Ausgleichswert: Bedeutung und Einordnung
Der Ausgleichswert ist eine rechnerische Größe, mit der Ansprüche oder Anwartschaften zwischen zwei Personen wertmäßig ausgeglichen werden. Der Begriff wird vor allem im Rahmen des Versorgungsausgleichs bei einer Ehescheidung verwendet. Dort bezeichnet der Ausgleichswert den Anteil eines in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechts (zum Beispiel aus der gesetzlichen Rentenversicherung, einer Betriebsrente oder privaten Altersvorsorge), der zur hälftigen Teilung herangezogen wird. Der Ausgleichswert bildet damit das Kernstück des Wertausgleichs und legt fest, in welcher Höhe ein Anrecht auf die andere Person übertragen oder in welcher Höhe ein korrespondierender Ausgleich erfolgt.
Außerhalb des Versorgungsausgleichs kann der Ausdruck Ausgleichswert als allgemeiner Begriff für eine Wertgröße genutzt werden, die als Grundlage eines wertmäßigen Ausgleichs dient. Die rechtliche Ausgestaltung, die Berechnung und die Folgen sind jedoch je nach Rechtsgebiet unterschiedlich. In der Praxis ist der Ausgleichswert vor allem als feststehender Begriff des Versorgungsausgleichs bedeutsam.
Anwendungsbereich im Versorgungsausgleich
Ehezeit und Stichtag
Für die Ermittlung des Ausgleichswerts ist die sogenannte Ehezeit maßgeblich. Sie umfasst den Zeitraum vom Beginn der Ehe bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Nur Anrechte, die in dieser Zeit erworben wurden, gehen in die Berechnung ein. Außerhalb der Ehezeit erworbene Anteile bleiben unberücksichtigt.
Welche Anrechte erfasst werden
Der Versorgungsausgleich bezieht eine Vielzahl von Alterssicherungen ein. Dazu zählen insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung, die Beamtenversorgung, berufsständische Versorgungswerke, betriebliche Altersversorgungen und private Rentenversicherungen. Für jedes Anrecht ermittelt der zuständige Versorgungsträger die während der Ehezeit erworbenen Werte und meldet sie an das Gericht.
Halbteilungsgrundsatz
Der Ausgleichswert beruht auf dem Grundsatz, dass die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte für beide Ehegatten hälftig geteilt werden. Aus der Summe der jeweiligen in der Ehezeit erworbenen Werte wird die Hälfte als Ausgleichswert bestimmt, der der anderen Person zugutekommen soll. Dies kann je Anrecht getrennt erfolgen, sodass mehrere Ausgleichswerte nebeneinander bestehen können.
Ermittlung des Ausgleichswerts
Bewertungsmaßstäbe
Die Ermittlung richtet sich nach der Struktur des jeweiligen Anrechts:
- Rentenförmige Anrechte: Bewertung in Renteneinheiten oder Entgeltpunkten und deren hälftige Teilung.
- Kapitalförmige Anrechte: Umrechnung in einen Kapitalwert und hälftige Teilung dieses Werts.
- Anrechte mit besonderen Dynamiken: Anpassungen durch Umrechnungsfaktoren, um unterschiedliche Wertentwicklungen vergleichbar zu machen.
Damit soll sichergestellt werden, dass der Ausgleichswert die wirtschaftliche Bedeutung des Anrechts realitätsnah abbildet.
Interne und externe Teilung
Der Ausgleichswert kann auf zwei Wegen umgesetzt werden:
- Interne Teilung: Das Anrecht wird beim bestehenden Versorgungsträger geteilt. Für die ausgleichsberechtigte Person wird dort ein eigenes, neues Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts begründet.
- Externe Teilung: Der Ausgleichswert wird in Geld bemessen und zu einem anderen Versorgungsträger übertragen, der für die ausgleichsberechtigte Person ein neues Anrecht begründet. Diese Form kommt insbesondere in Betracht, wenn dies die Versorgungsordnung vorsieht oder besondere Umstände vorliegen.
