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Artfortschreibung

Artfortschreibung: Begriff, Zweck und Einordnung

Die Artfortschreibung ist ein behördliches Aktualisierungsverfahren, mit dem die „Art“ eines Bewertungsobjekts rechtlich neu eingeordnet wird. Gemeint ist die Umstellung der Grundstücks- oder Nutzungsart (zum Beispiel von unbebaut zu bebaut, von land- und forstwirtschaftlicher Nutzung zu Wohngrundstück, oder von Einfamilienhaus zu Mehrfamilienhaus), wenn sich die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse ändern. Diese Einordnung ist Grundlage für die steuerliche Bewertung und wirkt sich insbesondere auf die Bemessungsgrundlagen der Grundsteuer aus.

Abgrenzung zu anderen Fortschreibungsarten

Die Artfortschreibung bezieht sich auf die qualitative Zuordnung des Bewertungsobjekts (Art), nicht auf dessen numerischen Wert. Daneben existieren weitere Formen der Aktualisierung: Die Wertfortschreibung passt den festgestellten Wert an, wenn sich dieser über bestimmte Grenzen hinaus verändert; die Zurechnungsfortschreibung betrifft die Zuordnung des Objekts zu einer Person oder Gemeinschaft. Während die Wertfortschreibung die Höhe und die Zurechnungsfortschreibung den Adressaten betrifft, ordnet die Artfortschreibung das Objekt in die zutreffende Kategorie ein.

Anwendungsbereich

Grundstücke und Grundsteuer

Hauptanwendungsfeld ist die Bewertung von Grundvermögen für die Grundsteuer. Je nach Art eines Grundstücks gelten unterschiedliche Bewertungsregeln. Ein Wechsel der Grundstücksart – etwa durch Neubau, Abriss, Nutzungsänderung oder Umwidmung – führt zur Prüfung, ob eine Artfortschreibung durchzuführen ist.

Land- und Forstwirtschaft

Auch Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sind erfasst. Wechselt ein Flächenkomplex teilweise oder vollständig in eine andere Nutzungsart, kann dies eine Artfortschreibung auslösen, da sich Bewertungsmaßstäbe und Zuordnungskriterien ändern.

Weitere Bewertungsobjekte

Die Artfortschreibung kann auch bei sonstigen Bewertungsobjekten relevant werden, wenn deren rechtliche Einordnung als Objektart maßgeblichen Einfluss auf die Bewertung hat. Entscheidend ist stets, ob sich die qualitative Zuordnung ändert.

Auslösende Veränderungen (Tatbestände)

Änderung der Nutzungsart

Typische Fälle sind die Umwandlung landwirtschaftlich genutzter Flächen in Bauland, die Umnutzung von Gewerbe- zu Wohnzwecken oder die Aufgabe einer bisherigen Nutzung. Solche Änderungen können die Einordnung in eine andere Grundstücks- oder Objektart erforderlich machen.

Übergang von unbebaut zu bebaut (und umgekehrt)

Mit Fertigstellung eines Gebäudes geht ein Grundstück von „unbebaut“ in „bebaut“ über. Umgekehrt kann ein vollständiger Abriss den Wechsel zurück zur Art „unbebautes Grundstück“ herbeiführen. Auch Anbauten oder Aufstockungen können zu einem Wechsel der Objektkategorie führen.

Objektkategorien und Gebäudeklassen

Die Artfortschreibung wirkt auch innerhalb der bebauten Grundstücke: Beispielsweise kann der Wechsel von einem Ein- zu einem Mehrfamilienhaus, die Begründung von gemischt genutzter Bebauung oder die Verlagerung des Nutzungsschwerpunkts eine neue Artzuordnung notwendig machen.

Zeitliche Aspekte

Bewertungs- und Fortschreibungsstichtag

Für Artfortschreibungen gelten feste Stichtage. Maßgeblich ist, ob die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt als fortgeschrieben zu berücksichtigen ist. Die Bewertung knüpft an diesen Stichtag an; spätere Entwicklungen bleiben bis zur nächsten Änderung unberücksichtigt.

