlassbezogene Kontrolle erfolgen. Insbesondere bei größeren Beträgen oder komplexen Hilfeleistungen werden Qualitätsanforderungen an die Erbringung der Leistungen und die Dokumentation gestellt.


Rechtsmittel und Klageweg

Wird der Antrag auf ein persönliches Budget ganz oder teilweise abgelehnt, steht dem/der Leistungsberechtigten der Rechtsweg offen. Zunächst kann gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt werden. Sollte der Widerspruch zurückgewiesen werden, besteht die Möglichkeit der Klage vor dem Sozialgericht gemäß den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).


Abgrenzung zu anderen Leistungsarten

Das persönliche Budget unterscheidet sich von klassischen Geldleistungen, wie etwa Sozialhilfe oder Grundsicherung, durch seinen Zweckbindungscharakter. Während reguläre Geldleistungen zur Existenzsicherung dienen, wird das persönliche Budget ausschließlich für die Teilhabe- und Unterstützungsleistungen gewährt, die sonst als Dienst- oder Sachleistung zur Verfügung stehen würden.


Sonderformen: Trägerübergreifendes persönliches Budget

Das trägerübergreifende persönliche Budget kann Leistungen verschiedener Sozialleistungsträger in einer Geldleitung bündeln, sodass der Leistungsberechtigte auch bei komplexem Hilfebedarf eine einheitliche Leistung erhält. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Kostenträger und einen abgestimmten Hilfeplan.


Internationaler Vergleich

Im internationalen Vergleich existieren vergleichbare Modelle, etwa das Personal Health Budget in Großbritannien oder das Personal Budget in den Niederlanden. In Deutschland ist das persönliche Budget seit 2008 ein gesetzlich eingerichtetes Angebot zur individuellen Teilhabe.


Aktuelle Entwicklungen und Rechtsprechung

Aktuelle Rechtsprechung beschäftigt sich häufig mit Fragen der Bedarfsermittlung, der Bestimmung der Budgethöhe, der Sicherstellung der Qualität sowie der Missbrauchsprävention. Gerichte betonen regelmäßig den Grundsatz der Selbstbestimmung und die Voraussetzung einer sachgerechten Verwendung der Mittel.


Zusammenfassung

Das persönliche Budget ist ein gesetzlich verankertes Instrument zur Förderung der Selbstbestimmung und individuellen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen oder besonderem Unterstützungsbedarf. Es ermöglicht die eigenverantwortliche Inanspruchnahme und Steuerung von Leistungen, die zuvor als Sach- oder Dienstleistung angeboten wurden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind umfassend im SGB IX sowie weiteren Sozialgesetzbüchern geregelt. Das persönliche Budget wird auf Antrag gewährt, ist zweckgebunden und unterliegt bestimmten Nachweispflichten. Ablehnungen oder Rückforderungen können durch Rechtsmittel überprüft werden. Durch die besondere Ausgestaltung trägt das persönliche Budget zu mehr Selbstbestimmung bei der Bewältigung des Alltags bei.

Häufig gestellte Fragen

Kann das persönliche Budget gepfändet werden?

Das persönliche Budget dient gemäß § 29 SGB IX der Sicherstellung individueller Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderungen. Juristisch betrachtet unterliegt das persönliche Budget daher grundsätzlich nicht der Pfändbarkeit, da es zweckgebunden zur Deckung behinderungsbedingter Bedarfe bereitgestellt wird und die rechtliche Zweckbindung ausdrücklich Pfändungsschutz gemäß § 54 Abs. 2 SGB I sowie ggf. § 851 ZPO genießt. Eine Pfändung ist nur dann möglich, wenn das Budget seiner Zweckbindung entzogen oder für andere als die zugewiesenen Leistungen verwendet wird und somit der besondere Schutz entfällt. Letztlich kann im Einzelfall das Vollstreckungsgericht die Zweckbindung überprüfen, weshalb sorgfältige Belegführung und Nachweisführung über die Mittelverwendung obligatorisch sind.

Wer haftet bei falscher Verwendung des persönlichen Budgets?

Rechtsgrundlage im Zusammenhang mit der Haftung bei zweckwidriger oder fehlerhafter Mittelverwendung ist insbesondere § 29 Abs. 6 SGB IX. Haushalts- und strafrechtlich ist der Budgetnehmer verpflichtet, das Budget ausschließlich für die bewilligten Teilhabeleistungen zu verwenden und dies nachzuweisen. Eine bewusst oder grob fahrlässig falsche Verwendung, etwa betrügerische Verwendung, kann nicht nur zur Rückforderung der Mittel durch den Kostenträger führen (§ 50 SGB X), sondern auch zivil- und strafrechtliche Konsequenzen wie Schadensersatzpflichten (§ 823 BGB) oder Straftatbestände (z.B. Betrug gemäß § 263 StGB) auslösen. Im Falle einer Assistenzperson kann unter Umständen auch diese haftbar gemacht werden, sofern ihr ein Mitverschulden nachzuweisen ist.

