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Artfortschreibung


Artfortschreibung – Begriff, rechtliche Grundlagen und praktische Anwendung

Die Artfortschreibung stellt einen zentralen Begriff im deutschen Verwaltungsrecht dar, insbesondere im Zusammenhang mit Liegenschaftskataster, Bauleitplanung sowie der Erhebung und Fortschreibung statistischer Daten. Die genaue rechtliche Ausgestaltung, Bedeutung und das Verfahren der Artfortschreibung sind maßgeblich von ihrer jeweiligen Einbettung im öffentlichen Recht, insbesondere im Bau-, Planungs- und Vermessungsrecht, abhängig. Dieser Artikel erläutert umfassend die Definition, rechtliche Grundlagen, Anwendungsbereiche sowie Verfahrensweisen der Artfortschreibung und beleuchtet deren Bedeutung im behördlichen Verwaltungsverfahren.


Begriffliche Einordnung der Artfortschreibung

Bei der Artfortschreibung handelt es sich um eine spezielle Form der Fortschreibung im Kontext öffentlich-rechtlicher Register, Kartenwerke oder Kataster. Sie beschreibt die Änderung oder Ergänzung der Angaben über die Nutzungsart eines Grundstücks, einer Fläche oder einer Nutzungseinheit ohne gleichzeitige Veränderung ihrer Abgrenzungen oder ihrer Gestalt. Im Schwerpunkt steht die Aktualisierung und Dokumentation der rechtlichen Nutzung, zum Beispiel im Liegenschaftskataster gemäß den Vorgaben des Grundbuchrechts und Vermessungsrechts.


Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen der Artfortschreibung sind in verschiedenen spezialgesetzlichen Regelungen auf Bundes- und Landesebene festgelegt.

Liegenschaftskataster und Artfortschreibung

Ein bedeutender Anwendungsbereich ist das Liegenschaftskataster, welches nach den Bestimmungen der Vermessungs- und Katastergesetze der Bundesländer geführt wird. Wesentliche Grundlage bildet § 2 Abs. 2 Geoinformations-/Vermessungsgesetze der Länder, z. B. das Vermessungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (VermKatG NRW).

  • Zweck: Das Liegenschaftskataster dient der sicheren Identifizierung von Grundstücken und liefert Angaben zu deren Nutzung und tatsächlichem Zustand.
  • Artfortschreibung: Eine Artfortschreibung im Kataster erfolgt, wenn sich beispielsweise bei einem Grundstück lediglich die Nutzungsart, etwa von „landwirtschaftlich“ in „baulich genutzt“, ändert, ohne dass die geometrische Lage oder die Grenzverläufe berührt werden.

Bauplanungsrecht und Bodennutzung

Im Bauplanungsrecht gemäß § 5 Baugesetzbuch (BauGB) ist die Fortschreibung insbesondere im Rahmen der Flächennutzungspläne und Bebauungspläne relevant.

  • Artfortschreibung im Bauleitplan:

– Die sogenannte Artfortschreibung bezieht sich hier auf die Änderung der Zweckbestimmung oder der vorgesehenen Art der Bodennutzung, beispielsweise von „Wohnbaufläche“ in „Gewerbefläche“.
– Die rechtliche Grundlage bildet das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans oder Bebauungsplans nach §§ 3 ff. BauGB.

Bodenrichtwerte und Statistik

Auch bei der Fortschreibung von Bodenrichtwerten und raumbezogenen Statistiken wird der Begriff genutzt. Hier bestimmt die Artfortschreibung die Aktualisierung der Benennung oder Zweckbestimmung der Nutzungseinheit, ohne geometrische Änderungen am Untersuchungsgebiet vorzunehmen.


Verfahren der Artfortschreibung

Auslöser und Antragserfordernis

Eine Artfortschreibung wird regelmäßig von Amts wegen, aber auch auf Antrag initiiert, sofern die Voraussetzungen des zugrunde liegenden Spezialgesetzes erfüllt sind. Die Feststellung einer Nutzungsartenänderung kann auf Inspektion, Mitteilung, Bauantrag oder andere behördlich bekannt gewordene Umstände zurückgehen.

