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Bezogener

Begriff und rechtliche Einordnung des Bezogenen

Der Bezogene ist diejenige Person, an die sich eine Zahlungsanweisung in einem Wechsel oder Scheck richtet. Er ist damit der Adressat des Zahlungsauftrags: Beim Wechsel ist der Bezogene derjenige, der auf Aufforderung des Ausstellers (Trassant) den im Wechsel genannten Betrag an den Berechtigten zahlen soll; beim Scheck ist der Bezogene regelmäßig ein Kreditinstitut, das einen auf Sicht zahlbaren Betrag auszahlen oder gutschreiben soll. Der Begriff verortet den Bezogenen innerhalb eines mehrgliedrigen Systems von Rechtsbeziehungen zwischen Aussteller, Bezogenem, Inhaber und etwaigen Indossanten.

Bezogener im Wechselrecht

Rolle vor der Annahme

Vor der Annahme (Akzept) ist der Bezogene beim Wechsel nicht zahlungspflichtig. Er ist Adressat des Zahlungsauftrags, ohne daraus zunächst eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Inhaber zu haben. Zwischen Aussteller und Bezogenem besteht regelmäßig ein Deckungsverhältnis (zum Beispiel ein Kredit- oder Lieferverhältnis), aus dem sich die interne Grundlage des Zahlungsauftrags ergibt; dieses begründet jedoch noch keine unmittelbare Pflicht gegenüber dem Wechselinhaber.

Annahme (Akzept) und Folgen

Durch die Annahme erklärt der Bezogene auf dem Wechsel, den genannten Betrag bei Fälligkeit zu zahlen. Mit dem Akzept wird er zum Hauptschuldner gegenüber dem jeweiligen Wechselinhaber. Die Annahme muss formgerecht auf dem Papier erfolgen und vom Bezogenen oder seinem vertretungsberechtigten Organ unterschrieben sein. Eine bedingte Annahme ist nicht wirksam; eine teilweise Annahme ist in begrenztem Umfang möglich, führt dann aber nur zur Verpflichtung in der akzeptierten Höhe. Mit dem Akzept verliert der Bezogene gegenüber gutgläubigen Erwerbern in der Regel das Recht, sich auf rein persönliche Einwendungen aus der Beziehung zum Aussteller zu berufen.

Zahlung und Verweigerung

Bei Fälligkeit ist der Bezogene zur Zahlung verpflichtet, sofern er den Wechsel angenommen hat. Leistet er nicht, kann dies zu Rückgriffsmöglichkeiten des Inhabers gegen Aussteller und Indossanten führen, die typischerweise über formgebundene Nachweise der Nichtannahme oder Nichtzahlung dokumentiert werden. Der Bezogene kann die Zahlung verweigern, wenn der Wechsel etwa formunwirksam ist, nicht ordnungsgemäß vorgelegt wird oder Identität und Berechtigung des Vorlegenden zweifelhaft sind.

Einwendungen und Haftungsumfang des Bezogenen

Der Bezogene kann vor Annahme sämtliche Einwendungen aus dem Verhältnis zum Aussteller geltend machen. Nach Annahme ist sein Einwendungsspektrum gegenüber einem gutgläubigen Inhaber eingeschränkt. Absolute Einwendungen (zum Beispiel aus gravierenden Formmängeln oder Fälschung) bleiben möglich. Mit ordnungsgemäßer Zahlung an den berechtigten Inhaber erlischt die Verpflichtung des Bezogenen.

Mehrfachbezogene und besondere Konstellationen

Ein Wechsel kann auf mehrere Personen gezogen sein; eine Annahme kann dann durch einen oder mehrere Bezogene erfolgen, je nachdem, wie die Zahlungsanweisung gestaltet ist. Der Zahlungsort kann beim Bezogenen oder bei einer gesondert benannten Zahlstelle liegen. Beim Eigenwechsel übernimmt der Aussteller selbst die Zahlungspflicht; ein Bezogener existiert dort nicht.

Bezogener im Scheckrecht

Typische Stellung als Bank

Beim Scheck ist der Bezogene in aller Regel ein Kreditinstitut. Der Scheck ist auf Sicht zahlbar; eine Annahme wie beim Wechsel ist nicht vorgesehen. Die Hauptrechtsbeziehung besteht zwischen Aussteller und bezogener Bank (Kontoverhältnis). Gegenüber dem Scheckinhaber entsteht aus dem Scheck selbst regelmäßig keine unmittelbare Zahlungspflicht der Bank.

