Legal Lexikon

Zahlungsdienstnutzer


Begriff und rechtliche Einordnung des Zahlungsdienstnutzers

Definition des Zahlungsdienstnutzers

Der Begriff Zahlungsdienstnutzer ist ein zentraler Rechtsbegriff des Zahlungsdiensterechts und findet seine gesetzliche Grundlage insbesondere im deutschen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Nach § 1 Abs. 21 ZAG bezeichnet der Zahlungsdienstnutzer jede natürliche oder juristische Person, die Zahlungsdienste als Zahler oder als Zahlungsempfänger in Anspruch nimmt oder dies beabsichtigt. Der Zahlungsdienstnutzer steht somit auf der Nachfrageseite von Zahlungsdiensten, während der Zahlungsdienstleister diese gewerbsmäßig anbietet.

Der Zahlungsdienstnutzer kann einer von zwei Rollen zukommen:

  • Zahler (initiiert eine Zahlung bzw. gibt einen Zahlungsauftrag)
  • Zahlungsempfänger (empfängt eine Zahlung)

Gesetzliche Grundlagen

Der Zahlungsdienstnutzerbegriff ist im Kontext zahlreicher Gesetze und Verordnungen von Bedeutung, insbesondere im:

  • Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)
  • Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 675c ff.
  • Zahlungsdiensterichtlinie (EU) 2015/2366 (PSD2)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für schuldrechtliche Beziehungen

Er spielt sowohl im Rahmen der Geschäftsbeziehung zu Kreditinstituten als auch bei anderen Zahlungsdienstleistern, wie E-Geld-Instituten oder Zahlungsinstituten, eine Rolle.

Rechtsstellung und Schutzrechte des Zahlungsdienstnutzers

Abgrenzung zu Zahlungsdienstleistern

Der Zahlungsdienstnutzer ist ausdrücklich nicht identisch mit dem Zahlungsdienstleister, sondern steht diesem gegenüber. Zahlungsdienstleister sind typischerweise Banken, Sparkassen, Zahlungsinstitute oder E-Geld-Institute, die gewerbsmäßig Zahlungsdienste erbringen.

Verbraucherschutz und Informationspflichten

Ein erheblicher Teil der gesetzlichen Vorschriften ist darauf ausgerichtet, den Zahlungsdienstnutzer – und im besonderen Maße den Verbraucher – zu schützen. Die Informationspflichten gemäß § 675d BGB und Art. 44 ff. PSD2 verpflichten Zahlungsdienstleister, umfassend über Entgelte, Ausführungsfristen, Rechte und Pflichten, Sicherheitsmechanismen und Vorgehen im Fall von nicht autorisierten oder fehlerhaften Zahlungen zu informieren.

Rechte und Pflichten des Zahlungsdienstnutzers

Rechte:

  • Anspruch auf transparente Informationen über Zahlungsdienste
  • Einhaltung vertraglich vereinbarter Ausführungsfristen und Entgelte (§ 675s BGB)
  • Haftungsbeschränkung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge (§ 675u BGB)
  • Anspruch auf Berichtigung nicht autorisierter oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge

Pflichten:

  • Sorgfaltspflichten im Umgang mit Authentifizierungselementen
  • Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung von Zahlungsvorgängen
  • Unverzügliche Anzeige von nicht autorisierten Zahlungsvorgängen

Sonderregelungen für Verbraucher

Verbraucher als Zahlungsdienstnutzer genießen einen weitergehenden Schutz. Zahlreiche Vorschriften des BGB und der PSD2 sind zwingend zu Gunsten des Zahlungsdienstnutzers, wenn dieser als Verbraucher handelt, und können durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht zulasten des Nutzers abbedungen werden (§ 675e BGB).

