Wirksamkeit von Baumkaufverträgen über Nutzbäume in Brasilien

News  >  Handelsrecht  >  Wirksamkeit von Baumkaufverträgen über Nutzbäume in Bras...

Arbeitsrecht-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte
Steuerrecht-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte
Home-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte
Arbeitsrecht-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte

Internationale Baumkaufverträge und deren Wirksamkeit: OLG Koblenz zur Veräußerung einzelner Nutzbäume in Brasilien

Das Oberlandesgericht Koblenz beschäftigte sich in einem Urteil vom 13. November 2020 (Az. 6 U 1582/19) mit der Wirksamkeit eines Vertrages über den Erwerb einzelner Nutzbäume auf einem Forstgrundstück in Brasilien. Die Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung für Investoren und Unternehmen, die in internationale Agrar- oder Forstprojekte investieren möchten. Sie wirft zentrale Fragen zum Umgang mit Eigentumserwerb, Sachkauf und rechtlicher Kontrolle im grenzüberschreitenden Handelsgeschäft auf.

Hintergrund: Vertragsgegenstand und Projektstruktur

Der konkreten Fallgestaltung lag das Angebot eines deutschen Unternehmens zugrunde, das Kunden ermöglichte, einzelne Bäume in Brasilien zu erwerben. Die Käufer wurden – anders als bei klassischen Grundstückstransaktionen – nicht als Grundstückseigentümer in das örtliche Grundbuch eingetragen, sondern erhielten einen sogenannten „Baumkaufvertrag”, der sich ausschließlich auf bestimmte Nutzbäume bezog. Zusätzlich sicherte das Unternehmen eine Betreuung, Bewirtschaftung und spätere Verwertung der Bäume zu.

Viele Käufer erwarteten davon nicht nur einen Erwerb von Sachwerten, sondern partizipierten an nachhaltigen und ökologisch geprägten Investitionsmodellen. Allerdings bestand erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der dinglichen Rechtsposition und insbesondere darüber, ob ein Eigentumserwerb an einzelnen Bäumen nach deutschem und brasilianischem Recht möglich und durchsetzbar ist. Dies führte dazu, dass Käufer im weiteren Verlauf Rückabwicklungen verlangten und ihre Rechte vor deutschen Gerichten geltend machten.

Rechtliche Bewertung: Sachkauf und Eigentumserwerb an Bäumen

Sachkauf statt Rechtserwerb an Grundstücken

Das OLG Koblenz bewertete den Baumkaufvertrag differenziert: Im deutschen Recht gilt der Grundsatz „superficies solo cedit” (die Oberfläche folgt dem Boden), sodass wesentliche Bestandteile eines Grundstücks – hierzu zählen grundsätzlich auch stehende Bäume – nicht separat rechtlich veräußert werden können. Brasilianisches Recht, welches im vorliegenden Fall aufgrund der Belegenheit des Grundstücks maßgeblich war, kennt allerdings unter bestimmten Voraussetzungen einen selbstständigen Eigentumserwerb an Baumbeständen.

Da den Käufern weder das Grundstück noch ein Miteigentumsanteil daran verschafft wurde, kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Baumkaufvertrag nicht als Erwerb eines Sachrechtes an Immobilien, sondern als Kauf beweglicher Sachen (hier: der gefällten Bäume samt Ernterecht und zuzuweisender Holzerträge) zu qualifizieren ist. Die Einordnung beeinflusst maßgeblich die Vorschriften, nach denen Ansprüche aus dem Vertrag zu prüfen und gegebenenfalls durchzusetzen sind.

Vertragliche Absicherung und Risikoverteilung

Das Gericht hob hervor, dass den Käufern zwar kein unmittelbares Grundbuchrecht zugewiesen wurde. Gleichwohl sei die vertragliche Typik des Baumkaufs – verbunden mit Bewirtschaftungs- und späteren Gewinnansprüchen aus der Ernte – hinreichend bestimmt, um einen Sachkaufvertrag anzunehmen. Die Risikoverteilung entspricht insoweit dem allgemeinen Kaufrecht, wobei die tatsächliche Durchsetzbarkeit der Rechte im Ausland am Maßstab des Schutzes vor Vertragsverletzungen und insolvenzrechtlichen Risiken zu messen ist.

