Begriff und rechtliche Einordnung der Ausbildungskosten
Ausbildungskosten sind im deutschen Rechts- und Steuerwesen ein zentraler Begriff, der alle Ausgaben umfasst, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Aus- oder Fortbildung stehen. Die rechtliche Behandlung der Ausbildungskosten erstreckt sich insbesondere auf Bereiche des Steuerrechts, Sozialrechts sowie des Arbeitsrechts. Im Folgenden werden die Ausbildungskosten detailliert definiert, deren steuerliche Anerkennung erläutert, einschlägige gesetzliche Grundlagen beschrieben und die sozialrechtlichen Implikationen systematisch dargestellt.
Definition und Abgrenzung von Ausbildungskosten
Ausbildungskosten bezeichnen sämtliche Aufwendungen, die einem Individuum für die Erlangung von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Zwecke der Ausübung eines Berufs entstehen. Dazu zählen typischerweise die Kosten für den Besuch von Bildungseinrichtungen (z. B. Schulen, Hochschulen, Berufsakademien), Fachliteratur, Prüfungsgebühren sowie Aufwendungen für Lernmaterialien und ggf. Fahrt- oder Übernachtungskosten.
Abgrenzung zu Fortbildungskosten
Es ist rechtlich entscheidend, zwischen Erstausbildungskosten und Kosten für eine Fort- bzw. Zweitausbildung zu unterscheiden. Während Erstausbildungskosten die erstmalige Qualifikation für einen Beruf betreffen, fallen unter Fortbildungskosten die Ausgaben zur Erweiterung oder Vertiefung beruflicher Qualifikationen nach Abschluss einer ersten Berufsausbildung. Diese Differenzierung hat erhebliche steuerliche Auswirkungen.
Rechtliche Aspekte der Ausbildungskosten im Steuerrecht
Steuerliche Behandlung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)
Die steuerliche Anerkennung von Ausbildungskosten ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Es ist zu unterscheiden zwischen Werbungskosten (§ 9 EStG) und Sonderausgaben (§ 10 EStG).
Erstausbildungskosten als Sonderausgaben
Kosten für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium können gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zu einem bestimmten Höchstbetrag pro Kalenderjahr als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Der Höchstbetrag liegt seit dem Jahr 2020 bei 6.000 Euro pro Jahr. Diese Regelung gilt jedoch ausschließlich, wenn die Ausbildung weder im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet noch eine Zweit- oder Aufbaustudium vorliegt.
Zweitausbildungskosten als Werbungskosten
Aufwendungen für eine Ausbildung nach Abschluss einer ersten Berufsausbildung oder eines Erststudiums gelten als Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG. Werbungskosten sind in unbegrenzter Höhe abziehbar und führen dazu, dass auch Verluste (sogenannte Verlustvorträge) in spätere Einkommensjahre übertragen werden können. Voraussetzung ist das Vorliegen eines hinreichend konkreten Zusammenhangs mit späteren steuerpflichtigen Einnahmen.
Abzugsfähige und nicht abzugsfähige Posten
Zu den abzugsfähigen Ausbildungskosten gehören insbesondere:
- Studiengebühren, Schulgeld
- Fachliteratur und Lernmaterialien
- Prüfungs- und Semestergebühren
- Reisekosten und Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte
- Aufwendungen für Arbeitsmittel (z. B. Laptops, Werkzeuge)
- Kosten für doppelte Haushaltsführung
Nicht abziehbar sind Ausgaben für die allgemeine Lebensführung, etwa Unterhalt, Ernährung oder Unterkunftskosten, sofern diese nicht im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung entstehen.
Verfassungsrechtliche Aspekte
Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Erst- und Zweitausbildungskosten war mehrfach Gegenstand von Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesfinanzhof. Die Gerichte bestätigten jedoch bislang die geltende Rechtslage.
Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 EStG)
Eltern können unter bestimmten Voraussetzungen für ihr auswärtig untergebrachtes, in Ausbildung befindliches volljähriges Kind einen Ausbildungsfreibetrag gemäß § 33a Abs. 2 EStG geltend machen. Aktuell beträgt dieser Freibetrag 924 Euro jährlich und dient dem Ausgleich typischer ausbildungsbedingter Mehrkosten.
Sozialrechtliche Relevanz der Ausbildungskosten
Berücksichtigung bei Sozialleistungen
Im Rahmen bestimmter Sozialleistungen, wie etwa beim BAföG oder bei Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende), spielen Ausbildungskosten ebenfalls eine Rolle. Ausbildungsbezogene Eigenaufwendungen können unter Umständen das anrechenbare Einkommen oder Vermögen mindern oder als Bedarf anerkannt werden.
Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)
Für bestimmte Ausbildungen im dualen System sieht das Sozialgesetzbuch III (SGB III) die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) vor. Die BAB berücksichtigt von Auszubildenden zu tragende Ausbildungskosten und kann unter bestimmten Umständen ausgezahlt werden, um Benachteiligungen entgegenzuwirken.