Typen von Zahlungsdienstnutzern und Anwendungsbereich

Natürliche und juristische Personen als Zahlungsdienstnutzer

Zahlungsdienstnutzer können sowohl natürliche Personen (Privatpersonen) als auch juristische Personen (Unternehmen, Vereine, Körperschaften des öffentlichen Rechts) sein. Je nach Status als Verbraucher oder Unternehmer finden unterschiedliche Schutzbestimmungen Anwendung.

Zahlungsdienstnutzer in unterschiedlichen Vertragstypen

Neben klassischen Zahlungskonten (z.B. Girokonten) umfasst der Zahlungsdienstnutzerbegriff auch Fälle, in denen kein Konto beim Zahlungsdienstleister geführt wird, z.B. bei kartengestützten Zahlungen, E-Geld-Transaktionen oder Online-Überweisungen durch Drittanbieter (Payment Initiation Services).

Besondere Rechtskonstellationen im Zahlungsdienstrecht

Zahlungsdienstnutzer im Mehrparteienverhältnis

Im Rahmen moderner Zahlungssysteme (z.B. Kartenzahlung, Zahlungsdienste von Drittanbietern) kann der Zahlungsdienstnutzer mit mehreren Parteien gleichzeitig in Rechtsbeziehung treten, etwa zu Zahlungsinstitut, Kartenemittent und Händlern.

Haftung für nicht autorisierte und fehlerhafte Zahlungsvorgänge

Der Zahlungsdienstnutzer trägt nach § 675v BGB die Beweislast dafür, dass er einen bestimmten Zahlungsvorgang nicht autorisiert hat. Im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs hat der Zahlungsdienstleister dem Nutzer den Betrag unverzüglich zu erstatten (vgl. § 675y BGB). Bei grob fahrlässigem Verhalten kann die Haftung des Nutzers bis zu 50 Euro bestehen, es sei denn, der Nutzer hat in betrügerischer Absicht gehandelt.

Rückerstattungsansprüche und Widerspruchsrechte

Waren Zahlungsvorgänge nicht autorisiert oder fehlerhaft ausgeführt, besteht gemäß § 675z BGB ein Rückerstattungsanspruch des Zahlungsdienstnutzers. Eine wichtige Rolle nimmt auch das Widerspruchsrecht im SEPA-Lastschriftverfahren ein.

Datenschutz und Datensicherheit

Die Verarbeitung personenbezogener Daten von Zahlungsdienstnutzern unterliegt den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Zahlungsdienstleister sind verpflichtet, sehr hohe Standards im Bereich der Datensicherheit sicherzustellen.

Bedeutung in der Praxis und Abgrenzungen

Praxisrelevanz

Im praktischen Zahlungsverkehr ist die Rolle des Zahlungsdienstnutzers in jedem Zahlungsvorgang präsent. Die gesetzlichen Schutzvorschriften dienen dabei sowohl der Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs als auch der Stärkung des Vertrauens in moderne Zahlungsdienstleistungen.

Abgrenzung zu anderen Begriffen

Nicht zu verwechseln ist der Zahlungsdienstnutzer mit Begriffen wie Zahlungspflichtiger, Zahlungsempfänger im rein schuldrechtlichen Sinne oder mit Vertragspartnern in anderen Rechtsgebieten. Relevant ist stets der Bezug zu Zahlungsdiensten im Sinne des ZAG und der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 675c ff.
  • Richtlinie (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (PSD2)
  • Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): Zahlungsdienste – Informationsportal

Hinweis: Dieser Artikel stellt eine allgemeine Darstellung des Begriffs Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterecht dar und ist keine rechtliche Beratung. Für weitergehende Informationen empfiehlt sich die jeweilige einschlägige Gesetzeslektüre.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte stehen Zahlungsdienstnutzern gemäß Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) im Zusammenhang mit Zahlungsverträgen zu?

