Legal Lexikon

Bedingte Forderung


Begriff und Definition der Bedingten Forderung

Eine bedingte Forderung ist ein Anspruch, dessen Entstehung, Durchsetzbarkeit oder Fortbestand von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis – der sogenannten Bedingung – abhängt. Bedingte Forderungen sind ein zentraler Begriff im Zivilrecht und kommen in vielfältigen rechtlichen Kontexten vor, beispielsweise im Schuldrecht, Erbrecht, Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht. Charakteristisch für die bedingte Forderung ist, dass sie bei Abschluss des Rechtsgeschäfts noch nicht unbedingt besteht oder durchsetzbar ist, sondern die Wirksamkeit vom Eintritt oder Ausbleiben eines bestimmten Ereignisses abhängt.

Systematik und Bedeutung im Schuldrecht

Arten von Bedingungen

Im Rechtssystem ist zwischen aufschiebenden (suspensiven) und auflösenden (resolutiven) Bedingungen zu unterscheiden:

  • Aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB): Die Wirksamkeit einer Forderung tritt erst mit Eintritt des Ereignisses ein. Vor Eintritt der Bedingung entsteht kein durchsetzbarer Anspruch.
  • Auflösende Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB): Der Anspruch ist zunächst wirksam und durchsetzbar, entfällt jedoch rückwirkend mit dem Eintritt des auflösenden Ereignisses.

Bei einer bedingten Forderung handelt es sich meist um eine mit einer aufschiebenden Bedingung verknüpfte Forderung, deren Geltendmachung erst ab Eintritt der Bedingung zulässig ist.

Entstehung und Durchsetzbarkeit

Eine Forderung ist bedingt, solange das vorausgesetzte Ereignis noch nicht eingetreten ist. Dennoch existiert bereits ein sogenanntes „Anwartschaftsrecht“ oder eine „Anwartschaft“, die unter Umständen rechtlich geschützt sein kann. Die Forderung wird bei Bedingungseintritt „unbedingt“ und ist dann voll durchsetzbar.

Beispiele für bedingte Forderungen

  • Ein Kaufpreiszahlungsanspruch, dessen Fälligkeit vom Eintreffen einer Warenlieferung abhängt.
  • Die Zahlung einer Prämie, sofern ein bestimmtes Geschäft bis zu einem Stichtag abgeschlossen wird.
  • Erbansprüche nach Eintritt eines im Testament bestimmten zukünftigen Ereignisses.

Rechtliche Wirkungen und Besonderheiten

Vor Eintritt der Bedingung

Vor dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung ist die Forderung noch nicht entstanden oder jedenfalls nicht durchsetzbar. Allerdings besteht bereits ein „schwebendes“ Rechtsverhältnis. Die Parteien sind bereits an das Grundgeschäft gebunden, jedoch bleibt die endgültige Rechtswirkung bis zum Bedingungseintritt aus. Das bedeutet, dass der Gläubiger noch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung vorgehen kann.

Nach Eintritt der Bedingung

Tritt die Bedingung ein, entfaltet die Forderung rückwirkend volle Wirksamkeit. In bestimmten Konstellationen wird die Entstehung rechtlich so behandelt, als sei sie bereits zum Zeitpunkt des bedingten Geschäfts erfolgt.

Übertragung der bedingten Forderung

Auch bedingte Forderungen können grundsätzlich abgetreten oder verpfändet werden (§§ 398 ff. BGB), sofern nicht die Natur der Forderung oder eine Vereinbarung zwischen den Parteien dies ausschließt. Die Abtretung erstreckt sich im Zweifel auch auf die Bedingung, das heißt, der Erwerber der Forderung ist nach Eintritt der Bedingung zur Geltendmachung berechtigt.

Bedingte Forderung im Insolvenzrecht

Bedingte Forderungen nehmen im Insolvenzverfahren eine besondere Rolle ein. Gemäß § 38 InsO werden auch bedingte Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. Sie werden entweder bis zum Bedingungseintritt „vorsorglich“ anerkannt oder nachträglich, sobald die Bedingung eintritt. Die Verteilung an die Gläubiger berücksichtigt auch den möglichen Eintritt der Bedingung.

Bedingte Einreden und Verteidigungsmöglichkeiten

Im Zusammenhang mit bedingten Forderungen können Schuldner so genannte Einreden geltend machen, beispielsweise die Nichtfälligkeit der Forderung, solange die aufschiebende Bedingung nicht eingetreten ist. Mit Eintritt der Bedingung entfallen derartige Einreden, sofern keine weiteren Einreden bestehen.

