Legal Lexikon

Bergelohn


Begriff und rechtliche Grundlagen des Bergelohns

Der Bergelohn ist ein zentraler Begriff im See- und Binnenschifffahrtsrecht und bezeichnet die Vergütung, die einer Person oder Organisation zusteht, die bei der Rettung eines in Seenot geratenen Schiffes, seines Ladegutes oder Personen mitgewirkt hat. Die rechtlichen Vorschriften hierzu sind sowohl in internationalen Übereinkommen als auch im deutschen Recht detailliert geregelt und enthalten spezielle Bestimmungen zur Berechnung, Anspruchsvoraussetzungen und Durchsetzung des Bergelohns.

Gesetzliche Regelungen zum Bergelohn

Internationale Rechtsgrundlagen

Die wichtigsten internationalen Regelungen zum Bergelohn finden sich im Internationalen Übereinkommen über die Bergung von 1989 (Salvage Convention). Diese internationale Konvention regelt die Voraussetzungen, den Umfang sowie die Berechnungsgrundlagen für den Bergelohn weltweit einheitlich. Ziel ist es, einheitliche Rahmenbedingungen und einen Anreiz zur Rettung von Leben, Schiffen und Ladung auf See zu schaffen.

Kernpunkte der internationalen Regelungen sind:

  • Berechtigung zum Bergelohn: Es besteht ein Anspruch auf Bergelohn, wenn eine erfolgreiche Bergung außerhalb des Hafenbereichs oder außerhalb des gewöhnlichen Fahrbetriebs erfolgt.
  • „No cure, no pay“-Prinzip: Bergelohn wird in aller Regel nur geschuldet, wenn die Bergungsmaßnahme tatsächlich Erfolg hatte; hiervon bestehen jedoch Ausnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit Gefahren für die Umwelt.
  • Umweltaspekte: Die Konvention sieht Prämien für bergende Maßnahmen vor, die primär zum Schutz der Umwelt ergriffen werden.

Deutsches Recht – §§ 575-588 HGB

Im deutschen Recht ist der Bergelohn im Handelsgesetzbuch (HGB), §§ 575 ff. geregelt. Dort wird der Anspruch auf Bergelohn im Rahmen der Vorschriften über den sogenannten „Schlepp- und Bergelohnvertrag“ normiert.

Wesentliche Vorschriften des deutschen Rechts zum Bergelohn sind:

  • Anspruchsgrundlage (§ 576 HGB): Jeder, der mit der Rettung eines in Seenot geratenen Schiffes, seiner Ladung oder Personen betraut wird, kann den Bergelohn fordern, sofern die Bergung erfolgreich war.
  • Berechnung (§ 582 HGB): Der Bergelohn ist so zu bemessen, dass er einen Anreiz für Bergungsleistungen bietet; er richtet sich nach dem Wert des geborgenen Gutes. Berücksichtigt werden ferner der Aufwand, das Risiko, die Schnelligkeit und die Geschicklichkeit der bergenden Partei.
  • Verteilung (§ 585 HGB): Bei mehreren Bergenden ist der Bergelohn unter ihnen nach Maßgabe ihres Beitrags zur Bergung zu verteilen.

Unterscheidung Bergelohn und Schlepplohn

Es ist wichtig, den Begriff des Bergelohns vom Schlepplohn zu unterscheiden. Während der Schlepplohn lediglich für planmäßige Hilfeleistungen im Rahmen des Schleppvertrags gezahlt wird, setzt der Bergelohn das Tätigwerden bei einer tatsächlichen Notlage voraus.

Anspruchsvoraussetzungen für den Bergelohn

Für einen Anspruch auf Bergelohn müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Gefahrenlage: Das zu bergende Schiff, die Ladung oder Personen müssen sich tatsächlich in Gefahr befinden, wobei eine objektive Gefahrenlage genügt.
  2. Freiwilligkeit der Bergung: Die Bergungsmaßnahme darf nicht von einer Partei durchgeführt werden, die bereits aus einem Vertrag oder kraft Gesetzes zur Rettung verpflichtet war.
  3. Bergungserfolg: Grundsätzlich muss die Rettung tatsächlich gelingt sein („no cure, no pay“), Ausnahmen bestehen jedoch für Umweltbergungen.
  4. Kein schuldhaftes Verhalten: Der Anspruch auf Bergelohn ist ausgeschlossen, wenn die Gefahr durch widerrechtliches Verhalten des Bergenden, wie z. B. Diebstahl oder arglistige Täuschung, herbeigeführt wurde.

