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Ausschluss von Gesellschaftern


Begriff und rechtliche Bedeutung des Ausschlusses von Gesellschaftern

Der Ausschluss von Gesellschaftern ist ein zentrales Instrument des Gesellschaftsrechts und umfasst die zwangsweise Beendigung der Mitgliedschaft eines Gesellschafters innerhalb einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. Diese Maßnahme stellt grundsätzlich einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des betroffenen Gesellschafters dar und unterliegt daher strengen rechtlichen Voraussetzungen und umfangreichen Verfahrensanforderungen. Ziel des Ausschlussverfahrens ist in der Regel der Schutz der Gesellschaft vor existenzgefährdenden Verhaltensweisen einzelner Gesellschafter oder die Sicherung der Leistungsfähigkeit und Stabilität des Unternehmens.


Rechtsgrundlagen und gesellschaftsrechtliche Einordnung

Allgemeine gesetzliche Regelungen

Je nach Rechtsform gelten unterschiedliche gesetzliche Grundlagen für den Ausschluss von Gesellschaftern. Während das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB), das Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) sowie das Aktiengesetz (AktG) jeweils eigenständige Bestimmungen vorsehen, ist der Ausschluss besonders in Personengesellschaften wie der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) relevant.

GbR (§ 737, § 736 BGB)

In der GbR richtet sich der Ausschluss nach § 737 BGB und kann aus wichtigem Grund auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag erfolgen.

OHG/KG (§ 140 HGB i.V.m. § 737 BGB)

Für die OHG und die Kommanditgesellschaft gelten grundsätzlich die Vorschriften des BGB, ergänzt durch das HGB. Darüber hinaus bestehen gesellschaftsvertragliche Handlungsspielräume.

GmbH (§ 34, § 38, § 60 GmbHG)

Für die GmbH sind die Vorschriften des GmbHG maßgeblich, insbesondere §§ 34, 38 und 60 GmbHG.

Aktiengesellschaft

Im Aktienrecht ist ein Ausschluss regelmäßig nur durch Rechtsnachfolge (z.B. Squeeze-out gemäß §§ 327a ff. AktG) oder im Falle der Einziehung von Aktien bei gesellschaftsvertraglicher Grundlage möglich.

Gesellschaftsvertragliche Regelungen

Der Gesellschaftsvertrag kann den Ausschluss von Gesellschaftern regeln und ergänzende sowie abweichende Bestimmungen zu gesetzlichen Vorgaben enthalten. Diese Regelungen können insbesondere Form, Verfahren und konkrete Ausschlussgründe präzisieren sowie Modalitäten der Abfindung festlegen.


Ausschlussgründe

Der Ausschluss eines Gesellschafters kann grundsätzlich nur aus wichtigen Gründen erfolgen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Verbleib des Gesellschafters im Unternehmen nicht mehr zugemutet werden kann und die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm untragbar erscheint. Typische Gründe sind:

  • Schwere Pflichtverletzungen: Wesentliche Vertragsverletzungen, Untreue, Verletzung von Verschwiegenheitspflichten, grobe Verstöße gegen gesellschaftsvertragliche Pflichten
  • Störung der Zusammenarbeit: Nachhaltig zerrüttetes Vertrauensverhältnis, massive Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern
  • Vermögensrechtliche Gründe: Zahlungsunfähigkeit, Insolvenz des Gesellschafters, erfolglose Pfändung des Geschäftsanteils
  • Konkurrenztätigkeit: Eigenmächtige Ausübung von Tätigkeiten, die dem Geschäftszweck der Gesellschaft entgegenstehen
  • Unzumutbares Verhalten: Straftaten zum Nachteil der Gesellschaft, Rufschädigung, Behinderung der Geschäftsführung

Das Ausschlussverfahren

Initiierung des Ausschlussverfahrens

Das Ausschlussverfahren beginnt mit der Geltendmachung des Ausschlusses durch die übrigen Gesellschafter. In der Regel ist ein entsprechender Beschluss notwendig, zu dessen Wirksamkeit die Mehrheit der Stimmen oder eine qualifizierte Mehrheit erforderlich sein kann, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen trifft.