Praktische Anwendungsfelder der Bedingten Forderung

Vertragsgestaltung

In Vertragsverhältnissen werden häufig Bedingungsklauseln verwendet, um die Entstehung oder Fälligkeit von Forderungen an bestimmte zukünftige Ereignisse zu knüpfen. Dies bietet den Parteien Flexibilität und sichert gegen Unsicherheiten im Geschäftsablauf ab.

Erbrecht und Vermächtnisse

Im Erbrecht werden bedingte Forderungen regelmäßig durch Testamente oder Erbverträge geschaffen, indem zum Beispiel ein Erbe oder Vermächtnisnehmer von der Verwirklichung eines Ereignisses abhängig gemacht wird.

Gesellschaftsrecht

Auch im Gesellschaftsrecht können bedingte Forderungen eine Rolle spielen, etwa beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder bei Nachschussverpflichtungen, die an bestimmte Bedingungen geknüpft sind.

Abgrenzung: Bedingte Forderung vs. Befristete Forderung

Bedingte Forderungen unterscheiden sich von befristeten Forderungen. Während bei einer Befristung das zukünftige Ereignis (z. B. ein bestimmtes Datum) sicher eintritt, ist der Eintritt einer Bedingung ungewiss. Die Unsicherheit der Bedingung ist das maßgebliche Abgrenzungsmerkmal (§ 163 BGB).

Rechtlicher Schutz und Verjährung

Bedingte Forderungen unterliegen dem allgemeinen Schutz des Forderungsrechts. Die Verjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem Eintritt der Bedingung, sofern die Forderung zuvor nicht geltend gemacht werden kann. Gläubiger und Schuldner sollten daher den Eintritt von Bedingungen sorgfältig dokumentieren.

Literatur und Rechtsprechung

Die bedingte Forderung ist in zahlreichen Grundsatzentscheidungen der Rechtsprechung sowie Kommentarliteratur, insbesondere zum Bürgerlichen Gesetzbuch, umfassend dargestellt. Praxisrelevant sind Entscheidungen zur Insolvenzanmeldung bedingter Forderungen sowie zur Übertragung und Sicherheit von bedingten Ansprüchen.


Zusammenfassung:
Die bedingte Forderung stellt einen wichtigen rechtsdogmatischen Begriff im Zivilrecht dar, mit ausschlaggebender Bedeutung für die Vertragsgestaltung, das Insolvenzverfahren, sowie das Erb- und Gesellschaftsrecht. Ihre rechtliche Ausgestaltung und Behandlung differenzieren sich je nach Art der Bedingung, Eintritt oder Ausbleiben des bedingenden Ereignisses und spezifischer Anwendungsbereiche. Ein präzises Verständnis ist für die Handhabung komplexer Rechtsgeschäfte unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wie wirkt sich eine Bedingung auf die Durchsetzbarkeit einer Forderung aus?

Die Durchsetzbarkeit einer bedingten Forderung hängt unmittelbar vom Eintritt oder Ausfall der vereinbarten Bedingung ab (§ 158 BGB). Solange die Bedingung noch nicht eingetreten ist (bei aufschiebenden Bedingungen) oder solange der bedingungsauslösende Umstand noch nicht weggefallen ist (bei auflösenden Bedingungen), ist die Geltendmachung der Forderung – insbesondere durch Klage – grundsätzlich ausgeschlossen. Der Gläubiger kann also erst dann auf Erfüllung der Forderung bestehen, wenn das bedingte Ereignis tatsächlich eintritt. Es bleibt ihm allerdings möglich, zur Sicherung seiner Rechte, vorzufühlen und Teilrechte auszuüben, die nicht unmittelbar auf die Erfüllung der Forderung gerichtet sind, etwa Sicherheiten zu bestellen oder Ansprüche vorzumerken. Nach Eintritt der Bedingung wirkt die Forderung rechtlich so, als hätte sie von Anfang an bestanden, es sei denn, etwas anderes ist vereinbart.

Kann eine bedingte Forderung abgetreten oder gepfändet werden?

