Legal Lexikon

Alternativobligation


Begriff und Wesen der Alternativobligation

Die Alternativobligation ist ein im Schuldrecht anzutreffender Rechtsbegriff, der eine besondere Form der Verpflichtung zwischen Schuldner und Gläubiger beschreibt. Die Alternativobligation kennzeichnet sich dadurch, dass der Schuldner zur Leistung einer von mehreren, im Voraus bestimmten Leistungen verpflichtet ist, wobei jedoch lediglich eine dieser Leistungen erbracht werden muss, um die Verpflichtung insgesamt zu erfüllen. Dieses Wahlrecht unter mehreren Leistungsoptionen unterscheidet die Alternativobligation von anderen Schuldverhältnissen.

Rechtsgrundlagen der Alternativobligation

Gesetzliche Regelungen

Im deutschen Zivilrecht ist die Alternativobligation vor allem in den Vorschriften der §§ 262-265 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) normiert. Das Gesetz differenziert zwischen der Wahlobligation (auch Wahlschuld genannt) und der sogenannten Ersetzungsbefugnis, wobei ausdrücklich bestimmt wird, wem das Wahlrecht hinsichtlich der zu erbringenden Leistung zukommt. Die rechtssystematischen Parallelen finden sich auch in anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen (z.B. in der Schweiz und Österreich).

Typen der Alternativobligation

Wahlschuld (Wahlobligation)

Bei einer echten Alternativobligation im Sinn der Wahlschuld sind mehrere verschiedene Leistungen gleichwertig geschuldet. Der Schuldner kann sich durch die Erbringung einer dieser Leistungen seiner Verpflichtung entledigen. Juristisch relevant wird hierbei, wem das Wahlrecht zusteht – häufig dem Schuldner, in Ausnahmefällen dem Gläubiger.

Ersetzungsbefugnis

Von der Wahlschuld zu unterscheiden ist die sogenannte Ersetzungsbefugnis. Hier ist nur eine bestimmte Leistung geschuldet, der Schuldner hat aber die Möglichkeit, durch die Erbringung einer alternativen, ebenfalls von vornherein bestimmten Leistung, seine Verpflichtung zu erfüllen.

Charakteristische Merkmale der Alternativobligation

Begriffsabgrenzung

Die Alternativobligation ist abzugrenzen von mehreren Einzelverpflichtungen (Gesamtschuld) oder der Gattungsschuld. Bei der Alternativobligation ist stets nur eine Leistung zu erfüllen; die Verpflichtung zu einer Mehrzahl von Leistungen besteht nicht.

Entstehung und Ausgestaltung

Alternativobligationen können durch Vertrag, Gesetz oder gerichtliche Entscheidung begründet werden. Im individuellen Schuldvertrag können die Parteien beispielsweise vereinbaren, dass die Schuld durch Lieferung von Ware A oder von Ware B erfüllt wird.

Wahlrecht

Das Gesetz unterscheidet verschiedene Fälle:

  • Wahlrecht des Schuldners: Regelfall gemäß § 262 BGB. Der Schuldner entscheidet, welche der in Aussicht gestellten Leistungen er erbringen will.
  • Wahlrecht des Gläubigers: Nur möglich, wenn dies vereinbart ist. Die Erklärung der Wahl erfolgt gegenüber dem Schuldner.
  • Ausschluss der Wahl: Ist keine Partei zur Wahl berechtigt oder übt niemand das Wahlrecht aus, kann ein Gericht die Leistungsbestimmung treffen (§ 263 Abs. 2 BGB).

Die Wahl (Konkretisierung) wird erst mit ihrer Ausübung wirksam und kann generell nicht mehr widerrufen werden.

Rechtsfolgen der Alternativobligation

Wirkung der Leistungsbestimmung

Mit der wirksamen Wahl einer der geschuldeten Leistungen wird das Schuldverhältnis auf diese konkrete Leistung beschränkt. Die anderen Alternativleistungen treten als Erfüllungsmöglichkeiten zurück.

