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ADSp

ADSp – Begriff, Funktion und rechtliche Einordnung

Die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) sind branchenweit anerkannte Allgemeine Geschäftsbedingungen für Speditions- und Logistikleistungen in Deutschland. Sie ordnen die rechtlichen Beziehungen zwischen Spediteur und Auftraggeber, konkretisieren gesetzliche Leitplanken und schaffen ein einheitliches, praxistaugliches Regelwerk für Transport, Umschlag, Lagerung und damit verbundene Dienste. Die ADSp gelten nicht automatisch; sie werden wirksam, wenn sie vertraglich einbezogen werden. Sie stehen unter dem Vorrang zwingender nationaler und internationaler Bestimmungen und wirken ergänzend dort, wo gesetzliche Regelungen dispositiv sind.

Trägerschaft und Entwicklung

Die ADSp werden von Verbänden der Logistik- und Verladerwirtschaft getragen und fortgeschrieben. Sie spiegeln einen ausbalancierten Interessenausgleich zwischen den Beteiligten wider und werden in größeren Abständen an Marktentwicklungen, internationale Beförderungsregime sowie Digitalisierungserfordernisse angepasst. In der Praxis hat sich die Fassung ADSp 2017 weit verbreitet.

Geltungsbereich und Anwendungsfeld

Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Die ADSp adressieren Verträge über Speditionsleistungen. Erfasst sind insbesondere die Organisation von Transporten (national und grenzüberschreitend), Umschlag, Lagerung, Verzollung, Verpackung sowie weitere Nebenleistungen. Sie gelten regelmäßig auch dann, wenn der Spediteur als Fixkostenspediteur auftritt oder im Selbsteintritt eine Beförderung selbst ausführt; die ADSp regeln hierfür eigenständige Rechtsfolgen.

Bezug zu Spezialregelwerken

Für einzelne Verkehrsträger und internationale Beförderungen können vorrangige Übereinkommen maßgeblich sein. Die ADSp nehmen hierauf Bezug und ordnen, in welchem Umfang ihre Bestimmungen neben zwingenden Regelungen anwendbar bleiben. Dadurch wird ein möglichst widerspruchsfreies Zusammenspiel zwischen branchenspezifischem Standard und internationalem Transportrecht hergestellt.

Vertragsschluss und Einbeziehung

Form der Einbeziehung

Als Allgemeine Geschäftsbedingungen werden die ADSp üblicherweise durch ausdrücklichen Hinweis im Angebot, in der Auftragsbestätigung oder im Frachtbrief einbezogen. Eine wirksame Einbeziehung setzt voraus, dass der Auftraggeber die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Elektronische Kommunikation ist nach den ADSp grundsätzlich zulässig.

Kollidierende Geschäftsbedingungen

Treffen unterschiedliche Bedingungswerke von Auftraggeber und Spediteur aufeinander, enthalten die ADSp Regelungen zur Behandlung von Kollisionen. In der Praxis wird häufig die Geltung der ADSp vorrangig vereinbart. Zwingendes Recht bleibt davon unberührt.

Leistungspflichten und Organisation

Pflichten des Spediteurs

Der Spediteur schuldet eine sorgfältige Organisation des Transports und der Nebenleistungen. Dazu gehören Auswahl und Instruktion von Frachtführern, sachgerechte Disposition, Beachtung vereinbarter Lieferfristen sowie Informations- und Dokumentationspflichten. Aufträge dürfen an Subunternehmer weitergegeben werden, soweit keine entgegenstehenden Abreden bestehen.

Pflichten des Auftraggebers

Der Auftraggeber hat Güter zutreffend zu deklarieren, ordnungsgemäß zu verpacken und zu kennzeichnen, notwendige Dokumente bereitzustellen sowie Besonderheiten wie Gefahrgut oder wertvolle beziehungsweise diebstahlgefährdete Waren mitzuteilen. Er trägt Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben.

Besondere Leistungsformen

Die ADSp regeln Konstellationen wie Fixkostenspedition, Selbsteintritt, Sammelladung oder Nachnahme. Je nach Ausgestaltung wechselt die Rolle des Spediteurs näher an diejenige eines Frachtführers, was sich auf Haftungsmaßstab und -umfang auswirken kann.

