Bezirksnotar: Begriff und Einordnung
Der Begriff Bezirksnotar bezeichnet eine staatliche Amtsperson, die bis Ende 2017 in Teilen Baden-Württembergs (insbesondere im ehemaligen württembergischen Landesteil) Notariatsaufgaben im Rahmen des sogenannten staatlichen Notariats wahrnahm. Bezirksnotare waren Angehörige des Landesdienstes und handelten als Urkundspersonen in der vorsorgenden Rechtspflege. Sie beurkundeten rechtserhebliche Erklärungen, nahmen Beglaubigungen vor und waren je nach organisatorischer Ausgestaltung zudem für weitere nichtstreitige Aufgaben zuständig.
Regionale Besonderheit Baden-Württemberg
Das Amt des Bezirksnotars war eine regionale Besonderheit Baden-Württembergs. Anders als in den meisten anderen Ländern, in denen Notare als unabhängige, selbständig tätige Amtsträger bestellt sind, wurden die Aufgaben im württembergisch geprägten Teil Baden-Württembergs lange Zeit von staatlichen Notariaten und dort tätigen Bezirksnotaren wahrgenommen.
Abgrenzung zu heutigen Notaren
Bezirksnotare waren Landesbeamte und unterlagen der Dienstaufsicht der Justizverwaltung. Heute sind in Baden-Württemberg hauptberufliche, unabhängige Notare tätig, die nicht im Beamtenverhältnis stehen. Inhaltlich blieb das Kerngeschäft – die öffentliche Beurkundung und Beglaubigung – vergleichbar; die organisatorische Einbindung und die Zuständigkeiten in angrenzenden Bereichen haben sich jedoch grundlegend verändert.
Aufgabenbereich und Zuständigkeiten
Der Aufgabenbereich eines Bezirksnotars lässt sich in Beurkundungstätigkeiten, Beglaubigungen, Verwahrungen sowie – je nach örtlicher Organisation – weitere Angelegenheiten der vorsorgenden Rechtspflege gliedern.
Beurkundungstätigkeit
Als Urkundsperson beurkundete der Bezirksnotar Willenserklärungen und Tatsachen mit öffentlicher Beweiskraft. Hierzu zählten insbesondere Grundstückskaufverträge, Grundschuldbestellungen, Ehe- und Erbverträge, Testamente, Gesellschaftsverträge, Anteilsübertragungen sowie Vollmachten. Durch die Mitwirkung des Bezirksnotars erhielten die Dokumente die Qualität öffentlicher Urkunden mit erhöhter Beweiskraft.
Amtliche Verwahrung und Beglaubigung
Bezirksnotare nahmen Unterschrifts- und Abschriftsbeglaubigungen vor und verwahrten Urkunden, Testamente und andere Dokumente gemäß den hierfür geltenden Verfahrensvorgaben. Sie führten Urkundenverzeichnisse und sorgten für die sichere Aufbewahrung sowie die Erteilung von Ausfertigungen und beglaubigten Abschriften.
Weitere Aufgaben der vorsorgenden Rechtspflege
In der staatlichen Notariatsstruktur Baden-Württembergs wurden neben der eigentlichen Notartätigkeit vielfach auch Nachlassangelegenheiten (zum Beispiel Erteilung von Erbscheinen) und Betreuungsangelegenheiten in den Notariaten bearbeitet. Die Zuordnung dieser Aufgaben zu einem Bezirksnotar hing von der jeweiligen Behördenorganisation ab. Historisch waren in Baden-Württemberg zudem zahlreiche Grundbuchämter bei Notariaten angesiedelt, bevor sie schrittweise zentralisiert wurden.
Amtliche Stellung und Unabhängigkeit
Der Bezirksnotar nahm sein Amt unparteiisch und unabhängig wahr. Obwohl er dem Landesdienst angehörte und der Aufsicht der Justizverwaltung unterstand, war er bei der Beurkundung rechtlich nur an Gesetz und Recht gebunden. Seine Amtshandlungen dienten der Rechtssicherheit, der Rechtsklarheit und der geordneten Dokumentation rechtserheblicher Vorgänge.
Bestellung, Ausbildung und Amtsbezirk
Bezirksnotare wurden durch das Land bestellt. Der Weg in das Amt führte über eine spezielle Ausbildung innerhalb der Justizverwaltung mit theoretischen und praktischen Anteilen sowie dienstlichen Prüfungen. Nach der Bestellung wurde der Bezirksnotar einem Amtsbezirk zugewiesen; dort unterhielt er die Amtsstelle (Notariat) und war örtlich organisiert. Für Beurkundungen waren in der Praxis die persönlichen und sachlichen Zuständigkeiten maßgeblich, während für gerichtliche Aufgaben (etwa in Nachlasssachen) die örtliche Zuständigkeit bindend war.
Beurkundungswirkung und Dokumente
Die durch Bezirksnotare erstellten öffentlichen Urkunden entfalten eine besondere Beweiskraft über die beurkundeten Tatsachen und Erklärungen. Sie werden in besonderen Urkundenrollen verzeichnet und dauerhaft archiviert. Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften wurden gemäß den damaligen Verfahrensregeln erteilt. Die Form und der Inhalt der Urkunden folgten festen Anforderungen, um Rechtsklarheit und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.
