Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Versicherungsrecht»Versicherungssumme

Versicherungssumme


Begriff und Bedeutung der Versicherungssumme

Die Versicherungssumme stellt einen der zentralen Begriffe im Versicherungsrecht dar. Sie bezeichnet im Grundsatz den vertraglich vereinbarten Höchstbetrag, den ein Versicherer im Versicherungsfall maximal an den Versicherungsnehmer oder die versicherte Person bzw. deren Bezugsberechtigte zu leisten verpflichtet ist. Als eminent wichtiges Instrument dient die Versicherungssumme der Risikobegrenzung sowie der Leistungsfestlegung im Sinne einer vertraglichen Obergrenze.

Rechtsnatur und Funktionen der Versicherungssumme

Versicherungssumme als Leistungsgrenze

Die Versicherungssumme bildet die Leistungsobergrenze für das Versicherungsunternehmen. Übersteigt der tatsächlich entstandene Schaden die Versicherungssumme, bleibt der Mehrbetrag regelmäßig unversichert (Unterversicherung). Ist der Schaden geringer, wird meist nur der Schadenbetrag reguliert, sofern sich keine abweichenden vertraglichen Regelungen finden.

Bedeutung im Versicherungsvertrag

Im Sinn von § 1 Abs. 1 Satz 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) wird der Versicherungsumfang sowie insbesondere die Versicherungssumme vertraglich vereinbart und schriftlich im Versicherungsschein dokumentiert. Die Versicherungssumme ist für beide Vertragsparteien bindend und basiert auf der Risikobewertung, meist durch den Versicherungsnehmer im Rahmen der Antragstellung.

Festlegung und Anpassung der Versicherungssumme

Festsetzung der Versicherungssumme

Die Höhe der Versicherungssumme richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen sowie nach dem Wert des versicherten Interesses. In der Schadenversicherung (z.B. Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung) korreliert die Versicherungssumme mit dem Wiederbeschaffungswert oder dem gemeinen Wert der versicherten Sache. In der Personenversicherung (etwa Lebens- und Unfallversicherung) wird sie frei vereinbart oder richtet sich nach gesetzlichen Mindest- und Höchstgrenzen.

Nachträgliche Anpassung und Dynamik

Versicherungsnehmer sind verpflichtet, eine Änderung des Versicherungswerts anzuzeigen, falls dieser Einfluss auf die Angemessenheit der Versicherungssumme hat (§ 19 VVG, Anzeigepflicht). Eine fehlerhafte oder unterlassene Anpassung kann zu Unter- oder Überversicherung führen und die Versicherungsleistung (Quotierung, Leistungskürzung oder Prämienanpassung) beeinflussen.

In manchen Vertragsarten – beispielsweise in der Lebensversicherung – existieren sogenannte Dynamikken, welche regelmäßige automatische Anpassungen der Versicherungssumme und der Prämienhöhe vorsehen.

Abgrenzung: Versicherungssumme, Selbstbehalt und Sublimit

Selbstbehalt

Der Selbstbehalt ist nicht identisch mit der Versicherungssumme, sondern bezeichnet den Teil des Schadens, den der Versicherungsnehmer selbst zu tragen hat. Die Versicherungssumme bildet immer die Obergrenze; der Selbstbehalt kommt hiervon zusätzlich zum Tragen.

Sublimit

Ein Sublimit ist eine innerhalb der gesamten Versicherungssumme festgelegte – vertraglich bestimmte – Höchstentschädigung für spezielle Risiken oder Schadensarten, beispielsweise für Wertsachen. Diese Sublimits sind Bestandteil der Bedingungen und schränken den Leistungsumfang weiter ein.

Versicherungssumme in verschiedenen Versicherungsarten

Sachversicherung

Bei der Sachversicherung (etwa Wohngebäude-, Hausrat- oder Kfz-Kaskoversicherung) bezeichnet die Versicherungssumme die maximale Entschädigungsleistung, die nach den Grundsätzen der Wertermittlung bestimmt wird (Wiederbeschaffungswert, Zeitwert, Neuwert, gleitender Neuwert).

Unterversicherung und ihre Rechtsfolgen

Ist die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert (Unterversicherung), erfolgt im Schadensfall eine proportionale Leistungskürzung nach der Unterversicherungsklausel (§ 75 VVG). Übersteigt die Versicherungssumme hingegen den Versicherungswert (Überversicherung), kann dies zur Anpassung oder zur Nichtigkeit des Vertrags führen (§ 51 VVG).