Haftungssystematik

Grundprinzipien der Haftung

Kern der ADSp ist ein abgestuftes Haftungssystem: Es unterscheidet zwischen Güterschäden (Verlust/Beschädigung), Verzugsschäden und sonstigen Vermögensschäden. Die Haftung knüpft an den Zeitraum der Obhut an, also von der Übernahme bis zur Ablieferung. Außerhalb der Obhut bestehen reduzierte oder keine Haftungsansprüche, es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart oder zwingend vorgegeben.

Haftungshöchstbeträge und -ausschlüsse

Die ADSp enthalten betragsmäßige Haftungshöchstgrenzen, die sich regelmäßig am Gewicht des Gutes, an einzelnen Schadenereignissen und an Gesamtobergrenzen orientieren. Für Verzögerungsschäden gelten gesonderte Beschränkungen. Bei Vorsatz oder bestimmten schweren Pflichtverletzungen können Begrenzungen entfallen. Ausgenommen oder nur unter besonderen Bedingungen transportierbar sind etwa Güter mit außergewöhnlicher Wertdichte, lebende Tiere oder Güter mit besonderen Gefahrenpotenzialen; für diese sehen die ADSp abweichende Anzeigepflichten und Haftungsfolgen vor.

Multimodale Transporte und Seeanteile

Bei multimodalen Transporten, insbesondere mit Seeanteil, enthalten die ADSp spezielle Verweisungen auf einschlägige Haftungsregime; die Haftungsgrenzen können sich dadurch verändern. Ist der Schadensort bekannt, richtet sich die Haftung häufig nach den Regeln des betroffenen Transportabschnitts; bleibt der Schadensort unbekannt, greifen die in den ADSp angelegten Auffangmechanismen.

Lagergeschäft

Einlagerung, Obhut und Inventarisierung

Für Lagerleistungen regeln die ADSp die Übernahme des Gutes, die Einlagerung, Inventarisierung und die Verwahrung. Sie bestimmen, welche Nachweise üblich sind und wie mit Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Beständen umgegangen wird.

Haftung im Lager

Für Schäden während der Lagerung gelten eigene Haftungsmaßstäbe und betragsmäßige Grenzen, die sich von der Transporthaftung unterscheiden können. Besondere Risiken, wie Temperaturführung oder die Lagerung gefährlicher Stoffe, erfordern abgestimmte vertragliche Vorgaben und Mitwirkungspflichten des Auftraggebers.

Vergütung, Nebenkosten und Sicherungsrechte

Fracht, Spesen und Zuschläge

Die ADSp regeln die Vergütung, einschließlich Nebenkosten wie Zoll, Standgeld, Wartezeiten, Maut und Treibstoffzuschläge. Sie enthalten Bestimmungen zur Fälligkeit, Abrechnung und zur Behandlung unvorhersehbarer Mehrkosten durch Umstände außerhalb der Sphäre des Spediteurs.

Pfand- und Zurückbehaltungsrechte

Zur Sicherung offener Forderungen sehen die ADSp ein Pfand- und Zurückbehaltungsrecht am Gut vor. Dessen Reichweite, Ausübung und die Voraussetzungen einer Verwertung werden strukturiert dargestellt, stets im Rahmen der gesetzlichen Grenzen.

Fristen, Anzeigen und Verjährung

Schadensanzeige

Für die Geltendmachung von Schäden normieren die ADSp gestaffelte Anzeigefristen, die nach Art des Schadens (offen, äußerlich erkennbar, verborgen, Verzögerung) variieren. Die Anzeige dient der schnellen Sachverhaltsklärung und Beweissicherung.

Verjährung

Ansprüche verjähren nach den ADSp innerhalb bestimmter, relativ kurzer Zeiträume. Die Regelungen differenzieren nach Anspruchsart und sehen Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände vor, etwa bei schwebenden Verhandlungen. Zwingende längere Fristen bleiben unberührt.

Anwendbares Recht, Gerichtsstand und internationale Bezüge

Rechtswahl und Gerichtsstand

Die ADSp enthalten Vorgaben zur Rechtswahl und zur gerichtlichen Zuständigkeit, häufig mit Bezug zu deutschen Gerichten am Sitz des beauftragten Betriebs. Diese Klauseln wirken im Rahmen der international-privatrechtlichen Vorgaben und können durch zwingende Zuständigkeitsregeln überlagert werden.