Unmöglichkeit einer Leistung

Wird eine der Alternativen unmöglich und lag die Wahlberechtigung beim Schuldner, entfällt diese Möglichkeit; der Schuldner kann zwischen den noch möglichen Optionen wählen (§ 264 BGB). Wird hingegen nur noch eine Leistung möglich, wird die Wahlschuld zur Stückschuld.

Schadensersatz und Rücktritt

Kommt es im Rahmen einer Alternativobligation zur Unmöglichkeit aller geschuldeten Leistungen, endet das Schuldverhältnis in der Regel, und gegebenenfalls können Ansprüche auf Schadensersatz entstehen. Die Regelungen orientieren sich an den allgemeinen Prinzipien des Leistungsstörungsrechts im BGB.

Alternativobligation im internationalen Kontext

Das Konzept der Alternativobligation ist auch in anderen Rechtsordnungen bekannt – etwa im schweizerischen Obligationenrecht (Art. 71 OR) und im österreichischen Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB § 905). Die Ausgestaltung und Begriffsabgrenzungen ähneln dabei weitgehend den deutschen Vorschriften, können jedoch in Details abweichen, was bei grenzüberschreitenden Vertragsverhältnissen zu beachten ist.

Anwendungsbeispiele und Praxisrelevanz

Alternativobligationen finden besondere Anwendung in Lieferverträgen, Garantievereinbarungen und Schadensersatzabreden. Ein typisches Beispiel ist ein Kaufvertrag, in dem sich der Schuldner verpflichtet, „entweder Produkt A oder Produkt B“ zu liefern. Alternativobligationen ermöglichen Flexibilität in Verträgen und dienen der Risikoverteilung für den Fall von Leistungsstörungen.

Zusammenfassung

Die Alternativobligation ist eine spezifische schuldrechtliche Verpflichtung, bei der mehrere genau bestimmte Leistungen alternativ geschuldet werden. Durch die Wahl einer der infrage kommenden Leistungen wird die Verpflichtung erfüllt. Die Ausgestaltung der Alternativobligation regelt, wem das Wahlrecht zusteht, wie mit Unmöglichkeitstatbeständen umzugehen ist und welche Rechtsfolgen die Wahl hat. Sie stellt ein praxisrelevantes Instrument zur Flexibilisierung rechtlicher Leistungsbeziehungen im Vertragsrecht dar.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Ausstellung einer Alternativobligation erfüllt sein?

Für die Ausstellung einer Alternativobligation bestehen bestimmte rechtliche Vorgaben, die sich vor allem aus den Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 262 ff., sowie aus spezialgesetzlichen Vorschriften und dem allgemeinen Schuldrecht ergeben. Zunächst muss zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner eine klare Vereinbarung über den alternativen Leistungsgegenstand bestehen. Diese Vereinbarung bedarf keiner besonderen Form, sofern keine gesetzlichen Schriftformerfordernisse bestehen (z. B. bei Verbrauchergeschäften). Essenziell ist, dass die Alternativobligation genau bestimmt oder bestimmbar ist, d. h. aus dem Vertrag muss eindeutig hervorgehen, welche Leistungen alternativ geschuldet sind. Zudem muss geregelt werden, wem das Wahlrecht (Alternativbefugnis) zusteht – typischerweise dem Schuldner, kann aber auch dem Gläubiger oder einem Dritten übertragen sein. Schließlich dürfen die einzelnen in Frage kommenden Leistungen nicht gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten (§ 134, § 138 BGB) verstoßen. Die Alternativobligation wird erst dann wirksam, wenn all diese Anforderungen erfüllt sind und die Parteien mit Rechtsbindungswillen handeln.

Wie ist die Wahlbefugnis (Erklärungsakt) rechtlich zu erklären und wo liegen mögliche Problemfelder?

