Zustandsnote gleicht Beschaffenheitsvereinbarung – Urteil BGH, Az. VIII 240/24
Gibt der Verkäufer im Kaufvertrag über einen Oldtimer eine Zustandsnote an, gleicht das einer Beschaffenheitsvereinbarung. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 23. Juli 2025 deutlich gemacht (Az. VIII 240/24). Das gilt auch bei einem Kauf unter Privatleuten, so der BGH. Das Thema der rechtlichen Vereinbarung ist für die Vertragsparteien von zentraler Bedeutung, da eine solche Vereinbarung maßgeblich die Voraussetzungen, die Gewährleistung und die Haftung für den Gegenstand des Kaufs bestimmt.
Die aktuelle Rechtslage zu Beschaffenheitsvereinbarungen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und wird maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) geprägt. Die gesetzlichen Vorschriften und die Auslegung durch die Gerichte bestimmen, wann eine Eigenschaft als verbindliche Beschaffenheit gilt. Der Gesetzgeber hat klare Voraussetzungen für eine wirksame Beschaffenheitsvereinbarung geschaffen, insbesondere müssen die Parteien eine eindeutige Vereinbarung über die Beschaffenheit treffen und der Rechtsbindungswille muss erkennbar sein.
Das Urteil hat weitreichende rechtliche Konsequenzen, denn eine Beschaffenheitsvereinbarung kann auch nicht durch einen vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss oder Gewährleistungsausschluss ausgehebelt werden, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte, die u.a. im Kaufrecht berät. Die Regelung im BGB und die einschlägigen Vorschriften sind für die rechtliche Bewertung solcher Fälle maßgeblich. Der Beschaffenheitsbegriff umfasst dabei nicht nur die physischen Eigenschaften der Kaufsache, sondern auch Umstände, die außerhalb der Sache liegen und die Wertschätzung beeinflussen können. Die Folge einer wirksamen Vereinbarung ist, dass der Verkäufer für das Fehlen oder Fehlens der vereinbarten Beschaffenheit haftet, unabhängig vom Gefahrübergang. Die Rechtsprechung hat den Beschaffenheitsbegriff im Laufe der Zeit konkretisiert und durch verschiedene Urteile, darunter das aktuelle Urteil des BGH, die Regelung der Beschaffenheitsvereinbarung weiterentwickelt.
Im Rahmen der Beschaffenheitsvereinbarung kommt es entscheidend auf die bereitgestellten Informationen an, da diese die Grundlage für die rechtliche Einordnung und die Ausweitung der Rechtsfolgen bilden. Die Verkehrsauffassung dient dabei als objektiver Maßstab zur Bewertung, ob eine bestimmte Eigenschaft als Beschaffenheit des Gegenstands der Vereinbarung gilt. Beim Gefahrübergang ist entscheidend, ob das Fehlen oder Fehlens einer vereinbarten Eigenschaft vorliegt, da dies unmittelbare Auswirkungen auf die Gewähr und die Haftung des Verkäufers hat. Die Bereitschaft des Verkäufers, für die Leistung und den Erfolg der Vereinbarung einzustehen, ist für die Wirksamkeit der Beschaffenheitsvereinbarung ebenso bedeutsam wie die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Gewährleistung.
Oldtimer kommt nicht durch den TÜV
Im konkreten Fall hatte ein Käufer im Jahr 2020 von einem privaten Verkäufer einen MG B Roadster, Baujahr 1973, mit einer H-Zulassung für Oldtimer erworben. In der Online-Anzeige war der Wagen mit der Zustandsnote „2–3“ beschrieben. Zudem hieß es im Kaufvertrag ausdrücklich: „Der Verkäufer erklärt Folgendes verbindlich zum Zustand des Fahrzeugs: – siehe Gutachten – Note 2–3.“ Tatsächlich existierten zwei Gutachten: eines aus dem Jahr 2011 mit der Bewertung „2,0“ und eines aus dem Jahr 2017 mit der Note „3-“. Die Parteien hatten im Kaufvertrag einen umfassenden Gewährleistungsausschluss vereinbart. Die Haftung für Beschaffenheitsvereinbarungen war davon nicht berührt.