Verfahrensablauf und Beteiligung

Der Ablauf einer Artfortschreibung richtet sich nach Verwaltungsvorschriften und den Vorgaben der Datenerhebung:

  1. Ermittlung des Sachverhalts: Feststellung der tatsächlichen Nutzungsart durch Augenschein, Unterlagenprüfung oder Mitteilungen.
  2. Dokumentation: Erfassung der neuen Nutzungsart im jeweiligen Register, Kataster oder Plan.
  3. Beteiligung Dritter: In bestimmten Fällen, etwa im Bauplanungsrecht, sind Beteiligungsverfahren vorgeschrieben (z. B. Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 BauGB).
  4. Rechtsfolgen: Die Fortschreibung hat ausschließlich deklaratorische Wirkung und dient der Rechtssicherheit und Klarheit im Grundstücksverkehr sowie bei der Bauleitplanung.

Bedeutung und Auswirkungen der Artfortschreibung

Katasterrechtliche Wirkungen

Die Artfortschreibung ist zentral für das Liegenschaftskataster, das neben Eigentumsgrenzen auch die Nutzungsarten tagesaktuell abbilden soll. Ohne die Artfortschreibung wäre das Kataster ungenau und könnte keine verlässlichen Daten für Behörden und Dritte bereitstellen.

Bauplanungs- und Baurecht

Im Rahmen der Bauleitplanung hat die Artfortschreibung maßgeblichen Einfluss auf die Zulässigkeit von Bauvorhaben. Die veränderte Nutzungsart kann für Genehmigungstatbestände bei der Bauaufsichtsbehörde maßgebend sein.

Steuerrecht und Gebührenrecht

Mit der geänderten Nutzungsart können steuerliche und gebührenrechtliche Folgen verbunden sein, etwa im Rahmen der Grundsteuer oder bei Erschließungsbeiträgen, wenn von einer landwirtschaftlichen auf bauliche Nutzung umgeschrieben wird.


Abgrenzung zu anderen Fortschreibungen

Die Artfortschreibung ist von der Grenzfortschreibung (Aktualisierung der Grenzverläufe) und der Bestandsfortschreibung (allgemeine Aktualisierung von Daten ohne inhaltliche Änderung der Nutzungsart) abzugrenzen:

  • Artfortschreibung: Änderung der Nutzungsart bei unverändertem Bestand/Grenze.
  • Grenzfortschreibung: Berichtigung oder Änderung der Grenzverläufe.
  • Bestandsfortschreibung: Allgemeine Aktualisierung der Eintragungen (z. B. Eigentümerwechsel).

Praxisbeispiele

  • Liegenschaftskataster: Ein Acker wird zur Baulandfläche; es erfolgt eine Artfortschreibung im Katastereintrag.
  • Bauleitplanung: Im Flächennutzungsplan wird eine Fläche von „Grünfläche“ in „Mischbaufläche“ umgewandelt; es findet eine Artfortschreibung im Plan statt.
  • Statistisches Register: Die Nutzung einer Liegenschaft wird von „landwirtschaftlich“ zu „gewerblich“ geändert; die Artfortschreibung wird im statistischen Verzeichnis dokumentiert.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Gegen Maßnahmen der Artfortschreibung ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Gegen die Eintragung einer neuen Nutzungsart können betroffene Eigentümer Widerspruch einlegen und gegebenenfalls eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung beantragen. Maßgeblich sind hier die Vorschriften über Verwaltungsakte und deren Anfechtung nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und den jeweiligen Landesgesetzen.


Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Baugesetzbuch (BauGB)
  • Vermessungsgesetze und Katastergesetze der Länder
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
  • Handbücher zum Liegenschaftskataster
  • Kommentierungen zum Bau- und Planungsrecht

Zusammenfassung

Die Artfortschreibung ist ein elementarer Vorgang zur rechtssicheren und aktuellen Führung öffentlicher Register und Pläne, insbesondere im Zusammenhang mit Grund und Boden. Sie sorgt dafür, dass die in den amtlichen Verzeichnissen ausgewiesenen Nutzungsarten stets dem materiellen Bestand entsprechen. Die rechtlichen Vorgaben und Verfahren der Artfortschreibung gewährleisten Transparenz, Rechtssicherheit und Nachvollziehbarkeit für Behörden, Eigentümer und die Öffentlichkeit. Aufgrund ihrer Bedeutung in Katasterführung, Bauleitplanung und statistischen Erhebungen kommt ihr eine zentrale Rolle im öffentlichen Verwaltungsmanagement zu.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich für die Durchführung der Artfortschreibung verantwortlich?

