Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Volontärverhältnis

Volontärverhältnis


Volontärverhältnis – Rechtliche Grundlagen, Merkmale und Abgrenzung

Das Volontärverhältnis bezeichnet ein besonderes Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis, das vor allem im Bereich der Medien, Verlage, Museen, Kultureinrichtungen sowie teilweise in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst verbreitet ist. Es dient der systematischen Vermittlung praktischer und theoretischer Kenntnisse für eine bestimmte Berufsqualifikation, etwa für Redakteurinnen und Redakteure oder Museumspädagoginnen und -pädagogen. Im deutschen Recht ist das Volontärverhältnis kein eigenständiger gesetzlicher Vertragstyp, sondern weist Merkmale sowohl eines Arbeitsverhältnisses als auch einer beruflichen Ausbildung auf.

Definition und Rechtsnatur des Volontärverhältnisses

Das Volontärverhältnis wird in der Regel durch einen schriftlichen Vertrag zwischen einer Organisation und der oder dem Volontär/in begründet. Wesentliches Merkmal ist die Ausbildungsförderung im beruflichen Kontext, ohne dass eine formelle Ausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vorliegt. Das Verhältnis ist rechtsdogmatisch als ein Ausbildungsverhältnis besonderer Art zu klassifizieren, das an die Regelungen des Arbeitsrechts sowie – teilweise analog – an die Vorschriften des BBiG angelehnt ist.

Typische Vertragsinhalte

Ein Volontärvertrag sollte folgende Bestandteile regeln:

  • Beginn und Ende des Volontariats
  • Ausbildungs- und Tätigkeitsbereich
  • Ausbildungsziele und Ausbildungsplan
  • Arbeitszeit und Vergütung
  • Urlaubstage
  • Probezeit und Kündigungsfristen
  • Zeugnisanspruch

Rechtliche Rahmenbedingungen des Volontärverhältnisses

Arbeitsrechtliche Einstufung

Das Volontärverhältnis weist zahlreiche arbeitsrechtliche Komponenten auf, da Volontärinnen und Volontäre weisungsgebunden tätig sind, in die Arbeitsorganisation eingebunden werden und Arbeitsleistungen erbringen. Somit gelten grundsätzlich arbeitsrechtliche Schutzvorschriften, darunter das Kündigungsschutzgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Bundesurlaubsgesetz sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Abgrenzung zu anderen Beschäftigungsformen

Abgrenzung zur Berufsausbildung

Im Gegensatz zum Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz handelt es sich beim Volontärverhältnis nicht um eine nach BBiG anerkannte Berufsausbildung. Es steht vielmehr die praktische Vorbereitung auf eine spätere Berufsausübung im Vordergrund, häufig als Voraussetzung für bestimmte Tätigkeiten (z. B. Redakteur/in). Ein formaler Abschluss wie bei einer Ausbildung oder einem Studium ist nicht erforderlich.

Abgrenzung zum Praktikum

Ein Praktikum ist in der Regel auf kürzere Zeiträume angelegt und orientiert sich weniger strukturiert an einem Ausbildungsplan. Das Volontärverhältnis ist hingegen meist auf zwölf bis 24 Monate angelegt und unterliegt einem klar definierten Ausbildungsrahmen.

Abgrenzung zum regulären Arbeitsverhältnis

Obwohl Volontärverhältnisse die Erbringung von Arbeitsleistungen umfassen, stehen Ausbildungszwecke im Zentrum. Eine überwiegende Arbeitsleistung ohne gezielten Ausbildungscharakter würde auf ein normales Arbeitsverhältnis hindeuten.

Vergütung, Sozialversicherung und Mitbestimmung

Vergütungsregelung

Die Vergütung während eines Volontariats ist üblicherweise geringer als das Gehalt fest angestellter Mitarbeitender, sollte aber die Lebenshaltungskosten abdecken. Rechtlich ist die Höhe der Vergütung nicht gesetzlich festgelegt. Zahlreiche Branchenrichtwerte und Tarifverträge, z. B. der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und der Deutsche Presserat, empfehlen die Einhaltung branchenüblicher Mindestsätze.

Sozialversicherungsrechtliche Einordnung

Volontärinnen und Volontäre unterliegen während des Volontariats der vollen Sozialversicherungspflicht. Für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung gelten die allgemeinen Vorschriften für Beschäftigungsverhältnisse.

Mitbestimmung und Arbeitnehmervertretung

Da Volontärinnen und Volontäre als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten, sind sie wahlberechtigt und wählbar für die betriebliche Interessenvertretung und unterliegen dem Schutz durch den Betriebsrat.

Dauer, Beendigung und Kündigung des Volontärverhältnisses

Übliche Dauer

Ein Volontariat ist in den meisten Fällen befristet und dauert zwischen 12 und 24 Monaten, je nach Branche und jeweiligen Ausbildungsrichtlinien.

