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Ausfallzeiten

Ausfallzeiten – Begriff, Bedeutung und rechtliche Einordnung

Ausfallzeiten bezeichnen Zeitspannen, in denen eine vertraglich geschuldete Leistung vorübergehend nicht erbracht wird, obwohl sie grundsätzlich geschuldet ist. Der Begriff wird in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet: im Arbeitsverhältnis (Ausfall von Arbeitszeit), in Geschäfts- und Lieferbeziehungen (Leistungsausfälle), in technischen Systemen (Systemausfälle) und bei öffentlich erbrachten Leistungen (z. B. vorübergehende Schließungen). Ausfallzeiten sind damit ein Querschnittsthema, das Fragen der Vergütung, Haftung, Risiko- und Verantwortungsverteilung, Dokumentation und gegebenenfalls Versicherung berührt.

Begriffliche Abgrenzung

Ausfallzeiten sind von planbaren oder rechtlich vorgesehenen Unterbrechungen abzugrenzen. Urlaub, gesetzliche Ruhepausen oder planmäßige Wartungsfenster gelten nicht als Ausfallzeiten, weil sie Teil der ordnungsgemäßen Leistungserbringung sind. Ausfallzeiten sind demgegenüber ungeplant oder ungewollt, etwa durch Krankheit, technische Störungen, Lieferengpässe, behördliche Anordnungen, Streiks oder höhere Gewalt.

Typische Erscheinungsformen

  • Arbeitsausfall: Beschäftigte können vereinbarte Arbeit vorübergehend nicht erbringen oder der Betrieb kann Arbeit vorübergehend nicht zuweisen.
  • Leistungsausfall in Verträgen: Lieferungen, Dienstleistungen oder Werkleistungen werden zeitweise nicht erbracht.
  • Technische Ausfälle: IT- oder Infrastrukturkomponenten fallen aus; Dienste stehen nicht zur Verfügung.
  • Ausfall öffentlich erbrachter Leistungen: Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Verkehrsbetriebe oder Gesundheitseinrichtungen reduzieren oder unterbrechen Leistungen.

Ausfallzeiten im Arbeitsverhältnis

Vergütung und Entgeltfragen

Ob Ausfallzeiten vergütet werden, hängt von der Ursache und der Risikoverteilung ab. Grundsätzlich gilt: Wer das Risiko der Leistungshindernisse trägt, muss die wirtschaftlichen Folgen übernehmen. Liegt das Risiko beim Arbeitgeber (z. B. betriebsbedingter Arbeitsausfall ohne Verschulden der Beschäftigten), kann ein Vergütungsanspruch fortbestehen. Liegt die Ursache im persönlichen Bereich der Beschäftigten ohne rechtliche Ausgleichsregelung, entfällt der Vergütungsanspruch regelmäßig.

Krankheit, Quarantäne, behördliche Anordnungen

Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bestehen unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für eine begrenzte Dauer. Bei behördlich angeordneten Maßnahmen (z. B. Tätigkeitsverboten oder Quarantäne) können Ansprüche auf Ausgleichsleistungen in Betracht kommen. Maßgeblich sind die jeweils einschlägigen gesetzlichen Regelungen und vertraglichen Vereinbarungen.

Betriebsrisiko und arbeitskampfbedingte Ausfälle

Fällt die Arbeit aus Gründen aus, die dem Betrieb zuzurechnen sind (z. B. Maschinendefekt, Materialmangel, Stromausfall), trägt in vielen Konstellationen der Arbeitgeber das Risiko. Arbeitskampfbedingte Ausfälle (Streik, Aussperrung) haben eigene Regeln zur Vergütung und zur arbeitsrechtlichen Einordnung.

Annahmeverzug und Arbeitsbereitschaft

Kann der Arbeitgeber angebotene Arbeit nicht annehmen, obwohl Beschäftigte arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, kann dies zu Vergütungsansprüchen trotz Ausfallzeit führen. Voraussetzung ist, dass die Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten oder entbehrlich war.

Arbeitszeitrechtliche Bezüge

Ausfallzeiten beeinflussen nicht automatisch die arbeitszeitrechtliche Einordnung. Ob Zeiten als Arbeitszeit gelten, richtet sich danach, ob Arbeit geschuldet war oder Bereitschaftsdienste vorlagen. Zeiten ohne tatsächliche Arbeit können arbeitszeitrechtlich relevant sein (z. B. Bereitschaft), ohne vergütungspflichtig zu sein, soweit keine abweichenden Regelungen gelten.

Nachweispflichten und Dokumentation

Die rechtliche Bewertung von Ausfallzeiten setzt häufig Nachweise voraus, etwa zur Arbeitsunfähigkeit, zur Arbeitsbereitschaft oder zu betrieblichen Störungen. Arbeitszeitaufzeichnungen, Störungsprotokolle oder behördliche Bescheinigungen können dabei Bedeutung erlangen.

