Legal Lexikon

Zwischenverwahrer

Begriff und Stellung des Zwischenverwahrers

Ein Zwischenverwahrer ist ein Institut, das Wertpapiere oder sonstige Finanzinstrumente nicht unmittelbar für den Endkunden, sondern für einen anderen Verwahrer (zumeist eine Depotbank) hält. Er ist damit ein Glied in der Verwahrkette zwischen der Depotbank des Anlegers und einer zentralen Verwahrstelle oder dem Emittenten. Zwischenverwahrer werden insbesondere eingesetzt, wenn Finanzinstrumente in ausländischen Märkten, bei internationalen Zentralverwahrern oder über spezialisierte Unterverwahrer gehalten werden.

Einordnung in die Verwahrkette

Die typische Kette lautet: Anleger – Depotbank (direkter Verwahrer) – Zwischenverwahrer (z. B. ausländische Korrespondenzbank oder globaler Verwahrer) – zentrale Verwahrstelle (CSD/ICSD) – Emittent. Der Zwischenverwahrer führt für die Depotbank ein oder mehrere Sammelkonten, in denen die Bestände mehrerer Endkunden zusammengefasst werden können.

Abgrenzung zu Zentralverwahrer und Verwahrstelle

Ein Zentralverwahrer betreibt die zentrale Infrastruktur für die Emission, Verwahrung und Abwicklung von Wertpapieren auf Marktebene. Der Zwischenverwahrer ist demgegenüber ein untergeordnetes Verwahrungsglied, das Bestände für andere Verwahrer hält. Die Depotbank ist regelmäßig der Vertragspartner des Anlegers, während der Zwischenverwahrer Vertragspartner der Depotbank ist.

Rechtsnatur der Verwahrung über Zwischenverwahrer

Rechtlich handelt es sich bei der Einschaltung eines Zwischenverwahrers um eine Unterverwahrung. Der Anleger ist mittelbar an den verwahrten Beständen beteiligt; seine Rechtsposition richtet sich in erster Linie nach der Vertragsbeziehung zur Depotbank. Die Depotbank wiederum stützt sich auf die vertraglichen Rechte gegenüber dem Zwischenverwahrer.

Sammelverwahrung und Wertpapierrechnung

In der Praxis werden Bestände häufig in Sammelverwahrung geführt. Dabei besteht ein gemeinsamer Bestand, an dem die beteiligten Kunden anteilig berechtigt sind. Bei grenzüberschreitender Verwahrung werden häufig Wertpapierrechnungen geführt, bei denen die Rechte des Anlegers über Ketten von Kontobuchungen vermittelt werden.

Rechtsposition des Endanlegers

Die Endanlegerposition betrifft typischerweise ein anteiliges Recht am Sammelbestand oder ein abgeleitetes Recht auf Lieferung gleichartiger Finanzinstrumente. Gegen den Zwischenverwahrer bestehen regelmäßig keine unmittelbaren Ansprüche des Anlegers, sondern Ansprüche gegen die Depotbank, die ihrerseits Rechte gegenüber dem Zwischenverwahrer geltend macht.

Vertrags- und Pflichtenkette

Zwischen Depotbank und Zwischenverwahrer besteht eine eigenständige Vertragsbeziehung. Diese regelt Verwahrbedingungen, Haftung, Unterverwahrung, Gebühren, Abwicklung und Informationswege.

Auswahl-, Überwachungs- und Organisationspflichten

Die Depotbank hat den Zwischenverwahrer sorgfältig auszuwählen und laufend zu überwachen. Der Zwischenverwahrer muss ordnungsgemäße Verwahrung, Segregation, ordnungsgemäße Verbuchung und die Abwicklung von Unternehmensmaßnahmen sicherstellen. Die Weitervergabe an Unterverwahrer ist nur im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen zulässig.

Informations- und Mitwirkungspflichten

Zwischenverwahrer leiten marktbezogene Informationen, Fristen und Ereignisse über die Kette weiter. Dazu gehören Ankündigungen zu Zinszahlungen, Dividenden, Kapitalmaßnahmen und Stimmrechtsausübungen. Die pünktliche und vollständige Weitergabe innerhalb der Verwahrkette ist für den Bestandsschutz und die Wahrung von Rechten wesentlich.