Abzugsfähigkeit bei Kindergeld und Unterhalt
Im Kindergeldrecht und bei der Unterhaltsberechnung werden Ausbildungskosten berücksichtigt, wenn es um die Bedarfsbemessung oder die Dauer des Anspruchs auf Förderleistungen geht.
Arbeitsrechtliche Aspekte der Ausbildungskosten
Rückzahlungsmodalitäten von Ausbildungskosten
In Ausbildungsverhältnissen können Arbeitgeber Leistungen erbringen, die über die übliche Ausbildungsvergütung hinausgehen (z. B. Kosten für Fortbildungen, Zusatzqualifikationen). Rückzahlungsvereinbarungen bezüglich der übernommenen Ausbildungskosten bedürfen strenger arbeitsgerichtlicher Kontrolle hinsichtlich Transparenz, Angemessenheit und Zumutbarkeit. Solche Vereinbarungen sind nur wirksam, wenn sie den Grundsätzen des § 307 BGB (Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen) standhalten und keine unangemessenen Benachteiligungen für Auszubildende darstellen.
Bindungsklauseln
Der Arbeitgeber kann eine Rückzahlung der vom ihm übernommenen Ausbildungskosten verlangen, wenn der Auszubildende das Arbeitsverhältnis innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Abschluss der Ausbildung kündigt. Die Zulässigkeit solcher Bindungsklauseln ist jedoch rechtlich eingegrenzt (z. B. zulässige Bindungsdauer, Umfang der Rückforderung).
Ausbildungskosten bei spezifischen Bildungswegen
Besondere Ausbildungsformen
Im Zusammenhang mit dualen Studiengängen, Ausbildungsinitiatoren im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung oder anderen kombinierten Ausbildungsgängen bestehen oft spezielle Regelungen hinsichtlich der Kostentragung und steuerlichen bzw. sozialrechtlichen Behandlung.
Auslandsausbildung
Für eine im Ausland absolvierte Ausbildung oder Studium gelten weitgehend die gleichen steuerrechtlichen Grundsätze wie für eine inländische Ausbildung, sofern ein hinreichender Bezug zum inländischen Arbeitsmarkt bzw. zur späteren Berufsausübung erkennbar ist.
Literatur, Rechtsprechung und weiterführende Regelungen
Die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen sind:
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Sozialgesetzbuch III (SGB III)
- BAföG-Gesetz
- Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hinsichtlich Vertragsrecht
Relevante Rechtsprechung stammt insbesondere vom Bundesfinanzhof und dem Bundesarbeitsgericht, die die Bedingungen, unter denen Ausbildungskosten geltend gemacht oder zurückgefordert werden können, konkretisieren.
Hinweis: Die Thematik der Ausbildungskosten ist komplex und laufenden gesetzlichen Anpassungen unterworfen. Es empfiehlt sich, bei Fragen zu individuellen Sachverhalten auf die aktuellen Gesetzestexte und amtlichen Anweisungen zurückzugreifen.
Häufig gestellte Fragen
Wer trägt grundsätzlich die Ausbildungskosten während einer dualen Ausbildung?
Im dualen Ausbildungssystem in Deutschland ist der Ausbildungsbetrieb gesetzlich verpflichtet, alle Kosten zu übernehmen, die unmittelbar mit der betrieblichen Ausbildung zusammenhängen. Dies umfasst insbesondere die Kosten für die Vermittlung von Ausbildungsinhalten, die Bereitstellung von Arbeitsmitteln wie Werkzeugen, Fachliteratur und Arbeitskleidung, sofern diese ausschließlich für Ausbildungszwecke erforderlich sind. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber die Auszubildenden für die Teilnahme am Berufsschulunterricht sowie für Prüfungen und andere vorgeschriebene Ausbildungsmaßnahmen freistellen und das Ausbildungsentgelt ungekürzt weiterzahlen. Kosten, die für den ausbildungsfremden Erwerb von Kenntnissen oder privates Lernen anfallen, sind allerdings nicht vom Betrieb zu tragen. Für die Teilnahme an auswärtigen Ausbildungsmaßnahmen – beispielsweise überbetriebliche Kurse – gilt, dass der Betrieb sowohl die Reise- und Übernachtungskosten als auch eventuelle Kursgebühren übernehmen muss, sofern diese Maßnahmen Teil des betrieblichen Ausbildungsplans sind und durch die zuständige Stelle (z. B. die IHK) vorgeschrieben wurden.
Muss der Auszubildende Kosten für Lehrmittel oder Arbeitskleidung selbst tragen?
Nach § 14 Berufsbildungsgesetz (BBiG) dürfen Auszubildende nicht verpflichtet werden, für Ausbildungsmittel, die zur Durchführung der Ausbildung notwendig sind, aufzukommen. Dazu zählen beispielsweise Werkzeuge, Schutzkleidung, Fachliteratur sowie sonstige Materialien, die für die Ausbildung oder zur Durchführung der betrieblichen oder schulischen Aufgaben benötigt werden. Lediglich im Ausnahmefall, wenn diese Arbeitsmittel auch privat genutzt werden können und nicht exklusiv für die Ausbildung erforderlich sind, kann eine anteilige Kostenbeteiligung des Auszubildenden gesetzlich zulässig sein. In der Praxis sind die Grenzen jedoch eng gezogen und rechtlich überprüfbar. Für etwaige freiwillige Zusatzanschaffungen, die über die Mindestanforderungen hinausgehen, besteht für den Ausbildungsbetrieb keine Übernahmeverpflichtung.
