Anwaltskosten: Definition, Rechtsgrundlagen und Berechnung
Begriff und Bedeutung der Anwaltskosten
Anwaltskosten sind die Vergütung, die einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt für die rechtliche Beratung, außergerichtliche und gerichtliche Vertretung zusteht. Sie setzen sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen und sind sowohl im Zivilrecht als auch im Strafrecht, Arbeitsrecht und weiteren Rechtsgebieten von Bedeutung. Die Anwaltskosten können sich auf Privatpersonen, Unternehmen, Verbände oder öffentliche Stellen beziehen.
Gesetzliche Grundlagen der Anwaltskosten
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
Die gesetzliche Grundlage für Anwaltskosten bildet in Deutschland das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das die Berechnung der Vergütung für anwaltliche Dienstleistungen bundesweit regelt. Das RVG enthält sowohl feste Rahmengebühren als auch Vorschriften zur Honorarvereinbarung. Zuvor wurden diese Regelungen durch die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) bestimmt.
Vergütungsverzeichnis (VV RVG)
Im Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV RVG) sind die einzelnen Gebührentatbestände und deren Wertigkeit detailliert aufgeführt. Die Höhe der Vergütung orientiert sich grundsätzlich an dem Gegenstandswert der Angelegenheit, der geleisteten Tätigkeit sowie dem Umfang und der Schwierigkeit des Falls.
Honorarvereinbarung
Neben der gesetzlichen Vergütung besteht die Möglichkeit, eine abweichende individuelle Honorarvereinbarung zu treffen. Diese muss ausdrücklich und schriftlich zwischen Mandantschaft und Rechtsanwalt vereinbart werden (vgl. § 3a RVG). Bei gerichtlicher Tätigkeit dürfen bestimmte Schranken, etwa hinsichtlich Mindestgebühren, nicht unterschritten werden.
Arten der Anwaltskosten
Gesetzliche Gebühren
Geschäftsgebühr
Für die außergerichtliche Tätigkeit fällt regelmäßig eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an. Sie richtet sich nach dem Gegenstandswert der Sache und einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5.
Verfahrens- und Terminsgebühr
Im gerichtlichen Verfahren entstehen weitere Gebühren, insbesondere eine Verfahrensgebühr (z. B. nach Nr. 3100 VV RVG) für die Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens sowie eine Terminsgebühr (z. B. nach Nr. 3104 VV RVG) für die Wahrnehmung gerichtlicher Termine.
Einigungsgebühr
Kommt es zu einer Einigung zwischen den Parteien, entsteht eine gesonderte Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000ff. VV RVG.
Vereinbarte Gebühren
Neben den gesetzlichen Gebühren können auch Pauschalhonorare, Zeithonorare oder Erfolgshonorare nach individueller Absprache vereinbart werden, sofern dies nach den gesetzlichen Vorgaben zulässig ist.
Auslagen und Nebenkosten
Zusätzlich zu den Gebühren fallen Auslagen, beispielsweise für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Fahrtkosten, Kopien oder Gutachten, an. Diese werden regelmäßig nach den §§ 700 ff. RVG berechnet.
Kostenarten im Überblick
Erstberatung
Für eine Erstberatung gilt gemäß § 34 RVG eine Höchstgrenze von 190 Euro (zzgl. Umsatzsteuer) bei Verbrauchern. Für weitergehende Beratungen können individuelle Vereinbarungen getroffen werden.
Pauschalhonorar und Zeithonorar
Im Rahmen von Verträgen kann ein Pauschalhonorar für einen bestimmten Leistungsumfang oder ein Zeithonorar (Abrechnung nach Stunden oder Tagen) vereinbart werden.
Erfolgshonorar
Ein Erfolgshonorar (abhängig vom Erfolg des Mandats) darf nur in engen gesetzlich geregelten Ausnahmefällen vereinbart werden (§ 4a RVG).
Bemessung der Anwaltskosten
Gegenstandswert
Der Gegenstandswert (Streitwert) ist maßgeblich für die Berechnung der meisten Gebührenpositionen im Zivilrecht. Er ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Interesse der Mandantin oder des Mandanten am Ergebnis des Verfahrens.
Umfang und Schwierigkeit
Gebührenrahmen können innerhalb bestimmter Werte erhöht oder reduziert werden, abhängig von Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit.
