Legal Lexikon

Bezogener


Begriffserklärung und rechtliche Bedeutung des Bezogenen

Der Begriff „Bezogener“ hat im Rechtswesen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wertpapierrecht und dem Zahlungsverkehr, eine zentrale Bedeutung. Der Bezogene ist diejenige Person oder Institution, an die eine finanzielle oder rechtliche Anweisung gerichtet ist, eine bestimmte Verpflichtung – meist eine Zahlung – zu erfüllen. Seine rechtliche Stellung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten sind vor allem im Wechselrecht, Scheckrecht sowie im allgemeinen Schuldrecht relevant.


Definition und rechtliche Einordnung

Allgemeine Definition

Als Bezogener wird im deutschen Recht die Person bezeichnet, die durch eine Weisung, häufig in Form eines Wertpapiers (etwa eines Wechsels oder Schecks), aufgefordert wird, eine Leistung – meistens die Zahlung eines Geldbetrages – an einen Dritten oder an den Aussteller zu erbringen. Im Gegensatz zum Schuldner im klassischen Schuldverhältnis wird beim Bezogenen die Verpflichtung erst durch die Annahme der Anweisung oder durch spezielle gesetzliche Regelungen wirksam.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Im Zahlungsverkehr ist der Bezogene häufig ein Kreditinstitut, das beispielsweise eine Überweisung zugunsten eines Zahlungsempfängers ausführt. Im Wechselrecht ist der Bezogene nicht automatisch verpflichtet zu zahlen, sondern wird erst durch die Annahmeerklärung, die sogenannte Akzeptleistung, wechselrechtlich verpflichtet. Diese Unterscheidung ist bedeutsam für die Beurteilung der Haftungsfragen und für die Durchsetzung von Ansprüchen.


Rechtliche Stellung des Bezogenen im Wechselrecht

Die Rolle des Bezogenen im Wechselgesetz (WG)

Im deutschen Wechselgesetz (WG) ist die Rolle des Bezogenen in den §§ 1 ff. WG geregelt. Der Aussteller eines Wechsels beauftragt mit der Ausstellung des Wechsels den Bezogenen, an den Gläubiger (den im Wechsel bezeichneten Zahlungsempfänger) einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen.

  • Vor Annahme des Wechsels (Akzept):

Bis zum Akzept besteht gegenüber dem Bezogenen keine rechtliche Zahlungspflicht aus dem Wechsel. Die Verpflichtung entsteht erst durch die ausdrückliche Erklärung der Annahme durch den Bezogenen.

  • Nach Annahme des Wechsels:

Mit dem Akzept des Bezogenen wird dieser wechselrechtlich zur Zahlung verpflichtet (§ 28 ff. WG). Der Bezogene wird nun aus dem Wechsel als Hauptschuldner angesehen.

Haftung und Rechte des Bezogenen

  • Vor Annahme:

Der Bezogene haftet nicht wechselmäßig. Ansprüche können sich lediglich aus dem Deckungsverhältnis zwischen Aussteller und Bezogenem ergeben.

  • Nach Annahme:

Der Bezogene wird primär zahlungspflichtig gegenüber dem jeweiligen Inhaber des Wechsels. Er ist im Rechtsverhältnis zum Wechselinhaber Partei eines abstrakten Schuldversprechens.

  • Rückgriffsmöglichkeiten:

Leistet der Bezogene an den Wechselinhaber, kann er im Innenverhältnis Regress beim Aussteller des Wechsels verlangen, sofern dies vereinbart wurde.


Bezogener im Scheckrecht

Auch im Scheckrecht findet der Begriff „Bezogener“ Anwendung. Im Unterschied zum Wechselrecht ist hier der Bezogene üblicherweise ein Kreditinstitut.

