Legal Lexikon

Wählbarkeit


Begriff und Bedeutung der Wählbarkeit

Als Wählbarkeit bezeichnet man im öffentlichen Recht die rechtliche Fähigkeit einer Person, zur Wahl in ein Amt oder Gremium aufgestellt werden zu können. Wählbarkeit ist ein wesentliches Element demokratischer Verfahren und grenzt sich vom aktiven Wahlrecht (Wahlberechtigung), also dem Recht, selbst wählen zu dürfen, ab. Die Wählbarkeit setzt in der Regel besondere Anforderungen an die betreffende Person voraus, die sich je nach Wahltyp, Amt, oder politischer Ebene unterscheiden können. Die gesetzlichen Regelungen zur Wählbarkeit sind sowohl im Grundgesetz als auch in unterschiedlichen Wahlgesetzen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene zu finden.

Rechtsgrundlagen der Wählbarkeit

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Die Grundsätze zur Wählbarkeit sind in Deutschland im Grundgesetz (GG) normiert. Artikel 38 Absatz 2 GG legt für Bundestagswahlen die Mindestvoraussetzungen fest: Wählbar ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat und Deutscher im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 GG ist. Für andere Wahlen, wie die zu Landesparlamenten oder Kommunalvertretungen, bestehen ähnliche oder abweichende Regelungen in den jeweiligen Verfassungen und Wahlgesetzen der Länder.

Bundestagswahlen

  • Mindestalter: 18 Jahre
  • Staatsangehörigkeit: Deutsche/r im Sinne des Grundgesetzes

Landtagswahlen

In den meisten Bundesländern muss die Kandidatin oder der Kandidat ebenfalls das 18. Lebensjahr vollendet haben und deutsche/r Staatsangehörige/r sein. In Einzelfällen kommen landesrechtliche Besonderheiten bezüglich des Mindestalters oder weiterer Voraussetzungen hinzu.

Kommunalwahlen

Die Anforderungen für die Wählbarkeit zu kommunalen Vertretungskörperschaften variieren zwischen den Bundesländern. In einigen Ländern besitzen auch UnionsbürgerInnen (BürgerInnen eines EU-Mitgliedstaates mit Wohnsitz in Deutschland) die Wählbarkeit zu bestimmten Ämtern.

Einfachgesetzliche Ausgestaltung

Die verschiedensten Wahlgesetze, z.B. das Bundeswahlgesetz (BWahlG), das Europawahlgesetz (EuWG) sowie die jeweiligen Landeswahlgesetze regeln detailliert die Voraussetzungen für die passive Wahlberechtigung, also die Wählbarkeit, und die damit verbundenen Ausschlussgründe.

Bundeswahlgesetz

Nach § 15 BWahlG ist wählbar, wer am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat und nicht nach § 13 BWahlG vom Wahlrecht ausgeschlossen ist.

Europawahlgesetz

Auch das EuWG legt entsprechende Regelungen zur Wählbarkeit für das Europäische Parlament fest. Besondere Beachtung finden hier Regelungen für wahlberechtigte EU-AusländerInnen mit Wohnsitz in Deutschland.

Voraussetzungen der Wählbarkeit

Persönliche Voraussetzungen

  • Vollendung eines Mindestalters: Für die meisten Wahlen ist die Vollendung eines bestimmten Lebensalters (häufig 18 Jahre) Grundvoraussetzung.
  • Staatsangehörigkeit: In der Regel ist die deutsche Staatsangehörigkeit oder – bei Europawahlen und manchen Kommunalwahlen – die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates erforderlich.
  • Wohnsitz: Besonders auf kommunaler Ebene kann ein Mindestaufenthalt oder gewöhnlicher Aufenthalt in der Gemeinde oder dem Wahlgebiet verlangt werden.

Ausschlussgründe

Ausschlussgründe von der Wählbarkeit werden gesetzlich bestimmt und verfolgen meist das Ziel, Integrität, Funktionsfähigkeit und Legitimität der demokratischen Vertretungsorgane sicherzustellen.

Verlust der Wählbarkeit

Zu den hauptsächlichen Gründen für den Ausschluss von der Wählbarkeit zählen unter anderem:

  • Richterliche Anordnung: Personen, die infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzen (z.B. nach § 45 StGB).
  • Betreuung in allen Angelegenheiten: Bei einer vollumfänglichen Betreuung (§ 1896 Abs. 1 und 2 BGB) ist der Ausschluss möglich.
  • Verletzung fundamentaler Rechtspositionen: Bei strafrechtlicher Verurteilung, die mit dem Verlust der Ehrenrechte verbunden ist.

Besonderheiten der Wählbarkeit

  • Wählbarkeit von Auslandsdeutschen: Bestimmte Vorschriften regeln, unter welchen Bedingungen Deutsche mit Wohnsitz im Ausland wählbar sind.
  • Doppelte Wählbarkeit und Mandatsunvereinbarkeit: In verschiedenen Wahlgesetzen ist geregelt, dass eine gleichzeitige Wählbarkeit oder Ausübung mehrerer Mandate ausgeschlossen sein kann (Inkompatibilitätsregelungen).

