Begriff und rechtliche Einordnung der Wahlbeamten
Der Begriff Wahlbeamte bezeichnet Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber im öffentlichen Dienst, die ihr Beamtenverhältnis nicht durch Ernennung im Rahmen eines Auswahlverfahrens, sondern durch eine Wahl, zumeist durch ein Parlament oder ein kommunales Gremium, begründen. Wahlbeamte sind eine besondere gesetzlich definierte Personengruppe im deutschen öffentlichen Recht, die sich in ihrer Rechtsstellung und ihren Pflichten sowohl von ernannten Beamten als auch von anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes unterscheidet.
Historische Entwicklung des Wahlbeamtenwesens
Ursprünge
Die Einrichtung von Wahlbeamten ist historisch auf die demokratische Entwicklung der Verwaltung zurückzuführen und hat ihren Ursprung bereits im 19. Jahrhundert. Insbesondere die Gemeindeordnungen und später die Landratsverfassungen schufen erstmals die Möglichkeit, bestimmte Leitungsfunktionen in der Verwaltung durch Wahl zu besetzen.
Moderne Ausgestaltung
Die heutige Praxis und die rechtliche Ausgestaltung von Wahlbeamten findet sich in zahlreichen Gesetzen auf Bundes- und Landesebene sowie in Kommunalverfassungen. Der Status wurde im Zuge der Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung weiterentwickelt und fest etabliert.
Wahlbeamte im deutschen Recht
Rechtsgrundlagen
Die Rechtsstellung der Wahlbeamten wird im deutschen Recht durch verschiedene Normen bestimmt, darunter insbesondere:
- das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)
- das Bundesbeamtengesetz (BBG)
- die Landesbeamtengesetze (LBG)
- die jeweiligen Kommunalverfassungen und Wahlordnungen
Die spezifischen Regelungen finden sich jeweils für den Bund und für die einzelnen Bundesländer. Die Auswahl, Amtszeit und Abwahl von Wahlbeamten orientieren sich an den Grundsätzen demokratischer Legitimation und Kontrolle.
Begriffliche und rechtliche Definition
Wahlbeamte sind Beamte auf Zeit, die durch Wahl in ihr Amt gelangen (§ 4 BBG, entsprechende Vorschriften in den Länderbeamtengesetzen). Sie unterscheiden sich von auf Lebenszeit ernannten Beamten durch die befristete Amtszeit und das besondere Verfahren ihres Erwerbs und Verlustes der Beamteneigenschaft.
Typische Beispiele für Wahlbeamte sind:
- Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
- Landrätinnen und Landräte
- Beigeordnete in Kommunen
- Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister
Abgrenzung: Wahlbeamte, Ehrenbeamte und Beamte auf Lebenszeit
- Wahlbeamte werden explizit durch Wahlverfahren, meist durch ein Wahlgremium (wie Gemeinderat, Kreistag oder die Bürgerschaft), für eine definierte Zeit in das Beamtenverhältnis berufen.
- Ehrenbeamte nehmen in der Regel ein Ehrenamt wahr, das häufig ehrenamtlich und nicht hauptberuflich ist.
- Beamte auf Lebenszeit begründen ihr Beamtenverhältnis durch Ernennung nach erfolgreichen Auswahlverfahren und sind grundsätzlich unbefristet tätig, sofern keine disziplinarrechtlichen Gründe oder altersbedingte Gründe für ein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis vorliegen.
Wahl und Amtszeit von Wahlbeamten
Wahlverfahren
Das Wahlverfahren von Wahlbeamten richtet sich nach den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben. In Kommunen erfolgt die Wahl von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern beispielsweise unmittelbar durch die Bürgerinnen und Bürger (direkte Wahl), während Beigeordnete häufig vom Rat gewählt werden (indirekte Wahl).
Amtszeit
Die Amtszeit von Wahlbeamten ist gesetzlich befristet. Die Länge der Amtszeit variiert je nach Rechtsgebiet und Bundesland, beträgt jedoch häufig fünf, sechs oder acht Jahre. Nach Ablauf der Amtszeit ist eine Wiederwahl zulässig, sofern keine gesetzlichen Hindernisse bestehen.
Rechte und Pflichten der Wahlbeamten
Wahlbeamte haben, soweit nicht spezialgesetzlich abweichend geregelt, grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten wie andere Beamte. Dazu gehören:
- Amtsverschwiegenheit
- Treuepflicht
- Pflicht zur Neutralität
- Leistungs- und Wohlverhaltenspflicht
- Haftung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen
Besonderheiten bei der Besoldung und Versorgung
Wahlbeamte erhalten während ihrer Amtszeit eine Besoldung nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Besoldungstabellen. Endet das Dienstverhältnis regulär, besteht in der Regel ein Versorgungsanspruch; bei vorzeitiger Abwahl können Übergangsgelder oder Ruhegehälter gezahlt werden. Die Detailregelungen finden sich in den entsprechenden Versorgungs- und Übergangsregelungen der Beamtengesetze.