Vorlage, Zahlung und Verweigerung

Der Scheck ist innerhalb bestimmter Fristen vorzulegen. Die bezogene Bank zahlt oder schreibt gut, wenn Deckung besteht und die formalen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Zahlung kann verweigert werden, wenn etwa keine ausreichende Deckung vorliegt, formale Anforderungen verfehlt sind oder Zweifel an der Berechtigung des Vorlegenden bestehen. Bei Nichtzahlung bestehen Rückgriffsmöglichkeiten des Inhabers gegen Aussteller und Indossanten; ein unmittelbarer Rückgriff gegen die bezogene Bank ist nicht vorgesehen.

Besondere Scheckformen und Auswirkungen auf den Bezogenen

Die Beschaffenheit des Schecks beeinflusst die Rolle der Bank als Bezogener. Beim Verrechnungsscheck ist die Auszahlung in bar ausgeschlossen; die Bank nimmt eine Kontogutschrift vor. Bei Inhaber-, Order- oder Namensschecks unterscheiden sich die Anforderungen an die Legitimation des Vorlegenden, was die Prüfpflichten der Bank bei der Zahlung beeinflussen kann.

Haftung des Bezogenen bei Fehlleistungen

Die bezogene Bank haftet primär im Verhältnis zu ihrem Kunden (Aussteller), etwa bei unbegründeter Zahlungsverweigerung oder bei Zahlung an Nichtberechtigte. Ansprüche des Scheckinhabers gegen die Bank kommen nur ausnahmsweise in Betracht, typischerweise außerhalb des unmittelbaren Scheckverhältnisses.

Verhältnis zu anderen Beteiligten und Rechtsbeziehungen

Deckungsverhältnis, Valutaverhältnis, Wechsel-/Scheckverhältnis

Die Stellung des Bezogenen erschließt sich aus drei Ebenen: Das Deckungsverhältnis besteht zwischen Aussteller und Bezogenem (z. B. Kontoverhältnis oder Kreditlinie). Das Valutaverhältnis verbindet Aussteller und Zahlungsempfänger (z. B. Kaufvertrag). Das Wechsel- oder Scheckverhältnis ist die verbriefte Zahlungsanweisung selbst. Der Bezogene bewegt sich vorrangig im Deckungs- und im Urkundenverhältnis; seine Bindung an den Inhaber entsteht beim Wechsel insbesondere durch das Akzept.

Indossament und Wirkung auf den Bezogenen

Indossamente übertragen die Rechte aus der Urkunde auf neue Inhaber. Für den Bezogenen ändert sich dadurch an seiner Stellung grundsätzlich nichts; beim Wechsel verstärkt ein erteiltes Akzept die Bindung gegenüber jedem berechtigten Inhaber, unabhängig von der Kette der Indossamente.

Form- und Bezeichnungsanforderungen an den Bezogenen

Bestimmbarkeit und Benennung

Der Bezogene muss in der Urkunde ausreichend bestimmt bezeichnet sein, damit sich die Zahlungsanweisung an eine klar identifizierbare Person richtet. Beim Scheck ist der Bezogene regelmäßig ein Kreditinstitut; beim Wechsel kann jede natürliche oder juristische Person Bezogener sein. Ort der Zahlung und gegebenenfalls eine Zahlstelle sollten eindeutig angegeben sein.

Vertretung und Zeichnungsbefugnis

Handelt der Bezogene durch Vertreter, müssen diese vertretungsbefugt unterschreiben. Fehlt die Befugnis, können Haftungsfragen entstehen, die sich nach den allgemeinen Regeln der Vertretung richten. Die Prüfung von Zeichnungsberechtigungen (z. B. bei Unternehmen) gehört zu den Sorgfaltspflichten im Zahlungsverkehr.

Internationaler Kontext und Terminologie

Entsprechungen in anderen Sprachen

Der Bezogene entspricht im Englischen dem Begriff „drawee“, im Französischen „tiré“ und im Italienischen „trattario“. In allen Sprachräumen beschreibt er den Adressaten des Zahlungsauftrags.

Grenzüberschreitende Instrumente

Bei grenzüberschreitenden Wechseln und Schecks können unterschiedliche nationale Regelungen auf Ausstellung, Annahme, Indossament, Vorlegung und Zahlung Anwendung finden. Welches Recht auf einzelne Akte anwendbar ist, richtet sich typischerweise nach dem Ort, an dem der jeweilige Rechtsakt vorgenommen wird, und nach vereinbarten Anknüpfungen im internationalen Handelsverkehr.