Sonderfragen der Wählbarkeit im europäischen Kontext

Kommunale Wahlen

Mit der EU-Bürgerschaft besitzen auch Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten in Deutschland ein Recht auf Wählbarkeit bei Kommunalwahlen (sog. Kommunales Wahlrecht der Unionsbürger), wenn sie über einen ausreichenden Aufenthalt in der jeweiligen Gemeinde verfügen.

Europawahlen

Bei Europawahlen profitieren Unionsbürger in allen Mitgliedstaaten vom aktiven und passiven Wahlrecht, was in Deutschland zu Anpassungen im Wahlrecht geführt hat. Damit kann etwa ein in Deutschland lebender Franzose auch für das Europäische Parlament kandidieren.

Verfahren zur Überprüfung und Feststellung der Wählbarkeit

Die Wählbarkeit wird im Nominierungsverfahren durch die Wahlleitung geprüft. Fragliche Fälle werden oft im Rahmen des Zulassungsprozesses von Wahlvorschlägen – u.a. durch Überprüfung von Unterlagen und Bescheinigungen – entschieden. Gegen die Zurückweisung eines Wahlvorschlags wegen angeblich fehlender Wählbarkeit kann ein Rechtsbehelf eingelegt werden, etwa der Wahleinspruch nach Wahldurchführung.

Wahlanfechtung

Kommt es nach der Wahl zu begründeten Zweifeln an der Wählbarkeit einer gewählten Person, kann das Wahlergebnis durch Wahlanfechtung überprüft werden. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass eine Person nicht wählbar war, ist unter bestimmten Umständen der Verlust des Mandates möglich.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

  • Aktives Wahlrecht (Wahlberechtigung): Recht, zu wählen.
  • Passives Wahlrecht (Wählbarkeit): Recht, gewählt zu werden.
  • Mandatsfiktion: Annahme der Gültigkeit eines Mandats bis zur endgültigen Klärung.

Bedeutung der Wählbarkeit für die demokratische Ordnung

Die Festlegung der Wählbarkeitsvoraussetzungen dient dem Schutz des demokratischen Systems. Sie stellt sicher, dass nur Personen mit ausreichender Bindung zum Wahlgebiet oder zum Staat sowie ohne erhebliche rechtliche Ausschlussgründe zur Ausübung öffentlicher Mandate zugelassen werden.

Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Bundeszentrale für politische Bildung: Wahlrecht und Wählbarkeit in Deutschland
  • Bundeswahlgesetz (BWahlG)
  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)
  • Europawahlgesetz (EuWG)
  • einschlägige Landeswahlgesetze und Kommunalwahlordnungen

Hinweis: Die Regelungen zur Wählbarkeit können Änderungen unterliegen und sind stets in Zusammenhang mit den jeweils aktuell geltenden Gesetzen und Bestimmungen zu betrachten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um in Deutschland wählbar zu sein?

Um in Deutschland wählbar zu sein, also selbst bei einer Wahl als Kandidat oder Kandidatin antreten zu dürfen, müssen je nach Wahlart verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich ist für die Wählbarkeit zu unterscheiden zwischen aktiver und passiver Wahlberechtigung, wobei die Wählbarkeit die passive Wahlberechtigung betrifft. Für Bundestagswahlen schreibt § 15 des Bundeswahlgesetzes (BWahlG) unter anderem vor, dass die betreffende Person Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist und am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat. Zusätzlich dürfen keine Gründe für einen Ausschluss vom Wahlrecht nach § 13 BWahlG vorliegen, etwa durch eine gerichtliche Aberkennung der Wählbarkeit infolge schwerer Straftaten. Auch bei Landtags-, Kommunal- oder Europawahlen existieren teils gesonderte Regelungen, etwa bezüglich des Mindestalters oder der Staatsangehörigkeit (bei Europawahlen etwa auch Unionsbürger). Ebenfalls müssen Kandidierende oft seit einer bestimmten Zeit ihren Wohnsitz im jeweiligen Wahlgebiet haben, wobei genaue Fristen abhängig von den jeweiligen Wahlgesetzen der Länder sind.

Können bestimmte Personengruppen von der Wählbarkeit ausgeschlossen werden?

Ja, das deutsche Recht sieht explizite Ausschlussgründe von der Wählbarkeit vor. Diese Ausschlussgründe sind abschließend in den jeweiligen Wahlgesetzen definiert. Der wichtigste Ausschlussgrund ist der Verlust der Wählbarkeit infolge einer strafgerichtlichen Entscheidung, insbesondere wenn ein Gericht im Rahmen einer Verurteilung gemäß § 45 StGB die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennt. Dies kann bei schweren Straftaten der Fall sein. Auch Personen, die unter bestimmten Formen der Betreuung stehen, insbesondere umfassende Betreuung in allen Angelegenheiten nach § 1896 BGB oder denen aufgrund psychischer Krankheit oder Behinderung der Aufenthalt in einer Anstalt angeordnet wurde, können nach den Wahlgesetzen (z.B. § 13 BWahlG) ausgeschlossen sein. Die gesetzlichen Regelungen wurden jedoch durch das Bundesverfassungsgericht mehrfach überprüft und für den Personenkreis der umfassend betreuten Personen teilweise aufgehoben. Mit der Reform 2019 ist dieser Personenkreis für Bundestags- und Europawahlen nicht mehr von der Wählbarkeit ausgeschlossen.