Beendigung des Beamtenverhältnisses
Ablauf der Amtszeit
Mit dem Ablauf der Amtszeit endet das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes, ohne dass es einer besonderen Beendigungsverfügung bedarf.
Abwahl oder Amtsenthebung
Eine vorzeitige Abberufung (Abwahl) ist unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen möglich, etwa durch einen Misstrauensvotum oder ein Bürgerbegehren. Die Rechtsfolgen, insbesondere Ansprüche auf Versorgung oder Übergangsgelder, richten sich nach den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben.
Rechtsschutz
Wahlbeamte können in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Wahl, Abwahl oder dienstlicher Maßnahmen die Verwaltungsgerichte anrufen. Entsprechende Rechtsmittel und Verfahren sind vorgesehen und unterliegen den Regularien der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Abgrenzung zu anderen Dienstverhältnissen
Wahlbeamte grenzen sich insbesondere von den folgenden Personengruppen ab:
- Politische Beamte: Diese können jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, werden jedoch nicht zwingend gewählt, sondern meist ernannt.
- Angestellte im öffentlichen Dienst: Diese begründen ihr Arbeitsverhältnis auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages und nicht im Rahmen des Beamtenrechts.
Bedeutung und Funktionen von Wahlbeamten
Wahlbeamte übernehmen Schlüsselfunktionen in der kommunalen und staatlichen Selbstverwaltung sowie in der damit verbundenen demokratischen Legitimation administrativer Leitungsfunktionen. Ihre besondere Stellung trägt dazu bei, Verwaltungsführung einerseits durch demokratische Wahl legitimiert und andererseits an das Berufsbeamtentum gebunden auszugestalten.
Gesetzliche Beispiele und Anwendungsfälle
- § 71 Bundesbeamtengesetz (BBG): Bestimmungen über Beamte auf Zeit
- Kommunalverfassungen und Hauptsatzungen der Städte und Gemeinden in den Bundesländern
- Landesbeamtengesetze der Länder: Detailregelungen für Amtsbezeichnungen, Wahlverfahren und Versorgung
Zusammenfassung
Wahlbeamte sind eine besondere Gruppe von Beamtinnen und Beamten, deren rechtliche Stellung sich durch die Begründung des Beamtenverhältnisses mittels Wahl und einer zeitlich befristeten Dienstzeit auszeichnet. Die verfassungsrechtliche Legitimation, spezifische Auswahl- und Beendigungsmechanismen sowie die besondere Regelung der Versorgung machen Wahlbeamte zu einem eigenständigen Element des öffentlichen Dienstrechts in Deutschland. Sie verkörpern das Zusammenspiel von demokratischer Legitimation und beamtenrechtlicher Kontinuität, das für die Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen prägend ist.
Häufig gestellte Fragen
Haben Wahlbeamte einen besonderen Kündigungsschutz?
Wahlbeamte genießen im Vergleich zu angestellten Beschäftigten im öffentlichen Dienst einen deutlich gestärkten Kündigungsschutz. Während des laufenden Beamtenverhältnisses auf Zeit oder auf Probe ist eine ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Die Beendigung des Dienstverhältnisses oder eine vorzeitige Abberufung sind lediglich nach den für Wahlbeamte vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen möglich, die sich insbesondere aus den Beamtengesetzen der Länder und den jeweils einschlägigen Kommunalverfassungen ergeben. Eine vorzeitige Beendigung setzt in der Regel schwerwiegende Pflichtverletzungen voraus und bedarf eines besonderen Beschlusses des zuständigen Gremiums, oftmals auch einer qualifizierten Mehrheit. Darüber hinaus sind auch disziplinarrechtliche Maßnahmen nach dem jeweiligen Disziplinarrecht möglich. Die (Wieder-)Wahlentscheidung am Ende der Amtszeit fällt ebenfalls nicht unter das Kündigungsschutzrecht, da insoweit kein Anspruch auf erneute Übertragung des Amts besteht.
Welche Regelungen gelten für die Bezüge und Versorgung von Wahlbeamten?