Mehrere Angelegenheiten oder Parteien
Bei Vertretung mehrerer Parteien oder Tätigkeit in verschiedenen Angelegenheiten entstehen häufig Mehrkosten in Form von zusätzlichen Gebühren oder Erhöhungszuschlägen.
Kostenerstattung und Kostentragung
Kostenerstattung im Zivilverfahren
Im Zivilprozess werden die Anwaltskosten der obsiegenden Partei in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt (§ 91 ZPO). Die Erstattung betrifft aber nur die gesetzlichen Gebühren, nicht darüber hinausgehende Honorarvereinbarungen.
Kostenerstattung im Verwaltungsverfahren
Im Verwaltungsrecht trägt grundsätzlich jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten (sog. Kostenprivileg). Eine Kostenerstattung findet meist nicht statt, es sei denn, es wird gesetzlich ausdrücklich geregelt.
Strafverfahren und Bußgeldverfahren
Im Strafprozess trägt jede Partei im Grundsatz ihre eigenen Anwaltskosten. Im Falle eines Freispruchs können die notwendigen Auslagen, einschließlich der Anwaltskosten, dem Staat auferlegt werden (§ 467 StPO).
Besonderheiten bei den Anwaltskosten
Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe
Personen mit geringem Einkommen können Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe beantragen. In diesen Fällen werden die Anwaltskosten ganz oder teilweise von der Staatskasse übernommen.
Mehrwertsteuer
Sämtliche Anwaltskosten verstehen sich grundsätzlich zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, aktuell 19 Prozent.
Kostenfestsetzungsverfahren
Die gerichtliche Festsetzung der erstattungsfähigen Anwaltskosten erfolgt im Kostenfestsetzungsverfahren (§ 103 ZPO). Hier prüft das Urteil, welche Kosten erstattungsfähig sind.
Übersicht: Rechenbeispiel zu Anwaltskosten
Bei der außergerichtlichen Geltendmachung einer Forderung von 10.000 Euro berechnen sich die Anwaltskosten wie folgt:
- Gesetzliche Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG): ca. 618,00 €
- Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale: 20,00 €
- zzgl. 19 % MwSt.: 121,22 €
- Gesamtkosten: 759,22 €
Literatur und weiterführende Quellen
- Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
- Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG), aktueller Stand
- Bundesministerium der Justiz: Ausführliche Informationen zur Anwaltsvergütung
- Deutsches Anwaltverzeichnis: Rechner zur Anwaltsvergütung
Fazit:
Anwaltskosten sind ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Rechtssystems und unterliegen klaren gesetzlichen Vorgaben. Sie dienen der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen und sollen Rechtssuchenden die Möglichkeit geben, die Kosten transparent und nachvollziehbar zu kalkulieren. Insbesondere das RVG sowie die darin enthaltenen Gebührentabellen spielen eine zentrale Rolle zur Berechnung. Die Erstattung der Anwaltskosten im Streitfall, aber auch Möglichkeiten staatlicher Unterstützung, sind wichtige Aspekte für die Rechtsdurchsetzung.
Dieser Überblick vermittelt umfangreiches Wissen zu Begriff, Struktur und Berechnung der Anwaltskosten, insbesondere im deutschen Recht, und beleuchtet sowohl die Grundlagen als auch viele Besonderheiten dieses für Rechtsuchende zentralen Themas.
Häufig gestellte Fragen
Wie setzen sich die Anwaltskosten im rechtlichen Kontext zusammen?
Die Anwaltskosten im rechtlichen Kontext setzen sich in Deutschland im Regelfall aus der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder aus individuell vereinbarten Honoraren zusammen. Das RVG legt bestimmte Gebührentatbestände fest, etwa für die Erstberatung, die außergerichtliche Vertretung, das gerichtliche Verfahren sowie besondere Tätigkeiten wie Vergleiche oder Fristenwahrung. Die Höhe der gesetzlichen Gebühren richtet sich zumeist nach dem sog. Gegenstandswert, also dem finanziellen Wert des Streitgegenstands. Bei Arbeitsrecht, Familienrecht, Strafrecht und Sozialrecht können spezielle Regelungen zur Anwendung kommen. Alternativ können Anwälte eine Honorarvereinbarung treffen, die etwa nach Stunden abrechnet oder Pauschalbeträge vorsieht, wobei Mindestgebühren nach RVG einzuhalten sind; insbesondere in Verbraucherangelegenheiten sind Begrenzungen sowie Formvorschriften für Honorarvereinbarungen zu beachten.
