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Auslandsunterhalt (im Kontext Arbeitsentgelt)


Begriff und rechtliche Einordnung des Auslandsunterhalts im Kontext Arbeitsentgelt

Der Begriff Auslandsunterhalt im Zusammenhang mit dem Arbeitsentgelt bezeichnet regelmäßig die Verpflichtung einer im Ausland tätigen oder im Ausland ansässigen Person, Unterhaltszahlungen zu erbringen, sofern diese auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis (Arbeitsentgelt) basiert. Die Thematik umfasst sowohl die materiell-rechtlichen Grundlagen des Unterhaltsrechts als auch die kollisionsrechtlichen Aspekte und die grenzüberschreitende Durchsetzbarkeit von Unterhaltsansprüchen. Dabei kommt dem internationalen Einkommenserwerb, insbesondere aus nicht inländischen Arbeitsverhältnissen, eine besondere Bedeutung zu.

Definition und Anwendungsbereich

Begriffsauslegung

Auslandsunterhalt bezeichnet Unterhaltsleistungen, die von einer Person geschuldet werden, die sich dauerhaft oder vorübergehend im Ausland aufhält oder dort Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt. Rechtlich maßgeblich ist dabei, dass das Arbeitsentgelt – also das regelmäßige Einkommen aus einem Dienstverhältnis – der Bemessungsgrundlage für die Unterhaltsberechnung dient. Dies betrifft typischerweise Situationen, bei denen Verpflichtete oder Berechtigte in unterschiedlichen Staaten wohnhaft sind, oder das Erwerbseinkommen in einer Fremdwährung erzielt wird.

Typische Anwendungsfälle

  • Unterhaltspflicht eines im Ausland arbeitenden Elternteils gegenüber inländischen Kindern
  • Ehegatten- oder Trennungsunterhalt bei grenzüberschreitendem Bezug von Arbeitsentgelt
  • Kindesunterhalt bei Wohnsitzstaatenwechsel eines Elternteils
  • Inländisches Urteil mit Bezug auf ausländisches Arbeitsentgelt als Unterhaltsgrundlage

Rechtliche Grundlagen und Kollisionsrecht

Nationale und internationale Regelungen

Deutsches Unterhaltsrecht

Nach deutschem Recht richtet sich die Unterhaltspflicht insbesondere nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Maßgebliche Vorschriften sind §§ 1601 ff. BGB (Verwandtenunterhalt), §§ 1360 ff. BGB (Ehegattenunterhalt) und die entsprechenden Berechnungstafeln (z.B. Düsseldorfer Tabelle). Die Höhe des Unterhalts bemisst sich nach dem Einkommen des Verpflichteten, wobei auch ausländisches Arbeitsentgelt einzubeziehen ist.

Internationales Privatrecht und Kollisionsnormen

Für Sachverhalte mit Auslandsbezug gelten die Vorschriften des internationalen Privatrechts. In Deutschland ist dies maßgeblich im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) geregelt, insbesondere in Art. 18 ff. Daneben ist die EuUnterhaltsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 4/2009) zu berücksichtigen, sofern es sich um Fälle innerhalb der Europäischen Union handelt.

Das maßgebliche Recht wird durch Kollisionsnormen bestimmt:

  • Bei Unterhaltsansprüchen zwischen Eltern und Kindern gilt grundsätzlich das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Berechtigten (Art. 15 Haager Protokoll 2007).
  • Bei Ehegattenunterhalt kommt es auf den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt oder die gemeinsame Staatsangehörigkeit an.

Internationale Abkommen

Internationale Abkommen, wie das Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (HUÜ 1973), regeln die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Unterhaltstitel. Für EU-Staaten ist die genannte EuUnterhaltsverordnung vorrangig.

Berechnung des Auslandsunterhalts auf Basis von Arbeitsentgelt

Einkommensermittlung

Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens

Für die Berechnung des Unterhalts ist das bereinigte Nettoeinkommen maßgeblich. Bei im Ausland erwirtschaftetem Arbeitsentgelt erfolgt zunächst die Umrechnung in Euro auf Grundlage des maßgeblichen Wechselkurses. Zudem sind steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten des Beschäftigungsstaates zu berücksichtigen. Abzugsfähig sind darüber hinaus berufsbedingte Aufwendungen, ggf. Transferkosten sowie Währungsumrechnungsgebühren.