Zahlungsdienstnutzer genießen im Rahmen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) umfassende Rechte, die insbesondere den Abschluss, die Durchführung und die Beendigung von Rahmenverträgen über Zahlungsdienste betreffen. Nach § 675f BGB i.V.m. § 675k BGB in Verbindung mit dem ZAG hat der Zahlungsdienstnutzer das Recht, jederzeit kostenlos Informationen über die Vertragsbedingungen und die Ausführungsbedingungen von Zahlungsdienstleistungen zu erhalten. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, wesentliche Vertragsdetails in verständlicher und leicht zugänglicher Form bereit zu stellen, ehe ein Vertrag geschlossen wird. Zudem hat der Zahlungsdienstnutzer das Recht, Rahmenverträge jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von höchstens einem Monat zu kündigen, ohne dass ihm hierfür Entgelte oder Nachteile entstehen dürfen. Bei Änderungen der Vertragsbedingungen hat der Zahlungsdienstleister frühzeitig und in Textform zu informieren, damit der Zahlungsdienstnutzer über sein Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen kann. Dem Schutz des Zahlungsdienstnutzers dienen ebenfalls detaillierte Regelungen zur Haftung bei nicht autorisierten oder fehlerhaften Zahlungsaufträgen.

Inwiefern haftet der Zahlungsdienstnutzer bei Verlust oder Diebstahl von Zahlungsinstrumenten?

Kommt es zu einem Missbrauch infolge von Verlust, Diebstahl oder einer missbräuchlichen Nutzung eines Zahlungsinstruments, so regelt § 675v BGB die Haftungsverteilung. Bis zur Anzeige des Verlustes beim Zahlungsdienstleister haftet der Zahlungsdienstnutzer für nicht autorisierte Zahlungen mit maximal 50 Euro. Dieser Haftungsbetrag entfällt im Falle von grober Fahrlässigkeit, vorsätzlichem Handeln oder wenn Sicherheitsmerkmale nicht beachtet wurden, sodass unter Umständen eine vollständige Haftung des Nutzers in Betracht kommt. Nach Anzeige des Verlustes haftet grundsätzlich der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer haftet nicht mehr, es sei denn, er hat in betrügerischer Absicht gehandelt. Die Anzeige des Verlustes sollte unverzüglich erfolgen, um das Haftungsrisiko für den Zahlungsdienstnutzer zu minimieren.

Welche Informationspflichten treffen Zahlungsdienstleister gegenüber Zahlungsdienstnutzern?

Zahlungsdienstleister sind nach §§ 675d ff. BGB und dem ZAG verpflichtet, umfassende Informationspflichten gegenüber ihren Nutzern zu erfüllen. Dazu gehören vorvertragliche Informationen über wesentliche Vertragsinhalte, etwa zu Entgelten, Preisen, Wechselkursen, der Funktionsweise von Zahlungsdiensten, technischen Schutzmaßnahmen sowie zu den Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit der Nutzung von Zahlungsdiensten. Während der Vertragslaufzeit müssen Zahlungsdienstnutzer regelmäßig Informationen zu ausgeführten Zahlungsvorgängen, Entgelten und gegebenenfalls Wechselkursen erhalten. Im Fall von Änderungen – etwa bei Gebühren, Bedingungen oder Sicherheitsvorgaben – sind Zahlungsdienstleister verpflichtet, die Nutzer rechtzeitig, in klarer und verständlicher Form, mindestens zwei Monate vor dem Inkrafttreten zu informieren.

Wie ist die Haftung des Zahlungsdienstnutzers bei nicht autorisierten Zahlungsaufträgen geregelt?

Im Fall nicht autorisierter Zahlungsvorgänge – also wenn Zahlungen ausgeführt wurden, ohne dass der Zahlungsdienstnutzer diese freigegeben hat – greift § 675u BGB. Danach hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer den Betrag des nicht autorisierten Zahlungsauftrags unverzüglich zu erstatten. Dies umfasst auch die Wiederherstellung des vorherigen Kontostands, sofern die Belastung bereits erfolgte. Die Erstattungspflicht kann jedoch durch grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Zahlungsdienstnutzers eingeschränkt sein. Hierzu zählen insbesondere die Weitergabe von PINs, Passwörtern oder die Nichtbeachtung der Sorgfaltspflichten bezüglich des Zahlungsinstruments. Ist kein eigenes Verschulden des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen, trägt der Zahlungsdienstleister das Risiko und die volle Haftung.

