Legal Lexikon

Besitzunternehmen


Definition und rechtliche Grundlagen des Besitzunternehmens

Ein Besitzunternehmen ist im deutschen Recht ein Unternehmen, das insbesondere im Rahmen von Unternehmensstrukturen als Vermögens- oder Immobiliengesellschaft fungiert und auf die Haltung und Verwaltung von Vermögensgegenständen, insbesondere Immobilien, beschränkt ist. Das Besitzunternehmen stellt einem oder mehreren Betriebsunternehmen Vermögenswerte – vorwiegend Grundstücke, Gebäude oder bewegliche Wirtschaftsgüter – zur Nutzung gegen Entgelt zur Verfügung. Besitzunternehmen sind typischerweise stark mit der sogenannten Betriebsaufspaltung verknüpft, bei der rechtlich getrennte Gesellschaften zusammenarbeiten.

Rechtsformen und Abgrenzung

Zulässige Rechtsformen

Besitzunternehmen können in unterschiedlichen Rechtsformen bestehen. Häufig werden folgende Gesellschaftsformen gewählt:

  • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
  • Offene Handelsgesellschaft (OHG)
  • Kommanditgesellschaft (KG)
  • GmbH & Co. KG
  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • Einzelunternehmen

Die Wahl der Rechtsform richtet sich nach betriebswirtschaftlichen, steuerlichen sowie haftungsrechtlichen Erwägungen.

Abgrenzung zum Betriebsunternehmen

Im Gegensatz zum Besitzunternehmen, welches rein vermögensverwaltende Funktionen übernimmt, betreibt das sogenannte Betriebsunternehmen die operativen Geschäfte. Die Trennung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen erfolgt insbesondere zu Zwecken der Vermögensabsicherung oder zur optimalen steuerlichen Gestaltung.

Besitzunternehmen im Kontext der Betriebsaufspaltung

Prinzip der Betriebsaufspaltung

Die Betriebsaufspaltung ist ein Begriff aus dem deutschen Steuerrecht. Sie liegt vor, wenn

  1. ein Besitzunternehmen einem Betriebsunternehmen Betriebsgrundlagen (insbesondere Grundstücke, Gebäude, Maschinen) zur Nutzung überlässt (sachliche Verflechtung) und
  2. eine personelle Verflechtung besteht, das heißt die Gesellschafter beider Unternehmen sind identisch oder personell eng verflochten.

Steuerrechtliche Besonderheiten

Durch das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung erfolgt eine steuerliche Gleichbehandlung des Besitzunternehmens mit operativ tätigen Unternehmen. Das vermögensverwaltende Besitzunternehmen wird steuerlich als gewerblich eingestuft, mit der Folge, dass es der Gewerbesteuer unterliegt. Vermietungseinkünfte aus der Überlassung von Grundstücken oder beweglichem Anlagevermögen gelten dann als gewerbliche Einkünfte.

Folgen der Betriebsaufspaltung

  • Gewerbesteuerpflicht: Auch rein vermögensverwaltende Besitzunternehmen unterliegen der Gewerbesteuer.
  • Mitunternehmerstellung: Die Gesellschafter des Besitzunternehmens gelten als Mitunternehmer und sind mit dem Anteil an den gewerblichen Einkünften beteiligt.
  • Sonderbetriebsvermögen: Wirtschaftsgüter, die zur Nutzung überlassen werden, werden dem Sonderbetriebsvermögen des Besitzunternehmens zugeordnet und müssen entsprechend bilanziert werden.
  • Ertragsteuerlicher Querverbund: Die Aufteilung von Einkünften auf Besitz- und Betriebsunternehmen kann Auswirkungen auf die Gesamtsteuerbelastung und Verlustverrechnung haben.

Zivilrechtliche Aspekte

Vertragsverhältnisse zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen

Die Geschäftsbeziehung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen wird grundsätzlich vertraglich geregelt, zumeist durch Miet- oder Pachtverträge. Diese Verträge müssen dem sogenannten Drittvergleich standhalten, das heißt, die vereinbarten Konditionen müssen denen entsprechen, die auch zwischen voneinander unabhängigen Vertragspartnern vereinbart würden.

Haftungsfragen

Je nach gewählter Rechtsform des Besitzunternehmens haften die Gesellschafter unterschiedlich:

  • Personengesellschaften: Hier haften die Gesellschafter oft persönlich und unbeschränkt.
  • Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH): Es erfolgt eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen.

Die Trennung der Haftung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen ist in der Praxis ein häufig angestrebtes Ziel, um Vermögenswerte vor betrieblichen Risiken zu schützen.

Besitzunternehmen im Umwandlungsrecht

Im Rahmen von Umstrukturierungen, etwa bei Handelsgesellschaften, können Besitzunternehmen durch Ausgliederung oder Abspaltung entstehen. Das Umwandlungsgesetz (UmwG) regelt hierbei die Übertragung von Vermögenswerten und Pflichten zwischen den beteiligten Unternehmen. Besonders relevant ist dies bei Unternehmensnachfolgen oder Konzernbildungen.

