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Zugesicherte Eigenschaft


Zugesicherte Eigenschaft

Die zugesicherte Eigenschaft ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht, insbesondere im Rahmen des Kaufrechts sowie bei Werkverträgen und Mietverhältnissen. Sie beschreibt eine besondere, vertraglich festgelegte Beschaffenheit einer Kaufsache oder eines Werkes, deren Vorliegen der Verkäufer oder Hersteller verbindlich garantiert hat. Die zugeschriebene Bedeutung einer zugesicherten Eigenschaft geht dabei über die bloße Ist-Beschaffenheit hinaus und kann für die rechtlichen Folgen im Fall des Fehlens dieser Eigenschaft, insbesondere im Bereich der Gewährleistungsrechte, entscheidend sein.

Begriffsdefinition und Abgrenzung

Eine zugesicherte Eigenschaft liegt vor, wenn eine Partei im Rahmen eines Vertrages ausdrücklich oder in eindeutiger Weise durch schlüssiges Verhalten erklärt, dass eine bestimmte Eigenschaft der Kaufsache, des Werkes oder des Mietgegenstandes vorhanden ist und hierfür ein bestimmtes Einstehen übernommen wird. Zugesicherte Eigenschaften sind damit alle diejenigen Merkmale, die ausdrücklich oder konkludent Vertragsinhalt geworden sind und nach dem Willen beider Vertragsparteien für die Verwendung und den Wert des Vertragsgegenstandes bedeutsam sind.

Charakteristisch für die Zusicherung ist die Übernahme eines besonderen Einstands- und Haftungsrisikos durch diejenige Partei, die die Zusicherung abgibt. Nicht umfasst sind Eigenschaften, die sich lediglich aus allgemeinen Beschreibungen, Anpreisungen oder natürlichen Erwartungen des Vertragspartners ergeben.

Unterschied zur Beschaffenheitsvereinbarung

Es ist eine präzise Abgrenzung zur allgemeinen Beschaffenheitsvereinbarung geboten. Während die Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 BGB) die vertraglich vereinbarte Qualität betrifft, geht die zugesicherte Eigenschaft weiter: Sie beinhaltet nicht nur die vertraglich zugesagte Qualität, sondern knüpft daran für den Fall des Fehlens zusätzliche rechtliche Konsequenzen, insbesondere ein weitreichenderes Haftungsregime.

Gesetzliche Grundlagen

Der Begriff der zugesicherten Eigenschaft war bis zur Reform des Schuldrechts im Jahr 2002 ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.). Nach der Schuldrechtsmodernisierung gilt nunmehr die Beschaffenheitsvereinbarung als zentrales Kriterium (§ 434 BGB), wobei die zugesicherte Eigenschaft weiterhin als Auslegungshilfe und in bestehenden Altfällen von Bedeutung ist.

In anderen Vorschriften ist die zugesicherte Eigenschaft weiterhin von Bedeutung, etwa im Werkvertragsrecht (§ 633 BGB) sowie im Mietrecht (§ 536 BGB). Zudem bleibt der Begriff im Schrifttum und in der Rechtsprechung ein zentrales Abgrenzungsmerkmal für bestimmte Haftungsfolgen.

Rechtsfolgen beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften

Gewährleistungsrechte

Fehlen einer Sache zugesicherte Eigenschaften, spricht man von einem Sachmangel. Der Käufer oder Besteller kann dann Gewährleistungsrechte geltend machen – dies umfasst in erster Linie Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung), Schadensersatz sowie unter bestimmten Voraussetzungen Rücktritt oder Minderung.

Schadensersatzanspruch

Ein zentrales Merkmal der zugesicherten Eigenschaft ist die Haftung für Mangelfolgeschäden. War eine bestimmte Eigenschaft zugesichert und fehlt diese, haftet der Verkäufer beziehungsweise der Werkunternehmer nicht nur für den Mangel selbst, sondern unter Umständen auch für Schäden, die durch das Fehlen exakt dieser Eigenschaft verursacht wurden. Diese Schadensersatzhaftung (sogenannter „weitergehender Schadensersatz“) stellt einen wesentlichen Unterschied zur einfachen Mängelhaftung dar.

Rücktritt und Minderung

Vertragspartner können bei Fehlen der zugesicherten Eigenschaft grundsätzlich weiterhin vom Vertrag zurücktreten oder den Preis mindern, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die zugesicherte Eigenschaft kann dabei die Erheblichkeitsschwelle des Mangels mitbestimmen.

Arten und Beispiele zugesicherter Eigenschaften

Explizite Zusicherung

Eine zugesicherte Eigenschaft kann durch ausdrückliche Erklärung, etwa im Vertragstext oder in Produktbeschreibungen, erfolgen. Beispiel: „Das Fahrzeug ist unfallfrei.“

Konkludente Zusicherung

Auch das Verhalten der Parteien oder Umstände des Vertragsschlusses können zu einer konkludenten Zusicherung führen. Beispiel: Das Überlassen eines Laborgeräts, das „zur Sterilisation geeignet“ sein soll, obwohl eine solche Eigenschaft nicht explizit genannt wurde.