Wann besteht eine Pflicht zur Zahlung von Anwaltskosten?
Eine Zahlungspflicht für Anwaltskosten entsteht grundsätzlich mit Abschluss des Mandatsvertrags – und damit schon vor einer tatsächlichen Tätigkeit des Anwalts. Dies umfasst auch Beratungsgespräche und vorbereitende Prüfungen. Nach Mandatsbeendigung entsteht eine abschließende Gebührenabrechnung. In gerichtlichen Verfahren bestimmt das Gesetz regelmäßig, dass die unterlegene Partei die Prozesskosten, einschließlich der notwendigen Anwaltskosten der Gegenseite, zu erstatten hat, sofern der Gegner anwaltlich vertreten war. Hiervon gibt es Ausnahmen in bestimmten Verfahrensarten, etwa vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz, wo jede Partei ihre Anwaltskosten grundsätzlich selbst trägt, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.
Was ist eine Geschäftsgebühr und wann fällt sie an?
Als Geschäftsgebühr wird die Vergütung für die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts bezeichnet, etwa für Beratungen, das Verfassen von Schreiben oder die Führung von Vergleichsverhandlungen außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Die Geschäftsgebühr ist in Nr. 2300 VV RVG geregelt und bemisst sich nach dem Gegenstandswert. Sie fällt an, sobald der Anwalt für den Mandanten außergerichtlich tätig wird, unabhängig davon, ob es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Wird aufgrund der gleichen Angelegenheit später auch eine gerichtliche Tätigkeit erforderlich, fällt zusätzlich eine Verfahrensgebühr an, wobei die Geschäftsgebühr teilweise auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
In welchen Fällen übernehmen Rechtsschutzversicherungen Anwaltskosten?
Rechtsschutzversicherungen übernehmen im Allgemeinen die Anwaltskosten, wenn der versicherte Rechtsschutzfall im Umfang des Versicherungsvertrages liegt. Dazu zählen regelmäßig Kosten für die außergerichtliche und gerichtliche Interessenwahrnehmung in den versicherten Bereichen (z. B. Verkehrsrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht). Der Versicherte muss vorab eine Deckungszusage vom Versicherer einholen, und es gelten jeweils Ausschlüsse und Selbstbeteiligungen gemäß den Versicherungsbedingungen. Bei Rechtsstreitigkeiten, die von der Versicherung nicht abgedeckt werden (z. B. vorsätzliche Straftaten oder bestimmte Vertragsstreitigkeiten), besteht kein Kostenschutz.
Was passiert, wenn die Gegenseite die Anwaltskosten nicht erstattet?
Im Regelfall kann der Mandant, der vor Gericht obsiegt, von der unterlegenen Gegenseite die Erstattung der notwendigen Anwaltskosten verlangen. Erfolgt keine Zahlung trotz Kostengrundentscheidung, muss die Kostenerstattung wie ein gewöhnlicher Geldanspruch vollstreckt werden. In außergerichtlichen Situationen besteht ein Kostenerstattungsanspruch nur, wenn der Schuldner sich in Verzug befindet oder ein gesetzlicher Anspruch hierauf besteht, etwa bei unberechtigter Weigerung, einen Anspruch zu erfüllen. In der Praxis können Anwaltskosten daher unbezahlt bleiben, wenn die Gegenseite zahlungsunfähig ist.
Wie ist bei Prozesskostenhilfe oder Beratungshilfe die Kostenregelung?
Im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) trägt die Staatskasse die Anwaltskosten ganz oder teilweise, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen der Bedürftigkeit erfüllt. Dies umfasst im gerichtlichen Verfahren sowohl Gerichts- als auch notwendige Anwaltskosten, wobei teilweise Rückzahlungspflichten entstehen können, falls sich die wirtschaftliche Lage des Mandanten verbessert. In den Fällen der Beratungshilfe – für außergerichtliche Rechtsberatung – bezahlt die Staatskasse eine festgelegte Vergütung an den Anwalt; der Mandant zahlt lediglich eine geringe Eigenbeteiligung. Voraussetzung für beide Hilfen ist ein entsprechender Antrag und Nachweis der eigenen finanziellen Situation.