Besitzunternehmen im Insolvenzrecht

Im Falle der Insolvenz des Betriebsunternehmens beschränkt sich der Gläubigerzugriff auf das Vermögen dieses Unternehmens. Das Besitzunternehmen bleibt grundsätzlich von der Insolvenz des Betriebsunternehmens unberührt. Umgekehrt wirkt eine Insolvenz des Besitzunternehmens auf den Bestand und die Nutzungsmöglichkeiten im Betriebsunternehmen. Hier ist insbesondere auf Anfechtungsregeln und auf die Fortführungsmöglichkeiten nach den §§ 103 ff. Insolvenzordnung (InsO) zu achten.

Besitzunternehmen aus steuerlicher Sicht

Einkommensteuer und Körperschaftsteuer

Die Einkünfte des Besitzunternehmens werden, sofern eine Betriebsaufspaltung gegeben ist, als gewerblich behandelt und sind entsprechend einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtig.

Umsatzsteuerliche Behandlung

Die entgeltliche Überlassung von Immobilien oder beweglichen Wirtschaftsgütern durch das Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen stellt eine umsatzsteuerbare Leistung dar. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Option zur Umsatzsteuerpflicht oder zur Steuerbefreiung möglich (§ 9 UStG).

Bewertung und Abschreibung

Die überlassenen Wirtschaftsgüter werden bilanziell im Besitzunternehmen aktiviert und über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Dies hat Auswirkungen auf die steuerliche Gewinnermittlung.

Vor- und Nachteile von Besitzunternehmen

Vorteile

  • Risikominimierung durch Vermögenstrennung
  • Vorteilhaft bei Unternehmensnachfolge und Umstrukturierungen
  • Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
  • Flexibilität bei der Verwaltung und Nutzung von Sachwerten

Nachteile

  • Komplexere steuerliche und rechtliche Handhabung
  • Erhöhte Anforderungen an die Vertragsgestaltung (insbesondere Drittvergleich)
  • Risiko einer steuerlichen Betriebsaufspaltung mit Gewerbesteuerpflicht

Publizitätspflichten und Offenlegung

Handelt es sich beim Besitzunternehmen um eine Gesellschaft, die zur Buchführung verpflichtet ist (insbesondere bei bestimmten Formgesellschaften), greifen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) und Publizitätspflichten, etwa nach §§ 325 ff. HGB.

Literaturhinweise

Für eine vertiefte Auseinandersetzung dienen unter anderem folgende Quellen:

  • Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Kapitel Betriebsaufspaltung und Besitzunternehmen
  • Tipke/Lang, Steuerrecht
  • Kirchhof, Einkommensteuer-Kommentar
  • Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch

Zusammenfassung:
Das Besitzunternehmen ist ein zentraler Begriff im deutschen Wirtschafts- und Steuerrecht und gewinnt insbesondere im Rahmen der Betriebsaufspaltung und der Vermögensstrukturierung von Unternehmen Bedeutung. Rechtlich ist das Besitzunternehmen durch eine Vielzahl von Vorschriften geprägt, die zivilrechtliche, gesellschaftsrechtliche, steuerliche sowie insolvenzrechtliche Aspekte umfassen. Die Gründung und Führung eines Besitzunternehmens bedarf einer sorgfältigen rechtlichen und steuerlichen Planung, um sowohl potenzielle Vorteile optimal zu nutzen als auch Risiken einzuschränken.

Häufig gestellte Fragen

Muss ein Besitzunternehmen zwingend als eigenständige juristische Person geführt werden?

Ein Besitzunternehmen kann sowohl als eigenständige juristische Person (z.B. GmbH, AG) als auch als Personengesellschaft (z.B. GbR, OHG, KG) oder Einzelunternehmen geführt werden. Aus rechtlicher Sicht besteht keine zwingende Vorgabe, welche Rechtsform das Besitzunternehmen haben muss. Allerdings ergeben sich aus der Wahl der Rechtsform unterschiedliche rechtliche Konsequenzen, etwa hinsichtlich der Haftung, der Vertretungsbefugnis und der Publizitätspflichten. Juristische Personen bieten einen Haftungsschutz für die Gesellschafter, während bei Personengesellschaften zumindest teilweise eine persönliche Haftung bestehen kann. Die Kapitalausstattung, Mitbestimmungsrechte und die steuerlichen Implikationen können sich ebenfalls je nach Rechtsform unterscheiden und sollten vor Gründung oder Umstrukturierung sorgfältig abgewogen werden.

Welche gesetzlichen Vorschriften sind bei der Gründung eines Besitzunternehmens zu beachten?

Bei der Gründung eines Besitzunternehmens greifen die allgemeinen zivil- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der jeweiligen gewählten Rechtsform. Beispielsweise sind bei der Gründung einer GmbH die Regelungen des GmbH-Gesetzes (GmbHG) einschlägig, während für eine KG oder OHG das Handelsgesetzbuch (HGB) relevant ist. Des Weiteren müssen etwaige gewerberechtliche Genehmigungen eingeholt werden, sofern das Besitzunternehmen selbst gewerblich tätig wird oder bestimmte Tätigkeiten ausübt. Steuerrechtlich ist darauf zu achten, dass die Trennung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen den Anforderungen der steuerlichen Anerkennung der Gestaltung entspricht. Insbesondere bei Auslagerung von Betriebsvermögen ist eine sorgfältige, vertraglich eindeutige Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu beachten, um steuerliche und rechtliche Risiken zu minimieren.