Die Besoldung der Wahlbeamten richtet sich – abhängig von Amt und Ebene (zum Beispiel Bürgermeister, Landrat, hauptamtlicher Beigeordneter) – nach den einschlägigen besoldungsrechtlichen Vorschriften, etwa dem Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) oder den jeweiligen Landesbesoldungsgesetzen. Die Amtsbezüge umfassen neben dem Grundgehalt häufig Amtszulagen sowie gegebenenfalls Familienzuschläge und weitere dienstrechtlich vorgesehene Vergütungsbestandteile. Nach Ausscheiden aus dem Amt haben Wahlbeamte, sofern sie eine bestimmte Mindestamtszeit erfüllt haben (z. B. fünf Jahre), häufig Ansprüche auf Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder, sofern ein Pensionsanspruch nicht besteht, auf Übergangsgeld oder Hinterbliebenenversorgung gemäß speziellen gesetzlichen Regelungen. Die Details variieren je nach Bundesland und Status sowie Anlass des Ausscheidens (z. B. Ablauf der Amtszeit oder Abwahl).
Unterliegen Wahlbeamte dem Beamtenrecht oder dem Arbeitsrecht?
Wahlbeamte stehen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, das einem Beamtenverhältnis entspricht, sich jedoch in einzelnen Punkten – insbesondere bezüglich Bestellung, Amtsdauer und Entlassungsgründen – fundamental vom Status eines „Regelbeamten“ unterscheidet. Für Wahlbeamte gelten grundsätzlich die beamtenrechtlichen Vorschriften, soweit nicht Spezialregelungen des jeweils einschlägigen Kommunalverfassungsrechts oder spezielle Wahlbeamtenregelungen existieren. Das Arbeitsrecht findet auf Wahlbeamte keine Anwendung; insbesondere genießen sie keine Tarifbindung oder arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzregelungen.
Welche besonderen Verfahrensvorschriften gelten für die Abwahl oder Abberufung?
Die Verfahren zur vorzeitigen Beendigung des Amts eines Wahlbeamten (Abwahl, Abberufung) orientieren sich strikt an den rechtlichen Vorgaben der jeweiligen Kommunalverfassungen (z. B. Gemeindeordnung, Landkreisordnung) sowie an Spezialgesetzen der Bundesländer. In der Regel ist für eine Abwahl ein förmlicher Beschluss des zuständigen Vertretungsorgans (z. B. Stadtrat, Kreistag) mit einer qualifizierten Mehrheit notwendig. In vielen Bundesländern gibt es zusätzlich die Möglichkeit eines Bürgerentscheids (Bürgerabwahl) oder eines Einwohnerantrags. Im Rahmen des Verfahrens ist dem betroffenen Wahlbeamten zwingend rechtliches Gehör zu gewähren. Die Entscheidung unterliegt im Weiteren der Verwaltungsgerichtsbarkeit, sodass der Wahlbeamte gerichtlichen Rechtsschutz gegen eine etwaige Abwahl oder Abberufung in Anspruch nehmen kann.
Sind Wahlbeamte während ihrer Amtszeit verpflichtet, ihre Amtsverschwiegenheit auch nach Amtsende zu wahren?
Wahlbeamte sind durch das Dienstrecht – insbesondere durch die Vorschriften über die Amtsverschwiegenheit – verpflichtet, auch nach Beendigung ihres Beamtenverhältnisses über dienstliche Angelegenheiten, die ihnen während ihrer Amtszeit bekannt wurden, Stillschweigen zu bewahren. Die Verschwiegenheitspflicht kann über das Dienstrecht hinaus auch strafrechtlich abgesichert sein (§ 353b StGB: Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht). Ausnahmen hiervon bestehen nur, soweit gesetzliche Bestimmungen die Offenbarung bestimmter Sachverhalte ausdrücklich zulassen oder der Dienstherr eine ausdrückliche Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht erteilt.
Welchen Anspruch auf Resturlaub und Abgeltung haben Wahlbeamte bei Amtsende?
Der Anspruch auf Erholungsurlaub für Wahlbeamte orientiert sich an den allgemeinen urlaubsrechtlichen Regelungen im Beamtenrecht. Grundsätzlich ist Urlaub während der Amtszeit in Anspruch zu nehmen. Bei Ausscheiden durch Ablauf der Amtszeit, durch Abwahl oder Tod wird nicht genommener Erholungsurlaub, anders als im Arbeitsrecht, nicht grundsätzlich abgegolten, sondern kann – je nach Spezifikum der landesrechtlichen Regelung – ganz oder teilweise verfallen. In mehreren Bundesländern existieren diesbezüglich jedoch Übergangs- oder Ermächtigungsregelungen, etwa im Falle einer kurzfristigen Amtsbeendigung wegen plötzlicher Abwahl oder einer Erkrankung. Die konkrete Anspruchslage richtet sich daher jeweils nach dem einschlägigen Landesrecht sowie den zugehörigen Verwaltungsausführungen.