Welche Fristen gelten für Reklamationen oder Einwendungen durch den Zahlungsdienstnutzer?

Zahlungsdienstnutzer müssen etwaige Einwendungen gegen einen nicht oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsauftrag grundsätzlich innerhalb von 13 Monaten ab dem Tag der Belastung ihres Kontos geltend machen (§ 676b BGB). Innerhalb dieser Frist ist der Zahlungsdienstleister verpflichtet, den Vorgang zu prüfen und – sofern berechtigt – eine Korrektur vorzunehmen. Unterlassen es Zahlungsdienstnutzer, innerhalb dieser Frist Einwendungen vorzubringen, verlieren sie ihre Ansprüche auf Erstattung. Die Frist beginnt jedoch erst, wenn der Nutzer von dem Vorgang Kenntnis erlangt und der Zahlungsdienstleister seiner Informationspflicht über die Ausführung nachgekommen ist. In Fällen, in denen der Zahlungsdienstleister den Vorgang nicht ordnungsgemäß dokumentiert hat, verlängert sich die Frist entsprechend.

Welche Sicherheitsanforderungen müssen Zahlungsdienstnutzer im Umgang mit Zahlungsinstrumenten beachten?

Zahlungsdienstnutzer trifft nach § 675l BGB eine besondere Sorgfalts- und Mitwirkungspflicht im Umgang mit seinen Zahlungsinstrumenten. Dazu zählen insbesondere das unverzügliche Melden von Verlust oder Diebstahl des Instruments (z.B. Bankkarte, Authentifizierungs-App), die getrennte Verwahrung von Sicherheitsmerkmalen wie PIN oder Passwort und die Nutzung der vom Zahlungsdienstleister vorgegebenen Sicherheitsverfahren. Die Nichtbeachtung dieser Pflichten kann zu einer erhöhten Haftung des Zahlungsdienstnutzers führen, insbesondere im Fall grober Fahrlässigkeit. Daneben müssen Nutzer sicherstellen, dass sie nur autorisierte Software verwenden und auf verdächtige E-Mails, sogenannte Phishing-Versuche, achten. Die Einhaltung dieser Sicherheitsmaßnahmen ist Grundvoraussetzung für eine Haftungsbeschränkung zugunsten des Zahlungsdienstnutzers.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Zahlungsdienstnutzer der Ausführung eines Zahlungsauftrags widersprechen oder diesen widerrufen?

Bis zur Autorisierung eines Zahlungsauftrags kann der Zahlungsdienstnutzer diesen grundsätzlich gebührenfrei widerrufen (§ 675p BGB). Nach der Autorisierung – etwa durch TAN, mobile Authentifizierung oder PIN – ist ein Widerruf hingegen ausgeschlossen, sofern nicht etwas anderes im Vertrag geregelt wurde. Ausnahme: Bei Lastschriftverfahren besteht die Möglichkeit, innerhalb von acht Wochen nach Belastungsbuchung ohne Angabe von Gründen zu widersprechen; bei einer nicht autorisierten Lastschrift sogar innerhalb von 13 Monaten. Der Widerruf ist an den Zahlungsdienstleister zu richten und sollte stets formgerecht erfolgen, um eine reibungslose Rückabwicklung zu ermöglichen. Besondere gesetzliche oder vertragliche Regelungen können je nach Art des Zahlungsvorgangs (z. B. Sammelaufträge, Terminüberweisungen) abweichende Voraussetzungen für Widerruf oder Widerspruch vorsehen.