Legal Lexikon

Bergelohn

Begriff und Funktion des Bergelohns

Bergelohn ist die Vergütung für eine Bergungsleistung an Schiffen, Ladung oder sonstigen Vermögenswerten auf See oder in Binnengewässern. Er dient dazu, freiwillige Hilfeleistungen in Notlagen zu fördern und den besonderen Risiken, Aufwendungen und der Verantwortung der Bergenden Rechnung zu tragen. Der Anspruch auf Bergelohn entsteht typischerweise, wenn ein in Gefahr befindlicher Gegenstand durch eine erfolgreiche Hilfeleistung geschützt, gesichert oder in Sicherheit gebracht wird.

Abgrenzung zu verwandten Leistungen

Der Bergelohn unterscheidet sich von gewöhnlicher Schlepphilfe oder Transportleistungen. Schleppvorgänge, die planmäßig und ohne besondere Gefahrensituation erfolgen, begründen keinen Bergelohn. Bergung setzt eine konkrete Gefahr für Schiff, Ladung oder andere Vermögenswerte voraus. Auch das bloße Auffinden herrenloser Gegenstände ist keine Bergung im engeren Sinne; hier können eigenständige Regeln des Fund- oder Kulturgüterschutzes greifen.

Rechtsnatur

Der Anspruch auf Bergelohn kann aus einer vertraglichen Vereinbarung über die Bergung hervorgehen oder unabhängig von einem Vertrag kraft Gesetzes entstehen, wenn die anerkannten Voraussetzungen vorliegen. Der Anspruch hat vermögensrechtlichen Charakter und richtet sich typischerweise gegen die Eigentümer oder sonstigen Berechtigten an den geretteten Werten.

Voraussetzungen des Bergelohnanspruchs

Gefahr

Erforderlich ist eine reale, gegenwärtige Gefahr für das Schiff, die Ladung oder andere Vermögenswerte. Die Gefahr kann aus Havarien, Wassereinbruch, Brand, Strandung, Maschinenausfall, widrigen Wetterbedingungen oder Umwelteinwirkungen resultieren. Eine rein hypothetische Möglichkeit genügt nicht; es muss eine ernsthafte Bedrohung des Erhalts oder des Werts vorliegen.

Freiwilligkeit

Bergung setzt grundsätzlich Freiwilligkeit voraus. Wer kraft fester vertraglicher Hauptpflicht ohnehin zur Hilfeleistung verpflichtet ist, kann in der Regel keinen Bergelohn beanspruchen, solange sich die Tätigkeit im Rahmen der gewöhnlichen Vertragspflichten bewegt. Auch die Schiffsbesatzung ist für die Rettung des eigenen Schiffs und der eigenen Ladung regelmäßig nicht bergelohnberechtigt. Wird jedoch in einer Ausnahmesituation eine deutlich über das Geschuldete hinausgehende, außergewöhnliche Rettungsleistung erbracht, kann sich daraus ein Bergelohn ergeben.

Erfolg und Nutzen

Ein Bergelohn setzt ein erfolgreiches Ergebnis voraus, das häufig als „nützlicher Erfolg“ beschrieben wird. Entscheidend ist, ob die Leistung zum Erhalt, zur Sicherung oder zur Wertsteigerung der gefährdeten Sachen beigetragen hat. Das Leitprinzip „keine Rettung – kein Lohn“ wird durch moderne Regelungen ergänzt, die unter bestimmten Voraussetzungen eine besondere Vergütung vorsehen können, wenn maßgebliche Anstrengungen zur Abwendung von Umweltschäden unternommen wurden.

Gegenstand der Bergung

Bergefähig sind insbesondere Seeschiffe, Binnenschiffe, deren Ladung und Ausrüstungsgegenstände sowie sonstige vermögenswerte Sachen auf oder im Wasser. Die Rettung von Menschenleben wird gesondert gewürdigt; sie allein begründet keinen Bergelohn, kann aber bei der Verteilung oder Bemessung der Vergütung berücksichtigt werden.

Bemessung und Verteilung des Bergelohns

Berechnungsfaktoren

Die Höhe des Bergelohns wird nach einer Gesamtwürdigung verschiedener Faktoren festgelegt. Übliche Kriterien sind:

  • Wert der geretteten Sachen nach Abschluss der Bergung
  • Grad der Gefahr und die Schwere der drohenden Schäden
  • Fachkunde, Umsicht und Einsatz des Bergungsteams
  • Zeitaufwand, Dauer und Schnelligkeit des Einsatzes
  • Aufwand und Kosten, einschließlich eingesetzter Geräte und Materialien
  • Risiken für Personal, Gerät und eingesetzte Fahrzeuge
  • Verfügbarkeit und Eignung von Bergungsmitteln
  • Beitrag zur Abwendung oder Minderung von Umweltschäden

Art der Vergütung

Die Vergütung kann als pauschaler Betrag, als Anteil am Wert der geretteten Sachen oder in einer kombinierten Form festgelegt werden. Daneben kommen besondere Vergütungen in Betracht, wenn erhebliche Maßnahmen zur Verhütung oder Begrenzung von Umweltschäden ergriffen wurden, auch wenn der unmittelbare wirtschaftliche Erfolg begrenzt ist.

