Vertrag zu Lasten Dritter: Bedeutung und Grundprinzip
Ein Vertrag zu Lasten Dritter liegt vor, wenn zwei Personen in einem Vertrag vereinbaren, dass eine dritte, nicht beteiligte Person eine Pflicht übernehmen oder einen Nachteil hinnehmen soll, ohne dem zugestimmt zu haben. Das Grundprinzip lautet: Verträge wirken grundsätzlich nur zwischen den Personen, die sie schließen. Niemand soll durch einen Vertrag verpflichtet werden, an dem er nicht beteiligt ist.
Kernaussage: Keine fremde Verpflichtung ohne Zustimmung
Wesenskern ist die Privatautonomie: Wer nicht mitverhandelt oder zugestimmt hat, darf durch einen fremden Vertrag nicht mit Pflichten belastet werden. Ein solcher Versuch, Dritte zu verpflichten, ist dem Dritten gegenüber unwirksam.
Abgrenzung: „Zulasten“ gegenüber „zugunsten“ Dritter
Von einem unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter zu unterscheiden sind Konstellationen, in denen ein Dritter Rechte erhält (zum Beispiel das Recht, eine Leistung zu verlangen). Rechte zugunsten Dritter sind möglich und üblich; Pflichten zulasten Dritter ohne deren Zustimmung hingegen nicht.
Zulässige und unzulässige Konstellationen
Unzulässig: Unmittelbare Begründung einer Schuld des Dritten
Unzulässig ist, wenn der Vertrag zwischen zwei Personen vorsieht, dass ein Dritter zahlen, liefern, dulden oder eine sonstige Pflicht übernehmen muss. Ebenfalls unzulässig ist, vertraglich zu bestimmen, dass ein Dritter ein bestehendes Recht verliert oder dass seine Haftung ohne sein Zutun erweitert wird.
Zulässig: Reflexwirkungen und Innenverpflichtungen
Zulässig sind vertragliche Abreden, die nur die Vertragsparteien binden, auch wenn sie mittelbare, tatsächliche Auswirkungen auf Dritte haben (Reflexwirkungen). Erlaubt ist auch, dass eine Partei sich gegenüber der anderen verpflichtet, auf den Dritten einzuwirken oder dessen Mitwirkung zu organisieren. Der Dritte wird dadurch jedoch nicht selbst verpflichtet.
Sonderfälle: Schuldübernahme, Vertragsübernahme, Schuldbeitritt
Pflichten eines Dritten können entstehen, wenn der Dritte selbst zustimmt oder beitritt. Dazu zählen insbesondere die Übernahme einer Schuld, der Eintritt in einen bestehenden Vertrag oder ein zusätzlicher Schuldbeitritt. Ohne die Zustimmung der betroffenen Person kann eine solche Belastung nicht wirksam begründet werden.
Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln
Unwirksamkeit gegenüber dem Dritten
Eine Klausel, die Pflichten für einen unbeteiligten Dritten begründen soll, entfaltet dem Dritten gegenüber keine Wirkung. Der Dritte muss daraus nichts leisten und erleidet keine rechtliche Einbuße allein aufgrund des fremden Vertrags.
Teilwirksamkeit und Vertragsauslegung zwischen den Parteien
Häufig bleibt der übrige Vertrag zwischen den Parteien gültig, nur die unzulässige Klausel ist unwirksam. Je nach Inhalt kann die Abrede zwischen den Parteien dahin verstanden werden, dass nur sie selbst Pflichten treffen, etwa die Pflicht, auf die Zustimmung des Dritten hinzuwirken oder gegebenenfalls für Nachteile einzustehen. Der genaue Inhalt ergibt sich aus der Auslegung des Vertrags.
Auswirkungen in vorformulierten Vertragsbedingungen
In vorformulierten Vertragsbedingungen sind Abwälzungen zulasten unbeteiligter Dritter besonders kritisch. Klauseln, die Dritte verpflichten oder ihnen Rechte entziehen sollen, sind regelmäßig ohne deren Zustimmung unwirksam. Dies kann zur Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen führen, ohne den gesamten Vertrag zu Fall zu bringen.
Verhältnis zu verwandten Rechtsfiguren
Vertrag zugunsten Dritter
Ein Vertrag zugunsten Dritter verleiht einem Dritten ein Recht, zum Beispiel auf Leistung. Er ist zulässig, weil er dem Dritten Vorteile verschafft. Er begründet ohne Zustimmung des Dritten keine Belastung, sondern eine Option, die der Dritte ausüben kann.
Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Hier wird der Schutzbereich eines Vertrags auf bestimmte Dritte erweitert. Dies verschafft Dritten Schutz und gegebenenfalls Ansprüche, auferlegt ihnen aber keine Pflichten. Ein solcher Schutzvertrag ist daher nicht „zulasten“ des Dritten.