Beendigungsmöglichkeiten

Das Volontärverhältnis kann

  • durch time-out, also nach Zeitablauf automatisch,
  • durch ordentliche Kündigung unter Einhaltung vertraglich vereinbarter Fristen,
  • oder in gravierenden Fällen fristlos aus wichtigem Grund beendet werden.

Während einer vereinbarten Probezeit kann die Kündigung ohne Angabe von Gründen mit verkürzter Frist erfolgen.

Anspruch auf Zeugnis

Ab Beendigung des Volontärverhältnisses besteht ein Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses, das Ausbildungsinhalte, Dauer und erworbene Qualifikationen dokumentiert.

Branchenspezifische Ausprägungen und Besonderheiten

Volontariat im Journalismus und in Medienberufen

In Medienunternehmen ist das Volontärverhältnis eine gängige Eintrittsstufe auf dem Weg zur Redakteurstätigkeit. Der Deutsche Presserat sowie der Deutsche Journalisten-Verband haben Mindeststandards und Ausbildungsinhalte für Medienvolontariate definiert, um Missbrauch als reguläres Arbeitsverhältnis zu verhindern.

Volontariat in Museen und Kultureinrichtungen

Im musealen Bereich ist das wissenschaftliche Volontariat verbreitet. Es setzt in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraus und umfasst die Vermittlung kuratorischer und organisatorischer Fachkenntnisse.

Rechtliche Risiken bei missbräuchlicher Verwendung

Arbeitgeber/innen dürfen ein Volontärverhältnis nicht als Ersatz für reguläre Arbeitsstellen verwenden. Ein fehlender Ausbildungsplan oder überwiegende Arbeitsverwertung kann zur Umdeutung in ein normales Arbeitsverhältnis führen, was etwaige Nachforderungen von Gehalt und Sozialversicherungsbeiträgen nach sich ziehen kann.

Zusammenfassung

Das Volontärverhältnis ist ein arbeitsähnliches Ausbildungsverhältnis mit besonderen rechtlichen und tatsächlichen Merkmalen. Für Arbeitgebende und Volontärinnen bzw. Volontäre ist die klare vertragliche und organisatorische Trennung zu Praktikum, Ausbildung und regulärer Beschäftigung von zentraler Bedeutung, um Rechtssicherheit zu wahren und den Ausbildungscharakter zu gewährleisten.


Weiterführende Themen:

Häufig gestellte Fragen

Welche arbeitsrechtlichen Regelungen gelten für das Volontärverhältnis?

Das Volontärverhältnis ist im deutschen Recht nicht explizit geregelt, sondern wird arbeitsrechtlich häufig als ein besonderes Ausbildungsverhältnis betrachtet, das sich an den Regelungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), teilweise auch an den Vorgaben für Arbeitsverhältnisse (wie nach dem Kündigungsschutzgesetz und dem Nachweisgesetz) orientiert. In der Praxis finden sich aber auch in tariflichen Regelungen (z.B. im Journalismus, bei Verlagen oder Rundfunkanstalten) spezielle Vorschriften für Volontäre, insbesondere hinsichtlich der Dauer, Ausbildungsinhalte, Arbeitszeiten und Vergütung. Arbeitsrechtlich gelten die grundlegenden Schutzvorschriften, wie das Arbeitszeitgesetz, das Bundesurlaubsgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Volontäre haben – abhängig vom jeweiligen Vertrag – Anspruch auf Urlaub und Einhaltung von Arbeitszeiten; Kündigungsfristen und Probezeit können sich nach den jeweiligen Tarifverträgen oder Einzelverträgen richten. Der rechtliche Status schwankt je nach Ausgestaltung zwischen Arbeitnehmer (bei überwiegendem Arbeitscharakter) und Auszubildendem (bei klarer Ausbildungsstruktur). In Zweifelsfällen entscheidet die Rechtsprechung regelmäßig anhand des tatsächlichen Vertragsinhalts und der praktischen Ausgestaltung des Verhältnisses.

Haben Volontäre Anspruch auf Mindestlohn?

Die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns an Volontäre hängt von der Einordnung des Volontariats ab. Handelt es sich um ein „echtes“ Volontariat, welches dem Zweck der Ausbildung und Qualifizierung gemäß § 22 MiLoG (Mindestlohngesetz) dient und nach Berufsbildungsgesetz oder vergleichbaren tariflichen Regelungen ausgestaltet ist, besteht in der Regel keine Mindestlohnpflicht, sofern es sich um eine überwiegend ausbildungsbezogene Tätigkeit handelt. Ist das Volontariat jedoch in wesentlichen Teilen mit regulärer Erwerbstätigkeit gleichzusetzen und fehlt ein ausgeprägter Ausbildungscharakter, ist der Arbeitgeber zur Zahlung mindestens des gesetzlichen Mindestlohns verpflichtet. Maßgeblich für die rechtliche Einordnung sind der Ausbildungsplan, Grad der Anleitung und das Verhältnis von Ausbildungs- und Arbeitszeit. Praktika im Rahmen eines Studiums oder einer vorgeschriebenen Ausbildung sind ebenfalls vom Mindestlohn ausgenommen. Bei unklarer Abgrenzung entscheiden Gerichte im Einzelfall.

