Verantwortung von Amazon-Händlern für automatische Produktbilder-Zuordnung

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Automatisierte Produktabbildungen auf Amazon: Zurechnung rechtlicher Verstöße zu Händlern

Die Frage, inwieweit Handelsunternehmen auf Online-Plattformen für die Darstellung ihrer Produkte und insbesondere für die automatisierte Verknüpfung von Produktabbildungen durch Dritte einzustehen haben, hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft insbesondere große Plattformen wie Amazon. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einer Entscheidung (Beschluss vom 19.04.2021, Az.: 6 W 8/18) die Haftung eines Anbieters für die Verwendung fremder Warenabbildungen, die im Rahmen des automatisierten Matching-Prozesses auf Amazon dessen Produktangebot zugeordnet wurden, präzisiert.

Ausgangslage und Anlass des Verfahrens

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main basiert auf dem Sachverhalt, dass ein Händler auf dem Amazon-Marktplatz ein Produktangebot eingestellt hatte. Die Plattform verknüpfte dieses Angebot automatisiert mit einer Produktabbildung, die ursprünglich von einem anderen Anbieter auf Amazon stammte. Inhaltlich war jedoch zwischen der Abbildung und dem tatsächlich vom Anbieter offerierten Produkt ein Unterschied gegeben: Die Artikel variierten infolge abweichender Gestaltungselemente.

Gegen das Angebot ging ein konkurrierender Händler gerichtlich wegen vermeintlich irreführender Darstellung vor. Im Kern stand die Frage, ob der anbietende Händler für die von Amazon eigenständig vorgenommene Zuordnung fremden Bildmaterials zu seinem Angebot ebenso uneingeschränkt einzustehen hat, wie für selbst hochgeladene Inhalte.

Verantwortung für Angebotsdarstellungen auf Online-Plattformen

Pflicht zur inhaltlichen Kontrolle

Mit der Entscheidung unterstreicht das OLG Frankfurt am Main die hohe Sorgfaltsanforderung, die gegenüber Händlern auf Marketplace-Plattformen besteht. Auch wenn Produktabbildungen von Amazon automatisiert zugeordnet werden und der Händler im technischen Ablauf keine unmittelbare Kontrolle über die konkrete Verknüpfung hat, bleibt eine rechtliche Verantwortung für die Übereinstimmung zwischen Angebotstext und Abbildung bestehen. Das Gericht hebt hervor, dass sich der anbietende Akteur bewusst für das von Amazon vorgehaltene Absatzmodell entscheidet und hierbei die jeweiligen Risiken zu tragen hat, welche sich aus der Systematik der Plattform ergeben.

Diese Zurechnung betrifft nicht allein Abweichungen in der Beschaffenheit oder Gestaltung, sondern ebenso Verstöße gegen Kennzeichnungsrechte oder irreführende geschäftliche Handlungen im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Der Schutz des lauteren Wettbewerbs gebiete es, dass der Händler im eigenen Interesse unabhängig von der tatsächlichen Steuerbarkeit seines Angebots dafür Sorge trägt, dass die Kunden über die wesentlichen Merkmale der zum Verkauf stehenden Ware nicht irregeführt werden.

Risiko der Fremddarstellung im Rahmen des Amazon-Listings

Die Einbindung fremder Produktabbildungen erfolgt auf Amazon vielfach automatisiert anhand sogenannter ASINs (Amazon Standard Identification Numbers). Das System sieht grundsätzlich einen Matching-Prozess unterschiedlicher Angebote zum gleichen Produkt vor, wobei die Bild- und Textmaterialien verschiedenen Quellen entstammen können. Gleichzeitig kann die bei der Warenpräsentation entstehende Diskrepanz zwischen Angebotstext und Bildinformation zu wettbewerbsrechtlichen Konflikten führen. Das OLG Frankfurt am Main betont, dass das Haftungsrisiko für diesen Abgleich nicht auf die Plattform, sondern auf den marktplatzteilnehmenden Händler übergeht.

Auswirkungen für Marktteilnehmer

Bedeutung für den Online-Handel

Die gerichtliche Klarstellung hebt hervor, dass die Nutzung von Marktplatzplattformen verpflichtet, das eigene Angebot regelmäßig auf Abweichungen zwischen angebotenen Waren und den sichtbaren Darstellungen zu überprüfen. Die Haftung erstreckt sich auf sämtliche Formen potentiell irreführender Präsentationen – einschließlich Fehler in Abbildungen, Beschreibungen oder technischen Informationen – unabhängig davon, ob diese vom Händler selbst oder durch Dritte generiert und bereitgestellt wurden.

Für Unternehmen im Onlinehandel ergeben sich daraus erhebliche Anforderungen an die Überwachung und Qualitätssicherung ihrer Amazon-Angebote. Dies betrifft sowohl die Produktdarstellungen als auch die Einhaltung geltender Kennzeichnungs- und Informationspflichten. Streitpotential entsteht insbesondere dort, wo die automatische Verknüpfung zu Irreführungen der Verbraucher führen kann, wie beispielsweise bei Produkten mit unterschiedlichen Design- oder Funktionsmerkmalen unter derselben Produktnummer.

Abgrenzung zu Plattformhaftung und Mitverschulden

Die Gerichte sehen die primäre Verantwortung beim anbietenden Händler. Plattformbetreiber wie Amazon werden lediglich als technische Dienstleister betrachtet; eine Verpflichtung zur vorbeugenden Überwachung und Korrektur der Abbildungsübereinstimmung wird ihnen nicht generell auferlegt. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang Ansprüche gegen den Plattformbetreiber wegen Mitverursachung bestehen könnten. Im Fokus der gerichtlichen Betrachtung verbleibt jedoch der jeweilige Anbieter, dessen Angebot im Internet öffentlich abrufbar ist und für dessen Gesamterscheinungsbild er einzustehen hat.

Schutz vor marken- und wettbewerbsrechtlichen Risiken

Eine inkorrekte Abbildung kann nicht nur lauterkeitsrechtliche, sondern auch marken- oder urheberrechtliche Implikationen haben. Werden beispielsweise geschützte Markenlogos, Designelemente oder Bildmaterialien ohne Berechtigung genutzt, drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen oder Ansprüche Dritter. Daher ist die konsequente Absicherung des eigenen Produktangebotes – auch gegenüber automatisierten Änderungen – von zentraler Bedeutung.

Fazit und Hinweise zur weiteren Entwicklung

Das OLG Frankfurt am Main stärkt mit seiner Entscheidung die Position des Verbraucherschutzes und hebt gleichzeitig die Eigenverantwortung von gewerblichen Anbietern auf Online-Marktplätzen hervor. Wer sich für eine Listung bei Amazon und vergleichbaren Plattformen entscheidet, muss gewährleisten, dass die Gesamterscheinung seines Angebots den tatsächlichen Eigenschaften der angebotenen Ware entspricht. Andernfalls drohen nicht nur wettbewerbsrechtliche Sanktionen, sondern unter Umständen auch die Verletzung von Schutzrechten Dritter.

Sollten Unternehmen, Investoren oder andere Marktteilnehmer vor vergleichbaren Fragestellungen zur Verantwortlichkeit für Produktdarstellungen auf Marktplätzen oder zu den Implikationen von wettbewerbsrechtlichen Verletzungen stehen, kann es sich empfehlen, sich mit erfahrenen und breit aufgestellten Rechtsanwälten auseinanderzusetzen. MTR Legal Rechtsanwälte begleiten bundesweit und international Mandanten im Handels-, Wettbewerbs- und Marktplatzrecht.

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