Abgrenzungen und verwandte Begriffe

Bezogener vs. Zahlstelle

Die Zahlstelle ist der Ort bzw. das Institut, bei dem die Zahlung erfolgen soll. Der Bezogene kann zugleich Zahlstelle sein; es ist aber möglich, eine gesonderte Zahlstelle zu benennen, ohne die Rolle des Bezogenen zu verändern.

Bezogener vs. Aussteller/Trassant und Bezogener vs. Akzeptant

Der Aussteller erteilt die Zahlungsanweisung; der Bezogene empfängt sie. Erst mit der Annahme wird der Bezogene zum Akzeptanten und damit zum Hauptschuldner des Wechsels. Ohne Annahme bleibt er Adressat, nicht Schuldner.

Bezogener in anderen Zahlungsinstrumenten

Außerhalb von Wechsel und Scheck wird der Begriff „Bezogener“ selten verwendet. In Überweisungen oder Lastschriften bestehen andere Rollenbezeichnungen; die Funktion als Adressat eines verbrieften Zahlungsauftrags ist kennzeichnend für Wechsel und Scheck.

Praktische Bedeutung und heutige Relevanz

Elektronische Zahlverfahren haben die Nutzung von Schecks deutlich reduziert; Wechsel werden vor allem in bestimmten Bereichen des Handels und der Exportfinanzierung eingesetzt. Die Rolle des Bezogenen bleibt dort zentral, wo die verbriefte Zahlungsanweisung als Mittel der Kreditsicherung, der Zahlungsabwicklung oder der Liquiditätssteuerung genutzt wird.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wer ist der Bezogene bei einem Wechsel?

Der Bezogene ist die Person, an die sich der im Wechsel enthaltene Zahlungsauftrag richtet. Nimmt er den Wechsel an, wird er Akzeptant und damit Hauptschuldner gegenüber dem Inhaber.

Entsteht eine Zahlungspflicht des Bezogenen ohne Annahme?

Ohne Annahme besteht gegenüber dem Wechselinhaber grundsätzlich keine Zahlungspflicht. Eine Verpflichtung kann erst mit wirksamer Annahme entstehen; interne Pflichten gegenüber dem Aussteller bleiben davon unberührt.

Ist eine Annahme beim Scheck möglich?

Eine Annahme wie beim Wechsel ist beim Scheck nicht vorgesehen. Die bezogene Bank wird durch den Scheck nicht gegenüber dem Inhaber verpflichtet; ihre Pflichten bestehen primär im Verhältnis zum Kontoinhaber als Aussteller.

Kann der Bezogene Einwendungen gegen den Inhaber erheben?

Beim Wechsel kann der Bezogene vor Annahme alle Einwendungen geltend machen. Nach Annahme sind gegenüber gutgläubigen Inhabern überwiegend nur noch Einwendungen grundsätzlicher Art möglich. Beim Scheck bestehen Einwendungen vor allem im Rahmen der Prüfung von Deckung und formaler Ordnungsmäßigkeit.

Haftet der Bezogene gegenüber dem Inhaber bei unbegründeter Nichtzahlung?

Beim Wechsel setzt eine Haftung gegenüber dem Inhaber regelmäßig eine Annahme voraus. Beim Scheck richtet sich eine Haftung überwiegend nach dem Verhältnis zur eigenen Kundschaft; ein unmittelbarer Anspruch des Inhabers gegen die bezogene Bank ist nicht typisch.

Was geschieht, wenn der Bezogene auf eine gefälschte Urkunde zahlt?

Zahlungen auf gefälschte oder verfälschte Urkunden können nicht erfüllen. Es kommen Rückabwicklungs- und Ersatzansprüche in Betracht, deren Zuordnung von den Umständen, der Berechtigung des Vorlegenden und den Sorgfaltspflichten abhängt.

Gibt es einen Bezogenen beim Eigenwechsel?

Beim Eigenwechsel verpflichtet sich der Aussteller selbst zur Zahlung; ein Bezogener ist dort nicht vorgesehen. Der Aussteller nimmt die Rolle des Schuldners unmittelbar an.

Können mehrere Bezogene benannt werden?

Grundsätzlich ist die Benennung mehrerer Bezogener möglich. Die Rechtsfolgen hängen von der Ausgestaltung der Zahlungsanweisung ab, insbesondere davon, ob die Annahme oder Zahlung gemeinsam oder einzeln erfolgen soll.