Begriff und rechtliche Grundlagen der Acquisition
Die Acquisition (deutsch: „Erwerb“, „Ankauf“ oder „Übernahme“) bezeichnet im rechtlichen Kontext einen Erwerbsvorgang, bei dem Vermögenswerte, Unternehmensanteile oder ganze Unternehmen von einem Erwerber übernommen werden. Besonders im Gesellschafts-, Handels- und Wettbewerbsrecht nimmt die Acquisition einen zentralen Stellenwert ein. Sie berührt zahlreiche Rechtsgebiete, insbesondere das Vertragsrecht, das Kartellrecht, das Steuerrecht sowie das Arbeitsrecht.
Definition und Abgrenzung
Der Begriff Acquisition ist vielschichtig und umfasst eine Vielzahl von Erwerbskonstellationen:
- Einzelner Erwerb von Wirtschaftsgütern (Asset Deal)
- Erwerb von Unternehmensbeteiligungen (Share Deal)
- Erwerb ganzer Unternehmen (Unternehmenskauf, Mergers & Acquisitions)
Nicht zu verwechseln ist die Acquisition mit der bloßen Anbahnung von Geschäftsbeziehungen oder der bloßen Werbung um Kunden, welche ebenfalls als „Akquisition“ bezeichnet wird, aber rechtlich anders einzuordnen ist.
Formen der Acquisition und ihre rechtlichen Implikationen
Asset Deal
Beim Asset Deal werden ausgewählte Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens auf den Erwerber übertragen. Rechtlich bedeutet dies:
- Jeder einzelne Vermögensgegenstand (z.B. Maschinen, Immobilien, Forderungen) wird durch gesonderte Übereignungsakte gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) übertragen.
- Arbeitsverhältnisse oder Verträge gehen in der Regel gemäß § 613a BGB auf den Erwerber über.
- Die Haftung des Erwerbers richtet sich u.a. nach §§ 25, 419 HGB und § 75 AO.
Besonderheiten und Risiken
- Notwendigkeit individueller Übertragungsakte (Verträge, Grundbuchänderungen etc.)
- Erforderliche Zustimmung Dritter, insbesondere bei Vertragsübertragungen
- Haftungsrisiken für Altverbindlichkeiten
Share Deal
Beim Share Deal werden Anteile an einer Gesellschaft (z.B. Aktien, GmbH-Anteile) erworben:
- Ein Wechsel des Gesellschafters erfolgt, das Vermögen der Gesellschaft bleibt unverändert Eigentum der Gesellschaft.
- Gesetzliche Vorgaben z.B. für Formvorschriften (§ 15 Abs. 3 GmbHG bei GmbH-Anteilen: notarielle Beurkundung)
- Informations- und Mitteilungspflichten gegenüber Behörden und Vertragspartnern
Besonderheiten und Risiken
- Übernahme von verborgenen Verbindlichkeiten sowie Altlasten der Gesellschaft (Due Diligence erforderlich)
- Mitverkaufsklauseln (Tag-along), Mitnahmeverpflichtungen (Drag-along) und Vorkaufsrechte durch gesellschaftsvertragliche Regelungen
Unternehmenskauf und Übernahme (Mergers & Acquisitions, M&A)
Bei der Übernahme eines gesamten Unternehmens bestehen komplexe rechtliche Anforderungen:
- Mitteilungspflichten an die Belegschaft nach § 613a BGB
- Anmeldepflichten beim Bundeskartellamt gemäß §§ 35 ff. GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen)
- Steuerrechtliche Aspekte wie Grunderwerbsteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer
Typen und Unterschiede der Acquisition im Gesellschaftsrecht
Übernahme öffentlicher Firmen (Public Takeover)
- Bei börsennotierten Unternehmen gelten besondere Regeln, z.B. das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG)
- Pflichtangebote, freiwillige Angebote, Preisfindung und Transparenzpflichten
Privater Unternehmenskauf
- Im Fokus: Verhandlungsfreiheit, Vertragsfreiheit, weitgehende Privatautonomie
- Schutz vor Sittenwidrigkeit und Missbrauchsvorbehalt nach §§ 138, 242 BGB
Rechtliche Genehmigungs- und Mitwirkungserfordernisse
Kartellrecht und Fusionskontrolle
Acquisitions unterliegen ab bestimmten Schwellenwerten einer Kontrolle durch Kartellbehörden:
- Voranmeldepflicht und Freigabeverfahren beim Bundeskartellamt oder der Europäischen Kommission
- Prüfmaßstab: Beeinträchtigung des Wettbewerbs, Fusionskontrolle nach EU-Recht (FKVO) und deutschem GWB
Arbeitsrechtliche Implikationen
- Wahrung bestehender Arbeitsverhältnisse (§ 613a BGB beim Betriebsübergang)
- Informationspflichten der Arbeitnehmervertretung