Verteilung unter mehreren Bergenden

Haben mehrere Beteiligte zur Bergung beigetragen, wird der Gesamtbetrag entsprechend dem jeweiligen Beitrag, der Einsatzintensität und der Übernahme von Risiken verteilt. Innerhalb eines Bergungsteams erfolgt eine interne Aufteilung nach den vereinbarten Regeln oder nach Billigkeitsgesichtspunkten. Wer Leben rettet, kann an der Vergütung für die Bergung von Sachen beteiligt werden.

Sicherung und Durchsetzung des Bergelohns

Bergelohnpfandrecht

Zur Sicherung des Vergütungsanspruchs besteht ein besonderes Vorzugsrecht an den geretteten Sachen. Dieses Recht ermöglicht es, die Herausgabe zu verweigern, bis angemessene Sicherheit geleistet ist, oder die Vollstreckung in die geretteten Gegenstände zu betreiben. Das Sicherungsrecht kann eine hohe Rangordnung gegenüber anderen Forderungen einnehmen.

Sicherheiten und Garantien

In der Praxis wird zur Freigabe der geretteten Sachen häufig eine Sicherheitsleistung gestellt, etwa durch Bankgarantie oder Garantie eines Haftpflicht- oder Kaskoversicherers. Die Sicherheit deckt den strittigen Bergelohn zuzüglich Vereinbarungen über Zinsen und Kosten bis zur endgültigen Festsetzung.

Verfahren und Zuständigkeit

Die Festsetzung des Bergelohns erfolgt durch einvernehmliche Vereinbarung, durch schiedsähnliche Verfahren auf Grundlage standardisierter Bergungsverträge oder durch staatliche Gerichte. Zuständigkeit und anwendbares Recht richten sich nach vertraglichen Bestimmungen, dem Ort der Sicherheitstellung, dem Ort der Festsetzung oder den Regeln des internationalen Zivilverfahrensrechts. Für die Geltendmachung bestehen Fristen, die regelmäßig kurz bemessen sind.

Vertragliche Gestaltung

Standardisierte Bergungsverträge

International verbreitet sind formularmäßige Vereinbarungen, die ein rasches Tätigwerden erlauben und häufig das Prinzip „kein Erfolg – kein Lohn“ vorsehen. Solche Verträge enthalten Bestimmungen zur Vergütungsbemessung, zur Sicherheitsleistung, zur Streitbeilegung und zu den Aufgaben der Parteien während des Einsatzes.

Klauseln zum Umweltschutz

Besondere Klauseln können eine zusätzliche, kostendeckende Vergütung vorsehen, wenn primär der Schutz der Umwelt oder die Verhütung von Verschmutzungen im Vordergrund steht. Hierdurch wird das wirtschaftliche Risiko von Einsätzen reduziert, die zwar für die Allgemeinheit wichtig, jedoch in Bezug auf die geretteten Werte nur begrenzt werthaltig sind.

Besondere Konstellationen

Hoheitliche Maßnahmen

Öffentliche Stellen können zur Gefahrenabwehr tätig werden, insbesondere bei drohenden Umweltschäden. Je nach Rechtsordnung bestehen Ansprüche auf Kostenerstattung. Inwieweit ein Bergelohn beansprucht werden kann, hängt von den einschlägigen Regelungen und der Art des Einsatzes ab.

Wrack- und Kulturgutbergung

Bei historischen Wracks, Kulturgütern oder militärischen Hinterlassenschaften gelten häufig besondere Schutz- und Genehmigungsregime. Eigentumsfragen, Immunitäten und der Schutz des kulturellen Erbes können den Bergelohn begrenzen oder überlagern.

Binnenschifffahrt

Auch in Binnengewässern findet der Bergelohn Anwendung. Die Grundprinzipien ähneln denen auf See, Details können jedoch abweichen, etwa hinsichtlich Zuständigkeit, Sicherheitsleistung oder Fristen.