Gebühren und Kostenstruktur
Für die Tätigkeit der Bezirksnotare galten feste, bundeseinheitlich strukturierte Gebührenregelungen. Die Vergütung richtete sich regelmäßig nach dem Gegenstandswert und war als öffentlich-rechtliche Gebühr ausgestaltet. Eine freie Preisgestaltung fand nicht statt; dadurch wurden gleiche Sachverhalte gleich abgerechnet und die Kosten waren grundsätzlich vorhersehbar.
Aufsicht und Haftung
Bezirksnotare unterlagen der Dienst- und Fachaufsicht der Justizverwaltung. Für ihre Amtstätigkeit galten erhöhte Sorgfaltsanforderungen. Bei Amtspflichtverletzungen kamen dienstrechtliche Maßnahmen sowie haftungsrechtliche Folgen in Betracht. Die Verantwortung für Amtshandlungen war rechtlich geordnet; etwaige Ansprüche richteten sich nach den dafür vorgesehenen Regeln des Staatshaftungs- und Amtspflichtrechts.
Reform und heutige Rechtslage
Auflösung des staatlichen Notariats
Zum 1. Januar 2018 wurde das staatliche Notariat in Baden-Württemberg aufgehoben. Die Bezeichnung Bezirksnotar wird seitdem nicht mehr für neu bestellte Amtsträger verwendet. Die notariellen Aufgaben werden heute von unabhängigen, hauptberuflich tätigen Notaren wahrgenommen. Nachlass- und Betreuungssachen werden von den Amtsgerichten geführt.
Fortgeltung bestehender Urkunden
Durch Bezirksnotare errichtete Urkunden behalten ihre Wirksamkeit und Beweiskraft. Sie bleiben als öffentliche Urkunden gültig und können weiterhin Grundlage für Eintragungen, Nachweise und andere rechtliche Vorgänge sein. Die Verwahrung der Altbestände ist geregelt; Zuständigkeiten für Einsicht und Ausfertigungen wurden auf die hierfür vorgesehenen Stellen übertragen.
Bezeichnung heute und Übergangsregelungen
Die Amtsbezeichnung Bezirksnotar war ein dienstlicher Titel. Mit dem Ende des staatlichen Notariats entfiel die aktive Führung dieser Bezeichnung. In Einzelfällen kann eine kennzeichnende Zusatzbezeichnung für ehemalige Amtsträger verwendet werden, die den Ruhestand oder das Ausscheiden aus dem Dienst verdeutlicht. Übergangs- und Folgefragen betrafen vor allem die Zuordnung von Verfahren, Archiven und Urkunden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist ein Bezirksnotar?
Ein Bezirksnotar war eine staatliche Urkundsperson des Landes Baden-Württemberg, die im Rahmen des früheren staatlichen Notariats Beurkundungen, Beglaubigungen und weitere Aufgaben der vorsorgenden Rechtspflege wahrnahm. Er handelte unparteiisch, mit öffentlicher Beweiskraft seiner Urkunden.
Wo gab es Bezirksnotare?
Bezirksnotare gab es im württembergisch geprägten Teil Baden-Württembergs. In anderen Ländern bestanden eigenständige, nicht staatlich organisierte Notariate. Mit der Strukturreform endete die Tätigkeit der Bezirksnotare landesweit.
Welche Aufgaben hatte ein Bezirksnotar?
Der Bezirksnotar beurkundete Rechtserklärungen (zum Beispiel Grundstücksgeschäfte, Ehe- und Erbverträge, Gesellschaftsverträge), nahm Beglaubigungen vor, verwahrte Urkunden und bearbeitete – je nach Organisation – Nachlass- und Betreuungssachen. Er führte Urkundenverzeichnisse und erteilte Ausfertigungen.
Gibt es heute noch Bezirksnotare?
Nein. Seit dem 1. Januar 2018 wird die Bezeichnung nicht mehr verwendet. Die notariellen Aufgaben werden von unabhängigen, hauptberuflichen Notaren wahrgenommen; Nachlass- und Betreuungssachen liegen bei den Amtsgerichten.
Sind Urkunden eines Bezirksnotars weiterhin gültig?
Ja. Bereits errichtete Urkunden eines Bezirksnotars behalten ihre Gültigkeit und Beweiskraft als öffentliche Urkunden. Sie können weiterhin für rechtliche Nachweise und Eintragungen verwendet werden.
Wer verwahrt die Akten und Urkunden ehemaliger Notariate?
Die Verwahrung und Einsicht in Altbestände ist organisatorisch geregelt. Zuständigkeiten wurden auf Gerichte, zentrale Stellen oder staatliche Archive verteilt. Ausfertigungen und Abschriften werden nach den hierfür vorgesehenen Verfahren erteilt.
Worin unterschied sich der Bezirksnotar von heutigen Notaren in Baden-Württemberg?
Der Bezirksnotar war Landesbeamter innerhalb des staatlichen Notariats. Heutige Notare sind unabhängige, hauptberuflich tätige Amtsträger außerhalb des Beamtenverhältnisses. Das Kerngeschäft der Beurkundung ist vergleichbar, die organisatorische Einbindung jedoch eine andere.
Durfte ein Bezirksnotar ortsübergreifend beurkunden?
Der Bezirksnotar hatte einen zugewiesenen Amtsbezirk. Für die Beurkundung waren vor allem die persönliche Zuständigkeit als Urkundsperson und die Einhaltung der Form maßgeblich; für gerichtliche Aufgaben galten örtliche Zuständigkeiten. Die praktische Tätigkeit richtete sich nach den dienstlichen Vorgaben und der Behördenorganisation.