- Fortgeltung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen
Mitbestimmungsrecht
- Beteiligung des Betriebsrats nach Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
- Informations- und Anhörungsrechte bei Betriebsänderungen (§§ 111 ff. BetrVG)
Steuerliche Aspekte der Acquisition
- Grunderwerbsteuer bei Übertragung von Immobilien oder Anteilen
- Körperschaftsteuerliche Folgen sowie Gewerbesteuerpflichten
- Umsatzsteuerliche Auswirkungen bei Asset-Deals (Unternehmensübertragung als Teilbetrieb kann steuerneutral sein, § 1 Abs. 1a UStG)
Haftungsfragen und Risikomanagement
- Vertragliche Haftungsregelungen (Garantie- und Freistellungsklauseln)
- Gesetzliche Haftung für Altverbindlichkeiten (z.B. nach HGB, AO)
- Absicherung durch Versicherungen (Warranty & Indemnity Insurance)
Internationale Aspekte der Acquisition
- Anwendbares Gesellschaftsrecht bei grenzüberschreitenden Transaktionen
- Steuerliche und regulatorische Vorgaben nach ausländischem Recht
- Notwendigkeit der Einhaltung von lokalen Registrierungspflichten und behördlichen Zustimmungen
Zusammenfassung
Die rechtliche Betrachtung der Acquisition umfasst eine Vielzahl komplexer Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene. Charakteristisch ist ein hohes Maß an vertraglichen Gestaltungs- und Prüfungsbedarfen, flankiert von umfassenden gesetzlichen Rahmenbedingungen aus dem Gesellschafts-, Kartell-, Steuer- und Arbeitsrecht. Angemessene Risikoprognosen, sorgfältige Vertragsgestaltung und Beachtung der rechtlichen Melde- und Informationspflichten bilden die Grundlage für eine rechtssichere und erfolgreiche Acquisition.
Quellen:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Handelsgesetzbuch (HGB)
- Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
- Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG)
- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
- Abgabenordnung (AO)
- Körperschaftsteuergesetz (KStG)
- Umsatzsteuergesetz (UStG)
(Hinweis: Die vorgenannte Darstellung ist eine allgemeine rechtliche Übersicht und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Prüfungen sind im Rahmen einer Acquisition durchzuführen?
Vor einer Unternehmensübernahme (Acquisition) ist eine umfassende rechtliche Due Diligence unabdingbar. Zu den wichtigsten Aspekten zählen die Prüfung gesellschaftsrechtlicher Verhältnisse (Gesellschafterstruktur, Satzung, Beteiligungen), Bestehen und Umfang etwaiger Haftungsrisiken, die Überprüfung wesentlicher Verträge (z. B. Liefer-, Leasing- und Arbeitsverträge) sowie der Schutz geistigen Eigentums. Ebenfalls relevant sind arbeitsrechtliche Fragen (Betriebsübergang, Tarifbindung, bestehende Betriebsvereinbarungen), Compliance (Erfüllung gesetzlicher Vorgaben, Umweltauflagen, Datenschutz) sowie anhängige oder drohende Rechtsstreitigkeiten. Besonderes Augenmerk ist auf Genehmigungserfordernisse und etwaige fusionskontrollrechtliche Hürden durch Kartellbehörden zu legen. Diese Prüfungen legen die Grundlage für Kaufentscheidung und Kaufvertragsgestaltung.
Welche Rolle spielt das Kartellrecht bei einer Acquisition?
Das Kartellrecht sichert den fairen Wettbewerb und verhindert marktbeherrschende Stellung oder Wettbewerbsbeschränkungen infolge von Unternehmensübernahmen. Ab bestimmten Umsatzschwellen ist das Zusammenschlussvorhaben bei der zuständigen Kartellbehörde (in Deutschland: Bundeskartellamt, auf EU-Ebene: Europäische Kommission) anzumelden. Die Behörde prüft, ob durch die Acquisition wirksamer Wettbewerb erheblich beeinträchtigt wird. Bis zur Freigabe darf das Geschäft nicht vollzogen werden („Vollzugsverbot“). Zuwiderhandlungen können erhebliche Bußgelder und die Rückabwicklung des Erwerbs zur Folge haben. In bestimmten Branchen können zudem sektorspezifische Regelungen greifen (z. B. Energiesektor, Finanzsektor), die zusätzliche Prüf- und Genehmigungsverfahren erforderlich machen.
Was ist beim Erwerb eines Unternehmens hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Vorschriften zu beachten?
