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Außergerichtliche Kosten


Begriff und Definition: Außergerichtliche Kosten

Außergerichtliche Kosten bezeichnen im deutschen Recht sämtliche im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens anfallenden Aufwendungen. Sie entstehen regelmäßig, bevor ein formelles gerichtliches Verfahren eingeleitet wird, wie etwa im Rahmen von Verhandlungen, bei der außergerichtlichen Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen sowie bei Vergleichsgesprächen. Typische außergerichtliche Kosten sind insbesondere Anwaltskosten, Kosten für Gutachten sowie Aufwendungen für Korrespondenz, Reisen oder notwendige Übersetzungen.

Im engeren rechtlichen Sinne umfasst der Begriff alle Kosten, die außerhalb des gerichtlichen Verfahrens entstehen und nicht zu den Gerichtskosten im Sinne des Gerichtskostengesetzes (GKG) oder der jeweiligen Verfahrenskostengesetze zählen.

Bestandteile der außergerichtlichen Kosten

Anwaltskosten

Der größte Anteil der außergerichtlichen Kosten entfällt regelmäßig auf die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten (§§ 2 ff. Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG). Hierzu zählen insbesondere:

  • Beratungsgebühren: Für die Erstberatung oder weitergehende Rechtsauskünfte.
  • Geschäftsgebühren: Für die außergerichtliche Vertretung eines Mandanten gegenüber Dritten, wie etwa der Schriftverkehr oder das Führen von Vergleichsverhandlungen.
  • Einigungsgebühren: Bei Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs.

Kosten sonstiger Rechtsdienstleister

Neben anwaltlichen Gebühren können auch Kosten für Notare, Patentanwälte oder andere zur Rechtsdienstleistung berechtigte Personen entstehen, sofern deren Mitwirkung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens erforderlich ist.

Weitere Kostenarten

Zu den außergerichtlichen Kosten gehören des Weiteren:

  • Sachverständigenkosten: Zum Beispiel für die Einholung privater Gutachten zur Untermauerung des eigenen Standpunkts.
  • Übersetzungskosten: Soweit für die Anspruchsdurchsetzung fremdsprachige Dokumente übersetzt werden müssen.
  • Reisekosten und Spesen: Für notwendige Reisen im Zuge der außergerichtlichen Rechtswahrnehmung, wie etwa zu Gesprächen mit der Gegenseite.
  • Porto-, Telefon- und Kopierkosten: Im Rahmen der Korrespondenz mit Beteiligten, Behörden oder Versicherungen.

Abgrenzung zu Gerichtskosten und Verfahrenskosten

Außergerichtliche Kosten sind streng von Gerichtskosten und den Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu unterscheiden. Gerichtskosten erfassen die durch gerichtliche Tätigkeit ausgelösten Gebühren und Auslagen (z. B. Aktenversendungspauschalen, Gerichtsgebühren gemäß GKG, FamGKG, ArbGG etc.). Die Gesamtheit der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten wird häufig unter dem Oberbegriff Verfahrenskosten oder Prozesskosten (insbesondere im Bereich der Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO) zusammengefasst.

Kostenerstattung außergerichtlicher Kosten

Vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch

Die Erstattungspflicht für außergerichtliche Kosten kann sich vertraglich oder gesetzlich ergeben. Im Zivilrecht besteht im Regelfall kein gesetzlicher Anspruch auf Übernahme der vorgerichtlichen Kosten durch den Schuldner, es sei denn, dieser befindet sich im Verzug oder es besteht eine andere spezielle Anspruchsgrundlage.

Anspruch aus Verzug (§§ 280, 286 BGB)

Befindet sich ein Schuldner mit einer Forderung in Verzug, kann der Gläubiger gemäß §§ 280, 286 BGB grundsätzlich Ersatz notwendiger Rechtsverfolgungskosten verlangen. Notwendig ist eine außergerichtliche Tätigkeit immer dann, wenn eine anwaltliche Beauftragung aus Sicht eines verständigen Rechtssuchenden sachlich geboten war.

Erstattungsfähigkeit im Rahmen der Kostentragungspflichten

Häufigst werden außergerichtliche Kosten im Rahmen folgender Konstellationen ersetzt:

  • Schadensersatzrecht: Ersatzfähig sind die Aufwendungen, die zur Anspruchsdurchsetzung erforderlich und zweckmäßig waren.
  • Vertragsrecht: Bei schuldhafter Vertragsverletzung samt Rechtsverfolgung.
  • Deliktsrecht: Bei unerlaubter Handlung.
  • Wettbewerbsrecht und Immaterialgüterrecht: Häufig statuiert das Gesetz ausdrückliche Ersatzansprüche, z. B. § 97a Abs. 3 UrhG (Abmahnkosten).