Zwei Jahre nach dem Kauf des Oldtimers gab es für den Käufer ein böses Erwachen. Denn der TÜV verweigerte wegen gravierender Rostschäden die Plakette. Nachdem der Käufer den Verkäufer erfolglos zur Mangelbeseitigung aufgefordert hatte, wurde deutlich, dass das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit – hier der Zustand laut Gutachten – vorlag. Die Folge für die Vertragsparteien ist, dass trotz des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses die Haftung für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft bestehen bleibt. Er trat daraufhin vom Kaufvertrag zurück und verlangte den Kaufpreis zurück. Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg wiesen die Klage jedoch ab. Sie argumentierten, dass der Hinweis „siehe Gutachten“ nur eine Wiedergabe fremden Wissens sei und keine verbindliche Zusicherung.
Zustandsnote von erheblicher Bedeutung
Auch die Bereitschaft des Verkäufers, für die Leistung und den Erfolg der Vereinbarung einzustehen, wird dadurch deutlich. Damit wird die Erwartung geschaffen, dass die zugesicherte Beschaffenheit tatsächlich vorliegt und der Käufer im Erfolgsfall seine Ansprüche aus der Gewährleistung durchsetzen kann.
Top Zustand: Was bedeutet das?
Die Formulierung „Top Zustand“ begegnet Käufern und Verkäufern im Rahmen von Kaufverträgen für Oldtimer und Gebrauchtwagen immer wieder. Doch was verbirgt sich hinter diesem Ausdruck, wenn es um die Beschaffenheit einer Sache geht? Im rechtlichen Sinne ist „Top Zustand“ mehr als nur ein werbender Begriff – er beschreibt eine konkrete Erwartung an den Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufs.
Wird ein Oldtimer oder ein anderes Auto im Kaufvertrag oder in der Anzeige als „Top Zustand“ bezeichnet, signalisiert der Verkäufer, dass das Fahrzeug keine wesentlichen Mängel aufweist. Das betrifft sowohl die äußere Erscheinung als auch die technische Funktionalität. Für die Bewertung spielen insbesondere die Optik, die Technik und der Verschleißgrad eine entscheidende Rolle: Ein Fahrzeug im Top Zustand überzeugt durch eine makellose Optik ohne sichtbare Gebrauchsspuren, eine einwandfreie Technik und einen minimalen Verschleißgrad. Käufer dürfen in einem solchen Fall davon ausgehen, dass die Kaufsache – also das Auto – frei von erheblichen Schäden, Rost oder technischen Defekten ist und alle wesentlichen Funktionen, wie etwa Klimaanlage oder Schiebedach, einwandfrei arbeiten.
Im Rahmen von Kaufverträgen kann die Angabe „Top Zustand“ daher als Beschaffenheitsvereinbarung gewertet werden. Das bedeutet: Der Verkäufer steht für das Vorhandensein dieses Zustands ein. Weicht die tatsächliche Beschaffenheit des Fahrzeugs von der zugesicherten Qualität ab, liegt ein Sachmangel vor. Dabei werden auch Laufleistung und Alter des Fahrzeugs berücksichtigt, da diese Faktoren den technischen Zustand und die Funktionsfähigkeit einzelner Bauteile beeinflussen können. Ein Fahrzeug, das als Spitzenfahrzeug gilt, erreicht die höchste Zustandsnote und entspricht in Optik und Technik nahezu dem Zustand bei der Erstauslieferung durch den Herstellers. Bereits kleine Beschädigungen oder Abweichungen vom Neuwagenzustand können die Bewertung als Top Zustand beeinträchtigen. In solchen Fällen stehen dem Käufer Ansprüche auf Nacherfüllung, Minderung oder sogar Rücktritt vom Vertrag zu.
Gerade bei Oldtimern, bei denen der Zustand maßgeblich für den Wert und die Begehrlichkeit ist, kommt der Angabe „Top Zustand“ eine besondere Bedeutung zu. Verkäufer sollten daher nur dann mit diesem Ausdruck werben, wenn sie den Zustand der Sache auch tatsächlich belegen können. Käufer wiederum sollten bei Interesse an einem Fahrzeug in „Top Zustand“ genau prüfen, ob die Angaben des Verkäufers mit der Realität übereinstimmen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Rolle von Unternehmen beim Oldtimerkauf
Unternehmen nehmen beim Oldtimerkauf eine zentrale Stellung ein, insbesondere wenn es um die professionelle Bewertung, den Handel und die rechtssichere Abwicklung von Kaufverträgen geht. In der Oldtimerszene haben sich die Classic Data-Zustandsnoten als Standard etabliert, wenn es darum geht, die Beschaffenheit und den Zustand von Fahrzeugen objektiv zu bewerten. TÜV NORD Autoservice setzt beispielsweise in seinen Gutachten stets auf die aktuellste Fassung dieser Zustandsnoten, um eine verlässliche Grundlage für die Versicherungseinstufung und die Bewertung der Fahrzeuge zu schaffen.