Der Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensteils führt in der Regel zu einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB. Dadurch treten alle Arbeitsverhältnisse mit ihren Rechten und Pflichten zum Erwerber über. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind zur schriftlichen Unterrichtung verpflichtet; Arbeitnehmer haben zudem ein Widerspruchsrecht. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten fort, können aber – unter Einhaltung gesetzlicher Kündigungsfristen – gekündigt werden. Im Rahmen der Due Diligence sollten bestehende Pensionsverpflichtungen, offene Urlaubsansprüche, eventuelle Risiken aus befristeten oder gekündigten Arbeitsverträgen sowie anhängige Arbeitsrechtsstreitigkeiten besonders beachtet werden.
Welche steuerlichen Aspekte sind bei einer Acquisition aus rechtlicher Sicht zu berücksichtigen?
Eine Unternehmensübernahme zieht zahlreiche steuerrechtliche Konsequenzen nach sich, die sorgfältig zu prüfen sind. Hierzu zählen insbesondere die Grunderwerbsteuer (bei Asset Deals), Umsatzsteueraspekte, körperschaft- und gewerbesteuerliche Auswirkungen, mögliche Steuerverbindlichkeiten des Zielunternehmens und Verlustvorträge. Bei Share Deals ist auf den möglichen Wegfall steuerlicher Verlustvorträge durch den Anteilseignerwechsel („Mantelkauf“ gemäß § 8c KStG) zu achten. Vertraglich empfehlen sich steuerliche Garantien, Freistellungen und gegebenenfalls die Einschaltung von Steuerberatern, um Risiken durch steuerliche Nachforderungen und Haftungen zu minimieren.
Welche Vertragsgestaltungen sind beim Unternehmenskauf rechtlich möglich und welche Besonderheiten sind zu beachten?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Share Deal (Erwerb von Gesellschaftsanteilen) und Asset Deal (Erwerb einzelner Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Unternehmens). Im Anteilskaufvertrag (Share Purchase Agreement) sind insbesondere Haftungsregelungen, Garantien und Freistellungsklauseln, Kaufpreiszahlung, Übergangsbestimmungen, Wettbewerbsverbote, Gewährleistungsrechte sowie Regelungen zu Rücktritt und Schadensersatzansprüchen zu regeln. Beim Asset Deal ist die genaue Übertragung der Einzelgüter im Kaufvertrag aufzuführen, was rechtlich komplexer sein kann (z. B. Genehmigungserfordernisse, Übertragung von Verträgen). Weiter relevante Aspekte sind Nachbesserungsrechte, Bedingungseintritte und aufschiebende Bedingungen hinsichtlich behördlicher Freigaben.
Welche Informations- und Aufklärungspflichten bestehen für die Parteien?
Im Rahmen der Vertragsverhandlungen gilt eine vorvertragliche Aufklärungspflicht („culpa in contrahendo“, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB). Beide Parteien sind verpflichtet, alle für die Kaufentscheidung wesentlichen Umstände offen zu legen, insbesondere Mängel und Risiken, die den Vertragszweck gefährden könnten. Die Verletzung dieser Pflichten kann zu Rücktritts-, Minderung- oder Schadensersatzansprüchen führen. Um Haftungsrisiken zu minimieren, werden im Vertrag oftmals sogenannte Disclosure Letter oder Datenräume eingerichtet, in denen relevante Unterlagen bereitgestellt werden.
Welche Besonderheiten gelten beim Erwerb von Unternehmen mit Beteiligung ausländischer Investoren?
Bei der Acquisition mit ausländischer Beteiligung sind außenwirtschaftsrechtliche Bestimmungen zu beachten. In Deutschland unterliegen bestimmte Branchen – insbesondere kritische Infrastrukturen, Rüstung oder IT-Sicherheit – einer Investitionskontrolle durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Je nach Herkunftsland des Investors bestehen Anzeigepflichten; unter Umständen ist eine förmliche Genehmigung einzuholen. Verstöße können zur Unwirksamkeit des Erwerbs und zu empfindlichen Bußgeldern führen. Daneben sind internationale Sanktionsvorschriften und Meldepflichten unter dem Außenwirtschaftsgesetz zu prüfen.
Welche Rolle spielen Gewährleistung und Haftung beim Unternehmenskauf aus rechtlicher Sicht?
Beim Unternehmenskauf ist die Regelung von Gewährleistung und Haftung essenziell. Der Verkäufer haftet grundsätzlich für das Vorhandensein zugesicherter Eigenschaften (Garantien) sowie für das Nichtbestehen verdeckter Mängel. Der Umfang der Haftung lässt sich vertraglich gestalten und beschränken, z. B. durch Haftungshöchstgrenzen, zeitliche Befristungen und Ausschluss bestimmter Mängel (Wissensqualifikation). Für die Parteien ist wesentlich, welche Ansprüche aus Garantieverletzungen oder Mängeln resultieren (Nachbesserung, Schadensersatz, Rücktritt) und wie Beweispflichten sowie Verjährungsfristen ausgestaltet werden. Im internationalen Kontext sind zudem Kollisionsrecht und Gerichtsstandsvereinbarungen zu beachten.