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„Wie besehen“ („Wie besichtigt“)


Begriffserklärung „Wie besehen“ („Wie besichtigt“)

Der Rechtsbegriff „Wie besehen“ (auch: „Wie besichtigt“) beschreibt eine Formulierung im Rahmen von Kaufverträgen, insbesondere bei dem Verkauf gebrauchter Sachen. Mit dieser Klausel erklären die Vertragsparteien, dass der Käufer den Kaufgegenstand in dem Zustand erwirbt, in dem er sich zum Zeitpunkt der Besichtigung befindet. Ziel ist es, die Haftung für bestimmte Sachmängel auszuschließen oder einzuschränken. Die Verwendung von „Wie besehen“ ist vor allem beim Erwerb von beweglichen Sachen, Immobilien sowie bei Zwangsversteigerungen von großer Bedeutung.


Anwendungsbereiche der Klausel „Wie besehen“

Kauf gebrauchter Sachen

Die Klausel findet überwiegend im Bereich des Gebrauchtwarenhandels Anwendung. Persönliche Besichtigung und Begutachtung des Kaufgegenstandes durch den Käufer stehen hierbei im Vordergrund. Dabei übernimmt der Käufer das Risiko bezüglich des Zustands, sofern keine bestimmten Eigenschaften zugesichert wurden.

Immobilienkauf

Im Immobilienrecht wird „wie besichtigt“ häufig verwendet, um den Verkäufer vor Ansprüchen des Käufers auf nachträgliche Mängelhaftung zu schützen. Dennoch ist die Formulierung nicht geeignet, arglistig verschwiegene oder vorsätzlich verbaute Mängel auszuschließen.

Zwangsversteigerung

Im Rahmen von Zwangsversteigerungen erfolgt der Verkauf regelmäßig „wie besichtigt“. Dies bedeutet, dass der Ersteher nur die im Termin und im Exposé offenkundig erkennbaren Eigenschaften und Mängel als Kaufgrundlage akzeptiert.


Rechtliche Wirkung und Voraussetzungen

Bedeutung für die Sachmängelhaftung

Mit der „wie besehen“-Klausel wird die Sachmängelhaftung grundsätzlich eingeschränkt. Es handelt sich jedoch nicht um einen generellen Haftungsausschluss. Der Verkäufer haftet weiterhin für arglistig verschwiegene Mängel, für eine ausdrücklich vereinbarte Beschaffenheit sowie für grob fahrlässig nicht erkannte Eigenschaften, sofern sie dem Käufer nicht bekannt gegeben wurden.

Voraussetzungen der Wirksamkeit

  • Besichtigung vor Vertragsschluss: Der Käufer muss die Möglichkeit haben, die Sache vor Abschluss des Vertrags zu untersuchen. Eine „wie besehen“-Klausel ohne Besichtigungsmöglichkeit ist in der Regel nicht wirksam.
  • Keine Arglist: Die Klausel entfaltet keine Wirkung bei arglistigem Verschweigen von Mängeln.
  • Individuelle Absprache: Die Formulierung muss individuell vereinbart sein und ergibt sich meist aus dem Kaufvertragsdokument oder einer separaten Vereinbarung.

Grenzen und Ausschlüsse

Verbrauchsgüterkauf

Im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs, also einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmen und einer Privatperson, kann die Sachmängelhaftung durch die Klausel „wie besehen“ nicht in dem Maße beschränkt werden, wie es unter Privatpersonen möglich ist. Nach den Vorschriften der §§ 474, 475 BGB ist der Ausschluss oder die Einschränkung der Haftung auf Schäden, die durch einfache Fahrlässigkeit verursacht wurden, zum Nachteil des Verbrauchers weitgehend unzulässig.