Die Wahlbefugnis bei einer Alternativobligation bezeichnet die rechtliche Macht, darüber zu bestimmen, welche der angebotenen Leistungen tatsächlich erbracht werden soll. Diese Befugnis ist grundsätzlich im Vertrag zu regeln; fehlt eine ausdrückliche Regelung, steht sie gem. § 262 BGB im Zweifel dem Schuldner zu. Die Ausübung des Wahlrechts erfolgt durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung an den Vertragspartner (§ 263 Abs. 2 BGB). Sie ist unwiderruflich, sobald sie dem anderen Teil zugeht; damit ist die Obligation in eine bestimmte Forderung übergegangen (Konkretisierung). Problematisch kann es werden, wenn der Wahlberechtigte untätig bleibt. Das Gesetz sieht in diesem Fall Rechtsschutz für den anderen Vertragspartner vor, etwa durch die Möglichkeit, nach Fristsetzung selbst zu wählen oder Schadensersatz zu verlangen (§ 264 BGB). Ein weiteres rechtliches Problem kann entstehen, wenn eine der alternativen Leistungen unmöglich wird – in diesem Fall regelt § 265 BGB, wie sich die Leistungsunmöglichkeit auf das Schuldverhältnis auswirkt.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für die Parteien im Falle einer Unmöglichkeit einer der angebotenen Leistungen?

Kommt es zur Unmöglichkeit einer der Leistungen binnen einer Alternativobligation, konkretisiert das Gesetz dies in § 265 BGB. Wird eine Leistung unmöglich, bevor die Wahl getroffen wurde, beschränkt sich die Obligation automatisch auf die noch mögliche Alternativleistung. Der Schuldner ist dann nur noch zur verbleibenden Leistung verpflichtet. Wurde bereits gewählt und die bestimmte Leistung wird danach unmöglich, gelten die allgemeinen Regeln der Unmöglichkeit (§ 275 BGB), d. h. die Verpflichtung zur Leistung entfällt und der Gläubiger kann ggf. Schadensersatz verlangen, sofern den Schuldner ein Verschulden trifft (§§ 280, 283 BGB). Wichtig ist ebenfalls, dass durch nachträgliche Unmöglichkeit nicht automatisch die ganze Schuld erlischt, es sei denn, alle Alternativleistungen sind unmöglich geworden. In diesem Fall tritt Gesamterlöschen der Schuld ein.

Welche Besonderheiten bestehen beim Wahlrecht Dritter im Rahmen der Alternativobligation aus juristischer Sicht?

Das Wahlrecht kann im Rahmen einer Alternativobligation nicht nur dem Gläubiger oder dem Schuldner, sondern gemäß § 263 Abs. 1 BGB auch einem Dritten eingeräumt werden. Juristisch relevant ist hierbei insbesondere, dass derjenige, dem das Wahlrecht zusteht, dies durch eine rechtsgeschäftliche, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber beiden Vertragsparteien ausüben muss. Der Dritte wird dabei nicht selbst Vertragspartner, sondern nimmt lediglich eine mitgestaltende Rolle wahr. Bei Ausbleiben der Wahl kann nach Setzung einer angemessenen Frist der Gläubiger oder Schuldner (je nach Parteivereinbarung) die Wahl treffen. Die Bindungswirkung der getroffenen Wahl ist auch für einen Dritten strikt zu beachten; eine einmal ausgeübte Wahl kann nicht mehr einseitig widerrufen werden. Rechtlich problematisch kann beispielsweise eine Interessenkollision des Dritten werden oder ein Wegfall des Dritten, etwa durch Tod – dann fällt das Wahlrecht an den Schuldner zurück (§ 263 Abs. 3 BGB).

Wie erfolgt die Durchsetzung von Ansprüchen aus einer Alternativobligation vor Gericht?

