Begriff und Definition von Ausfallzeiten
Ausfallzeiten bezeichnen Zeiträume, in denen ein Arbeitnehmer, eine Maschine oder eine gesamte Produktionseinheit betriebsbedingt oder aus anderen Gründen nicht für die Arbeitsleistung beziehungsweise Produktion zur Verfügung steht. In rechtlicher Hinsicht ist der Begriff vielschichtig, da Ausfallzeiten sowohl arbeitsrechtliche, sozialrechtliche, zivilrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Aspekte betreffen können. Im Kontext des Arbeitsrechts bezieht sich „Ausfallzeit“ meist auf Zeiten der Arbeitsverhinderung, wohingegen in anderen Bereichen, etwa im Werkvertragsrecht, damit Leistungsverzögerungen durch nicht abgedeckte Produktions- oder Betreibungsunterbrechungen gemeint sein können.
Ausfallzeiten im Arbeitsverhältnis
Arbeitsrechtliche Einordnung und Entgeltfortzahlung
Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses stellen Ausfallzeiten häufig Zeiträume dar, in denen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann oder darf. Diese Situation kann sich etwa durch Krankheit (§ 3 EFZG), Mutterschutz (§ 3 MuSchG), Arbeitsunfähigkeit, Urlaub (§ 1 BUrlG), Kurzarbeit oder einen betrieblichen Produktionsstillstand ergeben.
Lohnfortzahlung während Ausfallzeiten:
Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht das Prinzip „ohne Arbeit kein Lohn“ (§ 326 Abs. 1 BGB). Hiervon bestehen allerdings wesentliche Ausnahmen, welche eine Entgeltfortzahlung während Ausfallzeiten vorsehen. Zu den wichtigsten zählen:
- Krankheitsbedingte Ausfallzeiten (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz – EFZG)
- Betriebsbedingte Ausfallzeiten (z. B. Arbeitsmangel, § 615 BGB)
- Ausfallzeiten aufgrund gesetzlicher Beschäftigungsverbote (Mutterschutz, § 18 MuSchG)
- Sonderurlaub und andere vorübergehende Verhinderungen (§ 616 BGB, sofern vertraglich nicht abbedungen)
Kurzarbeit und Arbeitsausfall
Ein besonderer rechtlicher Anwendungsfall ist der Arbeitsausfall im Rahmen der Kurzarbeit. Kurzarbeit liegt vor, wenn der Arbeitgeber die betriebsübliche Arbeitszeit aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall verringert (§ 95 SGB III). Für betroffene Arbeitnehmer entsteht insofern eine Ausfallzeit, als keine oder weniger Arbeitszeit abgeleistet wird. Der Lohnausfall kann unter bestimmten Voraussetzungen durch das Kurzarbeitergeld ausgeglichen werden (§ 96 ff. SGB III).
Mitbestimmungsrechte und Pflichten während Ausfallzeiten
Betriebsbedingte Ausfallzeiten unterliegen den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG. Ebenfalls relevant sind Regelungen zur Dokumentation von Arbeitszeiten und Meldungspflichten gegenüber Sozialversicherungsträgern und Behörden.
Ausfallzeiten im Sozialrecht und Sozialversicherungsrecht
Ausfallzeiten haben im Sozialversicherungsrecht, insbesondere bezüglich Renten- und Arbeitslosenversicherung, eine zentrale Bedeutung:
- Rentenversicherung: Ausfallzeiten können als sogenannte Anrechnungszeiten (§ 58 SGB VI) in der Rentenberechnung Berücksichtigung finden, wenn während dieser Zeit beispielsweise ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, Krankengeld oder andere Lohnersatzleistungen bestand.
- Arbeitslosenversicherung: Zeiten unverschuldeten Arbeitsausfalls können für den Bezug von Arbeitslosengeld leistungsrechtlich relevant sein (§ 150 SGB III).
