Begriff und Allgemeine Definition von Zuwanderung
Zuwanderung bezeichnet den dauerhaften oder langfristigen Zuzug von Personen in ein Gebiet, meist über Staatsgrenzen hinweg, mit dem Ziel, dort zu leben und gegebenenfalls gesellschaftlich und wirtschaftlich integriert zu werden. Rechtlich versteht man unter Zuwanderung die Aufnahme von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in das Staatsgebiet eines anderen Landes, insbesondere mit der Absicht eines nachhaltigen Aufenthalts. Dies kann aus humanitären, familiären, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen erfolgen. Die Zuwanderung ist von der kurzfristigen Einreise (z. B. Tourismus, Geschäftsreisen) sowie von der reinen Binnenmigration innerhalb eines Staates abzugrenzen.
Rechtsgrundlagen der Zuwanderung in Deutschland
Internationale Abkommen und supranationale Regelungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Zuwanderung leiten sich aus nationalen Gesetzen, EU-Rechtsakten und internationalen Übereinkünften ab. Zu den maßgeblichen internationalen Rechtsquellen gehören:
- Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 und das dazugehörige Protokoll von 1967
- Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
- Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR)
- Diverse bilaterale und multilaterale Abkommen zur Bearbeitung migrationsrechtlicher Aspekte
Insbesondere innerhalb der Europäischen Union besteht durch den Schengen-Raum und die Einreiseverordnung (VO (EU) 2016/399) ein besonderer Rechtsrahmen für den grenzüberschreitenden Verkehr und die Freizügigkeit der Unionsbürgerinnen und -bürger.
Nationales Recht: Aufenthaltsgesetz und zugehörige Regelungen
Das zentrale Gesetz für die Zuwanderung in Deutschland ist das Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Dieses Gesetz regelt die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländerinnen und Ausländern. Ergänzt wird es durch das Freizügigkeitsgesetz/EU für Unionsbürgerinnen und -bürger sowie das Asylgesetz für Schutzsuchende.
Weitere relevante Vorschriften umfassen:
- Das Asylgesetz (AsylG)
- Das Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU)
- Das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
- Das Integrationsgesetz
- Verordnungen zur Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (BeschV)
- Sozialrechtliche Vorschriften (insb. SGB II und SGB XII)
Formen der Zuwanderung
Arbeitsmigration
Personen können aufgrund eines konkreten Arbeitsplatzangebotes nach Deutschland zuwandern. Seit dem Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und der Einführung von Blauen Karten EU (Art. 18 AufenthG) sowie IT-Fachkräfte-Regelungen wurde die steuerbare Zuwanderung für Hochqualifizierte, Fachkräfte und bestimmte Berufsgruppen erleichtert.
Voraussetzungen und Verfahren
- Erfordernis eines konkreten Arbeitsvertrags sowie zustimmungsfähiger Arbeitsbedingungen
- Prüfung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen
- Vorrangprüfung oder Vorrang für inländische und EU-Bewerber entfällt in manchen Segmenten
- Nachweis von Wohnraum und gesichertem Lebensunterhalt
Familiennachzug
Ein wichtiger Aspekt der Zuwanderung ist der Familiennachzug (Kapitel 6 AufenthG). Ehegatten, minderjährige Kinder oder in Ausnahmefällen weitere Familienangehörige können zu bereits im Land befindlichen Personen nachziehen, sofern bestimmte Wohnraum-, Sprach- und Lebensunterhaltssicherungsanforderungen erfüllt sind.
Asyl und Flüchtlingsschutz
Zuwanderung aufgrund von Flucht, Verfolgung oder einer akuten Gefahr im Herkunftsland ist durch Art. 16a GG sowie das Asylgesetz normiert. Deutschland gewährt Schutz auf Grundlage der GFK, des subsidiären Schutzes und im Wege des nationalen Abschiebungsverbots. Das aufwendige Verwaltungsverfahren sieht dabei individuelle Anhörungen, verwaltungsgerichtliche Überprüfung sowie integrationsrechtliche Folgen vor.