Die rechtliche Verantwortlichkeit für die Durchführung der Artfortschreibung liegt in der Regel bei der zuständigen Naturschutzbehörde, häufig auf Landesebene oder bei speziellen Fachbehörden, je nach landesrechtlicher Ausgestaltung. Die gesetzliche Grundlage findet sich meist in landesspezifischen Naturschutzgesetzen sowie im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtungen zur Aktualisierung und Fortschreibung naturschutzfachlicher Datenbestände. Die Behörden können hierbei auf Gutachten externer Fachbüros zurückgreifen, müssen jedoch die Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben sicherstellen, insbesondere hinsichtlich Erhebungsmethodik, Datenschutz und Beteiligung betroffener Dritter. Auch die Einbindung von Beteiligungsrechten Dritter, wie Grundstückseigentümern oder Verbänden, ist nach § 29 BNatSchG beziehungsweise nach einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu gewährleisten. In Streitfällen über die Zuständigkeit entscheiden oftmals übergeordnete Verwaltungsinstanzen oder gegebenenfalls Gerichte, falls Beschwerden eingelegt werden.

Welche rechtlichen Anforderungen müssen bei der Datenerfassung beachtet werden?

Bei der Erhebung und Fortschreibung artenschutzrechtlich relevanter Daten sind umfangreiche rechtliche Anforderungen zu berücksichtigen. Neben Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes, insbesondere §§ 39 ff. BNatSchG, kommt hier auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zum Tragen, wenn personenbezogene Daten – etwa im Rahmen von Flurbegehungen auf Privatgrundstücken – erhoben werden. Zudem sind die naturschutzfachlichen Mindeststandards einzuhalten, wie sie z.B. in Verwaltungsvorschriften und sogenannten „Handlungsanleitungen“ der Länder konkretisiert sind. Die Erhebung darf im Regelfall nicht zu einer unzulässigen Beunruhigung oder Störung der geschützten Arten führen (§ 44 BNatSchG). Werden Dritte mit der Datenerhebung beauftragt, muss zudem eine vertragliche Absicherung bezüglich Geheimhaltung und rechtskonformer Datenverarbeitung erfolgen. Für das Betreten privater Grundstücke ist nach § 65 BNatSchG eine vorherige Information und unter Umständen die Zustimmung des Eigentümers erforderlich, es sei denn, landesrechtliche Regelungen sehen eine Duldungspflicht vor.

Welche Fristen und Intervalle schreibt das Gesetz für die Artfortschreibung vor?

Das Bundesnaturschutzgesetz und die meisten landesrechtlichen Vorschriften benennen keine exakten Zeitintervalle für die Artfortschreibung. Vielmehr ist eine bedarfsorientierte und anlassbezogene Fortschreibung vorgesehen, beispielsweise bei geplanten Eingriffen, bei erheblichen Änderungen im betroffenen Lebensraum oder durch Vorgaben der EU-rechtlichen Berichtspflichten (z.B. nach FFH- oder Vogelschutzrichtlinie). In vielen Bundesländern sind in den Verwaltungsvorschriften Richtwerte festgelegt, die eine Überprüfung und Aktualisierung der Daten in drei- bis fünfjährigen Intervallen vorsehen. Bei bestimmten, besonders schutzwürdigen oder stark frequentierten Flächen kann auch eine jährliche Fortschreibung verlangt werden. Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass die Aktualität der Artendaten eine zentrale Voraussetzung für belastbare naturschutzrechtliche Bewertungen, etwa in UVP- oder FFH-Verträglichkeitsprüfungen, ist. Das bedeutet, dass vielerorts spätestens vor der Genehmigung eines Vorhabens Artfortschreibungen verlangt werden, wenn die bestehenden Daten älter als drei bis fünf Jahre sind.

