Legal Lexikon

Brückeninstitut


Begriff und rechtlicher Hintergrund des Brückeninstituts

Der Ausdruck Brückeninstitut findet im deutschen Recht und insbesondere in der Finanzaufsicht sowie im Bankeninsolvenzrecht Anwendung. Er beschreibt ein Kreditinstitut, das als zwischenzeitliche Lösung zur Aufrechterhaltung systemrelevanter Bankgeschäfte dient, wenn eine Bank in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Brückeninstitute werden explizit durch das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) geregelt, welches wiederum zentrale Vorschriften zur Stabilisierung des Finanzsystems enthält.

Rechtliche Grundlagen und Funktion eines Brückeninstituts

Gesetzliche Regelung

Das Brückeninstitut ist auf Grundlage des Teils 4 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG), insbesondere § 109 ff. SAG, geregelt. Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme der Bankenabwicklung, die von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) beziehungsweise der Abwicklungsbehörde angeordnet werden kann. Zweck des Brückeninstituts ist es, einen Weiterbetrieb wesentlicher Bankgeschäfte für eine Übergangszeit sicherzustellen.

Zweck und Aufgabe

Im Rahmen der Abwicklung einer Bank kann die Übertragung von Geschäftsbereichen auf ein Brückeninstitut erfolgen, um systemisch relevante Bankdienstleistungen, wie Zahlungsabwicklung oder Kreditvergabe, weiterhin zu gewährleisten. Ein Brückeninstitut stellt damit eine rechtliche Einheit dar, die entweder vorbestehend ist oder eigens für diese Aufgabe gegründet wird. Es übernimmt ausgewählte Aktiva und Passiva der ursprünglichen Bank, während problematische Vermögenswerte und Risiken in der abgewickelten Bank verbleiben.

Gründung und Rechtsform

Ein Brückeninstitut ist stets als juristische Person zu führen. Typischerweise wird es als Aktiengesellschaft oder GmbH gegründet. Gründer ist in diesem Kontext die Abwicklungsbehörde beziehungsweise eine von dieser beauftragte Einrichtung. Die Gründung und der Betrieb eines Brückeninstituts unterliegen dabei den Anforderungen des Kreditwesengesetzes (KWG), insbesondere hinsichtlich der Erlaubnispflichten und Aufsichtsvorgaben.

Abwicklungsmechanismen und gesetzliche Vorgaben

Übertragung von Vermögenswerten

Im Abwicklungsverfahren kann durch das Instrument der Unternehmensübertragung das Brückeninstitut Teile des operativen Geschäfts der abzuwickelnden Bank übernehmen. Dies umfasst insbesondere Guthaben, Darlehen, Sicherheiten sowie andere Vertragsbeziehungen. Rechtsgrundlage bildet § 107 SAG, der die Übertragung von Rechten und Pflichten regelt. Die Übertragung bedarf keiner Zustimmung der betroffenen Vertragspartner und entfaltet unmittelbare dingliche Wirkung.

Aufsicht und Kontrolle

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Abwicklungsbehörde haben die Aufgabe, das Brückeninstitut laufend zu überprüfen. Das Institut unterliegt denselben Regularien wie andere Kreditinstitute, insbesondere hinsichtlich Solvenz-, Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen. Die Überwachung dient dazu, eine ordnungsgemäße Fortführung der systemrelevanten Bankgeschäfte zu gewährleisten, bis eine dauerhafte Lösung, wie die Veräußerung oder Abwicklung der übernommenen Geschäfte, gefunden wurde.

Zeitliche Befristung und Beendigung

Brückeninstitute sind stets als zeitlich befristete Einrichtungen konzipiert. Gemäß § 124 SAG darf der Betrieb eines Brückeninstituts maximal zwei Jahre andauern, in begründeten Ausnahmefällen kann die Frist einmalig um bis zu ein weiteres Jahr verlängert werden. Die Beendigung erfolgt durch Veräußerung oder Abwicklung des übertragenen Geschäfts. Ein Brückeninstitut wird nach Zielerreichung aufgelöst, wobei die Erträge aus der Veräußerung dem Restrukturierungsfonds zufließen.