Haftung und Risikoallokation

Die Haftung ist entlang der Kette verteilt. Gegenüber dem Anleger ist grundsätzlich die Depotbank verantwortlich. Sie kann sich intern beim Zwischenverwahrer regressieren, soweit vertraglich vorgesehen.

Haftungsarten

In Betracht kommen Haftung für eigene Pflichtverletzung, für Auswahl- und Überwachungsfehler sowie für Verluste im Bereich des Zwischenverwahrers. Vertragsbedingungen können Haftungsgrenzen, -ausschlüsse und besondere Risikohinweise zu ausländischen Verwahrmärkten vorsehen.

Risikofaktoren

Risikofaktoren umfassen operative Fehler, Fehlverbuchungen, Marktstörungen, insolvenzbedingte Verzögerungen, Beschränkungen in ausländischen Rechtsordnungen, staatliche Maßnahmen, Sanktionen und Transport- oder Kommunikationsrisiken. Die vertraglich und aufsichtlich geforderte Segregation soll Vermögensmischungen mit Eigenbeständen des Zwischenverwahrers verhindern.

Insolvenz- und Sicherungsaspekte

Im Insolvenzfall eines Zwischenverwahrers ist der Bestand grundsätzlich vom Eigenvermögen zu trennen. Dies dient dem Schutz der Anlegerbestände vor dem Zugriff von Gläubigern des Zwischenverwahrers.

Segregation und Bestandsnachweise

Zwischenverwahrer führen segregierte Konten und Bestandsnachweise für Kundenbestände. Bei Sammelverwahrung werden Anteile am Pool durch buchmäßige Zuordnung gesichert. Lücken in der Segregation können zu Bestandsdifferenzen führen, die rechtlich und tatsächlich aufgearbeitet werden müssen.

Aussonderungs- und Absonderungsrechte

Die rechtliche Trennung der Bestände ermöglicht im Insolvenzverfahren eine bevorzugte Herausgabe der verwahrten Finanzinstrumente. Praktisch sind jedoch Nachweise erforderlich, die über die Verwahrkette hinweg geführt werden, was Zeit in Anspruch nehmen kann.

Grenzüberschreitende Verwahrung

Bei Auslandsverwahrung treten Besonderheiten auf. Rechtliche Regelungen des Marktes, an dem die Instrumente geführt werden, und die vertraglichen Vereinbarungen bestimmen maßgeblich Rechte, Pflichten und anwendbares Recht.

Anwendbares Recht und Kollisionsfragen

Das anwendbare Recht ergibt sich häufig aus der kontoführenden Stelle in der Verwahrkette. Vereinbarungen zur Rechtswahl und die Lage des Kontos beim Zwischenverwahrer sind entscheidend für Eigentumsfragen, Verfügungsbeschränkungen und Sicherheitenbestellung.

Corporate Actions und Stimmrechte

Zwischenverwahrer leiten Unternehmensmaßnahmen entlang der Kette. Ausübungen von Bezugsrechten, Wahlrechte bei Dividenden und Stimmrechtsausübungen unterliegen Fristen und Marktpraktiken des jeweiligen Landes. Unterschiedliche Record-Dates und Cut-Off-Zeiten können zu Abweichungen gegenüber Inlandsstandards führen.

Aufsichts- und Compliance-Rahmen

Zwischenverwahrer unterliegen bank- und kapitalmarktrechtlicher Aufsicht. Ziel ist die ordnungsgemäße Verwahrung, die Funktionsfähigkeit der Abwicklungssysteme und der Schutz der Kundenbestände.

Sorgfaltsanforderungen und Prävention

Dazu zählen Anforderungen an Organisation, Risikomanagement, die Prävention von Finanzkriminalität sowie Prüf- und Berichtspflichten. Identitäts- und Bestandsprüfungen sowie die Nachvollziehbarkeit von Transaktionen sind zentrale Elemente.

Transparenz und Meldungen

Zwischenverwahrer wirken an Transparenzpflichten mit, etwa bei Bestands- und Ereignismeldungen, der Weiterleitung von Emittenteninformationen und der Unterstützung bei Inhaberidentifikation, soweit dies gesetzlich oder vertraglich vorgesehen ist.