Wirkung für Folgezeiträume

Die neue Artzuordnung wirkt grundsätzlich für die künftigen Zeiträume, an die die Steuerbemessung anknüpft. Sie bildet damit die Grundlage für spätere Steuerfestsetzungen, bis wiederum eine Änderung der Verhältnisse eine weitere Fortschreibung erforderlich macht.

Verfahren und Zuständigkeit

Feststellungsbescheid und Bindungswirkung

Die Artfortschreibung erfolgt durch einen gesonderten Feststellungsbescheid. Dieser Bescheid legt die maßgebliche Objektart fest und entfaltet Bindungswirkung gegenüber den nachfolgenden Steuerbescheiden. Die Steuerverwaltung hat die so festgestellte Art bei der Steuerbemessung zu berücksichtigen.

Mitwirkung und Informationen

Die Behörde greift für die Artfortschreibung auf Informationen aus amtlichen Registern, Bau- und Nutzungsdaten, Mitteilungen anderer Stellen sowie auf Angaben der Beteiligten zurück. Es bestehen Mitwirkungs- und Anzeigepflichten, wenn sich maßgebliche tatsächliche Verhältnisse ändern, die die Art des Bewertungsobjekts berühren.

Datenquellen der Verwaltung

Typische Quellen sind Kataster- und Bauakten, Genehmigungen, Nutzungsfreigaben, amtliche Vermessungen sowie Meldungen aus Grundbuch- und Planungsbehörden. Diese Informationen dienen der Plausibilisierung einer etwaigen Änderung der Objektart.

Rechtsfolgen der Artfortschreibung

Auswirkungen auf die Bewertung

Die Artzuordnung bestimmt die anzuwendenden Bewertungsregeln. Mit der Artfortschreibung ändern sich daher die Bewertungsmaßstäbe, was zu einer geänderten Bemessungsgrundlage führen kann. Dies wirkt sich mittelbar auf die Höhe der Grundsteuer aus.

Berichtigung und Fehlerfolgen

Stellt sich eine Artfortschreibung als unzutreffend heraus, kommen Korrekturmöglichkeiten in Betracht. Dabei ist maßgeblich, ob der Fehler auf unzutreffenden Tatsachen beruht, ob sich die Verhältnisse nachträglich geändert haben oder ob formelle Anforderungen nicht eingehalten wurden.

Rechtsschutz

Rechtsbehelfe gegen die Artfortschreibung

Gegen den Feststellungsbescheid der Artfortschreibung stehen die üblichen Rechtsbehelfe des Verwaltungs- und Steuerverfahrens offen. Streitgegenstand ist dabei die Artzuordnung. Die Fristen und Formvorgaben richten sich nach den allgemeinen Verfahrensregeln.

Verhältnis zum Steuerbescheid

Der Feststellungsbescheid über die Art bindet den nachfolgenden Steuerbescheid. Einwendungen gegen die Artzuordnung sind grundsätzlich im Verfahren gegen den Feststellungsbescheid geltend zu machen. Der Steuerbescheid setzt die Feststellungen lediglich um.

Artfortschreibung im Kontext der Grundsteuerreform

Bundesmodell und Landesmodelle

Mit der Reform der Grundsteuer wurde die Bewertung neu geordnet. Unabhängig davon bleibt die Artfortschreibung als Instrument erhalten: Auch nach der Reform wird die Objektart fortgeschrieben, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse ändern. Dies gilt sowohl im Bundesmodell als auch in den länderspezifischen Modellen, jeweils nach den dort vorgesehenen Regelungen.