Abtretung und Forderungsübergang
Die Übertragung von Rechten oder Forderungen zwischen den Vertragsparteien ist grundsätzlich zulässig, soweit die rechtlichen Voraussetzungen eingehalten sind. Dadurch wird der Dritte nicht neu belastet; er behält seine Position, soweit seine Mitwirkung oder Zustimmung nicht erforderlich ist. Eine direkte Pflichtbegründung gegen den Willen des Dritten findet nicht statt.
Praxisbeispiele und typische Fehlerbilder
Typische Konstellationen
Unwirksam zulasten Dritter ist insbesondere:
- Wenn zwei Personen vereinbaren, dass ein Dritter eine Zahlung übernehmen soll.
 - Wenn in einem Vertrag festgelegt wird, dass ein Dritter eine Sache herausgeben oder eine Leistung erbringen muss.
 - Wenn eine Partei verspricht, die Verpflichtung eines Dritten „herzustellen“, ohne dessen Zustimmung; der Dritte bleibt ungebunden.
 - Wenn der Haftungsumfang eines Dritten vertraglich erweitert werden soll, ohne dass dieser beteiligt ist.
 
Zulässig sind hingegen Abreden, in denen die Parteien sich untereinander verpflichten, bestimmte Ergebnisse herbeizuführen, etwa den Versuch, die Zustimmung eines Dritten zu erlangen. Der Dritte selbst wird dadurch nicht zum Schuldner.
Einwilligung und Genehmigung des Dritten
Form und Zeitpunkt der Zustimmung
Ein Dritter kann eine ihn betreffende Belastung wirksam machen, indem er ausdrücklich zustimmt oder sich dem Vertrag anschließt. Die Zustimmung kann grundsätzlich im Voraus (Einwilligung) oder nachträglich (Genehmigung) erfolgen. Ohne eine solche Zustimmung bleibt eine auf den Dritten zielende Belastung ihm gegenüber wirkungslos.
Internationale Bezüge
Das Grundprinzip, dass Verträge grundsätzlich nur zwischen den Beteiligten wirken, ist in vielen Rechtsordnungen anerkannt. Abweichungen im Detail, etwa bei der Ausgestaltung von Drittbegünstigungen, Zustimmungserfordernissen oder Formvorgaben, sind möglich und hängen vom jeweiligen Rechtssystem ab.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Vertrag zu Lasten Dritter“?
Es handelt sich um eine Vereinbarung zwischen zwei Personen, die vorsieht, dass eine unbeteiligte dritte Person Pflichten übernehmen oder Nachteile hinnehmen soll. Da die dritte Person dem nicht zugestimmt hat, ist eine solche Belastung ihr gegenüber unwirksam.
Ist ein Vertrag zu Lasten Dritter immer unwirksam?
Unwirksam ist die Belastung des Dritten ohne dessen Zustimmung. Der übrige Vertrag zwischen den Parteien kann bestehen bleiben. Wird die Zustimmung des Dritten erteilt, kann die Belastung wirksam werden.
Wie kann ein Dritter dennoch gebunden werden?
Durch eigene Zustimmung. Der Dritter kann beitreten, eine Schuld übernehmen oder einen Vertragseintritt erklären. Ohne eine solche Mitwirkung entsteht keine eigene Pflicht des Dritten.
Worin liegt der Unterschied zu einem Vertrag zugunsten Dritter?
Ein Vertrag zugunsten Dritter verschafft einem Dritten Rechte, etwa das Recht auf eine Leistung. Er belastet den Dritten nicht. Ein Vertrag zu Lasten Dritter soll dagegen Pflichten begründen, was ohne Zustimmung unzulässig ist.
Welche Folgen hat eine unwirksame Klausel zulasten Dritter?
Die Klausel entfaltet gegenüber dem Dritten keine Wirkung. Zwischen den Parteien bleibt der Vertrag häufig im Übrigen wirksam; die Frage, ob und welche Pflichten zwischen ihnen bestehen, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrags.
Dürfen vorformulierte Vertragsbedingungen Pflichten auf Dritte abwälzen?
Klauseln, die unbeteiligte Dritte verpflichten sollen, sind ohne deren Zustimmung regelmäßig unwirksam. Dies gilt besonders für pauschale Abwälzungen in allgemeinen Bedingungen.
Gilt das Prinzip auch bei mittelbaren Nachteilen für Dritte?
Ja. Mittelbare, rein tatsächliche Auswirkungen auf Dritte sind zwar möglich, binden den Dritten aber nicht rechtlich. Unzulässig ist die Begründung einer eigenen Pflicht oder eines unmittelbaren Nachteils beim Dritten ohne seine Zustimmung.