Besonderheiten der Einkommensbewertung bei Auslandsbezug

Bei nicht konstanter Entlohnung oder starken Wechselkursschwankungen kann ein Durchschnittsverdienst auf Basis der letzten zwölf Monate ermittelt werden. Auslandstypische Zusatzleistungen wie Unterkunft, Verpflegungszuschüsse und andere geldwerte Vorteile sind als Einkommen zu bewerten, sofern sie dem Schuldner tatsächlich zufließen oder ihm zur Verfügung stehen.

Höhe und Umfang des Unterhalts

Die individuelle Unterhaltshöhe richtet sich nach den jeweiligen Richtlinien und Tabellen des Anwendungsstaates. Im Rahmen von Kindes- und Ehegattenunterhalt ist das angesetzte Einkommen maßgeblicher Faktor für die Bemessung.

Durchsetzung und Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen bei Auslandsarbeitsentgelt

Anerkennung und Vollstreckung deutscher und ausländischer Unterhaltstitel

Innerhalb der Europäischen Union

Die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltstiteln zu Arbeitsentgelt aus dem Ausland ist unionsweit durch die EuUnterhaltsverordnung harmonisiert. Titel aus anderen EU-Mitgliedstaaten werden grundsätzlich ohne zusätzliches Anerkennungsverfahren vollstreckt („automatische Anerkennung“).

Außerhalb der EU

In Drittstaaten richtet sich die Anerkennung nach bilateralen oder multilateralen Vereinbarungen (insb. HUÜ 1973). In Staaten ohne entsprechende Vereinbarungen sind Anerkennungs- und Vollstreckungshindernisse möglich.

Praktische Herausforderungen

Bei verspäteter oder ausbleibender Zahlung ausländischen Arbeitsentgelts können Vollstreckungsmaßnahmen im Beschäftigungsstaat erforderlich werden. Hierbei spielen die Ausgestaltung der jeweiligen nationalen Zwangsvollstreckungsordnung, der Zugang zu Informationen zum Einkommen sowie der Schutz des Schuldners eine zentrale Rolle.

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Implikationen

Einkommensteuerrechtliche Aspekte

Unterhaltszahlungen, die auf ausländischem Arbeitsentgelt basieren, können Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung im Heimatstaat sowie im Beschäftigungsstaat haben. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bestimmen, welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht und wie das Arbeitsentgelt für die Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist.

Sozialversicherung

Abhängig vom Beschäftigungsstaat bestehen Unterschiede in der Sozialversicherungspflicht. Die Frage nach der Anrechnung ausländischer Sozialversicherungsbeiträge auf das bereinigte Nettoeinkommen ist insbesondere für die Unterhaltsberechnung bedeutsam.

Fazit

Der Auslandsunterhalt im Kontext Arbeitsentgelt ist ein komplexes Rechtsgebiet und berührt zahlreiche nationale und internationale Rechtsvorschriften. Die Ermittlung, Durchsetzung und Besteuerung von Unterhaltsansprüchen auf der Grundlage ausländischen Arbeitsentgelts erfordert eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Rechtsordnungen, einschlägigen internationalen Abkommen sowie der finanziellen und tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls. Für Betroffene empfiehlt sich eine genaue Klärung aller relevanten Grundlagen, um die Rechte und Pflichten effizient und rechtssicher zu verwirklichen.


Dieser Eintrag wurde für eine umfassende, sachlich orientierte und rechtlich fundierte Darstellung des Begriffs „Auslandsunterhalt (im Kontext Arbeitsentgelt)“ im Rahmen eines Rechtslexikons erstellt.

Häufig gestellte Fragen

Wie kann Auslandsunterhalt aus dem Arbeitsentgelt eines Schuldners im Ausland vollstreckt werden?