Im gerichtlichen Verfahren muss der Kläger, der Ansprüche aus einer Alternativobligation geltend macht, zunächst substantiiert darlegen, dass eine entsprechende Alternativschuld im Vertrag vereinbart wurde und dass alle relevanten gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. In der Klage ist die genauere Bestimmung der verlangten Leistung relevant: Verlangt der Kläger die Erfüllung, muss klar sein, ob bereits eine Wahl bezüglich der Alternativleistungen getroffen wurde. Wenn das Wahlrecht beim Schuldner liegt, kann die Klage sich grundsätzlich auf Zahlung einer der geschuldeten Leistungen richten, muss aber als Hilfsantrag ggf. alle Alternativen umfassen, falls die Wahl noch nicht ausgeübt wurde. Im Urteil wird meist der Schuldner zur wahlweisen Erfüllung verurteilt, sofern die Wahlbefugnis noch nicht ausgeübt wurde. Hat der Gläubiger das Wahlrecht, kann das Gericht, falls der Schuldner verzögert oder verweigert, nach Fristsetzung die Erfüllung durch die vom Gläubiger gewählte Leistung entscheiden. Der gerichtliche Titel ist dann auf eine bestimmte Leistungsvariante zu richten, sobald das Wahlrecht ausgeübt wird oder das Gericht dies feststellt.

Welche Auswirkungen hat der Eintritt von Verzug bei einer Alternativobligation auf die Wahlbefugnis?

Gerät der Schuldner mit der Leistung aus einer Alternativobligation in Verzug, bleibt das Wahlrecht grundsätzlich bestehen, sofern es gesetzlich oder vertraglich beim Schuldner liegt. Allerdings kann der Gläubiger gemäß § 264 BGB nach erfolgloser Fristsetzung selbst die Wahl treffen. Außerdem können bei Verzug Schadensersatzansprüche wegen Verzögerung auftreten (§§ 280, 286 BGB). Für den Fall, dass das Wahlrecht beim Gläubiger lag und der Schuldner nicht innerhalb der gesetzten Frist leistet, kann der Gläubiger unmittelbar auf die gewählte Leistung klagen und weitere Verzugsfolgen fordern. Eine Besonderheit ergibt sich, wenn Flucht in die Ersatzleistung stattfindet oder die individuelle Konstellation aufgrund von Verzug die Durchführung der Alternative erschwert; hier greift vorrangig das Leistungsstörungsrecht mit seinen speziellen Regelungen. Insgesamt ändert der Verzug grundsätzlich nichts am Fortbestand des Wahlrechts, ermöglicht dem Gläubiger jedoch weitreichendere Gestaltungsmöglichkeiten bis zur Leistungsdurchsetzung.

In welchen Fällen ist die Alternativobligation rechtlich von der Wahlschuld abzugrenzen?

Die Abgrenzung zwischen Alternativobligation (Wahlschuld) und anderen Mehrfachleistungsschulden – etwa der Gattungsschuld oder der Gesamtschuld – ist aus juristischer Sicht erforderlich, um die jeweils geltenden Normen korrekt anzuwenden. Die Alternativobligation wird – im engeren Sinn – als Wahlschuld bezeichnet, wenn mehrere, voneinander unabhängige Leistungen geschuldet sind, aber nur eine zu erbringen ist. Im Unterschied zur Gattungsschuld, bei der von vornherein nur eine Sache, aber unbestimmter Auswahl (Gattung) zu leisten ist, bietet die Alternativobligation verschiedene, inhaltlich unterschiedliche Leistungen (etwa Zahlung oder Lieferung einer Sache). Die Gesamtschuld zeichnet sich wiederum dadurch aus, dass mehrere Schuldner für dieselbe Leistung einstehen, unterscheidet sich also strukturell von der Alternativobligation. Die korrekte rechtliche Einordnung ist entscheidend, da zum Beispiel bei der Alternativobligation die Wahlrechtsregelungen der §§ 262 ff. BGB gelten, bei der Gattungsschuld hingegen § 243 BGB und bei der Gesamtschuld die §§ 421 ff. BGB einschlägig sind.