Kontinuität des Instruments

Die Artfortschreibung sichert die Aktualität der Bewertungsgrundlagen über den gesamten Lebenszyklus eines Grundstücks. Sie verbindet die statische Bewertung zu einem Stichtag mit der dynamischen Entwicklung von Nutzung, Bebauung und rechtlicher Einordnung.

Beispiele zur Veranschaulichung

Vom Ackerland zum Wohngebiet

Wird eine vormals landwirtschaftlich genutzte Fläche planungsrechtlich als Baugebiet ausgewiesen und tatsächlich entsprechend genutzt, kann die Einordnung als Grundstück der Land- und Forstwirtschaft entfallen und eine Zuordnung zum Grundvermögen erforderlich werden.

Neubau und Erstbezug

Mit der Fertigstellung eines Wohngebäudes wird ein bislang unbebautes Grundstück als bebautes Grundstück eingeordnet. Dies kann eine andere Objektkategorie mit eigenständigen Bewertungsmaßstäben begründen.

Nutzungsänderung in gemischt genutzte Immobilie

Wird ein bisher reines Wohngebäude teilweise zu gewerblichen Zwecken genutzt, kann die Objektart in eine gemischt genutzte Kategorie wechseln, sofern der Nutzungsschwerpunkt dies erfordert.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Artfortschreibung im Steuer- und Verwaltungsverfahren?

Artfortschreibung bezeichnet die behördliche Aktualisierung der Objektart eines Bewertungsobjekts, insbesondere bei Grundstücken. Sie legt fest, in welche rechtliche Kategorie das Objekt fällt, etwa bebautes oder unbebautes Grundstück, Wohn- oder Geschäftsgrundstück, oder land- und forstwirtschaftliche Nutzung.

Wann kommt es typischerweise zu einer Artfortschreibung?

Sie wird erforderlich, wenn sich die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse ändern, etwa durch Neubau, Abriss, Umnutzung, Umwidmung oder eine Verschiebung des Nutzungsschwerpunkts, die eine andere Objektart begründen.

Welche Rolle spielt die Artfortschreibung für die Grundsteuer?

Die Artzuordnung bestimmt die anzuwendenden Bewertungsregeln und damit die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer. Eine Artfortschreibung kann daher mittelbar zu einer veränderten Steuer führen.

Ab wann wirkt eine Artfortschreibung zeitlich?

Maßgeblich ist der jeweilige Bewertungs- und Fortschreibungsstichtag. Die neue Artzuordnung gilt ab diesem Zeitpunkt für die nachfolgenden Bemessungszeiträume, bis erneut eine Änderung eintritt.

Worin liegt der Unterschied zu Wertfortschreibung und Zurechnungsfortschreibung?

Die Artfortschreibung betrifft die qualitative Einordnung des Objekts. Die Wertfortschreibung passt den festgestellten Wert an geänderte Verhältnisse an, während die Zurechnungsfortschreibung die Zuordnung des Objekts zu einer Person oder Gemeinschaft betrifft.

Welche Unterlagen oder Informationen nutzt die Verwaltung für die Artfortschreibung?

Herangezogen werden regelmäßig amtliche Register, Bau- und Nutzungsdaten, Vermessungsunterlagen, Genehmigungen und Mitteilungen anderer Behörden sowie Angaben der Beteiligten, um die geänderte Artzuordnung zu belegen.

Wie kann gegen eine aus Sicht der Betroffenen unzutreffende Artfortschreibung vorgegangen werden?

Gegen den Feststellungsbescheid stehen die üblichen Rechtsbehelfe offen. Im Rechtsbehelfsverfahren wird geprüft, ob die tatsächlichen Verhältnisse und die daraus abgeleitete Artzuordnung zutreffend festgestellt wurden.

Gilt die Artfortschreibung auch nach der Grundsteuerreform weiter?

Ja. Die Artfortschreibung bleibt ein zentrales Instrument, um die Objektart aktuell zu halten. Sie findet sowohl im Bundesmodell als auch in den Landesmodellen Anwendung.