Wie verhält es sich mit den Fahrtkosten zur Berufsschule oder Ausbildungsstätte?
Fahrtkosten zwischen Wohnung und Ausbildungsbetrieb sowie zwischen Wohnung und Berufsschule sind grundsätzlich vom Auszubildenden selbst zu tragen. Eine gesetzliche Verpflichtung des Betriebes zur Erstattung dieser Kosten besteht nicht. Anders verhält es sich bei auswärtigen Ausbildungsmaßnahmen, die über den gewöhnlichen Ausbildungsort hinausgehen und durch den Ausbildungsbetrieb veranlasst werden; hier ist der Betrieb verpflichtet, die Reisekosten nach den jeweils geltenden Vorschriften zu übernehmen. Darüber hinaus kann ein Anspruch auf Kostenerstattung entstehen, wenn dies im Ausbildungsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag geregelt ist. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Fahrtkosten über die Steuererklärung als Werbungskosten geltend zu machen.
Können Ausbildungskosten vom Ausbildenden zurückgefordert werden, wenn der Auszubildende vorzeitig kündigt?
Die Rückforderung von Ausbildungskosten durch den Ausbildungsbetrieb ist gesetzlich nur in engen Ausnahmefällen zulässig, insbesondere wenn es sich um freiwillige Sonderleistungen handelt, wie etwa zusätzliche, kostenpflichtige Fortbildungen oder Qualifikationen, die über die reguläre Berufsausbildung hinausgehen. Dafür muss eine Rückzahlungsklausel im Ausbildungsvertrag ausdrücklich und rechtswirksam vereinbart worden sein. Die Wirksamkeit solcher Klauseln richtet sich nach den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts und muss im Einzelfall verhältnismäßig und transparent gestaltet sein. Eine pauschale Rückforderung regulärer Ausbildungskosten, beispielsweise für Berufsschulbesuche oder Pflichtseminare, ist rechtlich unzulässig.
Welche Kosten übernimmt die Arbeitsagentur im Rahmen einer Ausbildung?
Die Agentur für Arbeit kann unter bestimmten Umständen sogenannte ausbildungsfördernde Leistungen gewähren, beispielsweise die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB). Diese Förderung kann Teile der Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Fahrtwege und in Ausnahmefällen auch für Lehrmittel decken, wenn sich der Auszubildende in einer förderungsfähigen betrieblichen Ausbildung befindet und die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Ein Anspruch auf Übernahme aller Ausbildungskosten durch die Arbeitsagentur besteht jedoch nicht. Leistungen der BAB sind stets an die individuelle Bedürftigkeit gekoppelt und können als monatlicher Zuschuss gezahlt werden. Des Weiteren können bei Auszubildenden, die eine eigene Wohnung benötigen, auch Mietzuschüsse gezahlt werden.
Gibt es allgemein anerkannte zusätzliche Ausbildungskosten, die steuerlich absetzbar sind?
Auszubildende können Aufwendungen, die in direktem Zusammenhang mit der Ausbildung entstehen, unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich als Werbungskosten beziehungsweise Sonderausgaben geltend machen. Dazu gehören Ausgaben für Fachliteratur, Arbeitskleidung, eigene Anschaffungen von notwendigen Arbeitsmitteln sowie Fahrtkosten zur Berufsschule oder zum Betrieb. Ob diese Kosten als Werbungskosten oder Sonderausgaben absetzbar sind, hängt davon ab, ob es sich um eine erste oder bereits um eine zweite (weitere) Ausbildung handelt. Nur bei einer zweiten Ausbildung können die Aufwendungen unbegrenzt als Werbungskosten geltend gemacht werden, bei einer Erstausbildung sind sie auf einen bestimmten Höchstbetrag als Sonderausgaben beschränkt.
Inwieweit sind Kosten für Prüfungsgebühren und externe Lehrgänge rechtlich durch den Ausbildungsbetrieb zu tragen?
Vorgeschriebene Prüfungsgebühren – beispielsweise für die Teilnahme an Zwischen- und Abschlussprüfungen bei der IHK oder HWK – hat der Ausbildungsbetrieb zwingend zu übernehmen, sobald sie Bestandteil der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Qualifikationsnachweise sind. Dagegen muss der Auszubildende die Kosten für freiwillige, nicht vorgeschriebene Zusatzqualifikationen, Sprachkurse oder externe Weiterbildungskurse regelmäßig selbst tragen, sofern hierzu keine ausdrückliche betriebliche Verpflichtung oder vertragliche Regelung besteht. Dies gilt auch für die damit verbundenen Fahrt- und Übernachtungskosten. Der Anspruch auf Kostenübernahme sowohl für Prüfungsgebühren als auch für externe Lehrgänge sollte im Einzelfall durch Einsichtnahme in die jeweiligen Ausbildungspläne und Verträge geprüft werden.