Offene, versteckte und arglistig verschwiegene Mängel

  • Offene Mängel: Für bei der Besichtigung erkennbare Mängel trifft bei Anwendung der Klausel das Risiko den Käufer.
  • Versteckte Mängel: Sind Mängel vorhanden, die bei normaler Besichtigung nicht erkennbar sind, kann die Haftung dennoch eingeschränkt werden. Allerdings haftet der Verkäufer weiterhin für ihm bekannte Mängel, welche dem Käufer nicht offenbart wurden.
  • Arglistig verschwiegene Mängel: Eine „wie besehen“-Klausel schützt den Verkäufer nicht, wenn er wesentliche Mängel absichtlich verschwiegen hat (§ 444 BGB).

Gesetzliche Regelungen und Rechtsprechung

BGB-Regelungen

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält keine explizite Bestimmung zur „wie besehen“-Klausel, jedoch fließen ihre Rechtswirkungen in die Normen zur Sachmängelhaftung (§§ 434 ff. BGB) ein. Die Beschaffenheit der Sache richtet sich dabei maßgeblich nach der vertraglichen Vereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Relevante Rechtsprechung

Gerichte fordern, dass die Prüfungsmöglichkeit für den Käufer als Grundlage für die Wirksamkeit der Klausel gegeben sein muss. Zudem wurde von der Rechtsprechung klargestellt, dass die Vereinbarung „wie besehen“ die Haftung nur für solche Mängel ausschließt, die bei der Besichtigung erkennbar sind (BGH, Urteil vom 06.07.2007, V ZR 236/06).


Praktische Hinweise und Formulierungsempfehlungen

Vertragsgestaltung

Bei Verwendung einer „wie besehen“-Klausel empfiehlt sich eine präzise und transparente Formulierung im Vertragsdokument. Beide Parteien sollten den Gegenstand dokumentieren und ggf. fotografisch festhalten, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Notwendige Hinweise im Vertrag

Im Vertrag sollte ausdrücklich festgelegt werden, dass der Kaufgegenstand in dem aktuellen, besichtigten Zustand übernommen wird. Wichtige Eigenschaften oder bekannte Mängel, soweit sie dem Verkäufer bekannt sind, sollten explizit benannt werden.


Zusammenfassung

Die Klausel „wie besehen“ („wie besichtigt“) stellt eine wichtige Vereinbarung im Kaufrecht dar und hat weitreichende Auswirkungen auf die Sachmängelhaftung. Ihre Wirksamkeit hängt von einer tatsächlichen Besichtigung und der vollständigen Offenlegung bekannter Mängel ab. Im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs sind die Einschränkungen zu beachten, die das Gesetz zum Schutz des Käufers vorgibt. Die Verwendung dieser Klausel sollte stets im Lichte der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und der aktuellen Rechtsprechung erfolgen, um rechtssichere und faire Kaufverträge zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Folgen hat es, wenn eine Immobilie „wie besehen“ verkauft wird?

Wird eine Immobilie im Kaufvertrag unter der Klausel „wie besehen“ verkauft, bedeutet dies aus rechtlicher Sicht, dass der Käufer die Immobilie im Zustand übernimmt, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Besichtigung befand. Dies gilt insbesondere für sichtbare Mängel, die bei einer sorgfältigen Begehung hätten erkannt werden können. Für solche offensichtlichen Mängel haftet der Verkäufer grundsätzlich nicht mehr, sofern der Käufer sie entweder erkannt hat oder sie aufgrund grober Fahrlässigkeit hätte erkennen müssen. Die Klausel „wie besehen“ schließt jedoch die Haftung für arglistig verschwiegene oder versteckte Mängel nicht aus. Sollte ein solcher Mangel nach Abschluss des Kaufvertrags festgestellt werden, kann der Käufer unter Umständen dennoch Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen.

Sind beim Verkauf „wie besehen“ bestimmte Mängel automatisch von der Haftung ausgenommen?