Bildungs- und Ausbildungszuwanderung
Personen, die zu Studien- oder Ausbildungszwecken in das Land einreisen, fallen unter spezielle Vorschriften des § 16 AufenthG. Voraussetzung sind ein Studienplatz, ausreichende finanzielle Mittel und ggf. entsprechende Sprachkenntnisse. Für Absolventen und Absolventinnen bestehen erleichterte Übergänge in die Arbeitsmigration.
Humanitäre und sonstige Gründe
Humanitäre Zuwanderung kann u. a. auf Grund außergewöhnlicher Härtefälle, durch befristete Aufenthaltsgestattungen, Duldungen oder den humanitären Aufenthalt (§ 25 Abs. 4 und 5 AufenthG) erfolgen. Temporäre Programme wie Resettlement oder Aufnahme durch Bundes- und Landesaufnahmeprogramme zählen ebenfalls zu diesem Bereich.
Rechtliche Verfahren und Zuständigkeiten
Antragsverfahren und Bewilligung
Das Verfahren zur Zuwanderung in Deutschland ist abhängig von Aufenthaltszweck und Herkunftsland. Zumeist bedarf es eines Visumsverfahrens im Ausland über deutsche Auslandsvertretungen sowie eines anschließenden Verwaltungsverfahrens bei der Ausländerbehörde.
Für EU-Bürger gilt das Prinzip der Freizügigkeit; ein Aufenthalt ohne besondere Erlaubnis ist möglich, unterliegt aber Meldepflichten und ggf. Nachweispflichten der Eigenversorgung.
Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln
Die Erteilung, Befristung, Verlängerung, Umwandlung oder Versagung von Aufenthaltstiteln ist nach §§ 5 bis 9 AufenthG geregelt und von Einhaltung der öffentlichen Sicherheit, Ordnung sowie der Lebensunterhaltssicherung abhängig. Der Aufenthaltstitel kann als Visum, Aufenthaltserlaubnis, Blaue Karte EU, Niederlassungserlaubnis, Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU oder Duldung ausgestaltet sein.
Ablehnung, Widerruf und Ausweisung
Im Falle einer Versagung oder nachträglichen Aufhebung einer Zuwanderungsentscheidung kommen Ablehnungsbescheide, Widerruf von Aufenthaltstiteln (§ 52 AufenthG) und Ausweisungsverfügungen (§ 53 ff AufenthG) infrage. Gründe können beispielsweise sicherheitsrechtliche Bedenken, schwerwiegende Straftaten oder falsche Angaben im Verfahren sein.
Rechtsschutzmöglichkeiten
Gegen belastende Entscheidungen im Zuwanderungsverfahren stehen Rechtsmittel wie Widerspruch, Klage vor dem Verwaltungsgericht und gegebenenfalls Eilrechtsschutz zur Verfügung.
Integration und daraus resultierende Rechte und Pflichten
Mit der Zuwanderung gehen zahlreiche Rechte und Pflichten einher. Die Integration der neuen Einwohnerinnen und Einwohner wird gesetzlich flankiert durch Integrationskurse, berufsbezogene Sprachförderung und Beratungsangebote (§§ 43 ff AufenthG). Verpflichtungen zu Integrationsmaßnahmen, Melde- und Mitwirkungspflichten sind gesetzlich normiert, Verstöße können aufenthaltsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Zu den wesentlichen Rechten zählen der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung, Arbeitsmarkt (je nach Aufenthaltszweck), sozialer Sicherung und staatsbürgerlicher Teilhabe, jedoch in unterschiedlicher Ausgestaltung nach Aufenthaltsstatus.
Abgrenzung zur Einwanderung und Migration
Während Zuwanderung auf den tatsächlichen Zuzug von Personen in einen bestimmten Staat abstellt, bezieht sich der Begriff Einwanderung oftmals auf den formellen und dauerhaften Wechsel des Wohnsitzes mit der Absicht, sich dauerhaft niederzulassen. Migration hingegen umfasst sämtliche Wanderungsbewegungen (auch Auswanderung), unabhängig von Dauer, Richtung und Motivation.