Vorrang zwingender Normen

Die ADSp stehen stets unter dem Vorbehalt zwingender nationaler Gesetze und internationaler Übereinkommen. Soweit solche Normen abweichende Haftungsmaßstäbe, Fristen oder Zuständigkeiten vorsehen, gehen sie den ADSp vor.

Besondere Güter, Compliance und Daten

Gefahrgut, Diebstahl- und Verderbsrisiko

Für Gefahrgut, temperaturempfindliche oder diebstahlgefährdete Waren sehen die ADSp Informationspflichten und besondere Anforderungen an Verpackung, Kennzeichnung und Handhabung vor. Unterbleibt eine zutreffende Deklaration, können Haftungsprivilegien greifen oder Ansprüche eingeschränkt sein.

Dokumentation, Elektronik und Datenschutz

Die ADSp erkennen elektronische Kommunikationsformen an und regeln den Umgang mit digitalen Frachtpapieren, Nachweisen und Signaturen. Ergänzend enthalten sie Bestimmungen zu Vertraulichkeit und zum sorgsamen Umgang mit überlassenen Daten im Rahmen der Auftragsdurchführung.

Abweichungen und Individualvereinbarungen

Die ADSp sind dispositiv und können durch ausdrücklich vereinbarte Individualabreden ergänzt oder modifiziert werden. Bei Widersprüchen gehen Individualvereinbarungen den ADSp vor, während gesetzlich zwingende Vorschriften unangetastet bleiben.

Bedeutung in der Praxis

Die ADSp schaffen planbare Haftungs- und Verfahrensstandards für die gesamte Lieferkette. Sie reduzieren Reibungsverluste an Schnittstellen, vereinheitlichen Kommunikations- und Dokumentationspflichten und bieten durch Haftungs- und Fristenregeln kalkulierbare Risiken. Ihre breite Anerkennung in der Branche begünstigt effiziente Vertragsgestaltung und erleichtert die Abwicklung komplexer Logistikprojekte.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu den ADSp

Was sind die ADSp und wozu dienen sie?

Die ADSp sind branchenweit verwendete Geschäftsbedingungen für Spedition und Logistik in Deutschland. Sie ordnen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, konkretisieren Haftung, Fristen und Verfahrensabläufe und ergänzen die gesetzlichen Vorgaben, soweit diese abdingbar sind.

Gelten die ADSp automatisch ohne Vereinbarung?

Nein. Die ADSp werden nur wirksam, wenn sie zwischen den Parteien vereinbart und in den Vertrag einbezogen werden. Zwingende Normen gelten unabhängig davon.

Welche Bereiche decken die ADSp ab?

Erfasst sind insbesondere Transportorganisation, Umschlag, Lagerung, Verzollung, Verpackung und sonstige Nebenleistungen. Die ADSp regeln hierfür Leistungspflichten, Haftung, Fristen, Vergütung sowie Sicherungsrechte.

Wie ist die Haftung nach den ADSp strukturiert?

Die Haftung unterscheidet Güterschäden, Verzögerungsschäden und sonstige Vermögensschäden, jeweils mit eigenständigen Haftungsvoraussetzungen und betragsmäßigen Höchstgrenzen. Bei Vorsatz oder bestimmten schweren Pflichtverletzungen können Begrenzungen entfallen.

Welche Fristen sehen die ADSp vor?

Vorgesehen sind kurze, differenzierte Fristen für Schadensanzeigen sowie eigenständige Verjährungsfristen, die je nach Schadensart variieren. Fristregeln dienen der schnellen Klärung des Sachverhalts und der Beweissicherung.

Haben internationale Übereinkommen Vorrang?

Ja, soweit zwingende internationale Regelungen einschlägig sind, gehen sie den ADSp vor. Die ADSp enthalten für solche Konstellationen Anschlussregelungen und Auffangmechanismen.

Können die ADSp individuell abgeändert werden?

Ja. Individualvereinbarungen sind möglich und gehen im Kollisionsfall den ADSp vor, soweit keine zwingenden Vorgaben entgegenstehen.

Welche Rolle spielen die ADSp im Lagergeschäft?

Für Lagerleistungen bestimmen die ADSp die Obhutspflichten, Dokumentation, Haftung und Vergütung. Die Haftungsgrenzen weichen typischerweise von der Transporthaftung ab und sind eigenständig geregelt.