Dynamik und Umrechnung
Versorgungsanrechte entwickeln sich unterschiedlich, etwa durch Anpassungen, Verzinsung oder Rentenwertänderungen. Um die Halbteilung sachgerecht umzusetzen, werden Ausgleichswerte mithilfe anerkannter Rechenverfahren dynamisiert oder in vergleichbare Einheiten umgerechnet. Ziel ist die Herstellung einer wertgleichen Teilung trotz verschiedener Systeme.
Teilungskosten
Mit der Durchführung der Teilung entstehen häufig Verwaltungskosten bei den Versorgungsträgern. Diese können nach den jeweiligen Regelungen vom geteilten Anrecht abgezogen oder zwischen den Beteiligten verteilt werden. Der Ausgleichswert kann dadurch rechnerisch geringfügig reduziert werden.
Besondere Konstellationen
Geringe Ausgleichswerte und Bagatellgrenzen
Sehr kleine Ausgleichswerte können aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unberücksichtigt bleiben. Dies betrifft Fälle, in denen der Aufwand einer Teilung außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen steht. Die Entscheidung trifft das Gericht unter Berücksichtigung der gemeldeten Werte.
Unverfallbare oder nicht teilbare Anrechte
Einige Anrechte lassen sich nicht unmittelbar teilen oder werden erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig. In solchen Fällen kommt ein nachgelagerter Wertausgleich in Betracht. Der Ausgleichswert dient dann als Grundlage für Zahlungsansprüche, die erst mit Eintritt bestimmter Voraussetzungen entstehen.
Auslandsanrechte
Werden während der Ehezeit Anrechte im Ausland erworben, ist zu prüfen, ob und in welcher Weise diese in den Wertausgleich einbezogen werden. Maßgeblich sind die internationale Zuständigkeit, die Anerkennung und die Umrechnung in ein mit inländischen Anrechten vergleichbares Bewertungsformat.
Besonderheiten bei Selbstständigen, Beamten und berufsständischen Versorgungen
Bei Beamten und Angehörigen berufsständischer Versorgungen bestehen eigene Bewertungslogiken. Bei Selbstständigen hängt die Einbeziehung von der Art der Vorsorge ab, etwa ob Beiträge zu einer privaten Rentenversicherung oder zu einem Versorgungswerk geleistet wurden. Der Ausgleichswert bildet auch hier die hälftige Teilgröße der in der Ehezeit erworbenen Anwartschaft.
Verfahren und Rolle der Beteiligten
Auskunftserteilung durch Versorgungsträger
Die beteiligten Versorgungsträger ermitteln für jedes Anrecht den in der Ehezeit erworbenen Wert und übermitteln die hierfür maßgeblichen Daten an das Gericht. Diese Auskünfte bilden die Grundlage für die Festsetzung des Ausgleichswerts.
Gerichtliche Feststellung
Das Gericht stellt für jedes Anrecht den Ausgleichswert fest und entscheidet über die Art der Teilung. Diese Entscheidung wird in einem Beschluss aufgenommen, der die Höhe des Ausgleichswerts und den Weg seiner Umsetzung konkret beschreibt.
Rechtsfolgen nach Rechtskraft
Mit Rechtskraft des Beschlusses wird der Ausgleichswert verbindlich. Die Versorgungsträger richten die Anrechte entsprechend ein oder führen die Übertragung durch. Dadurch entstehen eigenständige, voneinander unabhängige Versorgungspositionen.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Ausgleichsbetrag
Der Ausgleichsbetrag ist eine Geldsumme, die zur Abgeltung eines Wertausgleichs gezahlt wird. Der Ausgleichswert ist demgegenüber die zugrunde liegende Wertgröße eines Anrechts, die geteilt oder in einen Ausgleichsbetrag umgerechnet werden kann.
Weitere Ausgleichsinstrumente
In anderen Bereichen, etwa bei der Vermögensauseinandersetzung, können ebenfalls Ausgleichsmechanismen greifen. Dort stehen jedoch andere Bezugsgrößen im Vordergrund. Der Ausgleichswert im engeren Sinn bezieht sich in erster Linie auf die Alters- und Versorgungsanrechte im Rahmen des Versorgungsausgleichs.