Rechtliche Position im Scheckgesetz (SchG)

  • Verpflichtung des Bezogenen:

Der Bezogene (oft die Bank des Ausstellers) wird durch die Vorlage eines Schecks nicht automatisch verpflichtet zu zahlen. Die Einlösung des Schecks durch das Kreditinstitut erfolgt freiwillig. Es besteht keine ausdrückliche Verpflichtung gesetzlicher Art, auf den vorgelegten Scheck zu zahlen (§ 28 Scheckgesetz).

  • Deckungsverhältnis:

Die rechtliche Grundlage für die Zahlung ist die Kontobeziehung (das Deckungsverhältnis) zwischen Scheckaussteller und Bezogenem.

  • Haftung:

Zahlt der Bezogene, erfolgt dies grundsätzlich aufgrund des Girovertrags mit dem Aussteller. Führt der Bezogene die Zahlung aus, werden die Verbindlichkeiten des Ausstellers dem Scheckinhaber gegenüber erfüllt.


Bezogener im allgemeinen Schuldrecht

Übertragbarkeit des Begriffs

Abseits des Wechsel- und Scheckrechts kann der Begriff „Bezogener“ dort Verwendung finden, wo eine Anweisung oder Weisung zur Leistungserbringung gegenüber einer bestimmten Person gerichtet ist. Typische Fälle sind Anweisungen im Sinne der §§ 783 ff. BGB, wo der Angewiesene (entspricht dem Bezogenen) durch eine entsprechende Erklärung zur Leistung an einen Anweisungsempfänger verpflichtet werden kann.

Rechtsbeziehungen

  • Valutaverhältnis:

Dies ist das zugrunde liegende Verhältnis zwischen dem Aussteller und dem Empfänger der Leistung.

  • Deckungsverhältnis:

Bezeichnet das Rechtsverhältnis zwischen Aussteller und Bezogenem.

  • Vollzugsverhältnis:

Das Verhältnis zwischen Bezogenem und Empfänger, in dem die eigentliche Leistung erfolgt.

Diese Unterscheidung hat für die Durchsetzung von Ansprüchen erhebliche Bedeutung.


Pflichten und Haftung des Bezogenen

Die Pflichten und die Haftung des Bezogenen richten sich im Wesentlichen nach Art der Rechtsgrundlage:

  • Im Wechselrecht haftet der Bezogene wechselmäßig erst nach Akzept.
  • Im Scheckrecht besteht keine gesetzliche Zahlungspflicht aus dem Scheck selbst.
  • Im allgemeinen Schuldrecht kann eine verbindliche Verpflichtung nur durch ausdrückliche Annahmeerklärung oder aus dem zugrunde liegenden Vertragsverhältnis bestehen.

Ein Verstoß gegen die Verpflichtungen des Bezogenen kann zu Schadenersatzansprüchen oder Ausgleichsansprüchen im Innenverhältnis führen, abhängig vom jeweiligen Schuldverhältnis.


Bedeutung des Bezogenen für den Zahlungsverkehr

Der Bezogene hat im modernen Zahlungsverkehr große praktische Bedeutung, insbesondere im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsinstrumenten wie Überweisungen, Lastschriften, Wechseln und Schecks. Die rechtliche Gestaltung der Beziehungen zwischen Aussteller, Bezogenem und Zahlungsempfänger ist entscheidend für einen reibungslosen Ablauf von Zahlungsvorgängen und die Sicherheit im Geschäftsverkehr.


Zusammenfassung und Fazit

Der Bezogene ist eine grundlegende Figur im deutschen Wertpapierrecht und im Zahlungsverkehr. Seine Rolle, Verpflichtungen und Haftung unterscheiden sich je nach zugrundeliegender Rechtsnorm. Während im Wechselrecht eine wechselmäßige Haftung erst nach Annahme entsteht, ist die Position im Scheckrecht und im Schuldrecht durch das jeweilige Vertragsverhältnis geprägt. Das Verständnis dieser Zusammenhänge ist wesentlich für die rechtssichere Verwendung von Zahlungsanweisungen und Wertpapieren.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten treffen den Bezogenen bei der Annahme eines Wechsels?