Die Vollstreckung von Auslandsunterhalt aus dem Arbeitsentgelt eines Schuldners, der sich im Ausland aufhält oder dort beschäftigt ist, richtet sich nach internationalen Abkommen, EU-Verordnungen sowie nationalen Ausführungsgesetzen. In den meisten Fällen ist für EU-Länder die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über Unterhaltsansprüche anzuwenden, die ein vereinfachtes und unmittelbar anwendbares Verfahren für die grenzüberschreitende Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen bereitstellt. Das bedeutet, dass ein in einem EU-Mitgliedstaat erlassener Unterhaltstitel grundsätzlich auch in anderen EU-Staaten anerkannt und vollstreckt werden kann, ohne dass ein Anerkennungsverfahren erforderlich ist. Voraussetzung ist in der Regel die Vorlage eines Exequatur-Zertifikats. Bei Staaten außerhalb der EU kommt das UN-Unterhaltsübereinkommen von 2007 oder bilaterale Verträge in Betracht. In der Praxis ist ein Antrag auf Vollstreckung an die zuständige zentrale Behörde im Heimatstaat zu richten, die den Antrag an die zuständige Einrichtung im Aufenthaltsstaat des Schuldners weiterleitet. Dort kann das Arbeitsentgelt beispielsweise durch die örtlich geltenden Vorschriften gepfändet werden. Schwierigkeiten ergeben sich häufig aus unterschiedlichen Pfändungsfreigrenzen, Zuständigkeitsfragen sowie aus sprachlichen und administrativen Barrieren.

Welche Rolle spielt das Haager Übereinkommen bei der Durchsetzung von Auslandsunterhalt aus Arbeitsentgelt?

Das Haager Übereinkommen vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegenüber Kindern und anderen Familienangehörigen (HCCH 2007) stellt einen einheitlichen völkerrechtlichen Rahmen für die wirksame Durchsetzung und Anerkennung von Unterhaltsansprüchen, insbesondere im Zusammenhang mit Arbeitsentgelt, bereit. Vertragsstaaten müssen zentrale Behörden einrichten, die für grenzüberschreitende Anträge im Unterhaltsrecht zuständig sind. Durch standardisierte Formulare, Kommunikationswege und Vorzugsregelungen im Vollstreckungsverfahren wird die internationale Zusammenarbeit erleichtert. Dem Gläubiger obliegt es, die relevanten Informationen zum Arbeitsverhältnis des Schuldners bereitzustellen, etwa die Anschrift, den Arbeitgeber und den bestehenden Unterhaltstitel. In diesem Rahmen übernimmt die zentrale Behörde des ersuchten Staates die Aufgabe, die Pfändung des Arbeitsentgelts nach dortigem nationalen Recht durchzuführen und das Ergebnis an die zentrale Behörde des Antragstellers zurückzumelden.

Welche Unterlagen sind für die Vollstreckung von Auslandsunterhalt gegen Arbeitsentgelt notwendig?

Für die erfolgreiche Vollstreckung von Auslandsunterhalt gegen das Arbeitsentgelt eines Schuldners im Ausland sind je nach Rechtsgrundlage und Zielland spezifische Unterlagen erforderlich. Zwingend erforderlich ist ein vollstreckbarer Unterhaltstitel (z.B. Gerichtsurteil, Beschluss, notariell beurkundete Unterhaltsvereinbarung). Im Fall der EU-Verordnung 4/2009 muss diesem ein sogenanntes „Unterhaltsrechts-Zertifikat“ beigefügt werden. Häufig werden zudem beglaubigte Kopien des Titels, eine Übersetzung in die Amtssprache des ersuchten Staates, Angaben zum Aufenthaltsort des Schuldners, Name und Anschrift des Arbeitgebers sowie Nachweise zum aktuellen Arbeitsentgelt verlangt. Die zuständige zentrale Behörde unterstützt bei der Zusammenstellung und Übermittlung der Unterlagen. Fehlen einzelne Informationen, kann das Verfahren verzögert oder sogar ausgesetzt werden.

Wie werden Pfändungsfreigrenzen und Abzüge im Ausland bei Auslandsunterhalt berücksichtigt?