Zudem werden in der Unfallversicherung arbeitsbedingte Ausfallzeiten im Rahmen von Wiedereingliederungsmaßnahmen und bei der Berechnung von Verletztengeld berücksichtigt.
Ausfallzeiten im Werkvertragsrecht, Mietrecht und im gewerblichen Kontext
Werkvertragsrecht
Im Werkvertragsrecht, wie es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist, entstehen Ausfallzeiten, wenn der Auftragnehmer aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen mit der Werkerstellung in Verzug gerät oder die Leistungserbringung vorübergehend unmöglich wird (§§ 286, 275 ff. BGB). Dies kann die Frage nach Ersatzansprüchen und Fristverlängerungen aufwerfen.
Wird beispielsweise die Produktion durch nicht vom Hersteller zu verantwortende Umstände unterbrochen (sogenannte höhere Gewalt), können Ausfallzeiten schuldlos eintreten und Vertragsparteien zu gegenseitigen Ausgleichsleistungen veranlassen.
Mietrecht
Auch im Mietrecht spielen Ausfallzeiten eine Rolle. Fällt gemietete Produktionsausrüstung oder gemieteter Grundbesitz aufgrund von Mängeln aus, können Ansprüche auf Mietminderung entstehen (§ 536 BGB). Ebenso können dem Mieter infolge von Ausfallzeiten weitere Ansprüche auf Schadensersatz oder Ersatzvornahme zustehen.
Betriebliche und industrielle Sicht
In industriellen Kontexten bezeichnen Ausfallzeiten regelmäßig betriebswirtschaftlich bedeutsame Unterbrechungen in der Nutzung von Maschinen oder Anlagen. Diese Ausfallzeiten können etwa auf technische Störungen, Personalausfall oder Wartungsarbeiten zurückzuführen sein. Hieraus können – zivilrechtlich betrachtet – Schadensersatzansprüche oder Haftungsfragen resultieren, sofern die Ausfallzeit auf fehlerhafte Wartung oder fehlerhafte Produkteigentümerpflichten zurückzuführen ist (vgl. Produkthaftungsgesetz).
Steuerrechtliche Aspekte von Ausfallzeiten
Im Steuerrecht sind Ausfallzeiten im Regelfall im Zusammenhang mit dem Betriebsausgabenabzug (z. B. von ungenutzter Anlagennutzung oder Vorratsvermögen während Betriebsunterbrechung) sowie bei der Vorsteueraufteilung relevant.
Öffentliche Sonderregelungen, Meldepflichten und Dokumentation
Gesetzliche Bestimmungen verlangen in bestimmten Fällen die Erfassung und Meldung von Ausfallzeiten an staatliche Stellen. Hierzu zählen:
- Dokumentationspflichten nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
- Anzeige von Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit (§ 99 SGB III)
- Dokumentationsvorgaben im Bereich des Arbeitsschutzes und im Gesundheitswesen (Mutterschutzgesetz, Infektionsschutzgesetz)
Haftung und Schadenersatz bei Ausfallzeiten
Die Haftung für Ausfallzeiten bemisst sich grundsätzlich nach nachweisbarem Schaden und etwaigen vertraglichen oder gesetzlichen Haftungsregelungen. Zu unterscheiden ist, ob die Ausfallzeit durch eigenes Verschulden (dann ggf. Anspruch auf Schadensersatz) oder durch höhere Gewalt (Ausschluss der Haftung) eingetreten ist. Die Vertragsparteien können die Haftung für Ausfallzeiten durch umfangreiche Regelungen, etwa im Rahmen von Dienstleistungs- und Wartungsverträgen (z. B. sogenannte Service Level Agreements), konkretisieren.
Bedeutung von Ausfallzeiten in der Rechtsprechung
Es existiert eine Vielzahl an höchstrichterlicher Rechtsprechung zu Ausfallzeiten, insbesondere im Kontext der Lohnfortzahlung, Kurzarbeit, Risikotragung bei Betriebsstörungen und Schadensersatzansprüchen aus Vertragsverletzung oder Minderung.