Wie sind die rechtlichen Beziehungen zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen auszugestalten?

Die rechtlichen Beziehungen zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen werden in der Regel durch Miet- oder Pachtverträge geregelt, wobei das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen Vermögenswerte, häufig Immobilien, Grundstücke oder Maschinen, zur Nutzung überlässt. Aus rechtlicher Sicht müssen diese Verträge dem Fremdvergleich standhalten, das heißt sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Konditionen wie unter fremden Dritten ausgestaltet werden, um gesellschafts- und steuerrechtliche Anerkennung zu finden. Regelmäßig wird empfohlen, alle Regelungen schriftlich zu fixieren, insbesondere zu Miet- bzw. Pachtsumme, Mietdauer, Kündigungsrechten, Instandhaltungsverpflichtungen und zur Kostentragung. Zusätzlich ist die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten und Haftung für Schäden oder Nutzungsausfälle rechtlich eindeutig zu regeln.

Welche haftungsrechtlichen Aspekte sind bei Besitzunternehmen zu berücksichtigen?

Die Haftung eines Besitzunternehmens richtet sich nach dessen Rechtsform. Bei einer juristischen Person haftet in der Regel nur das Gesellschaftsvermögen des Besitzunternehmens, während bei Personengesellschaften oder Einzelunternehmen eine persönliche Haftung der Gesellschafter oder des Inhabers besteht. Zu beachten ist, dass das Besitzunternehmen im Rahmen der Vermietung oder Verpachtung für die vertragsgemäße Überlassung und Instandhaltung der überlassenen Vermögenswerte haftet. Zudem können sich Haftungsrisiken aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie etwa dem Immissionsschutzrecht oder baurechtlichen Regelungen, ergeben. Insbesondere ist zu beachten, dass das Besitzunternehmen nicht für Verpflichtungen des Betriebsunternehmens haftet, sofern keine entsprechenden Bürgschaften oder Garantien übernommen wurden.

Welche formellen Anforderungen gelten für Verträge zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen?

Verträge zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen unterliegen den gleichen formellen Anforderungen wie sonstige Miet- oder Pachtverträge. Insbesondere bei Mietverträgen über Grundstücke und Immobilien ist zu beachten, dass gemäß § 550 BGB eine Schriftformklausel für langfristige Mietverträge erforderlich ist; anderenfalls gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die wesentlichen Vertragsbestandteile, wie Mietobjekt, Miethöhe und Vertragsparteien, müssen schriftlich eindeutig bestimmt sein. Darüber hinaus sollten sämtliche Änderungs- und Ergänzungsvereinbarungen ebenfalls schriftlich fixiert werden, um Rechtssicherheit und Beweisbarkeit zu gewährleisten.

Bestehen gesetzliche Offenlegungspflichten für Besitzunternehmen?

Die Offenlegungspflichten eines Besitzunternehmens richten sich nach der gewählten Rechtsform. Kapitalgesellschaften, wie beispielsweise GmbHs und AGs, sind nach § 325 HGB zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse verpflichtet. Personengesellschaften sind grundsätzlich nur dann offenlegungspflichtig, wenn sie keine natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter haben (z.B. GmbH & Co. KG). Darüber hinaus kann für Besitzunternehmen, die als Vermieter von Immobilien auftreten, die Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz (GwG) einschlägig sein, insbesondere wenn wirtschaftlich Berechtigte durch Anteilserwerb oder -übertragung gewechselt haben. In Fällen von konzernrechtlichen Verflechtungen sind gegebenenfalls weitere Offenlegungspflichten hinsichtlich der Verbundenheit der Unternehmen zu beachten.

Welche rechtlichen Risiken bestehen bei einer missbräuchlichen Gestaltung von Besitzunternehmen?

Aus rechtlicher Sicht sind missbräuchliche Gestaltungen insbesondere im Hinblick auf steuerliche Zwecke oder zur Umgehung arbeitsrechtlicher oder gesellschaftsrechtlicher Pflichten problematisch. Die Finanzverwaltung prüft im Einzelfall, ob tatsächlich eine wirtschaftlich eigenständige Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit vorliegt oder eine Scheinstruktur geschaffen wurde. Wird eine steuerlich unangemessene Gestaltung festgestellt (z.B. durch überhöhte Miet-/Pachtforderungen oder fehlende tatsächliche Nutzung), kann der sogenannte Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO vorliegen, der zur Nichtanerkennung der rechtlichen Konstruktion oder zur Fiktion einer Betriebsaufspaltung führen kann. Auch zivilrechtlich können missbräuchliche Gestaltungen zur Nichtigkeit von Verträgen oder zur Durchgriffshaftung führen, etwa wenn die gesellschaftsrechtlichen Trennungsgrundsätze nicht eingehalten werden.