Gebühren, Vergütung und Kostentransparenz

Für die Leistungen des Zwischenverwahrers fallen Verwahr-, Abwicklungs- und Ereignisentgelte an. Diese werden der Depotbank in Rechnung gestellt und können an den Anleger weitergegeben werden. Struktur, Höhe und Währungsrisiken der Gebühren hängen vom Verwahrmarkt, dem Instrument und dem vertraglichen Modell ab.

Beendigung und Wechsel des Zwischenverwahrers

Ein Wechsel kann durch vertragliche Kündigung, Marktänderungen oder aufsichtsrechtliche Vorgaben ausgelöst werden. Dabei sind Bestandsüberträge, Synchronisierung der Buchungen und die Wahrung laufender Unternehmensmaßnahmen zu koordinieren. Während des Übergangs können temporäre Einschränkungen in der Verfügbarkeit auftreten.

Praxisrelevante Fallkonstellationen

Ausländische Aktienbestände

Aktien eines ausländischen Emittenten werden häufig bei einem lokalen Unterverwahrer gehalten. Stimmrechte werden über die Kette bis zum Anleger vermittelt. Sprachliche und zeitliche Unterschiede bei Bekanntmachungen sind zu berücksichtigen.

Anleihen bei internationalen Zentralverwahrern

Internationale Sammelurkunden werden oft bei internationalen Zentralverwahrern geführt. Zwischenverwahrer verbinden die Depotbank mit diesen Infrastrukturen und sorgen für Zins- und Tilgungsdurchleitungen sowie die Abwicklung von Umtauschangeboten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist ein Zwischenverwahrer?

Ein Zwischenverwahrer ist ein Institut, das Finanzinstrumente für eine Depotbank oder einen anderen Verwahrer hält und damit ein verbindendes Glied in der Verwahrkette zwischen Anleger und zentraler Verwahrstelle bildet.

Worin unterscheidet sich ein Zwischenverwahrer von einem Zentralverwahrer?

Der Zentralverwahrer betreibt die zentrale Marktinfrastruktur für die Verwahrung und Abwicklung, während der Zwischenverwahrer Bestände für andere Verwahrer hält und keine marktweite Zentralfunktion ausübt.

Gegen wen bestehen die Rechte des Anlegers bei Einsatz eines Zwischenverwahrers?

Die Ansprüche des Anlegers richten sich regelmäßig gegen seine Depotbank. Diese macht bei Bedarf eigene vertragliche Rechte gegenüber dem Zwischenverwahrer geltend.

Wer haftet bei Verlusten in der Verwahrkette?

Primär haftet die Depotbank gegenüber dem Anleger im Rahmen der vertraglichen Regelungen. Sie kann sich im Innenverhältnis an den Zwischenverwahrer halten, soweit dies vertraglich vorgesehen ist und eine Pflichtverletzung vorliegt.

Was geschieht im Insolvenzfall eines Zwischenverwahrers?

Die verwahrten Bestände sind vom Eigenvermögen des Zwischenverwahrers zu trennen und zur Herausgabe bestimmt. Praktisch können jedoch Nachweise und Abstimmungen in der Verwahrkette erforderlich sein, was Zeit in Anspruch nimmt.

Darf ein Zwischenverwahrer seinerseits Unterverwahrer einsetzen?

Ja, sofern dies vertraglich vorgesehen ist. In diesem Fall entsteht eine weitere Unterverwahrungsebene, für deren Auswahl und Überwachung vertraglich festgelegte Pflichten gelten.

Beeinflusst der Einsatz eines Zwischenverwahrers Stimmrechte und Corporate Actions?

Ja, die Ausübung von Stimmrechten und die Teilnahme an Unternehmensmaßnahmen werden über die Verwahrkette vermittelt. Dabei sind marktübliche Fristen und Verfahrensregeln der jeweiligen Rechtsordnung zu beachten.

Welches Recht ist auf die Verwahrbeziehung mit einem Zwischenverwahrer anwendbar?

Maßgeblich ist häufig das Recht am Ort des kontoführenden Zwischenverwahrers sowie die getroffene Rechtswahl in den Verträgen. Dies betrifft insbesondere Eigentumsfragen und Verfügungsbefugnisse.