Statistik und Überwachung
Das Ausländerzentralregister (AZR), das Statistische Bundesamt und die jeweiligen Landesbehörden führen Statistiken über Zuwanderung. Die Daten dienen der Rechtsanwendung, Betrachtung von Integrationsbedarf und Steuerung migrationspolitischer Maßnahmen.
Literatur und Quellen
- Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
- Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU)
- Asylgesetz (AsylG)
- Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)
- Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
- VO (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex)
- Statistisches Bundesamt: Statistische Daten zu Migration und Integration
Hinweis: Dieser Artikel bietet einen umfassenden und systematischen Überblick über rechtliche Aspekte der Zuwanderung im Sinne eines Rechtslexikons und basiert auf den derzeit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und internationalen Regelungen.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für einen dauerhaften Aufenthaltstitel in Deutschland?
Für einen dauerhaften Aufenthaltstitel, etwa eine Niederlassungserlaubnis oder die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU, müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich ist der vorherige Besitz eines befristeten Aufenthaltstitels für mehrere Jahre erforderlich, in der Regel mindestens seit fünf Jahren. Antragsteller müssen den Lebensunterhalt für sich und ihre Familienangehörigen eigenständig und ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichern können (mit Ausnahme bestimmter Sozialleistungen wie Kindergeld). Für die Erteilung wird zudem ausreichender Wohnraum verlangt. Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen sind oftmals nachzuweisen. Außerdem sind Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung Deutschlands durch den sogenannten „Integrationskurs“ zu belegen. Die unbeschränkte Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie das Fehlen von Straftaten oder gravierenden Ordnungswidrigkeiten sind weitere notwendige Voraussetzungen. In besonderen Fällen, etwa für Hochqualifizierte oder anerkannte Flüchtlinge, gelten teilweise erleichterte Bedingungen.
Welche rechtlichen Regelungen gelten für den Familiennachzug zu Ausländern in Deutschland?
Der Familiennachzug zu Ausländern ist im Aufenthaltsgesetz geregelt und setzt voraus, dass der in Deutschland lebende Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels mit ausreichender Gültigkeit ist. Zudem müssen die Familienangehörigen – dies betrifft in der Regel den Ehegatten und minderjährige ledige Kinder – ein Visum zum Zwecke des Familiennachzugs beantragen und die familiäre Beziehung glaubhaft machen. Minderjährige dürfen grundsätzlich zu ihren Eltern nachziehen, bei Ehepartnern wird geprüft, ob eine „echte“ Ehe besteht (Ausschluss von Scheinehen). Weitere Bedingungen sind das Vorliegen von ausreichendem Wohnraum und die Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich einer angemessenen Krankenversicherung. Ehegatten müssen in der Regel einfache Deutschkenntnisse (A1) nachweisen. Für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz bestehen besondere Einschränkungen, da es hierfür ein jährliches Kontingent gibt und längere Wartezeiten bestehen können.
Unter welchen rechtlichen Umständen kann ein Antrag auf Asyl abgelehnt werden?
Ein Asylantrag kann aus verschiedenen rechtlichen Gründen abgelehnt werden. Gemäß dem Asylgesetz und dem Aufenthaltsgesetz scheidet eine Anerkennung aus, wenn der Antragsteller aus einem als „sicherer Herkunftsstaat“ stammt oder bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat internationalen Schutz genießt. Ebenso erfolgt eine Ablehnung, wenn keine individuelle Verfolgung oder Bedrohung nachgewiesen werden kann oder wenn ersichtlich ist, dass der Antrag aus wirtschaftlichen Gründen gestellt wurde. Weitere Ablehnungsgründe sind das Vorliegen von Ausschlussgründen, wie schwere Straftaten, Gefahr für die Sicherheit Deutschlands oder ungeklärte Identität trotz Mitwirkungspflicht. Die Ablehnung wird durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verfügt und kann mit einer Rechtsbehelfsbelehrung durch die Verwaltungsgerichte überprüft werden.
Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es gegen eine Abschiebung?
Gegen eine drohende Abschiebung bestehen mehrere rechtliche Schutzmöglichkeiten. Betroffene können rechtzeitig Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben oder einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Abschiebung stellen (§ 80 Abs. 5 VwGO). Daneben können sogenannte Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG oder § 25 Abs. 5 AufenthG geltend gemacht werden, wenn etwa durch die Abschiebung eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Herkunftsstaat besteht. Während des laufenden Verfahrens besteht in der Regel ein vorläufiges Abschiebungsverbot. Auch die Härtefallkommission auf Länderebene kann in besonderen Ausnahmefällen ein Langzeitbleiberecht vorschlagen. Zudem ist der Antrag auf Duldung für Personen möglich, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen vorübergehend nicht abgeschoben werden können.
Was besagen die rechtlichen Bestimmungen zur Erwerbstätigkeit von Zuwanderern?
Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit für Zuwanderer ist im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und der Beschäftigungsverordnung geregelt. Grundsätzlich setzt eine Beschäftigung als Arbeitnehmer oder eine selbständige Tätigkeit einen entsprechenden Aufenthaltstitel mit ausdrücklicher Arbeitserlaubnis voraus. Oft ist die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich, die prüft, ob bevorrechtigte Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stehen oder ob die Arbeitsbedingungen ortsüblich sind. Für bestimmte Gruppen, wie z. B. Hochqualifizierte, Fachkräfte mit anerkannter Ausbildung, zukünftige Auszubildende oder Studierende im Rahmen von Praktika, gelten spezielle und teilweise erleichterte Regelungen. Auch Asylbewerber und Geduldete erhalten meist erst nach einer Wartefrist und unter Bedingungen Zugang zum Arbeitsmarkt. Verstöße gegen diese Bestimmungen können zur Ausweisung oder strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Welche rechtlichen Verpflichtungen treffen Zuwanderer nach der Einreise nach Deutschland?
Nach der Einreise sind Zuwanderer verpflichtet, sich unverzüglich bei der für ihren Wohnort zuständigen Meldebehörde anzumelden. Sie müssen einen gültigen Pass oder Passersatz und im Falle visapflichtiger Nationalitäten ein gültiges Visum oder einen Aufenthaltstitel vorlegen. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist erst nach Erhalt einer Arbeitserlaubnis bzw. eines Aufenthaltstitels mit entsprechendem Vermerk erlaubt. Darüber hinaus besteht für viele Gruppen die Verpflichtung, an Integrationskursen teilzunehmen (§ 44a AufenthG). Zuwanderer haben Mitwirkungspflichten gegenüber den Ausländerbehörden; sie müssen etwa Veränderungen in ihren persönlichen Verhältnissen oder beim Aufenthaltsstatus umgehend anzeigen. Bei Verstößen gegen diese Pflichten können aufenthaltsrechtliche Nachteile bis hin zum Verlust des Aufenthaltstitels drohen.
Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen den einzelnen Aufenthaltstiteln in Deutschland?
Es gibt zahlreiche Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz: Visa, Aufenthaltserlaubnis, Blaue Karte EU, Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU. Die Aufenthaltserlaubnis ist zeitlich befristet und wird meist zu bestimmten Zwecken wie Studium, Arbeit, Familiennachzug oder Asyl erteilt. Die blaue Karte EU richtet sich an Hochqualifizierte und ist an konkrete Gehaltsgrenzen und Beschäftigungsbedingungen gebunden. Die Niederlassungserlaubnis sowie die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU sind unbefristet, erfordern jedoch einen mehrjährigen Voraufenthalt und weitere Integrationsleistungen. Die Rechte hinsichtlich Arbeitsmarktzugang, sozialer Sicherung oder Freizügigkeit innerhalb der EU unterscheiden sich je nach Titel erheblich. Auch für den Wechsel von einem befristeten zu einem unbefristeten Titel bestehen differenzierte rechtliche Voraussetzungen.