Berechnung und Höhe des Bergelohns

Bemessungskriterien

Die Höhe des Bergelohns richtet sich nach verschiedenen gesetzlich festgelegten Kriterien:

  • Wert des geborgenen Gegenstands: Maßgeblich ist der Zeitpunkt nach der Bergungsmaßnahme.
  • Aufwand und Gefahr: Je größer der persönliche und materielle Einsatz sowie das Risiko für die bergende Partei, desto höher fällt der Bergelohn aus.
  • Erfolgreiche Rettung von Leben: Für Lebensrettung ist im Gegensatz zur Güterrettung ein „angemessener Lohn“ zu zahlen.
  • Beitrag zum Schutz der Umwelt: Der Bergelohn kann erhöht werden, wenn Maßnahmen zum Schutz der Umwelt beigetragen haben.

Im Streitfall entscheiden Schiedsgerichte oder die ordentlichen Gerichte über die angemessene Höhe des Bergelohns.

Grenzen des Bergelohns

Der maximale Bergelohn darf den tatsächlichen Wert des geretteten Schiffes, der Ladung sowie zusätzlich anfallender Löhne und Kosten nicht überschreiten. Nach § 584 HGB ist auch bei mangelnder Rückkehr eines eventuell geborgenen, jedoch untergegangenen Schiffes kein Bergelohn zu entrichten.

Rechte des Bergenden

Zurückbehaltungsrecht und Pfändungsrecht

Dem Bergenden steht in Deutschland ein besonderes Zurückbehaltungsrecht an den geborgenen Gegenständen zu, bis der vereinbarte oder geschuldete Bergelohn gezahlt wurde. Ferner hat er das Recht, den gelösten Bergelohn im Wege einer gerichtlichen Pfändung durchzusetzen.

Eintrag ins Schiffsregister

Der Anspruch auf Bergelohn kann als Schiffs- oder Schiffsgläubigerpfandrecht ins Schiffsregister eingetragen werden (§ 1029 BGB i.V.m. §§ 596 ff. HGB).

Verjährung von Bergelohnansprüchen

Ansprüche auf Bergelohn verjähren nach § 588 HGB grundsätzlich in zwei Jahren nach Beendigung der Bergung. Die Verjährung kann durch Anerkennung oder gerichtliche Geltendmachung gehemmt werden.

Unterschied Bergelohn und Prämienlohn

Neben dem klassischen Bergelohn existiert im Seerecht der sogenannte Prämienlohn („special compensation“), der insbesondere bei der Abwendung von Umweltgefährdungen geschuldet sein kann, auch wenn keine direkte Güterrettung vorliegt. Die Höhe und Voraussetzungen hierfür sind international einheitlich durch die Salvage Convention geregelt.

Relevanz und praktische Bedeutung

Der Bergelohn schafft einen Anreiz zur Gefahrenabwehr und Bergung auf See. Er dient sowohl dem Güterschutz, dem Schutz von Menschenleben als auch dem Umweltschutz und ist deshalb ein bedeutendes rechtliches Institut des Schifffahrtsrechts.


Zusammenfassung:
Der Bergelohn ist ein spezifisch geregelter Lohnanspruch im See- und Binnenschifffahrtsrecht. Seine Ausgestaltung ist sowohl im deutschen HGB als auch im internationalen Recht exakt definiert. Die Regelungen gewährleisten einerseits die Vergütung umfassender Bergungsarbeiten und setzen andererseits klare Grenzen und Bedingungen für deren rechtmäßige Geltendmachung.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Bergelohn rechtlich bemessen?

Die Bemessung des Bergelohns richtet sich nach den §§ 574 ff. HGB (Handelsgesetzbuch), welche die gesetzlichen Vorgaben der Bergungsvergütung für maritime Bergungsfälle detailliert regeln. Grundsätzlich steht dem Berger ein angemessener Lohn (Bergelohn) zu, der sich nach dem geretteten Wert des Schiffes sowie der geretteten Ladung, dem Zeit- und Kostenaufwand des Bergers, dem Schwierigkeitsgrad der Bergung, der Gefahr, der sich die Bergenden aussetzen, und dem Erfolg der Maßnahme bemisst. Weiterhin finden internationale Rahmenwerke, insbesondere das Internationale Übereinkommen von 1989 über die Bergung, Anwendung. Die Vergütung soll zudem dem Zweck dienen, maritime Rettungshandlungen zu fördern und zu honorieren. Bei Streit über die Höhe des Bergelohns entscheiden regelmäßig die Seeämter oder ordentliche Gerichte durch Festsetzung gemäß der gesetzlichen Kriterien.

Gibt es einen Ausschluss oder eine Minderung des Bergelohns?

Der Anspruch auf Bergelohn kann ganz oder teilweise entfallen, wenn der Berger gegen seine gesetzlichen Pflichten verstößt. Insbesondere sieht § 576 Abs. 1 HGB sowie Art. 18 des Internationalen Bergungsübereinkommens von 1989 vor, dass bei grobem Verschulden, insbesondere bei betrügerischer Absicht oder schuldhafter Gefährdung der geborgenen Sache durch den Berger, der Vergütungsanspruch erlöschen oder erheblich gemindert werden kann. Auch die Nichtgewährung notwendiger Hilfe zur Verhütung oder Begrenzung von Umweltschäden kann eine Minderung oder den Verlust des Bergelohns nach sich ziehen. Darüber hinaus kann der Anspruch ausgeschlossen sein, wenn die Bergung ohne Wissen und gegen den Willen des Eigentümers oder Kapitäns erfolgt ist, sofern keine unmittelbare Gefahr bestand.