Ja, eine bedingte Forderung kann grundsätzlich abgetreten (§ 398 BGB) oder gepfändet (§ 829 ZPO) werden. Die Abtretung und Pfändung wirken jedoch – genauso wie die Forderung selbst – nur unter dem Vorbehalt des Eintritts der Bedingung. Im Fall der Abtretung wird der Erwerber Inhaber der Forderung, allerdings kann er die Forderung erst geltend machen, sobald die Bedingung eingetreten ist. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung besteht für den Gläubiger die Möglichkeit, einen sogenannten Vorpfändungsbeschluss zu beantragen, um seine Rechte für den Fall des Bedingungseintritts zu sichern. Der Schuldner bleibt bis dahin zur Leistung nicht verpflichtet.

Welche Arten von Bedingungen sind bei Forderungen rechtlich zulässig?

Grundsätzlich unterscheidet das Gesetz zwischen aufschiebenden (§ 158 Abs. 1 BGB) und auflösenden Bedingungen (§ 158 Abs. 2 BGB). Eine aufschiebende Bedingung bewirkt, dass die Forderung erst mit Eintritt des Ereignisses entsteht; eine auflösende Bedingung lässt die Forderung entstehen, diese erlischt jedoch mit dem Bedingungseintritt wieder. Zulässig sind Bedingungen grundsätzlich für alle Arten von Forderungen, sofern der Bedingungsinhalt nicht gegen gesetzliche Verbote, die guten Sitten (§ 138 BGB) oder die Allgemeinverbindlichkeit verstößt. Eine Ausnahme bilden Rechtsgeschäfte, bei denen das Gesetz den Bedingungsausschluss ausdrücklich vorschreibt, etwa bei Eheversprechen (§ 1311 BGB) oder Testamenten (§ 2074 BGB).

Was geschieht mit Nebenrechten, die mit einer bedingten Forderung verbunden sind?

Nebenrechte, wie zum Beispiel Hypotheken, Bürgschaften oder Pfandrechte, bleiben so lange „schwebend“ bestehen, bis die Hauptforderung, also die Bedingung, eintritt. Sie können bereits mit der bedingten Forderung bestellt oder mit abgetreten werden, entfalten jedoch ihre volle Wirksamkeit erst bei Eintritt der Bedingung. Der Gläubiger kann die Nebenrechte nutzen, um seinen Anspruch zu schützen, jedoch sind Vollstreckungsmaßnahmen oder etwaige Verwertungen bis zum Eintritt der Bedingung regelmäßig ausgeschlossen. Sollte die Bedingung endgültig ausfallen, erlöschen auch die mit der Hauptforderung verbundenen Nebenrechte.

Welche Möglichkeiten bestehen, den Eintritt einer Bedingung nachzuweisen?

Der Nachweis des Eintritts oder Ausfalls einer Bedingung ist für die Durchsetzung der Forderung entscheidend. In der Regel reicht hierfür jede Form von Beweismitteln, die auch sonst im Zivilprozess zugelassen sind, beispielsweise Urkunden, Zeugenaussagen oder Sachverständigengutachten. Im Falle eventueller Streitigkeiten über das Bedingungsvorkommnis trägt in der Regel derjenige die Beweislast, der sich auf den Eintritt der Bedingung beruft, also häufig der Gläubiger. Der konkrete Nachweis hängt dabei immer auch von der Natur der Bedingung ab – während der Eintritt eines bestimmten Datums meist einfach zu führen ist, kann der Nachweis komplexer Fakten (etwa eines Geschäftserfolges) erhebliche Schwierigkeiten bereiten.

Welche Rechte und Pflichten haben die Parteien bis zum Eintritt der Bedingung?

Vor Eintritt der Bedingung stehen die Parteien in einem sogenannten Schwebezustand. Der Gläubiger hat zwar bereits eine Anwartschaft, aber noch keinen Anspruch auf Leistung. Dementsprechend bestehen im Regelfall sowohl für den Gläubiger als auch für den Schuldner Verhaltenspflichten, insbesondere die Pflicht zur Rücksichtnahme nach Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Schuldner darf beispielsweise die spätere Forderung nicht vereiteln, indem er widerrechtlich die Bedingung verhindert (Verbot des treuwidrigen Verhaltens, § 162 BGB). Umgekehrt darf der Gläubiger keine Schädigung des Schuldners herbeiführen, indem er ohne Bedingungseintritt auf Erfüllung besteht. Bei Eintritt der Bedingung erwachsen dann Rechte und Pflichten im vollen Umfang.