Durch die Annahme eines auf ihn gezogenen Wechsels verpflichtet sich der Bezogene rechtsverbindlich gegenüber dem Inhaber, die im Wechsel genannte Geldsumme am Fälligkeitstag zu bezahlen. Diese Annahme ist im Wechsel auszuweisen und stellt ein eigenständiges, abstraktes Schuldversprechen dar, das – unabhängig von zugrundeliegenden Rechtsverhältnissen – unmittelbar gegen den Annehmenden vollstreckbar ist. Die Annahme darf grundsätzlich nicht unter Bedingungen erfolgen (§ 25 WG). Im Falle der Nichtzahlung innerhalb der vorgesehenen Frist kann der Wechselinhaber unmittelbar gegen den Bezogenen aus Wechselrecht klagen (§ 77 Abs. 1 WG). Die Haftung des Bezogenen ist nach der Annahme nicht mehr von Einreden abhängig, die etwa aus dem ursprünglichen Verhältnis zwischen Aussteller und Bezogenem stammen könnten – es sei denn, der Inhaber hat beim Erwerb des Wechsels vorsätzlich zum Nachteil des Bezogenen gehandelt (Qualifizierter Einwand des § 17 WG). Der Bezogene kann sich nach erfolgter Annahme nicht mehr auf das Fehlen des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses, etwa einen nicht bestehenden Zahlungsanspruch des Ausstellers, berufen.

Kann der Bezogene eine Annahme des Wechsels verweigern und welche Folgen hat dies?

Der Bezogene ist rechtlich nicht verpflichtet, einen Wechsel anzunehmen, sofern kein besonderes Rechtsverhältnis, wie ein Deckungsverhältnis, ihn dazu verpflichtet. Die Verweigerung der Annahme führt dazu, dass der Wechselinhaber gegen die übrigen wechselverpflichteten Personen – in der Regel vor allem gegen Aussteller und Indossanten – Rückgriff nehmen kann (§ 43 WG). Der Wechsel muss dazu protestiert werden, um die Rückgriffsrechte zu sichern. Die Verweigerung der Annahme stellt für den Aussteller in vielen Fällen eine Pflichtverletzung dar, sofern vertraglich die Deckung zugesichert ist; es kann daher zusätzliche Schadensersatzansprüche begründen. Der Bezogene bleibt schließlich außerhalb des Wechselrechts, sofern er nicht freiwillig annimmt.

Welche Einwendungen kann der Bezogene im Wechselprozess gegen Klagen aus dem Wechsel geltend machen?

Im Wechselprozess steht dem Bezogenen als Wechselverpflichtetem nach Annahme regelmäßig kein weitergehendes Einwendungsrecht zu, da das Wechselrecht als sogenanntes abstraktes Schuldversprechen ausgestaltet ist. Ausnahmen bestehen lediglich bei sogenannten qualifizierten Einwendungen: Insbesondere kann der Bezogene Einreden geltend machen, wenn der Inhaber beim Erwerb des Wechsels vorsätzlich zu seinem Nachteil gehandelt hat (z.B. bei Blankowechseln im Sinne von § 17 WG), oder die Unwirksamkeit der Annahmeerklärung etwa wegen Fälschung oder Geschäftsunfähigkeit (§§ 104 ff. BGB) gegeben ist. Ferner kann er absolute Einwendungen wie die Nichtigkeit des Wechsels wegen Formmangels (§§ 1, 2, 76 WG) oder Erfüllung geltend machen. Einwendungen aus dem Grundgeschäft zwischen Aussteller und Bezogenem („Deckungsverhältnis“), wie etwa das Fehlen eines Auftrags, sind gegenüber einem gutgläubigen Erwerber ausgeschlossen.

Ist ein Bezogener verpflichtet, einem Wechsel ein spezielles Annahmevermerk hinzuzufügen?