Rechtsschutz und Haftung im Kontext von Brückeninstituten

Schutz der Eigentümer- und Gläubigerrechte

Die Übertragung von Aktiva und Passiva sowie von Unternehmensanteilen auf ein Brückeninstitut stellt einen erheblichen Eingriff in Eigentumsrechte dar. Das SAG sieht deshalb diverse Schutzmechanismen vor, darunter ein Entschädigungsverfahren nach § 99 ff. SAG. Hierbei wird überprüft, ob Anteilseigner oder Gläubiger durch Maßnahmen der Abwicklungsbehörde schlechter gestellt werden, als sie es im Insolvenzverfahren gewesen wären.

Haftungsfragen

Das Brückeninstitut haftet für die übernommenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen und bankaufsichtlichen Grundsätzen. Es besteht allerdings keine gesamtschuldnerische Haftung für nicht übertragene Verbindlichkeiten der Altbank. Haftungsfragen im Rahmen von Brückeninstituten betreffen regelmäßig auch die Frage einer Sorgfaltspflichtverletzung bei der Geschäftsführung sowie eventuelle Schäden aufgrund fehlerhafter Übertragungsmaßnahmen.

Bedeutung innerhalb des Abwicklungsregimes nach dem Single Resolution Mechanism

Das Brückeninstitut ist als Abwicklungsinstrument integraler Bestandteil des einheitlichen europäischen Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM). Hierbei werden nationale und europäische Institutionen eingebunden, um im Anlassfall die Übertragung von Bankgeschäften auf ein Brückeninstitut als Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Finanzstabilität zu ermöglichen.

Zusammenfassung

Das Brückeninstitut ist eine für das deutsche und europäische Bankaufsichtsrecht bedeutsame Institution, die es ermöglicht, bei drohender Insolvenz oder schwerwiegenden Problemen systemrelevanter Kreditinstitute deren wesentliche Geschäftsbereiche übergangsweise zu sichern und fortzuführen. Grundlage bilden die Regelungen des SAG, flankiert vom KWG und den aufsichtsrechtlichen Regelwerken. Das Verfahren sieht zahlreiche Schutz- und Kontrollmechanismen vor, um die Rechte von Eigentümern, Gläubigern und Kunden zu wahren sowie die Integrität des Finanzsystems zu gewährleisten.


Quellen:

  • Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG), insbesondere §§ 99, 107, 109, 124
  • Gesetz über das Kreditwesen (KWG)
  • Informationen der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA)
  • Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
  • Verordnung (EU) Nr. 806/2014 über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM-Verordnung)

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Errichtung eines Brückeninstituts erfüllt sein?

Für die Errichtung eines Brückeninstituts müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllt werden, die sich insbesondere aus dem EU-Bankenabwicklungsrecht sowie dem jeweiligen nationalen Umsetzungsrecht ergeben. Grundlage bildet die Richtlinie 2014/59/EU über den Aufbau eines Europäischen Abwicklungsmechanismus (BRRD) sowie die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 (SRM-VO) für den einheitlichen europäischen Bankenabwicklungsmechanismus. Danach darf ein Brückeninstitut ausschließlich im Rahmen eines Abwicklungsverfahrens errichtet werden, um kritische Funktionen einer in Schieflage geratenen Bank temporär zu sichern. Die Errichtung erfolgt regelmäßig durch die zuständige Abwicklungsbehörde (in Deutschland: die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung – FMSA bzw. BaFin), die auch die Übertragung von Vermögenswerten, Rechten und Verbindlichkeiten an das Brückeninstitut vornimmt. Das Brückeninstitut bedarf zudem einer speziellen bankaufsichtsrechtlichen Zulassung, die unter erleichterten Bedingungen erteilt werden kann, wobei die Anforderungen dem Abwicklungsziel und der vorübergehenden Natur des Instituts Rechnung tragen. Weiterhin ist gesetzlich sicherzustellen, dass die Eigentümer- oder Gläubigerrechte durch die Maßnahme nicht unangemessen beeinträchtigt werden, weshalb in der Regel ein Nachrangigkeitsgrundsatz sowie Entschädigungsmechanismen vorgesehen sind. Schließlich unterliegt das Brückeninstitut den Vorgaben des KWG (Kreditwesengesetz) sowie den aufsichtsrechtlichen Vorgaben an Institutsvergütungen, Risikomanagement und Meldepflichten.