Welche Voraussetzung muss eine „erfolgreiche Bergung“ im rechtlichen Sinn erfüllen?

Voraussetzung für den Bergelohn ist stets die tatsächliche und erfolgreiche Rettung von Schiff oder Ladung aus einer tatsächlichen Gefahrensituation auf See gemäß § 574 HGB sowie internationalen Konventionen. Maßgeblich ist, dass die Handlung des Bergers zu einer effektiven Sicherung und Rettung geführt hat; ein Bergungsversuch ohne positiven Ausgang begründet keinen Vergütungsanspruch. Erfolgte die Bergung unbeabsichtigt oder als Nebenfolge anderer Handlungen, so besteht kein Anspruch auf Bergelohn. Zudem muss die Gefahr zum Zeitpunkt der Handlung objektiv gegeben gewesen sein und durch eigenes Tun überwunden worden sein.

Wer ist rechtlich anspruchsberechtigt auf Bergelohn?

Anspruchsberechtigt sind nach den gesetzlichen Vorgaben des HGB (§ 578) und des Internationalen Bergungsübereinkommens grundsätzlich jene natürlichen oder juristischen Personen, die eine Bergungsmaßnahme erfolgreich durchgeführt haben. Dazu zählen insbesondere die Schiffseigner, Betreiber von Bergungsunternehmen, aber auch die Besatzungsmitglieder eines Bergerfahrzeugs, wenn diese im Namen des Unternehmers tätig werden. Für Schiffsbesatzungen ist zu beachten, dass die Regelungen zur Verteilung des Bergelohns auf die Mannschaft separat geregelt sind und häufig tarif- oder arbeitsvertragliche Grundlagen voraussetzen. Nicht anspruchsberechtigt sind Personen, die zur Rettung der eigenen Güter verpflichtet sind („keine Selbstbelohnung“).

Wie wird der Rechtsweg bei Streitigkeiten über den Bergelohn beschritten?

Kommt es zu Streitigkeiten hinsichtlich der Entstehung oder Höhe des Bergelohns, ist zunächst eine gütliche Einigung der Parteien möglich, häufig unter Anrufung eines Schiedsverfahrens, etwa nach den Bedingungen von Lloyd’s Open Form (LOF). Erfolgt keine Einigung, so ist die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig und ergeht das Urteil in erster Instanz regelmäßig durch das Amts- oder Landgericht, abhängig vom Streitwert. In besonderen Fällen, etwa bei Schiffsunfällen mit deutschen Interessen, sind auch die Seeämter (als Verwaltungsbehörden) zur Entscheidung über die Verteilung des Bergelohns nach deutschem Recht befugt. Internationale Sachverhalte werden nach den jeweils anwendbaren Rechtsvorschriften und Kollisionsnormen beurteilt.

Können Umweltaspekte den Bergelohn beeinflussen?

Der Gesetzgeber hat besondere Anreize für Bergungsmaßnahmen geschaffen, die dazu beitragen, Umweltschäden abzuwehren oder zu begrenzen. Nach § 579 HGB und Art. 14 ff. des Internationalen Bergungsübereinkommens kann unter bestimmten Voraussetzungen neben dem klassischen Bergelohn ein erhöhter Sonderlohn („Special Compensation“) beansprucht werden, wenn eine Bergung zu einer signifikanten Reduzierung der Umweltgefahr geführt hat – beispielsweise bei Abwendung von Ölverschmutzungen. Hierbei ist die tatsächliche Verhinderung einer Verschmutzung entscheidend, nicht bloß die Möglichkeit der Gefahr. Die Höhe der Sondervergütung bemisst sich u. a. nach dem geretteten Wert und den gebotenen Aufwendungen der Bergungsmaßnahmen.

Welche gesetzlichen Fristen gelten für die Geltendmachung des Bergelohns?

Gemäß § 581 HGB verjähren Ansprüche auf Bergelohn innerhalb von zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Bergungsmaßnahmen abgeschlossen werden, unabhängig davon, wann die Parteien Kenntnis von sämtlichen Umständen erlangen. Diese Frist kann durch klageweise Geltendmachung oder vertragliche Anerkenntnisse gehemmt oder unterbrochen werden. International bestehen ggf. abweichende Regelungen, etwa nach dem Londoner Bergungsübereinkommen, sind aber vergleichbar ausgestaltet. Nach Ablauf der Frist ist die Durchsetzung des Bergelohns in der Regel ausgeschlossen, sofern keine besonderen Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände vorliegen.