Zusammenfassung
Ausfallzeiten stellen einen zentralen Begriff im Arbeitsrecht, Sozialrecht, Zivilrecht und öffentlichen Recht dar. Ihre rechtliche Bewertung ist kontextabhängig – sie kann Entgeltfortzahlungsansprüche, sozialrechtliche Leistungsansprüche, miet- und werkvertragsrechtliche Minderungs- oder Schadensersatzansprüche sowie steuerliche und dokumentationsbezogene Auswirkungen umfassen. Eine präzise Beurteilung von Ausfallzeiten erfordert die Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen, einschlägiger Verträge und aktueller Rechtsprechung.
Häufig gestellte Fragen
Haftet der Arbeitgeber für Ausfallzeiten aufgrund technischer Störungen am Arbeitsplatz?
Im rechtlichen Kontext stellt sich bei Ausfallzeiten durch technische Störungen, wie zum Beispiel einen Serverausfall oder den Ausfall von Maschinen, die Frage, ob der Arbeitgeber weiterhin zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das sogenannte Betriebsrisiko, gemäß § 615 Satz 3 BGB. Das bedeutet, dass Ausfallzeiten, die nicht durch das Verschulden des Arbeitnehmers, sondern durch betriebliche Umstände verursacht werden, nicht zulasten des Arbeitnehmers gehen. Im Falle einer technischen Störung, die eine Arbeitsleistung unmöglich macht, behält der Arbeitnehmer grundsätzlich seinen Anspruch auf Lohn bzw. Gehalt. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer dem Betrieb durch eigenes Fehlverhalten, etwa durch unsachgemäße Bedienung der Geräte, einen Ausfall verursacht hat. Das Maß der Haftung des Arbeitgebers kann darüber hinaus durch arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen oder Betriebsvereinbarungen näher ausgestaltet sein.
Welche Meldepflichten bestehen bei krankheitsbedingten Ausfallzeiten?
Arbeitnehmer sind im Falle einer krankheitsbedingten Ausfallzeit verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen (§ 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz). Die Mitteilung hat ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen, spätestens zu Beginn des ersten Fehltages. Bei einer Krankheitsdauer von mehr als drei Kalendertagen muss spätestens am vierten Tag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden, wobei der Arbeitgeber berechtigt ist, die Vorlage bereits früher zu verlangen. Unterbleibt die fristgerechte Meldung oder Vorlage der Bescheinigung, kann dies eine Abmahnung oder sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie eine Kürzung des Lohns, nach sich ziehen.
Muss der Arbeitnehmer Ausfallzeiten nacharbeiten oder nachholen?
Das Nachholen von Ausfallzeiten richtet sich maßgeblich nach der rechtlichen Bewertung der Ursache des Ausfalls. Handelt es sich um einen vom Arbeitnehmer verschuldeten Ausfall, etwa durch unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz, kann der Arbeitgeber grundsätzlich verlangen, dass die versäumte Arbeitszeit nachgeholt wird. Im Falle durch den Arbeitgeber oder durch betriebliche Umstände verursachter Ausfallzeiten besteht jedoch in der Regel keine Verpflichtung zur Nacharbeit. Eine Nacharbeitspflicht entsteht meist nur dann, wenn diese ausdrücklich im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag geregelt ist. Ohne dahingehende Vereinbarung kann der Arbeitgeber keine Nachholung fordern.
Wann verliert ein Arbeitnehmer während Ausfallzeiten seinen Vergütungsanspruch?
Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entfällt grundsätzlich, wenn er die Ausfallzeit verschuldet herbeigeführt hat, beispielsweise durch unentschuldigtes Fehlen, eigenmächtiges Verlassen des Arbeitsplatzes oder eigenverantwortliches Herbeiführen einer Arbeitsunfähigkeit. Außerdem kann der Anspruch ruhen, wenn eine gesetzliche Ausschlussfrist greift oder der Arbeitnehmer mit der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit in Verzug gerät und dadurch dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden ist. Bei entschuldigten Ausfallzeiten, etwa bei Krankheit oder betriebsbedingten Ausfällen ohne Verschulden des Arbeitnehmers, bleibt der Vergütungsanspruch hingegen grundsätzlich erhalten.