Wie lange darf ein Brückeninstitut nach rechtlicher Maßgabe bestehen?

Die Existenzdauer eines Brückeninstituts ist gesetzlich auf einen vorübergehenden Zeitraum beschränkt, der typischerweise zwischen zwei und fünf Jahren liegt. Gemäß § 107 SAG (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz) darf das Brückeninstitut längstens zwei Jahre existieren, wobei die Abwicklungsbehörde diesen Zeitraum zweimal um jeweils ein weiteres Jahr verlängern kann. Eine weitere Verlängerung ist nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der Abwicklungsziele unerlässlich ist und die Europäische Kommission zustimmt. Das Hauptziel besteht darin, das Brückeninstitut nach Stabilisierung entweder zu verkaufen, zu liquidieren oder mit einer anderen Bank zu verschmelzen. Wird diese Frist überschritten, sind die verbliebenen Vermögenswerte zu verwerten und das Brückeninstitut abzuwickeln. Die vorübergehende Natur ist ausdrücklich im Recht verankert, um Missbrauch sowie wettbewerbsverzerrende Dauerlösungen zu vermeiden.

Welche Haftungsfragen sind bei der Übertragung von Vermögenswerten auf ein Brückeninstitut zu beachten?

Die Übertragung von Vermögenswerten, Rechten und Verbindlichkeiten auf ein Brückeninstitut im Rahmen der Abwicklungsverfahren wirft zahlreiche haftungsrechtliche Fragen auf. Nach deutschem Recht ist insbesondere das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung zu beachten (§ 46 KWG, §§ 88 ff. SAG). Eine zentrale Rolle spielt dabei die „No creditor worse off“-Klausel, wonach kein Gläubiger durch die Maßnahme schlechter gestellt werden darf, als er im Fall eines normalen Insolvenzverfahrens stünde. Sollte dennoch ein finanzieller Nachteil entstehen, besteht ein Anspruch auf Entschädigung gegen den SRF (Single Resolution Fund) bzw. den nationalen Restrukturierungsfonds. Darüber hinaus müssen etwaige bestehende Sicherheiten sorgfältig übertragen und dokumentiert werden, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Die Rechtsgrundlage für solche Vermögensübertragungen bildet regelmäßig ein gesetzlicher Übertragungsakt, der in der Regel Vorrang vor vertraglichen Zustimmungsvorbehalten und Zustimmungserfordernissen hat, was in die Privatautonomie erheblich eingreift, aber durch das öffentliche Interesse am Funktionieren des Finanzsystems gerechtfertigt ist.

Unterliegt das Brückeninstitut den Vorgaben des europäischen Beihilferechts?

Ja, Brückeninstitute unterliegen grundsätzlich den regulativen Vorgaben des europäischen Beihilferechts. Werden im Zuge einer Bankenabwicklung staatliche Mittel oder Mittel aus öffentlichen Fonds verwendet oder gewährt – sei es direkt oder indirekt durch Garantien oder Kapitalausstattungen -, so handelt es sich regelmäßig um staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Solche Maßnahmen bedürfen einer vorherigen Notifizierung und Genehmigung durch die Europäische Kommission. Das Brückeninstitut darf insbesondere nur so lange und in dem Umfang am Markt tätig sein, wie dies zur Wahrung der Finanzstabilität und der Abwicklungsziele unbedingt erforderlich ist (Prinzip der Minimalbeihilfe und der temporären Natur der Beihilfe). Die Kommission achtet darauf, dass keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen, was unter anderem zu Auflagen hinsichtlich der Geschäftstätigkeit und der Unternehmensstruktur des Brückeninstituts führen kann.

