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Werkunternehmer


Werkunternehmer (Deutschland)

Der Werkunternehmer ist eine zentrale Figur im deutschen Zivilrecht und bezeichnet eine Person oder ein Unternehmen, das sich auf vertraglicher Grundlage dazu verpflichtet, ein bestimmtes Werk für einen Auftraggeber (Besteller) gegen Zahlung einer Vergütung herzustellen. Die rechtlichen Grundlagen finden sich insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), vor allem in den §§ 631 bis 650 BGB (Werkvertrag). Der Begriff Werkunternehmer ist dabei klar vom Begriff des Dienstverpflichteten (aus dem Dienstvertrag, §§ 611 ff. BGB) abzugrenzen.

Begriff und Abgrenzung

Der Werkunternehmer verpflichtet sich zur Herstellung eines „Werks“, also zu einem bestimmten Erfolg bzw. Ergebnis. Im Gegensatz dazu schuldet der Dienstverpflichtete lediglich ein Tätigwerden, nicht jedoch einen konkreten Erfolg. Typische Beispiele für einen Werkunternehmer sind Bauunternehmer, Handwerker, IT-Dienstleister (bei Individualsoftwareentwicklung) oder Übersetzer (bei Übersetzungsaufträgen mit Ergebnisverpflichtung).

Werkbegriff im Werkvertragsrecht

Ein Werk im rechtlichen Sinn kann körperlicher oder unkörperlicher Natur sein. Neben der Errichtung und Veränderung einer Sache zählt dazu auch die Erbringung eines anderen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolgs, beispielsweise die Erstellung eines Gutachtens.

Rechtliche Grundlagen

Vertragsabschluss und Vertragsparteien

Der Werkvertrag entsteht durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zwischen Werkunternehmer und Besteller. Vertragspartei des Werkunternehmens kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein. Der Vertrag ist grundsätzlich formfrei, es sei denn, das Gesetz schreibt im Einzelfall eine besondere Form (z.B. Schriftform im Verbrauchervertrag über Bauleistungen) vor.

Rechte und Pflichten des Werkunternehmers

Die Hauptpflicht des Werkunternehmers ist die Herstellung und Ablieferung des vereinbarten Werks (§ 631 Abs. 1 BGB). Das Werk muss mangelfrei und dem Stand der Technik sowie dem Vertrag entsprechen. Der Unternehmer ist zur sachgerechten und sorgfältigen Ausführung aller vereinbarten Arbeiten verpflichtet.

Zusätzliche Pflichten können sich aus Nebenabreden, gesetzlichen Vorgaben (beispielsweise den Regeln der BauO oder der VOB/B) oder handelsüblichen Standards ergeben. Bei der Erstellung von Bauwerken besteht etwa eine besondere Prüf-, Aufklärungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Besteller hinsichtlich erkennbarer Risiken oder von Abweichungen zu anerkannten Regeln.

Vergütungsanspruch und Fälligkeit

Der Werkunternehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Ist keine Vergütung bestimmt, gilt die übliche Vergütung als vereinbart (§ 632 BGB). Die Zahlung wird grundsätzlich erst mit Abnahme des Werkes fällig (§ 641 BGB), sofern nichts anderes vereinbart ist.

Abschlagszahlungen können vertraglich festgelegt werden, insbesondere bei größeren Projekten. Die Abnahme stellt einen wichtigen rechtlichen Meilenstein dar, da mit ihr die Gefahrtragung, der Vergütungsanspruch und die Verjährung beginnen.

Haftungsfragen

Mängelhaftung und Gewährleistung

Der Werkunternehmer haftet gegenüber dem Besteller für die Mängelfreiheit des Werkes. Weist das Werk bei Abnahme Mängel auf, stehen dem Besteller verschiedene Rechte zu (§§ 634 ff. BGB): Nacherfüllung (Nachbesserung oder Neuherstellung), Minderung, Rücktritt und Schadensersatz. Die Verjährungsfristen betragen grundsätzlich zwei Jahre ab Abnahme, bei Bauwerken fünf Jahre (§ 634a BGB).

Schadensersatz

Sind dem Besteller infolge von Pflichtverletzungen des Werkunternehmers Schäden entstanden, kann er Schadensersatz nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 280 ff. BGB) geltend machen. Voraussetzung ist ein Verschulden des Werkunternehmers, wobei dieser haftungsbeschränkende Klauseln nur in rechtlich zulässigem Umfang verwenden darf.

Besondere Vertragstypen und Sonderregelungen

Bauvertrag

Für den Bauwerksvertrag bestehen in den §§ 650a ff. BGB spezielle Regelungen. Der Bauunternehmer übernimmt demnach häufig weitergehende Pflichten wie etwa Sicherheitenstellung oder die Einhaltung von Bauzeiten. Im Verbrauchervertrag über Bauleistungen bestehen zusätzliche Informations- und Widerrufsrechte für den Besteller.