Welche Dokumentationspflichten bestehen im Zusammenhang mit Ausfallzeiten?
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer unterliegen bestimmten Dokumentationspflichten bei Ausfallzeiten. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, Arbeitszeiten, Fehlzeiten und deren Gründe ordnungsgemäß zu dokumentieren (§ 16 Abs. 2 ArbZG, § 17 MiLoG). Dies dient der Nachweisführung im Falle von Streitigkeiten, etwa bei der Lohnfortzahlung oder beim Arbeitszeitnachweis gegenüber Aufsichtsbehörden. Arbeitnehmer wiederum müssen insbesondere bei krankheitsbedingten Ausfallzeiten entsprechende Bescheinigungen (z. B. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) vorlegen und etwaigen Anzeigepflichten unverzüglich nachkommen. Ein Versäumnis dieser Pflichten kann arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie Abmahnung oder Gehaltskürzung, nach sich ziehen.
Gibt es Unterschiede im Umgang mit Ausfallzeiten im Homeoffice und im Betrieb?
Rechtlich gesehen besteht kein Unterschied in der Behandlung von Ausfallzeiten, ob der Arbeitnehmer im Homeoffice oder im Betrieb tätig ist. Auch bei Arbeit im Homeoffice trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, sofern der Ausfall durch betriebsinterne Gegebenheiten (z. B. Systemausfall, IT-Probleme auf Seiten des Arbeitgebers) verursacht wird. Ist jedoch die Arbeitsleistung aus Gründen, die im Einflussbereich des Arbeitnehmers liegen (z. B. Stromausfall im eigenen Haushalt oder Internetprobleme), nicht erbringbar, kann der Lohnanspruch entfallen, sofern eine Nacharbeit nicht möglich ist. Von wesentlicher Bedeutung sind hierbei die genauen Regelungen im Arbeitsvertrag, in Homeoffice-Richtlinien oder in betrieblichen Vereinbarungen.
Welche Ausgleichsansprüche bestehen bei angeordneten Ausfallzeiten (z. B. Kurzarbeit)?
Bei angeordneten Ausfallzeiten infolge konjunktureller Schwankungen, wie etwa Kurzarbeit, bestehen spezielle sozialrechtliche Regelungen. So haben betroffene Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Kurzarbeitergeld gemäß §§ 95 ff. SGB III. Dieses wird von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt und gleicht einen Teil des durch die verkürzte Arbeitszeit entstandenen Verdienstausfalls aus. Voraussetzung ist, dass die Ausfallzeiten auf einem erheblichen Arbeitsausfall beruhen, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, und dass der Arbeitgeber die Kurzarbeit form- und fristgerecht anzeigt. Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld verdrängt während des Bezugs regelmäßig den originären Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber für die ausgefallenen Stunden.
Können Ausfallzeiten Einfluss auf Urlaubs- oder Entgeltansprüche haben?
Ausfallzeiten, die auf eine durch Arbeitsunfähigkeit (z. B. Krankheit) bedingte Arbeitsversäumnis zurückzuführen sind, werden nach § 9 BUrlG wie Arbeitstage gewertet und führen daher nicht zu einer Kürzung des Urlaubsanspruchs. Anders verhält es sich beispielsweise während unbezahltem Sonderurlaub oder Elternzeit: Hier können sich zeitanteilige Kürzungen von Urlaubsansprüchen ergeben (§ 17 BEEG). Auch der Entgeltanspruch kann sich bei längeren unbezahlten Ausfallzeiten, etwa beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses, entsprechend reduzieren oder entfallen. Spezielle Regelungen finden sich zudem in Tarifverträgen und einzelvertraglichen Vereinbarungen.