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Bezüge
Laufende Leistungen aus geteilten Anrechten
Werden aus dem geteilten Anrecht später Leistungen bezogen, richtet sich deren steuer- und beitragsrechtliche Behandlung nach der Art der Versorgung. Sie werden grundsätzlich so behandelt, als wären sie unmittelbar von der ausgleichsberechtigten Person selbst erworben worden.
Zahlungen im nachgelagerten Wertausgleich
Kommt es nicht zur sofortigen Teilung, sondern zu Zahlungen im Rahmen eines späteren Wertausgleichs, gelten besondere steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Regeln, die sich von den laufenden Leistungen unterscheiden können. Maßgeblich ist die Einordnung der Zahlung und deren vertragliche oder gesetzliche Struktur.
Veranschaulichende Beispiele
Beispiel 1: Gesetzliche Rente
Während der Ehezeit werden in der gesetzlichen Rentenversicherung 10 Entgeltpunkte erworben. Der Ausgleichswert beträgt 5 Entgeltpunkte. Diese werden intern geteilt und der anderen Person als eigene Rentenanwartschaft gutgeschrieben.
Beispiel 2: Betriebliche Altersversorgung mit externer Teilung
Ein kapitalförmiges Betriebsrentenanrecht weist zum Stichtag einen Ehezeitanteil von 40.000 Euro auf. Der Ausgleichswert beträgt 20.000 Euro und wird extern zu einem benannten Versorgungsträger übertragen, der dort eine neue Anwartschaft in entsprechender Höhe begründet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bezeichnet der Ausgleichswert im Versorgungsausgleich genau?
Der Ausgleichswert ist die hälftige Wertgröße der während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte. Er gibt an, welcher Anteil eines Anrechts auf die andere Person übertragen oder in anderer Form ausgeglichen wird.
Wie wird der Ausgleichswert ermittelt?
Die Versorgungsträger berechnen den Ehezeitanteil des jeweiligen Anrechts und melden ihn an das Gericht. Auf dieser Basis bestimmt das Gericht den hälftigen Ausgleichswert, gegebenenfalls nach Umrechnung und unter Berücksichtigung systembedingter Dynamiken.
Spielt es eine Rolle, aus welchem System das Anrecht stammt?
Ja. Je nach System (gesetzliche Rente, Beamtenversorgung, betriebliche oder private Vorsorge, berufsständisches Versorgungswerk) gelten unterschiedliche Bewertungs- und Umrechnungsregeln. Der Ausgleichswert wird jeweils systemgerecht gebildet.
Wann kommt es zur internen und wann zur externen Teilung?
Die interne Teilung erfolgt innerhalb desselben Versorgungssystems. Die externe Teilung überträgt den Ausgleichswert in Geld an einen anderen Träger, der eine neue Anwartschaft begründet. Welche Form Anwendung findet, hängt von den Gegebenheiten des Anrechts und den maßgeblichen Regelungen ab.
Was passiert bei sehr kleinen Ausgleichswerten?
Bei geringfügigen Werten kann die Teilung aus Verhältnismäßigkeitsgründen unterbleiben. In diesem Fall wird kein eigenständiges Anrecht begründet; der geringe Wert bleibt ungeteilt.
Wie wirkt sich der Ausgleichswert später auf Rentenzahlungen aus?
Aus dem übertragenen Ausgleichswert entstehen eigenständige Versorgungsansprüche. Diese werden später wie reguläre Leistungen des jeweiligen Versorgungssystems behandelt.
Können Anrechte ungeteilt bleiben und später ausgeglichen werden?
Ja. Wenn eine unmittelbare Teilung nicht möglich oder nicht vorgesehen ist, kann ein nachgelagerter Wertausgleich stattfinden. Grundlage ist der festgestellte Ausgleichswert.
Welche Rolle spielen Verwaltungskosten bei der Teilung?
Im Zuge der Teilung können Teilungskosten anfallen. Sie werden nach den maßgeblichen Regelungen berücksichtigt und können den effektiv übertragenen Wert geringfügig reduzieren.