Verbraucherbauvertrag

Beim Verbraucherbauvertrag gelten verschärfte Schutzvorschriften für private Auftraggeber (Besteller), insbesondere Widerrufsrechte und Informationspflichten (§§ 650i ff. BGB).

VOB/B

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) ist im gewerblichen Bauwesen häufig Vertragsgrundlage und modifiziert das allgemeine Werkvertragsrecht zugunsten einer praxistauglichen Handhabung von Bauverträgen.

Pflichten im Rahmen der Vertragserfüllung

Der Werkunternehmer ist verpflichtet, das Werk mangelfrei und innerhalb der vereinbarten Frist zu erstellen. Bei Verzögerungen kann der Besteller Verzugsschäden geltend machen, sofern die Verzögerung vom Unternehmer zu vertreten ist. Zudem können Konventionalstrafen vertraglich vereinbart werden.

Im Falle der Ausführung durch Nachunternehmer bleibt der Werkunternehmer gegenüber dem Besteller verantwortlich, es sei denn, es ist etwas anderes vertraglich vereinbart.

Abnahme

Die Abnahme ist das zentrale Ereignis im Werkvertragsrecht. Sie bedeutet die Billigung des Werkes durch den Besteller und hat weitreichende Auswirkungen auf Fälligkeit, Gefahrübergang, Beweislast sowie Beginn der Verjährung.

Vertragsbeendigung und Rücktritt

Vor Vollendung des Werkes steht dem Besteller das Recht zum jederzeitigen Rücktritt vom Vertrag zu, wobei der Unternehmer grundsätzlich Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen hat (§ 648 BGB).

Steuer- und Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Werkunternehmer sind selbstständig tätig, weshalb sie eigenverantwortlich für die ordnungsgemäße Abführung von Steuern sowie die Anmeldung und Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen zuständig sind. Eine Scheinselbstständigkeit kann zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen führen.

Bedeutung in anderen Rechtsgebieten

Auch im öffentlichen Recht, insbesondere im Vergaberecht, spielt der Werkunternehmer bei der Erfüllung öffentlicher Aufträge eine zentrale Rolle. Im Insolvenzrecht bestehen Besonderheiten in Bezug auf die Aussonderungsrechte und die Verwertung noch nicht abgenommener Werke.


Literatur und Weblinks

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 631 ff.
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B)
  • Palandt, BGB-Kommentar, aktueller Stand
  • Gesetze im Internet – BGB

Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt keinen Ersatz für eine individuelle rechtliche Beratung dar.

Häufig gestellte Fragen

Wann haftet der Werkunternehmer für Mängel am Werk?

Der Werkunternehmer haftet im rechtlichen Kontext für Mängel am Werk nach den Vorschriften des Werkvertragsrechts (§§ 631 ff. BGB). Die Mängelhaftung beginnt grundsätzlich mit der Abnahme des Werks durch den Besteller. Ein Mangel liegt vor, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die nach dem Vertrag vorgesehene oder gewöhnliche Verwendung eignet. Maßgeblich ist der zum Zeitpunkt der Abnahme vereinbarte Leistungsumfang. Tritt ein Mangel auf, kann der Besteller Nacherfüllung verlangen, das heißt Beseitigung des Mangels oder Herstellung eines neuen Werks durch den Unternehmer (§ 635 BGB). Schlägt die Nacherfüllung fehl oder wird sie verweigert, stehen dem Besteller die weitergehenden Rechte wie Rücktritt vom Vertrag, Minderung der Vergütung oder Schadensersatz zu. Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beträgt in der Regel zwei Jahre ab Abnahme, bei Bauwerken fünf Jahre. Der Werkunternehmer haftet nicht, wenn der Mangel von ihm nicht zu vertreten ist (z.B. fehlerhafte Planung durch den Besteller oder dessen Anweisungen) oder wenn der Mangel auf Materialien beruht, die vom Besteller bereitgestellt wurden, sofern der Unternehmer seiner Prüf- und Hinweispflicht genügt hat.

In welchen Fällen kann der Werkunternehmer einen Vorschuss verlangen?

Der Werkunternehmer hat nach deutschem Recht normalerweise keinen generellen Anspruch auf einen Vorschuss, es sei denn, dies ist ausdrücklich vertraglich vereinbart. Eine Ausnahme besteht jedoch bei der Beseitigung von Mängeln: Fordert der Besteller Nacherfüllung, kann der Unternehmer gemäß § 637 Absatz 3 BGB einen angemessenen Vorschuss für die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Besteller die Mangelbeseitigung selbst durchführen will nachdem ihm eine angemessene Frist zur Nachbesserung erfolglos abgelaufen ist. Vertragsparteien können jedoch im Hauptvertrag individuelle Abschlags- oder Vorschusszahlungen vereinbaren, insbesondere bei umfangreicheren Werken, sodass der Unternehmer zur Deckung von Kosten und Aufwendungen finanziell abgesichert bleibt.