Beschlussfassung

Der betroffene Gesellschafter ist regelmäßig von der Abstimmung über seinen eigenen Ausschluss ausgeschlossen (Stimmrechtsausschluss). Die Anforderungen an die Form der Beschlussfassung richten sich nach dem Gesellschaftsvertrag und den gesetzlichen Vorgaben.

Rechtliches Gehör

Vor dem Ausschluss ist dem betroffenen Gesellschafter Gelegenheit zur Stellungnahme und Verteidigung zu geben, um einen fairen Ablauf sicherzustellen.

Gerichtliche Geltendmachung

Der Ausschluss eines Gesellschafters bedarf gemäß § 34 GmbHG bei der GmbH, aber auch bei vielen Personengesellschaften, regelmäßig der gerichtlichen Geltendmachung, sofern keine anderslautende Regelung im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. Das Gericht stellt im Urteilsverfahren das Vorliegen der Ausschlussvoraussetzungen fest.

Klage auf Ausschluss

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens muss der Kläger das Vorliegen eines wichtigen Grundes substantiiert darlegen und beweisen. Der betroffene Gesellschafter erhält die Möglichkeit zur Verteidigung. Mit rechtskräftiger Entscheidung wird das Gesellschaftsverhältnis zum ausgeschlossenen Gesellschafter beendet.

Rechtsfolgen des Ausschlusses

Durch den Ausschluss endet die Mitgliedschaft des betroffenen Gesellschafters. Er verliert sämtliche Rechte und Pflichten als Gesellschafter. Gesellschaftsanteile werden zwangsweise eingezogen, verkauft oder übertragen, gemäß den gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Bei der GmbH erfolgt die Übertragung des Anteils häufig gegen Abfindung.

Abfindung

Der ausgeschlossene Gesellschafter hat Anspruch auf eine angemessene Abfindung, deren Höhe sich nach dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteils bemisst, sofern der Gesellschaftsvertrag keine anderen Modalitäten vorsieht. Die Abfindungsregelungen sind häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen, insbesondere hinsichtlich der Bewertung und Zahlungsmodalitäten.

Nachhaftung

Der ausgeschlossene Gesellschafter haftet gegebenenfalls für bis zum Ausscheiden begründete Verbindlichkeiten weiterhin gegenüber der Gesellschaft sowie deren Gläubigern (Nachhaftung), insbesondere bei Personengesellschaften gem. § 160 HGB.


Abgrenzungen und Besonderheiten

Unterschied zu anderen Beendigungen der Mitgliedschaft

Der Ausschluss ist abzugrenzen von der freiwilligen Kündigung, dem Tod (bei natürlichen Personen) sowie der Übertragung von Anteilen, die allesamt regelmäßig einvernehmlich oder durch äußere Umstände erfolgen. Der Eingriff des Ausschlusses erfolgt stets gegen oder ohne den Willen des betroffenen Gesellschafters.

Besonderheiten bei einzelnen Gesellschaftsformen

  • Bei kleinen und mittleren Gesellschaften mit personellem Bezug liegt die Schwelle für einen Ausschluss häufig niedriger als bei großen, kapitalmarktorientierten Unternehmen.
  • Beim Squeeze-out im Aktienrecht existieren zur Wahrung der Rechte der Minderheitsaktionäre besondere rechtliche Schranken und Abfindungsregelungen.