Die präzise Beschaffenheitsvereinbarung ist für Unternehmen im Oldtimerhandel von besonderer Bedeutung. Sie bildet die Basis für die Rechte und Pflichten von Käufer und Verkäufer und sorgt für Transparenz im gesamten Prozess. Unternehmen sind verpflichtet, die Beschaffenheit der Fahrzeuge detailliert zu beschreiben und alle vorhandenen Mängel oder Gebrauchsspuren offen zu legen. Diese Offenheit ist nicht nur ein Zeichen von Professionalität, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit der Käufer und zur Minimierung des Haftungsrisikos für den Verkäufer.
In Deutschland gelten strenge Vorschriften für den Handel mit Oldtimern, insbesondere im Hinblick auf die Verkehrssicherheit. Unternehmen müssen gewährleisten, dass alle Fahrzeuge den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und sämtliche notwendigen Leistungen und Dienstleistungen – wie etwa die Hauptuntersuchung – ordnungsgemäß durchgeführt werden. Die Hauptuntersuchung ist dabei ein zentrales Element, um die Verkehrssicherheit und den technischen Zustand der Fahrzeuge zu überprüfen und zu dokumentieren.
Die Auslegung von Beschaffenheitsvereinbarungen und die Bewertung von Sachmängeln stellen für Unternehmen komplexe Themen dar, die eine sorgfältige Betrachtung und fundierte Kenntnisse der aktuellen Rechtsprechung erfordern. Nur durch eine genaue Beschreibung der Fahrzeuge und die vollständige Offenlegung aller Mängel oder Gebrauchsspuren können Unternehmen sicherstellen, dass die Interessen aller Parteien gewahrt bleiben und spätere Streitigkeiten vermieden werden.
Die Classic Data-Zustandsnoten bieten Unternehmen eine verlässliche Grundlage, um die Beschaffenheit und den Zustand von Oldtimern objektiv zu bewerten und transparent zu kommunizieren. Sie sind nicht nur für die Versicherungseinstufung von großer Bedeutung, sondern helfen auch dabei, die richtige Versicherungssumme zu ermitteln und die Erwartungen von Käufern und Verkäufern klar zu definieren.
Insgesamt tragen Unternehmen durch die Anwendung anerkannter Standards, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und die transparente Kommunikation maßgeblich dazu bei, dass der Oldtimerhandel in Deutschland sicher, fair und rechtssicher abläuft. Die sorgfältige Betrachtung aller relevanten Themen rund um Beschaffenheitsvereinbarung, Zustandsnoten und Sachmängel ist dabei die Grundlage für einen erfolgreichen und vertrauensvollen Handel mit klassischen Fahrzeugen.
Gewährleistungsausschluss greift nicht
Im Ergebnis habe daher eine Beschaffenheitsvereinbarung für das Fahrzeug vorgelegen, der sich der Verkäufer auch nicht mit dem Hinweis auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss entziehen könne, führte der BGH weiter aus. Das OLG Hamburg muss nun prüfen, ob sich der Oldtimer in dem angegebenen Zustand befand.
Weist das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf, liegt ein Sachmangel vor und der Käufer hat Anspruch auf Nacherfüllung. Wird der Mangel trotzdem nicht vom Verkäufer beseitigt, kann der Käufer Anspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag oder Minderung des Kaufpreises haben.
Verkäufer sollten hingegen darauf achten nur dann Zustandsangaben im Vertrag zu machen, wenn sie diese auch sicher belegen können. Denn eine Zustandsnote ist nach dem Urteil des BGH wie eine Beschaffenheitsvereinbarung zu sehen und somit rechtlich bindend. Auf einen pauschalen Gewährleistungsausschluss kann sich der Verkäufer dann nicht berufen.
MTR Legal Rechtsanwälte berät im Kaufrecht.
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