Unter welchen Bedingungen kann der Werkunternehmer die Ausführung des Werks verweigern?

Ein Werkunternehmer darf die Ausführung des Werks verweigern, wenn der Besteller seiner Vorleistungspflicht nicht nachkommt. Nach § 648a BGB (Bauhandwerkersicherung) kann der Unternehmer z.B. die Stellung einer Sicherheit für die Vergütung des Werklohns verlangen. Wird diese Sicherheit nicht binnen einer angemessenen Frist gestellt, ist er berechtigt, die Arbeiten einzustellen oder vom Vertrag zurückzutreten. Auch bei nicht vereinbarten, außergewöhnlichen Umständen, die ihm die Ausführung unzumutbar machen, kann eine Leistungsverweigerung nach Treu und Glauben infolge Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) möglich sein. Weiterhin kann der Unternehmer die Arbeit verweigern, wenn ihm erforderliche Mitwirkungsleistungen oder Vorleistungen des Bestellers fehlen, die zur Erbringung des Werkes notwendig sind.

Welche Rechte hat der Werkunternehmer bei Leistungsverzug des Bestellers?

Kommt der Besteller mit der Annahme des Werks oder mit erforderlichen Mitwirkungshandlungen in Verzug, stehen dem Werkunternehmer unterschiedliche Rechte nach §§ 293 ff., 643, 615 BGB zu. Er kann Ersatz der Mehraufwendungen sowie des entstandenen Schadens verlangen. Unterbleibt eine Mitwirkung trotz angemessener Fristsetzung, darf der Unternehmer den Vertrag kündigen und die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Auch Verzugszinsen auf fällige Werklohnforderungen kann der Unternehmer geltend machen. Im Extremfall ist ihm sogar der Rücktritt vom Vertrag möglich, falls die Durchführung dauerhaft unmöglich oder unzumutbar geworden ist.

Welche Pflichten zur Mitwirkung treffen den Werkunternehmer?

Zu den Pflichten des Werkunternehmers gehört es, die vertraglich vereinbarte Leistung sorgfältig, sachgerecht und nach den anerkannten Regeln der Technik auszuführen, sofern nicht ausdrücklich Abweichendes vereinbart wurde. Er ist verpflichtet, das Werk fristgerecht und im vereinbarten Umfang zu erbringen. Liegen im Rahmen der Ausführung Bedenken hinsichtlich der vom Besteller gelieferten Pläne, Vorleistungen oder Materialien vor, muss der Unternehmer den Besteller ausdrücklich und rechtzeitig darauf hinweisen (§ 4 Abs. 3 VOB/B; § 642 BGB analog). Versäumt er diese Hinweispflicht, haftet er für dadurch entstehende Schäden und Nachteile am Werk ganz oder teilweise. Nach Fertigstellung muss er das Werk zur Abnahme anbieten und eventuelle Dokumentationspflichten erfüllen.

Darf der Werkunternehmer zur Ausführung Subunternehmer einsetzen?

Ob der Werkunternehmer Subunternehmer beauftragen darf, hängt vom jeweiligen Werkvertrag ab. Ist im Vertrag keine ausdrückliche Regelung enthalten, kann der Unternehmer grundsätzlich nach eigenem Ermessen Subunternehmer einsetzen, sofern sich daraus für den Besteller keine Nachteile ergeben. Die Verantwortung für das Werk liegt jedoch weiterhin ausschließlich beim Hauptunternehmer; für Mängel haftet dieser also auch, wenn ein Subunternehmer tätig wurde. Vertragsklauseln, die den Einsatz von Subunternehmern untersagen oder an Bedingungen knüpfen (z.B. vorherige Zustimmung des Bestellers), sind rechtlich zulässig und vom Unternehmer zu beachten. Im Baugewerbe sind solche Vorgaben besonders häufig.

Welche Konsequenzen hat eine Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Besteller für den Werkunternehmer?

Kündigt der Besteller gem. § 648 BGB den Werkvertrag vor Fertigstellung, hat der Werkunternehmer Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitiger Verwendung seiner Arbeitskraft. Die Kündigung kann jederzeit ohne wichtigen Grund erfolgen, was für den Unternehmer regelmäßig zu Vergütungsausfällen oder Ersatzansprüchen führen kann. Über die bereits erbrachten Leistungen hinausgehende Aufwendungen oder nicht verbrauchte Baustoffe sind im Rahmen des Schadensausgleichs zu berücksichtigen. Der Unternehmer muss jedoch nachweisen, inwieweit er Aufwendungen erspart oder anderweitigen Erwerb erzielt hat. Wird der Vertrag aus wichtigem Grund gekündigt – etwa wegen schwerer Vertragsverstöße des Unternehmers – entfällt der Vergütungsanspruch hinsichtlich des noch nicht erbrachten Teils vollständig.