Mitbestimmung und Kollektivvereinbarungen

Regelungen zu Arbeitszeit, Kurzarbeit, Schichtplänen und zu betrieblichen Reaktionen auf Ausfallzeiten können mitbestimmungspflichtig sein. Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können Vergütungsfolgen und Verfahrensfragen abweichend gestalten.

Ausfallzeiten in Vertrags- und Geschäftsbeziehungen

Leistungsstörungen: Verzug, Unmöglichkeit und höhere Gewalt

Führt eine Ausfallzeit dazu, dass eine Leistung nicht rechtzeitig oder gar nicht erbracht wird, liegt eine Leistungsstörung vor. Je nach Ursache kommen Verzug, vorübergehende oder dauerhafte Unmöglichkeit in Betracht. Bei unvorhersehbaren, von keiner Partei zu vertretenden Ereignissen (häufig als höhere Gewalt bezeichnet) können Haftungs- und Leistungspflichten eingeschränkt sein. Maßgeblich sind Vertragstext, anwendbares Recht und die Umstände des Einzelfalls.

Haftung, Schadensersatz und Vertragsstrafen

Bei verschuldeten Ausfallzeiten können Ansprüche auf Schadensersatz, Minderung, Rücktritt oder Vertragsstrafen entstehen. Bei unverschuldeten Ausfallzeiten kommen Risikoteilungsklauseln, Fristverlängerungen oder Leistungsaussetzungen in Betracht, sofern vertraglich vorgesehen.

Service-Level und Verfügbarkeit (SLA)

In IT- und Servicelandschaften werden Ausfallzeiten häufig über Service-Level (z. B. Verfügbarkeit in Prozent, Wiederherstellungszeiten) geregelt. Verfehlte Service-Level können vertraglich vereinbarte Rechtsfolgen auslösen, etwa Gutschriften, Minderungen oder besondere Kündigungsrechte. Ausschlüsse und Wartungsfenster sind oft gesondert geregelt.

Gewährleistung bei technischen Ausfällen

Bei Werk- oder Kaufverträgen können Ausfallzeiten auf Mängel hindeuten. Rechtsfolgen sind insbesondere Nachbesserung, Ersatzlieferung oder Minderung. Entscheidend ist, ob ein Mangel vorliegt, der die Tauglichkeit der Sache oder Leistung beeinträchtigt.

Ausfallzeiten in öffentlichen Leistungen

Bildung, Betreuung und Gesundheit

Bei Ausfällen in Schulen, Kitas oder Gesundheitseinrichtungen stellen sich Fragen nach Beiträgen, Entgelten und Ersatzleistungen. Je nach Rechtsgrundlage und Vertrag können Erstattungen, Ruhen von Beiträgen oder Nachholleistungen in Betracht kommen. Auch öffentlich-rechtliche Sonderregelungen spielen eine Rolle.

Verkehr und Infrastruktur

Bei Ausfällen im öffentlichen Verkehr oder in der Daseinsvorsorge können Minderungs-, Erstattungs- oder Entschädigungsansprüche bestehen, sofern Voraussetzungen erfüllt sind. Beförderungsbedingungen und gesetzliche Vorgaben sind hierfür maßgeblich.

Versicherungsrechtliche Aspekte

Betriebsunterbrechung und Ertragsausfall

Unternehmen können sich gegen Ausfallzeiten mit wirtschaftlichen Folgen absichern. Betriebsunterbrechungs- und Ertragsausfallversicherungen knüpfen an definierte Schadensereignisse an und ersetzen unter bestimmten Bedingungen fortlaufende Kosten oder entgangenen Gewinn.

Haftpflicht- und Cyberrisiken

Führen Ausfallzeiten zu Schäden bei Dritten, kommt eine Haftpflichtdeckung in Betracht. Bei IT-bedingten Ausfällen können Cyberversicherungen Kosten für Wiederherstellung, Forensik und bestimmte Haftungsfälle abdecken, abhängig vom jeweiligen Bedingungswerk.

Datenschutz und IT-Sicherheit

Ausfallzeiten mit Personenbezug

Technische Ausfallzeiten können mit Sicherheitsvorfällen verbunden sein. Bei Beeinträchtigungen der Verfügbarkeit, Vertraulichkeit oder Integrität personenbezogener Daten kommen rechtliche Meldepflichten gegenüber Aufsichtsbehörden und Betroffenen in Betracht. Maßgeblich sind die konkreten Auswirkungen und Fristenregelungen.

Dokumentation, Beweislast und Kennzahlen

Für die rechtliche Bewertung von Ausfallzeiten ist eine belastbare Dokumentation zentral. Relevante Unterlagen können Arbeitszeitaufzeichnungen, System- und Störungsprotokolle, Wartungsnachweise, Kommunikationsdokumentation und Leistungsberichte sein. Kennzahlen wie Verfügbarkeit, mittlere Wiederherstellungszeit oder Fehlerhäufigkeit werden häufig vertraglich definiert und als Nachweisgrundlage verwendet.