Wie unterscheiden sich die rechtlichen Anforderungen zur Wählbarkeit bei verschiedenen Wahlen?

Die Anforderungen an die Wählbarkeit unterscheiden sich zwischen den Wahlen zum Bundestag, den Landtagen, den Kommunalvertretungen und dem Europäischen Parlament. Während für Bundestagswahlen das Mindestalter 18 Jahre beträgt und ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit Voraussetzung ist, können bei Landtagswahlen abhängig vom jeweiligen Landeswahlgesetz auch unterschiedliche Altersgrenzen (z.B. 18 oder 21 Jahre) oder abweichende Anforderungen an den Wohnsitz bestehen. Bei Kommunalwahlen sind vielfach auch EU-Bürger wählbar, sofern sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Wahlgebiet haben. Für das Europäische Parlament sind neben deutschen Staatsangehörigen auch andere Unionsbürger wählbar, sofern sie seit mindestens drei Monaten in Deutschland leben. Die konkreten Anforderungen sind jeweils in den relevanten Wahlgesetzen geregelt und können im Detail divergieren (z.B. Wahlrechtsausschlüsse, Mindestsitze für Parteien/Listen, etc.).

Kann die Wählbarkeit im Verlauf eines Wahlverfahrens nachträglich entfallen?

Die Wählbarkeit kann im Einzelfall auch nach Aufstellung als Kandidat und sogar noch während des Wahlverfahrens, jedoch vor Feststellung des Wahlergebnisses, entfallen. Entfällt die Wählbarkeit – etwa durch Aberkennung der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, durch strafgerichtliches Urteil nach Kandidatenaufstellung -, so führt dies in der Regel zur Streichung des Kandidaten von der Wahlliste. Dies kann beispielsweise geschehen, wenn nach Einreichung der Wahlvorschläge eine Verurteilung bekannt wird, die eine Aberkennung der Wählbarkeit nach sich zieht. Die Wahlgesetze regeln das genaue Prozedere, wie solche Änderungen zu handhaben sind (etwa Nachrücken der nächsten Person bei Listenwahlvorschlägen).

Wie wird die Wählbarkeit im Prüfungsvorgang einer Wahl festgestellt?

Die Prüfung der Wählbarkeit erfolgt formal durch die zuständigen Wahlorgane, meist im Zuge der Zulassung der Wahlvorschläge durch den jeweiligen Wahlausschuss. Die erforderlichen Angaben zur Person, wie Alter, Staatsangehörigkeit und gegebenenfalls Wohnsitz, werden anhand der eingereichten Unterlagen (beispielsweise Meldebescheinigung, beglaubigte Kopien von Ausweisdokumenten) geprüft. Hinzu kommen Abfragen zu etwaigen Ausschlussgründen, etwa durch Einholung behördlicher Auskünfte oder Erklärung an Eides statt. Stellt der Wahlausschuss fest, dass die Wählbarkeit nicht gegeben ist, kann der Wahlvorschlag abgewiesen werden. Es existieren Rechtsmittel gegen eine Ablehnung der Zulassung.

Welche rechtlichen Folgen hat es, wenn eine Person ohne Wählbarkeit gewählt wird?

Wird eine Person gewählt, die zum Zeitpunkt der Wahl die rechtlichen Anforderungen der Wählbarkeit nicht erfüllt hat, steht dies meist der Gültigkeit der Wahl dieser Person entgegen. Die Wahl selbst bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt, das Mandat fällt dann dem/der nachfolgenden Kandidaten/Kandidatin auf der entsprechenden Liste an, beziehungsweise muss eine Nachwahl oder Ersatzwahl durchgeführt werden. Auch Anfechtungen des Wahlergebnisses durch Wahlprüfungsbeschwerden sind möglich, wenn bekannt wird, dass ein Gewählter die Wählbarkeit nicht innehatte.

Gibt es Unterschiede in Bezug auf die Wählbarkeit für Parteimitglieder und Parteilose?

Rein rechtlich besteht hinsichtlich der Wählbarkeit kein Unterschied zwischen Parteimitgliedern und Parteilosen. Beide Gruppen müssen dieselben gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, wie Alter, Staatsangehörigkeit und eventuelle Wohnsitzanforderungen. Allerdings können Parteien bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen grundsätzlich eigene parteiinterne Voraussetzungen definieren, wen sie nominieren; das beeinflusst jedoch lediglich die parteiinterne Auswahl, nicht aber die rechtliche Wählbarkeit an sich. Bei der Einreichung von Einzelwahlvorschlägen (z.B. parteilose Direktkandidaten) müssen entsprechend die gesetzlichen Anforderungen für Unterstützungsunterschriften beachtet werden, die je nach Wahlart variieren.