Rechtsschutz und Rechtsmittel

Der ausgeschlossene Gesellschafter kann gegen seinen Ausschluss rechtliche Schritte einleiten und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gesellschaftsrechte vorläufig sichern. Im Hauptsacheverfahren kann die gerichtliche Überprüfung der Wirksamkeit des Ausschlusses, der Bestimmung des Abfindungsanspruchs und weiterer Details erfolgen.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Habersack, M./Schürnbrand, U.: Gesellschaftsrecht, München, C.H. Beck
  • Scholz: GmbHG, Kommentar
  • Münchener Kommentar zum BGB, Band 2, Gesellschaftsrecht
  • Baumbach/Hopt: Handelsgesetzbuch, Kommentar

Fazit

Der Ausschluss von Gesellschaftern ist ein rechtlich komplexes Mittel zur Sicherung der Funktionsfähigkeit von Gesellschaften. Er erfordert das Vorliegen gewichtiger Gründe, eine klare und faire Verfahrensgestaltung sowie die Gewährung des gebotenen Rechtsschutzes. Die gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten bieten hierbei Raum für individuelle Lösungen, müssen jedoch stets mit den zwingenden gesetzlichen Vorgaben und den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für den Ausschluss eines Gesellschafters gegeben sein?

Für den Ausschluss eines Gesellschafters bedarf es im deutschen Gesellschaftsrecht triftiger Gründe, die im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. Grundsätzlich werden als wichtige Ausschlussgründe schwere Pflichtverletzungen des Gesellschafters, grobe Verletzungen der Loyalitäts- und Treuepflichten oder das Verursachen von erheblichem Schaden für die Gesellschaft angesehen. Bei der GmbH findet sich keine ausdrückliche gesetzliche Regelung für den Ausschluss, jedoch kann ein solcher durch einen Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt (§ 133 Abs. 1 UmwG analog, oft gestützt durch die Rechtsprechung). In der Praxis werden die Voraussetzungen häufig im Gesellschaftsvertrag konkretisiert. In der GmbH ist der Ausschluss grundsätzlich nur mittels einer Ausschluss- oder Einziehungsklausel im Gesellschaftsvertrag zulässig. Liegt ein wichtiger Grund nicht vor, ist ein Ausschluss i. d. R. unwirksam, was bereits für die Einleitung des Verfahrens rechtliche Relevanz besitzt. Zudem ist zu beachten, dass der betroffene Gesellschafter am Abstimmungsprozess nicht beteiligt sein darf (§ 47 Abs. 4 GmbHG).

Wie läuft das rechtliche Verfahren zum Ausschluss eines Gesellschafters typischerweise ab?

Das Ausschlussverfahren beginnt formell mit einer Einladung zur Gesellschafterversammlung, in der über den Ausschluss beschlossen werden soll. Der betroffene Gesellschafter ist zwar grundsätzlich zur Versammlung zu laden, sein Stimmrecht ruht hinsichtlich des Ausschlussbeschlusses aber gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG. Der Beschluss zum Ausschluss bedarf in der Regel einer qualifizierten Mehrheit, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorschreibt. Nach erfolgreichem Beschluss wird dem Gesellschafter der Beschluss zugestellt. Dieser kann innerhalb einer angemessenen Frist (in der Regel spätestens innerhalb von drei Monaten) eine gerichtliche Überprüfung gemäß § 246 AktG analog oder nach den allgemeinen Anfechtungsregeln veranlassen. Rechtliche Besonderheit: Bereits im Vorfeld des Ausschlussbeschlusses ist dem betroffenen Gesellschafter Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (rechtliches Gehör). Das Verfahren endet mit der Auszahlung der Abfindung, deren Angemessenheit oft zu den häufigsten Streitpunkten im Ausschlussverfahren zählt.

Welche Rechtsmittel stehen dem ausgeschlossenen Gesellschafter zur Verfügung?

Der ausgeschlossene Gesellschafter kann den Ausschluss gerichtlich überprüfen lassen. Dazu kann er Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit oder Anfechtungsklage gegen den Gesellschafterbeschluss einreichen. Wird der Ausschluss im Wege der Einziehung des Geschäftsanteils vollzogen, kann der Gesellschafter auch auf Zahlung einer angemessenen Abfindung klagen, sollte diese zu gering festgesetzt sein (§ 738 BGB für OHG, § 34 GmbHG für GmbH analog). Zu beachten ist hierbei, dass in der Praxis die Zuständigkeit des Landgerichts gegeben ist und häufig spezielle gesellschaftsrechtliche Kammern involviert sind. Binnen einer je nach Rechtsform und Vertrag individuell geregelten Frist (i.d.R. längstens drei Monate ab Zugang des Beschlusses) muss die Klage erhoben werden, um prozessuale Rechte nicht zu verlieren.