In welchem Umfang haben betroffene Eigentümer und Dritte Beteiligungs- oder Mitwirkungsrechte?

Im Rahmen der Artfortschreibung sind die Beteiligungsrechte von Grundstückseigentümern und sonstigen Betroffenen in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen geregelt. Nach § 65 BNatSchG haben Grundstückseigentümer eine Mitwirkungspflicht, müssen jedoch über geplante Untersuchungen rechtzeitig informiert werden. Ein explizites Widerspruchsrecht besteht nur in Ausnahmefällen, etwa wenn besondere Belange entgegenstehen (z.B. Betriebsgeheimnisse). Betroffene können in bestimmten Verfahrensstadien Akteneinsicht nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz oder den Informationsfreiheitsgesetzen der Länder beantragen. Fachliche Einwände und Stellungnahmen können im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung bei größeren Projekten (z.B. im UVP-Verfahren) eingebracht werden. Umweltverbände haben darüber hinaus nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) weitergehende Klagerechte, falls die Artfortschreibung unzureichend oder fehlerhaft durchgeführt wurde. Die genaue Ausgestaltung der Mitwirkung ist teilweise in den Naturschutzgesetzen auf Landesebene sowie in spezialgesetzlichen Vorschriften, etwa bei Infrastrukturvorhaben, geregelt.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei fehlerhafter oder unterlassener Artfortschreibung?

Eine fehlerhafte oder unterlassene Artfortschreibung kann gravierende rechtliche Folgen haben. Genehmigungsverfahren, bei denen die artenschutzrechtliche Erfassung und Fortschreibung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde, sind in der Regel rechtswidrig und können auf Antrag von Betroffenen oder anerkannten Umweltverbänden durch die Verwaltungsgerichte aufgehoben werden. Im schlimmsten Fall drohen Baueinstellungen, Rückbauverfügungen oder Schadenersatzansprüche, wenn geschützte Arten durch das Vorhaben zu Schaden kommen und die erforderlichen artenschutzrechtlichen Prüfungen nicht auf aktuellen Datengrundlagen basieren. Auch ordnungswidrigkeitsrechtliche Maßnahmen nach § 69 BNatSchG können eingeleitet werden, beispielsweise Bußgelder. Darüber hinaus kann ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zu weiteren verwaltungsrechtlichen oder sogar strafrechtlichen Sanktionen führen, sollte die Datenerhebung ohne die gebotene Vorsicht bei personenbezogenen Daten erfolgen. Fehler in der Artfortschreibung bergen zudem ein erhebliches Haftungsrisiko für die verantwortlichen Behörden und beauftragte Dritte.

Wie wird sichergestellt, dass die rechtlichen Anforderungen an die Artfortschreibung eingehalten werden?

Die Sicherstellung der Einhaltung rechtlicher Anforderungen an die Artfortschreibung erfolgt durch verschiedene Mechanismen. Zum einen unterliegen Verwaltungshandeln und beauftragte Gutachter der Fachaufsicht und Kontrolle durch übergeordnete Behörden. Interne Prüfroutinen und Checklisten werden eingesetzt, um methodische und rechtliche Standards, die in Handreichungen, Leitfäden oder Verwaltungsvorschriften konkretisiert sind, zu erfüllen. Regelmäßige Schulungen von Mitarbeitern der Naturschutzbehörden und externen Gutachtern tragen dazu bei, das aktuelle rechtliche und fachliche Niveau zu sichern. Kontrollen erfolgen zudem durch die Gerichte im Rahmen von Rechtsbehelfsverfahren, in denen bei offensichtlichen Verstößen Nachbesserungen oder Neuaufnahmen mandatiert werden. Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverbandsklagen werden ebenfalls Prüfungen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung der Artfortschreibung vorgenommen. Schließlich dienen Evaluierungen und Forschungsvorhaben dazu, Lücken zu erkennen und das rechtliche Instrumentarium fortzuentwickeln.