Grenzen, Pflichten und Sanktionen

Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis

Ausfallzeiten aufgrund von Pflichtverletzungen können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Je nach Schweregrad kommen formale Rügen bis hin zu Beendigungsmöglichkeiten in Betracht. Entscheidend sind Nachweis, Verhältnismäßigkeit und die Umstände des Einzelfalls.

Pflichten in Vertragsverhältnissen

Neben der Leistungspflicht bestehen Nebenpflichten, etwa Informations-, Kooperations- und Schadensminderungspflichten. Verstöße können eigenständige Ansprüche auslösen oder die Haftung beeinflussen.

Internationale Bezüge

Rechtswahl und Gerichtsstand

Bei grenzüberschreitenden Leistungen werden Ausfallzeiten nach dem jeweils anwendbaren Recht beurteilt. Rechtswahl- und Gerichtsstandklauseln bestimmen, welches Recht Anwendung findet und wo Streitigkeiten ausgetragen werden.

Grenzüberschreitende Lieferketten und Force-Majeure-Klauseln

Internationale Verträge enthalten häufig detaillierte Regelungen zu unvorhersehbaren Ereignissen, Meldefristen, Nachweisanforderungen und Risikoteilung. Diese beeinflussen die Rechtsfolgen von Ausfallzeiten maßgeblich.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Ausfallzeiten

Was gilt rechtlich als Ausfallzeit?

Als Ausfallzeit gilt ein Zeitraum, in dem eine geschuldete Leistung vorübergehend nicht erbracht wird, obwohl grundsätzlich Leistungspflicht besteht. Maßgeblich sind die Ursache, die vertraglichen Vereinbarungen und die Verteilung des Risikos zwischen den Beteiligten.

Worin unterscheidet sich Ausfallzeit von Urlaub und Pausen?

Urlaub und gesetzlich vorgesehene Pausen sind planbare oder vorgeschriebene Unterbrechungen der Arbeit und daher keine Ausfallzeiten. Ausfallzeiten sind demgegenüber ungeplant und beruhen auf Störungen wie Krankheit, technischen Defekten oder behördlichen Maßnahmen.

Werden Ausfallzeiten im Arbeitsverhältnis vergütet?

Die Vergütung hängt von der Ursache ab. Liegt das Risiko beim Arbeitgeber, kann trotz Ausfallzeit ein Vergütungsanspruch bestehen. Liegt die Ursache im persönlichen Bereich der Beschäftigten ohne Ausgleichsregelung, entfällt die Vergütung regelmäßig. Besondere Konstellationen (z. B. Krankheit) unterliegen eigenständigen Regeln.

Welche Bedeutung haben Service-Level-Vereinbarungen bei IT-Ausfallzeiten?

Service-Level-Vereinbarungen definieren Verfügbarkeiten und Reaktionszeiten. Werden sie unterschritten, können vertraglich vereinbarte Rechtsfolgen wie Gutschriften, Minderungen oder besondere Kündigungsrechte ausgelöst werden, oft unter Berücksichtigung von Ausnahmen und Wartungsfenstern.

Können Ausfallzeiten einen Kündigungsgrund im Arbeitsverhältnis darstellen?

Ausfallzeiten können je nach Ursache und Verschulden arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Pflichtwidrige oder beharrliche Verletzungen können Beendigungsmaßnahmen ermöglichen, während entschuldigte oder betrieblich verursachte Ausfallzeiten anders zu bewerten sind.

Wer trägt das Risiko bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen?

Die Risikotragung hängt von der konkreten Anordnung, der Branche, den vertraglichen Vereinbarungen und gegebenenfalls von speziellen gesetzlichen Regelungen ab. In Betracht kommen Entgeltfortzahlung, Ruhen von Pflichten oder Ausgleichsmechanismen.

Welche Ansprüche bestehen bei Ausfall öffentlich erbrachter Leistungen, etwa in Kitas?

Ansprüche können sich aus der jeweiligen Rechtsgrundlage, Beitragsordnung und dem konkreten Leistungsversprechen ergeben. Denkbar sind Erstattung, Minderung oder Nachholung, abhängig von Dauer, Umfang und Verantwortlichkeit des Ausfalls.

Stellen Sicherheitsvorfälle mit Datenbezug zugleich Ausfallzeiten dar?

Ja, wenn die Verfügbarkeit von Systemen oder Daten beeinträchtigt ist, liegt neben einem Sicherheitsvorfall auch eine Ausfallzeit vor. Je nach Auswirkungen können rechtliche Meldepflichten gegenüber Aufsichtsbehörden und Betroffenen bestehen.