Wie ist die Abfindung für den ausgeschlossenen Gesellschafter rechtlich geregelt?

Der Anspruch des ausgeschlossenen Gesellschafters auf eine Abfindung ist im Grundsatz gesetzlich anerkannt und ergibt sich zwingend aus § 738 Abs. 1 S. 2 BGB für Personengesellschaften und aus § 34 GmbHG analog für die GmbH. Die Abfindung bemisst sich regelmäßig nach dem Verkehrswert des Anteils, wobei Stichtag und Berechnungsmethodik im Gesellschaftsvertrag näher bestimmt werden können und sollten. Mangelt es an vertraglichen Regelungen, greifen die allgemeinen Bewertungsgrundsätze (z.B. IDW S1 Standard für Unternehmensbewertungen). Problematisch sind häufig Abfindungsklauseln, die sittenwidrig geringe Abfindungen vorsehen – diese sind nach ständiger Rechtsprechung unwirksam. Streitigkeiten über die Höhe der Abfindung werden regelmäßig durch Sachverständigengutachten, ggf. gerichtlich entschieden.

Können Gesellschafter aus beliebigen Gründen ausgeschlossen werden?

Nein, ein Ausschluss kann ausschließlich aus wichtigen, sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgen. Das willkürliche oder missbräuchliche Ausschließen von Gesellschaftern ist rechtlich unzulässig und würde gegen Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts sowie das Bestimmtheitsgebot und den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 242 BGB) verstoßen. Der Ausschlussgrund muss ausreichend gravierend sein, das heißt, das gesellschaftliche Miteinander muss durch das Verhalten des Gesellschafters dauerhaft und schwerwiegend gestört sein. Beispiele sind wiederholte, vorsätzliche Pflichtverletzungen, Insolvenzeröffnung gegen den Gesellschafter oder strafbares Verhalten zum Nachteil der Gesellschaft.

Welche Besonderheiten bestehen beim Ausschluss in der Personengesellschaft oder der Kommanditgesellschaft?

Bei Personengesellschaften (GbR, OHG) ist der Ausschluss eines Gesellschafters nach § 140 HGB i.V.m. §§ 133, 737, 738 BGB ausdrücklich gesetzlich bestimmt. Ein Ausschluss kann durch Gesellschafterbeschluss oder – bei Vorliegen eines wichtigen Grundes – durch gerichtliche Entscheidung erfolgen. Anders in der GmbH, dort braucht es in der Regel eine im Gesellschaftsvertrag verankerte Einziehungsklausel. Bei der KG gestaltet sich die Rechtslage ähnlich wie bei der OHG, wobei der Kommanditist in beschränktem Umfang ausgeschlossen werden kann. Allerdings ist beim Ausschluss eines Komplementärs oder Kommanditisten die Zustimmung aller übrigen Gesellschafter, sofern nicht anders geregelt, erforderlich.

Welche Rolle spielt der Gesellschaftsvertrag beim Ausschluss von Gesellschaftern?

Der Gesellschaftsvertrag ist beim Ausschlussverfahren von zentraler Bedeutung, da er die materiell-rechtliche und verfahrensmäßige Grundlage für das Vorgehen schafft. Häufig werden im Vertrag Ausschlussgründe, das Verfahren zur Beschlussfassung, Abfindungsmodalitäten und Bewertungsparameter konkretisiert. Fehlt eine vertragliche Ausschluss- oder Einziehungsklausel, ist in einer GmbH der Ausschluss faktisch ausgeschlossen, außer es bestehen gravierende, gesetzlich anerkannte Gründe vor. Der Gesellschaftsvertrag kann zudem vorsehen, dass Ersatzgesellschafter nachrücken, Abfindungen gestundet werden oder Streitschlichtungsregelungen greifen. Sensible und rechtssichere Vertragsgestaltung ist daher unverzichtbar, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.