Die Annahme des Bezogenen muss auf dem Wechsel selbst und durch eine Unterschrift erklärt werden (§ 22 WG). Die Erklärung kann in jeder Form erfolgen, muss jedoch eindeutig den Wechsel als angenommen kennzeichnen, etwa mit dem Wort „angenommen“ (oder gleichwertige Ausdrücke) nebst Unterschrift. Zusätze oder Bedingungen sind nach § 25 WG grundsätzlich nicht zulässig und führen zur Unwirksamkeit der Annahme als solcher; dies gewährt dem Wechselinhaber allerdings das Recht, die Annahme unbeschadet zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten. Teilannahmen – etwa nur eines Teilbetrags – sind ebenso wie Annahmen unter Bedingungen nicht wirksam, können jedoch als einfaches Zahlungsversprechen außerhalb des Wechselrechts interpretiert werden.

Wann haftet der Bezogene persönlich für die Zahlung, und kann er sich auf Einreden Dritter berufen?

Der Bezogene haftet persönlich als Hauptschuldner aus dem Wechsel ab dem Zeitpunkt der Annahme und ist unabhängig von der Rechtsbeziehung zum Aussteller zahlungspflichtig. Nach Annahme des Wechsels kann er sich gegenüber dem Inhaber grundsätzlich nicht mehr auf Einwendungen oder Einreden aus dem Grundverhältnis berufen, sofern nicht speziell qualifizierte Einwendungen bestehen. Dritteinreden, wie etwa Anfechtungsgründe oder Rückforderungen Dritter gegen den Aussteller, können dem Bezogenen im Wechselprozess nicht zu Hilfe kommen, es sei denn, der Inhaber ist in den Streit der Parteien schuldhaft eingetreten oder hat treuwidrig gehandelt (§ 17 WG).

Wie wirkt sich eine Nichtzahlung des Wechsels durch den Bezogenen auf die übrigen wechselbeteiligten Parteien aus?

Erfolgt die Zahlung des Wechsels durch den Bezogenen zum Fälligkeitstag nicht, steht dem Inhaber ein unmittelbarer Anspruch auf Rückgriff gegen die übrigen Wechselverpflichteten zu, darunter insbesondere Aussteller und vorherige Indossanten (§ 43 WG). Voraussetzung hierfür ist die ordnungsgemäße Erhebung des Wechselprotests innerhalb der gesetzlichen Fristen (§§ 44, 45 WG). Die Zahlungsverweigerung durch den Bezogenen löst somit eine Kettenhaftung aller wechselverpflichteten Parteien aus; der Inhaber kann sich aussuchen, gegen wen er vorgeht. Die Nichtzahlung kann für den Bezogenen zusätzlich zivilrechtliche und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn unbegründete Zahlungsverweigerung vorliegt.

Welche rechtlichen Auswirkungen hat eine spätere Insolvenz des Bezogenen auf die Wechselverpflichtungen?

Im Fall der Insolvenz des Bezogenen bleibt der Wechselanspruch des Inhabers grundsätzlich als Insolvenzforderung bestehen, sofern der Wechsel nicht bereits erfüllt wurde. Der Inhaber wird Insolvenzgläubiger und muss seinen Anspruch zur Insolvenztabelle anmelden (§ 87 InsO). Der Wechselinhaber kann unabhängig davon auch Rückgriff gegen die übrigen Wechselverpflichteten nehmen. Das Insolvenzrecht sieht spezifische Fristen für die Anmeldung und die Geltendmachung im Insolvenzverfahren vor. Die Annahme des Wechsels durch den Bezogenen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt dabei weiterhin wirksam; nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Bezogene jedoch grundsätzlich nicht mehr zur Annahme weiterer Wechselforderungen befugt (§ 81 InsO), es sei denn, dies ist Teil der zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebs genehmigten Handlungen.