Muss das persönliche Budget in der Einkommensteuererklärung angegeben werden?

Das persönliche Budget ist als zweckgebundene Sozialleistung gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei und unterliegt daher nicht der Einkommensteuerpflicht. Dennoch sind juristisch die Verwaltungsvorschriften zu beachten: Das Budget muss nicht in der Steuererklärung als Einkommen deklariert werden, auch dann nicht, wenn es zur Finanzierung persönlicher Assistenz verwendet wird. Wird jedoch über das Budget Personal eingestellt (z.B. Assistenzkräfte), so sind die empfangenen Lohnzahlungen und die Rolle als Arbeitgeber in lohnsteuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht beim Finanzamt und den entsprechenden Stellen zu melden und zu dokumentieren.

Auf welche Sozialleistungen hat das persönliche Budget Einfluss?

Das persönliche Budget wird einkommensunabhängig gezahlt und ist laut § 29 Abs. 3 SGB IX als Ersatz für Sach- oder Dienstleistungen gedacht. Es führt daher im Normalfall nicht zu einer Anrechnung auf andere Transferleistungen, wie z.B. Grundsicherung nach SGB XII oder ALG II nach SGB II, sofern es ausschließlich zweckgebunden verwendet wird. Findet jedoch eine zweckwidrige Mittelverwendung (z.B. für Lebenshaltungskosten) statt, kann es als Einkommen im Sinne der jeweiligen Sozialgesetzbücher (§ 11 SGB II, § 82 SGB XII) angerechnet werden. Rechtlich ist daher eine klare Trennung des Budgets von anderen Einkünften erforderlich.

Was passiert mit dem persönlichen Budget bei stationärem Aufenthalt?

Die Rechtslage hierzu ergibt sich aus § 29 Abs. 5 SGB IX. Während eines vollstationären Aufenthalts in einer Einrichtung besteht grundsätzlich kein Anspruch auf das persönliche Budget, sofern die entsprechenden Bedarfe durch die stationäre Leistung gedeckt werden. Werden jedoch Leistungen erforderlich, die über die Versorgung in der Einrichtung hinausgehen und nicht durch diese abgedeckt werden, ist ausnahmsweise eine Fortzahlung möglich. Die Abgrenzung erfolgt hierbei im Einzelfall und erfordert eine genaue Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der jeweiligen Leistungsbescheide und des tatsächlichen Bedarfs.

Welche Nachweispflichten bestehen bei Erhalt des persönlichen Budgets?

Gemäß § 29 Abs. 4 SGB IX ist der Budgetnehmer verpflichtet, die zweckentsprechende Verwendung des persönlichen Budgets nachzuweisen. In der Praxis verlangen die Kostenträger die Vorlage von Rechnungen, Quittungen oder vergleichbaren Nachweisen über die in Anspruch genommenen Leistungen. Die Rechtsfolgen bei Verstoß sind Rückforderung der Mittel (§ 50 SGB X) und ggf. Einstellung der weiteren Budgetbewilligung. Gesetzlich vorgeschriebene Fristen für Nachweisdokumente differieren und werden regelmäßig im Bewilligungsbescheid sowie in haushaltsrechtlichen Vorgaben konkretisiert, wobei die Dokumentationspflicht in der Regel mindestens vier Jahre beträgt.

Wie läuft das Verfahren bei einer Rückforderung des persönlichen Budgets ab?

Kommt es zu einer Rückforderung durch den Kostenträger, ist das Verfahren in den §§ 45 ff. SGB X geregelt. Der zuständige Träger erteilt einen schriftlichen Bescheid, in dem die Rückforderung begründet wird. Der Budgetnehmer hat Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 24 SGB X) und kann innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Im weiteren Verfahren kann es zur Überprüfung durch das Sozialgericht kommen. Die Rückzahlungspflicht erstreckt sich dabei auf zu Unrecht verwendete oder nicht nachgewiesene Beträge. Bei vorsätzlicher Zweckentfremdung kann der Träger auch strafrechtliche Schritte einleiten und Zinsen auf den Rückforderungsbetrag verlangen (§ 50 Abs. 2 SGB X).