Welche Pflichten und Beschränkungen gelten für die Leitung des Brückeninstituts?

Für die Geschäftsleitung eines Brückeninstituts gelten besondere Anforderungen, die sich aus dem Bankenrecht und dem Abwicklungsrecht ergeben. Vor Bestellung müssen die Mitglieder der Geschäftsleitung auf persönliche Zuverlässigkeit, fachliche Eignung und Unabhängigkeit überprüft werden (§ 24 KWG, §§ 36, 37 SAG). Die Geschäftsleiter sind verpflichtet, ausschließlich im öffentlichen Interesse und im Einklang mit den von der Abwicklungsbehörde gesetzten Abwicklungszielen zu handeln. Typische bankaufsichtsrechtliche Pflichten, wie das Risikomanagement, die Einhaltung der MaRisk sowie des Geldwäschegesetzes, gelten auch für Brückeninstitute uneingeschränkt. Aufgrund der temporären Natur ist jedoch der Tätigkeitsspielraum eingeschränkt: Maßnahmen, die mit einer dauerhaften Geschäftsstrategie oder Expansion einhergehen, sind untersagt. Zudem bestehen Berichtspflichten gegenüber der Abwicklungsbehörde sowie erhöhte Kontroll- und Überwachungspflichten, um etwaige Interessenkonflikte und Missbrauch zu vermeiden.

Welche regulatorischen Anforderungen gelten in Bezug auf die Eigenkapitalausstattung eines Brückeninstituts?

Die regulatorischen Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung eines Brückeninstituts unterliegen spezialgesetzlichen Regelungen und unterscheiden sich damit von den Anforderungen an reguläre Kreditinstitute. Während bei der Neuerrichtung regelmäßig Mindestanforderungen gemäß CRR (Capital Requirements Regulation) bzw. KWG zu erfüllen sind, kann die Aufsichtsbehörde Erleichterungen oder Ausnahmen gewähren, sofern das Brückeninstitut allein zur Sicherung und Übertragung kritischer Funktionen gegründet wurde und keine dauerhafte Marktpräsenz angestrebt wird. In der Praxis wird das Brückeninstitut häufig mit dem Mindestkapital ausgestattet, das zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit erforderlich ist. Es bestehen jedoch weiterhin Pflichten zur Unterlegung der Risiken mit aufsichtsrechtlichem Eigenkapital und zur Einhaltung der Melde- und Offenlegungspflichten gemäß Artikel 430 et seq. CRR. Besondere Beachtung finden auch etwaige Kapitalmaßnahmen, da diese als potenzielle Beihilfen behandelt und dem EU-Beihilferecht unterworfen werden können.

Unterliegt das Brückeninstitut einer besonderen Insolvenzordnung?

Das Brückeninstitut unterliegt grundsätzlich dem allgemeinen Insolvenzrecht, jedoch greifen insbesondere während seiner Tätigkeit als Instrument der Bankenabwicklung spezielle abwicklungsrechtliche Vorschriften ein, welche das Insolvenzregime modifizieren. Nach § 98 SAG ist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Brückeninstituts während des Abwicklungsverfahrens ausgeschlossen, um die Stabilität und Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Erst wenn die Ziele des Brückeninstituts erreicht oder die befristete Frist abgelaufen ist, findet das allgemeine Insolvenzrecht wieder Anwendung. In diesem Zusammenhang gelten sodann die Vorschriften über die Insolvenzantragspflicht und deren Sanktionierung, wobei die Besonderheiten aus dem Abwicklungsverfahren mit zu berücksichtigen sind. Die Sonderstellung des Brückeninstituts dient dem Schutz der Finanzstabilität und dem geordneten Übergang kritischer Bankdienstleistungen auf neue Eigentümer oder Strukturen.