Höhe und Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten

Die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten ist dem Grundsatz nach auf die erforderlichen und angemessenen Kosten beschränkt. Eine Erstattungsfähigkeit entfällt dann, wenn die Kosten im Einzelfall unverhältnismäßig sind. Typischerweise richtet sich die Höhe nach den Sätzen des RVG; im Einzelfall sind jedoch die konkreten Bedingungen maßgeblich.

Verhältnis zu Prozesskosten und deren Erstattung

Mit Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens stellen die zuvor angefallenen außergerichtlichen Kosten regelmäßig einen Teil der von der obsiegenden Partei geltend zu machenden Prozesskosten dar (§ 91 ZPO). Die klassische Konstellation: Die vorgerichtlichen Anwaltskosten werden im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens beim Gericht geltend gemacht.

Kostenfestsetzungsverfahren

Im Zivilprozess kann die obsiegende Partei außergerichtliche Kosten, insbesondere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, als erstattungsfähig im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO beim Gericht beantragen. Voraussetzung ist, dass diese Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren und unmittelbar mit dem Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens zusammenhängen.

Das Kostenfestsetzungsorgan prüft dabei die Erforderlichkeit und Angemessenheit der geltend gemachten außergerichtlichen Kosten. Nicht notwendige oder als überhöht empfundene Kostenbestandteile werden nicht festgesetzt und können somit nicht vom Gegner verlangt werden.

Außergerichtliche Kosten im öffentlichen Recht

Im Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsverfahren gelten die jeweiligen Vorschriften zur Kostenerstattung (z. B. § 162 VwGO, § 193 SGG, § 139 FGO). Auch hier besteht regelmäßig die Möglichkeit, außergerichtlich angefallene Kosten im Rahmen der Kostenerstattung geltend zu machen, jeweils nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Regelungen.

Außergerichtliche Kosten im Strafverfahren

Im Strafprozessrecht können dem Beschuldigten im Fall des Freispruchs gemäß § 467 StPO die notwendigen Auslagen, zu denen auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten gehören, aus der Staatskasse erstattet werden. Für Nebenkläger oder Privatkläger bestehen vergleichbare Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen.

Versicherungsschutz für außergerichtliche Kosten

Die meisten Rechtsschutzversicherungen gewähren – abhängig vom abgeschlossenen Versicherungsumfang und Eintritt des Versicherungsfalles – Kostenschutz für außergerichtliche Tätigkeiten. Die Leistungen orientieren sich regelmäßig an den gesetzlichen Gebührenordnungen (insbesondere RVG) und können vertraglich eingeschränkt sein.

Außergerichtliche Kosten – Tipps und Hinweise

  • Vor der Beauftragung eines Rechtsbeistands sollte die Erfolgsaussicht und Angemessenheit im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit geprüft werden.
  • Die Notwendigkeit der Kosten ist stets Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit. Nicht erforderliche, überhöhte oder ohnehin aussichtslose Tätigkeiten führen regelmäßig nicht zu einer Kostenerstattung.
  • Die Erstattung von außergerichtlichen Kosten sollte in der Korrespondenz mit der Gegenseite ausdrücklich eingefordert und begründet werden.

Literatur und Quellen

  • Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
  • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Gerichtskostengesetz (GKG)
  • VwGO, SGG, FGO
  • Palandt, BGB, aktuelle Auflage
  • Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar

Hinweis: Diese Darstellung bietet eine umfassende Übersicht zu Außergerichtlichen Kosten im deutschen Recht und berücksichtigt die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen, Definitionen sowie praxisrelevante Aspekte zur Erstattung und Durchsetzung.

Häufig gestellte Fragen

Können außergerichtliche Kosten auch im Rahmen eines Zivilprozesses geltend gemacht werden?

Außergerichtliche Kosten können grundsätzlich im Rahmen eines Zivilprozesses im Wege des sogenannten Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden, sofern diese für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich waren. Hierzu zählen insbesondere notwendige Anwaltsgebühren, Auslagen für Gutachten sowie Kosten für die vorgerichtliche Korrespondenz. Maßgeblich ist, ob die entstandenen Kosten nach objektiven Maßstäben für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 ZPO). Der erstattungspflichtige Umfang wird durch das Gericht im Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 104 ZPO festgelegt. Zu beachten ist, dass nicht alle vorgerichtlichen Kosten automatisch zu den vom Gegner zu erstattenden Kosten zählen, etwa wenn sie auf einem übermäßigen Aufwand oder auf freiwilligen Leistungen beruhen.

Wer trägt die außergerichtlichen Kosten in einem gerichtlichen Verfahren?