Wie erfolgt die sozialversicherungsrechtliche Einordnung von Volontären?

Volontäre gelten in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht überwiegend als beschäftigte Arbeitnehmer, sofern keine atypischen Umstände vorliegen (z.B. rein ehrenamtliche Tätigkeit ohne Vergütung). Das heißt, sie sind in der Regel in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. Die Beiträge werden – wie bei normalen Beschäftigungsverhältnissen – anteilig vom Arbeitgeber und vom Volontär getragen. Bei geringfügiger Beschäftigung (Mini-Job) gelten die dortigen Ausnahmen und Besonderheiten. Ist das Volontariat Teil einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung, können auch abweichende Regelungen greifen, etwa im Hinblick auf die studentische Krankenversicherung. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine Statusklärung durch die Deutsche Rentenversicherung.

Unterliegt das Volontärverhältnis der gesetzlichen Unfallversicherung?

Ja, Volontäre unterliegen grundsätzlich der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, sofern ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Dies bedeutet, dass sie wie reguläre Arbeitnehmer bei Arbeitsunfällen sowie bei Wegeunfällen (d.h. auf dem direkten Weg zur und von der Ausbildungsstätte) abgesichert sind. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Volontariat bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anzumelden. Die Beiträge zur Unfallversicherung werden vom Arbeitgeber getragen. Für den Anspruch reicht eine formale Einbindung in die betriebliche Organisation aus, unabhängig davon, ob es sich um ein „Ausbildungsvolontariat“ oder ein „Arbeitsvolontariat“ handelt.

Welche Kündigungsschutzregelungen greifen bei Volontären?

Für Volontäre gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), sofern das Volontärverhältnis als Arbeitsverhältnis im Sinne des Gesetzes eingestuft ist und der Betrieb mehr als zehn Beschäftigte hat sowie das Volontariat länger als sechs Monate besteht. Bei befristeten Volontariaten, wie sie oft üblich sind, ist eine ordentliche Kündigung in der Regel ausgeschlossen, außer im Arbeits- oder Tarifvertrag ist eine entsprechende Möglichkeit explizit vereinbart. Teilweise sind auch gesonderte Probezeiten mit abweichenden Kündigungsfristen vorgesehen, deren Dauer und Fristgestaltung in einschlägigen Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen niedergelegt sind. Für außerordentliche Kündigungen aus wichtigem Grund gelten die allgemeinen Regelungen des § 626 BGB. Besonderer Kündigungsschutz kann außerdem für bestimmte Personengruppen (z.B. Schwangere, Schwerbehinderte) greifen.

Erhalten Volontäre ein qualifiziertes Zeugnis nach Beendigung des Verhältnisses?

Ja, nach § 630 BGB sowie nach § 109 GewO (Gewerbeordnung) haben Volontäre – wie andere Beschäftigte – einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis, das sowohl Angaben über die Art und Dauer des Volontariats als auch zur Leistung und Führung im Betrieb enthält. Das Zeugnis muss wohlwollend und wahrheitsgemäß formuliert sein. Bei Streit über den Zeugnisinhalt besteht die Möglichkeit, den Zeugnisanspruch gerichtlich durchzusetzen. Der Umfang richtet sich nach dem Grad des Arbeitsverhältnisses; bei Ausbildungscharakter ist auch auf die vermittelten Kenntnisse und Tätigkeiten detailliert einzugehen.

Welche Mitbestimmungsrechte bestehen für Volontäre im Betrieb?

Volontäre sind, sobald sie in einem Arbeitsverhältnis stehen, in der Regel den Arbeitnehmern im Sinne der Betriebsverfassung zuzuzählen. Der Betriebsrat besitzt daher in Personalangelegenheiten, wie Einstellung, Versetzung und Kündigung, Mitbestimmungs- bzw. Mitwirkungsrechte gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Zusätzlich stehen Volontären die im Betrieb geltenden Rechte auf Teilhabe, etwa bei der Wahl des Betriebsrates, zu, wenn die Voraussetzungen des § 7 BetrVG (drei Monate Betriebszugehörigkeit) erfüllt sind. Auch bei betrieblichen Regelungen wie Arbeitszeit, Urlaubsregelungen oder Entlohnungsgrundsätzen findet der kollektive Schutz durch den Betriebsrat Anwendung.