Rechtsprechungsbeispiele

Die Rechtsprechung hat die zugesicherte Eigenschaft wiederholt in folgenden Fällen angenommen:

  • Zusicherung bestimmter Laufleistungen bei Gebrauchtfahrzeugen
  • Garantien für die Wasserfestigkeit von Bauwerken
  • Zusicherung bestimmter energetischer Werte bei Neubauten

Bedeutung im Kauf-, Werkvertrags- und Mietrecht

Kaufrecht

Im Kaufrecht (§§ 433 ff. BGB) stellt das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft regelmäßig einen Sachmangel dar, der zu den bereits genannten Rechtsfolgen führt. Zugesicherte Eigenschaften haben insbesondere bei Neuwaren, technischen Geräten oder Fahrzeugen eine erhebliche Rolle für die Vertragsabwicklung.

Werkvertragsrecht

Für Werkverträge (§§ 631 ff. BGB) gilt die Entsprechung über § 633 BGB: Der Unternehmer hat das Werk frei von Sachmängeln zu liefern, wobei das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft einen Mangel begründet und die Ansprüche auslöst.

Mietrecht

Im Mietrecht kann das Fehlen zugesicherter Eigenschaften zu einer Mietminderung oder zu Schadensersatzansprüchen führen (§ 536 BGB). Beispiele sind etwa das Zusichern einer bestimmten Raumtemperatur bei Heizung oder das Versprechen einer ruhigen Wohnlage.

Bedeutung für die Vertragsgestaltung

Für die Vertragsgestaltung ist die Bedeutung zugesicherter Eigenschaften erheblich. Insbesondere das bewusste Abgeben oder Vermeiden von Zusicherungen sollte genau dokumentiert und vertraglich eindeutig festgelegt werden, um Haftungsrisiken kontrollierbar zu gestalten.

Es empfiehlt sich, Eigenschaften, deren Vorliegen für die Parteien von hohem Interesse sind, klar als zugesichert zu kennzeichnen und die Rechtsfolgen für den Fall ihres Fehlens vertraglich zu regeln.

Zusammenfassung

Die zugesicherte Eigenschaft ist ein elementarer Begriff des deutschen Zivilrechts mit weitreichenden rechtlichen Konsequenzen für die Vertragsabwicklung. Sie geht über die reine Beschaffenheitsvereinbarung hinaus und umfasst ein besonderes Haftungsregime, insbesondere für Mangelfolgeschäden. Präzise Vertragsgestaltung und genaue Kenntnis der rechtlichen Folgen zugesicherter Eigenschaften sind für beide Vertragsparteien von großem Interesse, um Rechte und Pflichten klar abzugrenzen und Haftungsfallen zu vermeiden.


Weiterführende Stichworte:
Sachmangel, Gewährleistung, Schadensersatz, Pflichtverletzung, Werkvertragsrecht, Kaufrecht, Mietrecht, Vertragsrecht, Schuldrechtmodernisierung, Beschaffenheitsvereinbarung

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Folgen hat das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft beim Kaufvertrag?

Fehlt eine zugesicherte Eigenschaft des Kaufgegenstands, so stellt dies nach deutschem Recht (§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 434 BGB n.F.) einen Sachmangel dar. Dies hat zur Folge, dass dem Käufer die Gewährleistungsrechte zustehen, d.h. er kann Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung) verlangen oder, wenn diese fehlschlägt oder unzumutbar ist, den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag zurücktreten. Zusätzlich kann der Käufer unter Umständen Schadensersatz fordern. Besonders zu beachten ist, dass Schadensersatz auch dann verlangt werden kann, wenn dem Verkäufer hinsichtlich der fehlenden zugesicherten Eigenschaft Vorsatz oder Fahrlässigkeit anzulasten ist. In besonderen Fällen, etwa wenn die Zusicherung eine bestimmte Eigenschaft garantieren sollte (sog. Garantieübernahme), haftet der Verkäufer verschuldensunabhängig auf Ersatz des Mangelfolgeschadens.

Wie muss eine zugesicherte Eigenschaft rechtlich vereinbart werden?

Eine zugesicherte Eigenschaft im juristischen Sinn setzt eine ausdrückliche oder stillschweigende, jedoch eindeutig erkennbare Erklärung des Verkäufers voraus, mit der er besonders für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft einstehen will. Es reicht nicht aus, dass der Verkäufer oder Hersteller bloß eine allgemeine Beschreibung des Produkts oder dessen Eigenschaften gibt. Die Zusicherung erfordert vielmehr das ausdrückliche oder konkludente Versprechen, dass der Kaufgegenstand eine ganz bestimmte Eigenschaft besitzt, und dass der Verkäufer für das Fehlen dieser Eigenschaft haften will. Ein bloßes Anpreisen oder Werbeaussagen reichen hierfür nicht aus. Die Zusicherung kann auch aus den Umständen des Vertragsschlusses, zum Beispiel durch Übergabe von Prüfzeugnissen oder Garantiekarten, folgen.