Abgrenzung zur Havarie-Grosse

Bergelohn und Havarie-Grosse verfolgen unterschiedliche Zwecke. Der Bergelohn vergütet die Rettungsleistung von außenstehenden Hilfeleistenden. Die Havarie-Grosse betrifft dagegen die interne Ausgleichspflicht der an der gemeinsamen Seereise Beteiligten bei bewusst eingegangenen Aufopferungen. Bergelohnzahlungen können im Rahmen der Havarie-Grosse als Aufwand berücksichtigt werden.

Versicherungsrechtliche Bezüge

Schiffskasko- und Ladungsversicherung

Versicherungen decken Bergungskosten und Bergelohn häufig ab, soweit dies vereinbart ist. Sie stellen Sicherheitsleistungen, führen Verhandlungen über die Höhe und übernehmen Zahlungen, um Verzögerungen bei der Freigabe geretteter Güter zu vermeiden.

Haftpflicht und Umweltrisiken

Haftpflichtversicherer sind regelmäßig in die Sicherung und Abwicklung eingebunden, insbesondere wenn Umweltrisiken betroffen sind. Sie können Garantien stellen und an der Bemessung besonderer Vergütungsbestandteile mitwirken.

Beendigung, Minderung und Ausschluss

Gründe für Kürzung oder Verfall

Der Bergelohn kann gekürzt oder versagt werden, wenn der Berger pflichtwidrig handelt, die Gefahr selbst verursacht oder den Einsatz unnötig gefährlich oder kostspielig gestaltet. Unangemessenes Verhalten, unzulässige Forderungen oder Verstöße gegen Sicherheitsanforderungen wirken sich nachteilig aus.

Mitverursachung und Selbsthilfe

Hat der Berger die Gefahr mitverursacht, wird die Vergütung entsprechend gemindert oder entfällt. Eigene Rettungsmaßnahmen des Eigentümers schließen Bergelohn nicht aus, können aber die Höhe beeinflussen, wenn externe Hilfe dadurch reduziert wurde.

Internationaler Rahmen und anwendbares Recht

Der Bergelohn ist international harmonisiert. Üblicherweise orientieren sich Gerichte, Schiedsinstanzen und die Praxis an allgemein anerkannten Grundsätzen über Voraussetzungen, Bemessung, Sicherheiten und Umweltschutz. Das anwendbare Recht ergibt sich aus vertraglichen Vereinbarungen, dem Ort des Verfahrens oder aus Kollisionsnormen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist Bergelohn und wann entsteht er?

Bergelohn ist die Vergütung für die Rettung oder Sicherung von Schiffen, Ladung oder anderen Vermögenswerten aus einer konkreten Gefahrensituation. Er entsteht, wenn die Hilfeleistung freiwillig erfolgt und ein nützlicher Erfolg erzielt wird.

Wer schuldet den Bergelohn?

Der Bergelohn richtet sich gegen die Eigentümer oder sonstigen Berechtigten der geretteten Sachen. In der Praxis treten deren Versicherer häufig als Sicherungsgeber oder Zahlstelle auf.

Wie wird der Bergelohn berechnet?

Die Höhe wird nach einer Gesamtwürdigung festgelegt. Maßgeblich sind insbesondere der Wert der geretteten Sachen, das Ausmaß der Gefahr, der Einsatz und das Risiko der Berger, der Zeit- und Kostenaufwand sowie der Beitrag zur Verhütung von Umweltschäden.

Gibt es Bergelohn für die Rettung von Menschenleben?

Allein für die Rettung von Menschenleben wird kein Bergelohn geschuldet. Lebensrettung kann aber bei der Verteilung und Bemessung der Vergütung für die Rettung von Sachen berücksichtigt werden.

Unterscheidet sich Bergung von Schlepphilfe?

Ja. Bergung setzt eine konkrete Gefahrensituation voraus und vergütet eine Rettungsleistung. Schlepphilfe ist eine gewöhnliche Transport- oder Unterstützungstätigkeit ohne besondere Gefahrensituation und begründet keinen Bergelohn.

Hat der Berger ein Sicherungsrecht an den geretteten Sachen?

Zur Sicherung des Bergelohns besteht ein besonderes Vorzugsrecht an den geretteten Sachen. Es ermöglicht, Sicherheit zu verlangen und gegebenenfalls die Durchsetzung gegenüber Schiff und Ladung.

Welche Fristen gelten für die Geltendmachung?

Für die Geltendmachung des Bergelohns bestehen regelmäßig kurze Fristen. Deren Lauf und Dauer richten sich nach dem anwendbaren Recht und vertraglichen Regelungen.

Wie wird verfahren, wenn mehrere Berger tätig waren?

Der Gesamtbetrag wird unter den Beteiligten nach ihrem jeweiligen Beitrag, Risiko und Einsatz verteilt. Die Festsetzung erfolgt durch Einigung, vertragliche Verfahren oder durch Entscheidung einer zuständigen Stelle.