Die außergerichtlichen Kosten trägt grundsätzlich zunächst jede Partei selbst. Allerdings kann sich durch eine Kostenentscheidung des Gerichts eine Erstattungspflicht ergeben. Gewinnt eine Partei den Zivilprozess vollständig, so kann sie in der Regel gemäß § 91 ZPO verlangen, dass der unterlegene Gegner die notwendigen außergerichtlichen Kosten übernimmt. Kommt es zu einer teilweisen Kostenteilung oder einem Vergleich, kann eine abweichende Regelung über die Kostentragung getroffen werden. Liegt ein Verschulden für die Entstehung unnötiger Kosten bei einer Partei vor, können diese gemäß § 95 ZPO ebenfalls dieser Partei auferlegt werden.

Was versteht man unter der „Erforderlichkeit“ außergerichtlicher Kosten für die Erstattungsfähigkeit?

Die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten richtet sich nach deren Erforderlichkeit, das heißt, es wird geprüft, ob ein rational denkender Beteiligter die Kosten zur Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen aus der maßgeblichen Sicht für notwendig halten durfte. Die bloße Entstehung der Kosten begründet keinen Anspruch auf Erstattung; vielmehr dürfen keine nachträglich als überflüssig erkannten Maßnahmen (bspw. doppelte Anwaltstätigkeit oder überhöhte Sachverständigengebühren) verlangt werden. Die Beurteilung erfolgt stets einzelfallbezogen durch das Gericht, das bspw. bei Bagatellstreitigkeiten die Einschaltung eines Anwalts möglicherweise als nicht erforderlich bewertet.

Können außergerichtliche Kosten auch bei einer gütlichen Einigung oder einem Vergleich erstattet werden?

Wird eine gütliche Einigung oder ein gerichtlicher Vergleich erzielt, können die Parteien darin ausdrücklich die Verteilung der bis dahin entstandenen außergerichtlichen Kosten regeln. Mangels einer entsprechenden Vereinbarung verbleibt es grundsätzlich bei der gesetzlichen Auffassung, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Parteien haben jedoch die Möglichkeit, im Vergleich oder in einer Nebenabrede eine abweichende Kostentragung schriftlich zu fixieren, was insbesondere bei hohen vorgerichtlichen Kosten empfehlenswert ist. Enthält der Vergleich keine Regelung, erfolgt keine Erstattung durch den Gegner.

Welche Rolle spielen außergerichtliche Kosten in der Rechtsschutzversicherung?

Die Rechtsschutzversicherung übernimmt regelmäßig sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Kosten im Rahmen des versicherten Risikos. Das umfasst insbesondere Anwaltsgebühren für Beratung, außergerichtliche Vertretung und ggf. Kosten für Schlichtungsverfahren. Die Einstandspflicht ist jedoch häufig auf bestimmte Höchstgrenzen (Deckungssumme, Selbstbeteiligung, etc.) begrenzt und von den speziellen Bedingungen der Rechtsschutzpolice abhängig. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist jedoch auf die Sachverhalte beschränkt, die vertraglich vom Versicherungsschutz gedeckt sind; Streitigkeiten außerhalb des versicherten Bereichs sowie nicht erforderliche Ausgaben werden nicht von der Versicherung übernommen.

Können außergerichtliche Kosten auch in Verwaltungs- oder Familiensachen beansprucht werden?

Auch in Verwaltungs-, Sozial- und Familiensachen können außerhalb eines gerichtlichen Hauptverfahrens anfallende notwendige Aufwendungen (z.B. Anwaltsgebühren oder notwendige Auslagen) als außergerichtliche Kosten erstattungsfähig sein. In diesen Rechtsgebieten regeln spezielle Vorschriften, inwieweit, auf welche Weise und unter welchen Voraussetzungen eine Kostenerstattung vorgesehen ist, etwa § 162 VwGO im Verwaltungsprozess oder § 81 FamFG im Familienverfahren. Die gerichtliche Anerkennung der Erstattungsfähigkeit richtet sich auch hier nach Erforderlichkeit und billigen Ermessen, wobei zusätzlich die jeweilige Verfahrensart sowie gesetzliche Besonderheiten (bspw. in Kindschaftssachen) zu berücksichtigen sind.

Gibt es steuerrechtliche Aspekte bei außergerichtlichen Kosten?

Außergerichtliche Kosten können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich als außergewöhnliche Belastungen oder Betriebsausgaben abziehbar sein. Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Rechtsverfolgungskosten grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen mehr, es sei denn, sie dienen der Existenzsicherung oder betreffen den existenziell notwendigen Lebensbereich. Betrieblich oder beruflich veranlasste außergerichtliche Aufwendungen, wie beispielsweise Beratungskosten im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung, können jedoch steuermindernd geltend gemacht werden. Die steuerliche Anerkennung hängt maßgeblich von der konkreten Veranlassung und den jeweiligen Nachweis- und Dokumentationspflichten ab.