Ja, bei einem „wie besehen“-Kauf sind alle zum Zeitpunkt der Besichtigung vorhandenen und erkennbaren Sachmängel in der Regel von der Gewährleistung ausgeschlossen. Der Käufer verzichtet mit Annahme dieser Klausel auf Ansprüche wegen sichtbarer Schäden. Allerdings befreit diese Regelung den Verkäufer nicht von der Obliegenheit, über bekannte versteckte Mängel aufzuklären oder arglistig verschwiegene Mängel zu offenbaren. Die Haftung für grob fahrlässig oder vorsätzlich verschwiegene Mängel bleibt stets bestehen.

Muss der Verkäufer beim Verkauf „wie besehen“ bestimmte Mängel offenbaren?

Rechtlich gesehen ist der Verkäufer verpflichtet, sogenannte versteckte oder ihm bekannte, jedoch nicht auf den ersten Blick erkennbare wesentliche Mängel, unaufgefordert offenzulegen. Tut er dies nicht, könnte ihm Arglist unterstellt werden, wodurch eine Haftungsbefreiung durch die „wie besehen“-Klausel ausgeschlossen wäre. Ist der Mangel hingegen für den Käufer bei einer normalen Besichtigung ohne spezielle Fachkenntnisse oder Werkzeuge ersichtlich, reicht die Klausel in der Regel aus, um die Haftung des Verkäufers zu beschränken.

Gilt beim Verkauf „wie besehen“ automatisch ein vollständiger Gewährleistungsausschluss?

Nein, ein vollständiger Gewährleistungsausschluss ist rechtlich allein durch die Formulierung „wie besehen“ nicht gegeben. Die Klausel bezieht sich nur auf den tatsächlichen Zustand der Immobilie zum Besichtigungszeitpunkt in Bezug auf erkennbare Mängel. Für versteckte Mängel, die verschwiegen wurden oder nicht erkennbar waren, und bei Arglist haftet der Verkäufer weiterhin. Ein vollständiger Ausschluss der Sachmängelhaftung muss separat und ausdrücklich im Kaufvertrag geregelt werden und ist in bestimmten Konstellationen, z.B. bei Verbrauchern, rechtlich eingeschränkt.

Wie wirkt sich eine nachträgliche Feststellung von Mängeln aus, die bei der Besichtigung nicht erkennbar waren?

Bei später entdeckten Mängeln, die für den Käufer bei der Besichtigung nicht erkennbar waren – sogenannte versteckte Mängel – greifen die Schutzvorschriften des Gewährleistungsrechts. Der Käufer kann bei solchen Mängeln Sachmängelansprüche (z.B. Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt oder Schadenersatz) geltend machen, sofern keine wirksame anderweitige Regelung im Vertrag festgelegt wurde und der Verkäufer die Mängel schuldhaft verschwiegen hat.

Ist die Formulierung „wie besehen“ im Kaufvertrag rechtlich verbindlich?

Die Klausel „wie besehen“ ist grundsätzlich rechtlich zulässig und im deutschsprachigen Vertragsrecht anerkannt. Dennoch richtet sich die Wirksamkeit im Einzelfall nach den Gesamtumständen, insbesondere wenn Verbraucher beteiligt sind, da hier gesetzliche Mindeststandards des Gewährleistungsrechts nicht völlig ausgeschlossen werden können. Die Formulierung muss klar und nachvollziehbar sein, damit sie rechtskräftig ist. Bei Unklarheiten wird diese im Zweifel zu Lasten des Verkäufers ausgelegt.

Kann der Käufer bei „wie besehen“ trotzdem Ansprüche wegen falscher Angaben des Verkäufers geltend machen?

Ja, unabhängig von einer „wie besehen“-Klausel stehen dem Käufer Schadensersatz- oder Rücktrittsrechte zu, wenn der Verkäufer falsche Zusicherungen gemacht oder ausdrücklich bestimmte Eigenschaften der Immobilie garantiert hat. Auch wenn der Zustand „wie besehen“ vereinbart wurde, haftet der Verkäufer weiterhin für Fehlinformationen, falsche Angaben im Exposé oder Vertragsdokumenten sowie für das arglistige Verschweigen von wesentlichen Tatsachen.