Wer trägt die Beweislast beim Streit über das Vorliegen einer zugesicherten Eigenschaft?

Im Streitfall trägt grundsätzlich der Käufer die Beweislast dafür, dass eine bestimmte Eigenschaft des Kaufgegenstandes dem Vertrag zugrunde gelegt und von dem Verkäufer „zugesichert“ wurde. Der Käufer muss also vor Gericht nachweisen, dass der Verkäufer ausdrücklich oder konkludent zugesichert hat, dass der Gegenstand die betreffende Eigenschaft besitzt. Bei Neuwaren können unter Umständen auch Werbeaussagen des Herstellers herangezogen werden. Der Verkäufer trägt dagegen die Beweislast für das Vorhandensein der zugesicherten Eigenschaft zum Zeitpunkt der Übergabe und ebenso dafür, dass ein etwaiger Mangel auf nachträgliche Einflüsse oder unsachgemäße Behandlung durch den Käufer zurückzuführen ist.

Welche Unterschiede bestehen zwischen einer zugesicherten Eigenschaft, einer garantierten Beschaffenheit und bloßen Produktbeschreibungen?

Rechtlich unterscheidet man zwischen einer zugesicherten Eigenschaft, einer Beschaffenheitsgarantie und einer bloßen Produktbeschreibung. Die zugesicherte Eigenschaft ist eine Eigenschaft, für deren Vorhandensein der Verkäufer ausdrücklich oder konkludent einstehen will. Eine Garantie geht noch darüber hinaus: Der Händler oder Hersteller verpflichtet sich verschuldensunabhängig zum Einstehen für bestimmte Eigenschaften oder die Haltbarkeit einer Sache, meist sogar über die gesetzliche Gewährleistungsfrist hinaus. Eine Produktbeschreibung hingegen stellt lediglich eine Sachverhaltsdarstellung dar und begründet keine Zusicherung oder Garantie. Die Einordnung ist entscheidend für die Rechtsfolgen im Fall des Fehlens: Während bei einer bloßen Produktbeschreibung nur die allgemeinen Gewährleistungsrechte greifen, kann bei einer Garantie verschuldensunabhängiger Schadensersatz verlangt werden.

Kann die Zusicherung einer Eigenschaft auch durch Dritte, z.B. den Hersteller erfolgen?

Im deutschen Zivilrecht sind Zusicherungen und Garantien grundsätzlich im Verhältnis zwischen Vertragsparteien wirksam, d.h., im Regelfall nur zwischen Käufer und Verkäufer. Allerdings können unter bestimmten Voraussetzungen auch Aussagen des Herstellers, z.B. in Werbebroschüren oder technischen Spezifikationen, eine Zusicherung darstellen, wenn sie vom Verkäufer ausdrücklich oder konkludent in den Vertrag einbezogen werden. In diesem Fall wirkt die vom Dritten (Hersteller) getroffene Zusicherung als Vertragsbestandteil zwischen Käufer und Verkäufer. Darüber hinaus können eigenständige Garantien des Herstellers nach § 443 BGB eine direkte Haftung gegenüber dem Endkunden auslösen, sofern dieser als begünstigter Dritter anzusehen ist.

Unterliegen zugesicherte Eigenschaften besonderen Formvorschriften?

Die Zusicherung einer Eigenschaft ist grundsätzlich formlos möglich, d.h. sie kann sowohl mündlich, schriftlich als auch konkludent erfolgen. Eine besondere Form ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, es sei denn, es handelt sich um einen Vertrag, der selbst bestimmten Formvorschriften unterliegt (z.B. Grundstückskaufvertrag nach § 311b BGB, der notarieller Beurkundung bedarf). In der Praxis empfiehlt sich jedoch aus Beweisgründen stets eine schriftliche Festlegung, insbesondere bei wesentlichen oder für den Vertragszweck besonders relevanten Eigenschaften. Bei Rechtsstreitigkeiten ist ein schriftlicher Nachweis einer Zusicherung in der Regel von erheblichem Vorteil.

Können Verbraucher auf zugesicherte Eigenschaften im Wege der Individualvereinbarung wirksam verzichten?

Nach geltendem Recht ist es grundsätzlich möglich, im Wege einer Individualvereinbarung auf das Vorliegen oder die Geltendmachung zugesicherter Eigenschaften zu verzichten, sofern dadurch keine zwingenden Schutzvorschriften des Verbraucherschutzrechts umgangen werden. Ein solcher Verzicht ist jedoch nichtig, wenn er überraschend, intransparent oder unangemessen benachteiligend im Sinne von §§ 305 ff. BGB ist, oder wenn er wesentliche Vertragspflichten betrifft. Im Zweifel wird gesetzlich zugunsten des Verbrauchers ausgelegt, dass auf zugesicherte Eigenschaften nicht wirksam verzichtet werden kann, wenn diese für den Vertragszweck von erheblicher Bedeutung sind oder wesentliche Sicherheitsaspekte betreffen. Das gilt insbesondere im Rahmen von AGB, wo Haftungsbeschränkungen und Ausschlüsse sehr strengen Vorgaben unterliegen.