Keine Insolvenzquoten für Wirecard-Aktionäre aus der Insolvenzmasse
Mit Beschluss vom 23. Mai 2024 (Az. IX ZR 127/24) hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass Anteilseigner der Wirecard AG keinen Anspruch auf eine Teilhabe an der Insolvenzmasse als einfache Insolvenzgläubiger haben. Dieses Urteil bestätigt die grundsätzliche Trennung zwischen der Inhaberstellung von Aktionären und den Rechten der Gläubiger im Insolvenzverfahren einer Aktiengesellschaft.
Grundlagen der Aktionärsstellung im Insolvenzfall
Aktionäre sind an einer Aktiengesellschaft als Eigenkapitalgeber beteiligt. Im Gegensatz zu Gläubigern stehen ihnen keine Forderungen gegen die Gesellschaft zu, sondern sie tragen das Risiko eines vollständigen Kapitalverlusts, falls die Gesellschaft zahlungsunfähig wird. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden Ansprüche der Eigenkapitalgeber grundsätzlich nachrangig behandelt.
Entscheidung des BGH zum Ausschluss einfacher Insolvenzforderungen
Der BGH hatte zu beurteilen, ob Aktionäre der Wirecard AG im Rahmen des Insolvenzverfahrens Ansprüche als einfache Insolvenzgläubiger anmelden können. Dies wurde ausdrücklich verneint. Maßgeblich hierfür war das Kapitalerhaltungsprinzip und der gesellschaftsrechtliche Grundsatz, dass Verluste im Gesellschaftsvermögen grundsätzlich von den Anteilseignern zu tragen sind.
Kein Vorrang der Aktionäre gegenüber Gläubigern
Im Urteil wurde hervorgehoben, dass es nicht im Einklang mit dem Aktienrecht stehen würde, wenn Aktionäre im Umfang eines Kursverlusts an der Masse partizipieren könnten. Auch Schadensersatzforderungen, die sich aus dem Erwerb oder der Veräußerung von Aktien ergeben, begründen regelmäßig keine gleichrangigen Forderungen im Sinne der Insolvenzordnung.
Nachrangigkeit gesellschaftsrechtlicher Ansprüche
Das Gericht stellte somit klar, dass etwaige Ansprüche der Aktionäre, die im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der Gesellschaft oder infolge einer Insolvenz entstandenen Verluste stehen, keine Forderungen begründen, die im Insolvenzverfahren gleichberechtigt mit denen der sonstigen Gläubiger berücksichtigt werden könnten. Vielmehr sind diese Ansprüche nachrangig, was bedeutet, dass sie im Rahmen des Insolvenzverfahrens regelmäßig keine Berücksichtigung finden.
Auswirkungen für Anteilseigner im Insolvenzverfahren
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht erneut die klare Trennung der Position von Anteilseignern und Gläubigern im Insolvenzrecht. Aktionäre müssen das Risiko des Totalverlusts ihrer Einlage tragen und haben keinen Zugriff auf die Insolvenzmasse im Rahmen von Insolvenzquoten, wie sie Gläubigern zustehen. Damit werden die vorrangigen Rechte der Gläubiger im Insolvenzfall einer Aktiengesellschaft ausdrücklich bestätigt.
Weitere Details zu dieser gerichtlichen Entscheidung können in der Veröffentlichung auf urteile.news nachgelesen werden (https://urteile.news/BGH_IX-ZR-12724_Wirecard-Aktionaere-haben-keinen-Anspruch-auf-kein-Geld-als-einfache-Insolvenzglaeubiger-aus-der-Insolvenzmasse~N35561).
Hinweis zum Stand des Verfahrens und weiterführende Informationen
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels wird darauf hingewiesen, dass die Unschuldsvermutung für sämtliche in Ermittlungen befindliche Personen gilt und die Verfahren gegen weitere Beteiligte noch andauern können.
Für Unternehmen, Investoren oder Privatpersonen, die im Rahmen von Insolvenzverfahren konkrete rechtliche Fragestellungen haben, kann eine professionelle Unterstützung hilfreich sein, um die komplexen Zusammenhänge im Insolvenzrecht zu erfassen. Nähere Informationen dazu finden Sie hier: Rechtsberatung im Insolvenzrecht.