Die Bestimmung der Pfändungsfreigrenzen und zulässigen Abzüge erfolgt nach dem Recht des Staates, in dem die Vollstreckung betrieben wird. Dies bedeutet, dass sich der pfändbare Teil des Arbeitsentgelts nach den dort geltenden Vorschriften richtet, unabhängig von den Freigrenzen im Ursprungsstaat des Unterhaltstitels. Unterschiede können sich aus nationalen Gepflogenheiten hinsichtlich notwendiger Lebenshaltungskosten, Steuerabzüge, sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen und Anerkennung weiterer Unterhaltspflichten ergeben. Die verschiedenen Regelungen können dazu führen, dass die tatsächlich eingezogenen Beträge vom erwarteten Wert abweichen. Die zentrale Behörde des ersuchten Staates informiert den Antragsteller in der Regel über die angewandten Grenzwerte und den Ablauf der Pfändung.

Welche Besonderheiten gelten bei wiederkehrenden Unterhaltszahlungen aus Arbeitsentgelt?

Anders als einmalige Forderungen bedingen wiederkehrende Unterhaltszahlungen eine dauerhafte und regelmäßige Überwachung der Zahlungen und gegebenenfalls laufende Anpassung der Vollstreckungsmaßnahmen. Zentralstellen im Ausland sind verpflichtet, für einen festgelegten Zeitraum die Lohnpfändung zu organisieren oder zu überwachen und regelmäßig Rückmeldung über die Zahlungseingänge zu geben. Insolvenzen, Arbeitsplatzwechsel oder Wohnortverlagerungen des Schuldners erfordern eine fortlaufende Anpassungsstrategie sowie die rechtzeitige Kommunikation zwischen den beteiligten Behörden. Störungen im Zahlungsfluss, etwa durch Arbeitslosigkeit, müssen den zentralen Behörden unverzüglich mitgeteilt werden, damit Maßnahmen zur weiteren Zwangsvollstreckung oder alternativen Geltendmachung (etwa aus anderem Vermögen) getroffen werden können.

Welche Rechtsmittel stehen dem Schuldner im Ausland gegen die Lohnpfändung zur Verfügung?

Auch im Ausland hat der Schuldner das Recht, Rechtsmittel gegen die Zwangsvollstreckung seiner Arbeitsentgelte einzulegen. Die Art und der Umfang richten sich nach dem Recht des Staates, in dem die Pfändung erfolgt. Dies kann etwa den Widerspruch gegen die Anerkennung des Unterhaltstitels, Einwendungen gegen die Höhe der Forderung, Anträge auf Einstellung der Vollstreckung oder auf Anpassung der Pfändungsfreigrenzen beinhalten. Fristen und Zuständigkeiten sind jeweiliges nationales Recht. Im Rahmen der EU-Verordnung 4/2009 sind besondere Schutzmechanismen vorgesehen, etwa das „Stadium der Überprüfung“ (Artikel 24 ff.). Die zentrale Behörde muss dem Schuldner nachweislich die Möglichkeit zur Stellungnahme bzw. zur Rechtswahrnehmung eröffnen.

Was passiert bei Arbeitslosigkeit des Schuldners während der laufenden Auslandsunterhaltsvollstreckung?

Wird der Schuldner arbeitslos, ist die Pfändung des Arbeitsentgelts nicht mehr möglich bzw. reduziert sich entsprechend der vorhandenen Einkünfte. In diesem Fall müssen die zentrale Behörde sowie die Unterhaltsberechtigten umgehend informiert werden. Der Anspruch auf Unterhalt bleibt jedoch weiter bestehen und kann gegebenenfalls auf andere Vermögenswerte oder zukünftige Einkünfte erweitert werden. Rechtsgrundlage und Verfahren zur Anpassung richten sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates. In einigen Ländern kann bei staatlicher Unterstützung eine Überleitung des Anspruchs erfolgen, sofern der Staat anstelle des Schuldners Unterhaltsleistungen erbringt. Die zentrale Behörde unterstützt bei der Prüfung alternativer Vollstreckungsmöglichkeiten und informiert auch über eine vorübergehende Aussetzung der Pfändungsmaßnahmen.