Schutzmechanismen und Vertrauensgrundlagen bei Auslandsinvestitionen

Informations- und Aufklärungspflichten im Vertrieb

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Compliance-, Informations- und Aufklärungspflichten von Anbietern internationaler Projekte. So sind Anleger über die Reichweite und Begrenztheit ihrer eigentumsähnlichen Rechte aufzuklären, um Fehlvorstellungen bezüglich der rechtlichen Absicherung zu vermeiden. Das OLG stellte darauf ab, dass vertragliche Ansprüche und faktische Kontrolle in Investmentmodellen mit Sachwertbezug besonders sorgfältig zu kommunizieren sind.

Vertragsgestaltung bei internationalen Sachwertinvestitionen

Besonderes Augenmerk ist auf die Ausgestaltung von Kontroll- und Verwertungsrechten zu legen, da die Käufer regelmäßig auf Leistungen und Zuverlässigkeit des Projektträgers oder Treuhänders angewiesen sind. Grenzüberschreitende Sachverhalte erfordern die Prüfung der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit von Rechten nach ausländischem (hier: brasilianischem) Recht, einschließlich etwaiger Registereintragungen, Pfandrechte und insolvenzschutzrechtlicher Regelungen.

Das Urteil verdeutlicht, dass eine vertragliche Abwicklung mit präzisierten Leistungspflichten und klarer Zuweisung von Erträgen grundsätzlich Bestand haben kann. Die entscheidenden Fragen kreisen um die Durchsetzung und Werthaltigkeit der Ansprüche im internationalen Kontext.

Auswirkungen für Investoren und Unternehmen

Chancen und Risiken bei internationalen Baum-Investments

Unternehmen und Investoren, die sich im Bereich grenzüberschreitender Rohstoff-, Agrar- oder Forstwirtschaftsprojekte engagieren, finden in dem Urteil Orientierung bei der rechtlichen Ausgestaltung solcher Verträge. Im Vordergrund stehen die Fragen nach der Wirksamkeit, Durchsetzbarkeit und dem rechtlichen Schutz von Investitionen außerhalb des deutschen Rechtssystems. Die Entscheidung betont, dass solche Baumkaufverträge wirksam sein können, sofern die vertraglichen Regelungen eindeutig gestaltet und der tatsächliche Zugriff auf die Sachwerte gewährleistet ist.

Bedeutung des anwendbaren Rechts und Konfliktlösung

Die Anwendung ausländischen Rechts und die Rechtsprechung deutscher Gerichte zur internationalen Zuständigkeit sind bei grenzüberschreitenden Sachwertprojekten von zentraler Bedeutung. Investoren müssen sich darauf einstellen, dass vertragliche Erfüllungsansprüche gegen ausländische Vertragspartner regelmäßig einer zusätzlichen rechtlichen und faktischen Prüfung unterliegen. Nicht zuletzt kommt der Gestaltung von Sicherheiten und Kontrollmechanismen im internationalen Handelsverkehr eine herausragende Rolle zu.


Der Baumkaufvertrag über einzelne Nutzbäume in Brasilien illustriert die Vielschichtigkeit handelsrechtlicher Vertragsbeziehungen im internationalen Kontext. Unternehmen und engagierte Investoren, die sich mit Fragen zu Vertragsgestaltung, Absicherung und Durchsetzbarkeit beim Erwerb von Sachwerten oder Nutzungsrechten im Ausland auseinandersetzen, finden weiterführende Informationen zu relevanten Fragestellungen und aktuelle Entwicklungen im Bereich Handelsrecht unter Rechtsberatung im Handelsrecht.

Sie haben ein rechtliches Anliegen?

Reservieren Sie Ihre Beratung – Wählen Sie Ihren Wunschtermin online oder rufen Sie uns an.
Bundesweite Hotline
Jetzt erreichbar

Jetzt Rückruf buchen

oder schreiben Sie uns!