Haftpflichtversicherung

In der Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung entspricht die Versicherungssumme der maximalen Deckung pro Schadensereignis oder pro Versicherungsjahr. Als sogenannte Deckungssumme wird sie häufig im Versicherungsrecht synonym verwendet. Die Festlegung gesetzlicher Mindestdeckungssummen beispielsweise in der Kfz-Haftpflichtversicherung findet sich u.a. in § 4 PflVG (Pflichtversicherungsgesetz) und den jeweiligen Versicherungsbedingungen.

Personenversicherung

In der Lebens-, Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung definiert die Versicherungssumme die im Versicherungsfall (z. B. Tod, Invalidität) bzw. zum Ablauf der Versicherung garantierte Leistung.

Besonderheiten in Bezug auf die Versicherungssumme

Unterversicherung

Liegt die Versicherungssumme unter dem tatsächlichen Wert des versicherten Interesses, spricht man von Unterversicherung. Die Leistung wird anteilig gemäß dem Verhältnis von Versicherungssumme zum Versicherungswert gekürzt (§ 75 VVG). Dies dient der Prävention von Risikoübernahmen, die durch zu geringe Beitragshöhen nicht gedeckt wären.

Überversicherung

Ist die Versicherungssumme höher als das versicherte Interesse, besteht eine Überversicherung (§ 51 VVG). Grundsätzlich ist hier eine Anpassung angezeigt. Im Schadensfall wird jedoch höchstens der tatsächliche Schaden ersetzt, um eine Bereicherung des Versicherungsnehmers zu verhindern.

Doppelversicherung

Bei mehreren Versicherungsverträgen mit identischem Risiko und Gesamtversicherungssummen, die den Versicherungswert überschreiten, handelt es sich um Doppelversicherung (§ 78 VVG). In diesem Fall haften die Versicherer anteilig, eine Mehrfachentschädigung ist ausgeschlossen.

Versicherungssumme und Prämienhöhe

Die Prämienhöhe korrespondiert regelmäßig mit der Versicherungssumme. Eine höhere Versicherungssumme erhöht in der Regel die Versicherungsprämie, da das Haftungsrisiko des Versicherers steigt.

Versicherungssumme im internationalen Kontext

Im internationalen Versicherungsvertragsrecht (beispielsweise im Rahmen von Lloyd’s-Versicherungen oder nach ausländischem Recht) gelten teils abweichende Interpretationen und Grenzziehungen zwischen Versicherungssumme und Limit, insbesondere hinsichtlich Bündelverträgen, Währungseinheiten und regionaler Mindestvorgaben.

Fazit

Die Versicherungssumme ist ein zentrales Element des Versicherungsvertrags, mit erheblicher Relevanz für die Berechnung der Prämien, die Begrenzung des Risikos und die Ausgestaltung des Versicherungsschutzes. Ihre korrekte Festlegung, fortlaufende Überprüfung und Anpassung ist für Versicherungsnehmer und -unternehmen gleichermaßen von hoher Bedeutung, um Unterversicherung, Überversicherung oder Leistungslimitierungen rechtssicher zu vermeiden.

Literaturverzeichnis

  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
  • Pflichtversicherungsgesetz (PflVG)
  • Prölss/Martin, VVG-Kommentar
  • Römer/Langheid, Kommentar zum VVG

Dieser Artikel behandelt die Versicherungssumme in ihrer umfassenden Bedeutung und den relevanten rechtlichen Hintergründen für den Eintrag im Rechtslexikon.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rolle spielt die Versicherungssumme bei der Regulierung von Schadensfällen?

Die Versicherungssumme ist im Schadenfall zentraler Maßstab für die Regulierung durch den Versicherer. Sie definiert den maximalen Betrag, bis zu dem der Versicherer Leistungen im Leistungsfall erbringt. Übersteigt der Schadenbetrag die vereinbarte Versicherungssumme, haftet der Versicherer rechtlich nur bis zur Höhe dieser Summe; der Differenzbetrag obliegt dem Versicherungsnehmer. Der rechtliche Anspruch des Versicherungsnehmers auf eine vollständige Schadensdeckung beschränkt sich also vertraglich auf die Versicherungssumme. Sie entspricht einer Obergrenze, die sowohl aus Sicht des Versicherungsunternehmens zur Begrenzung des Haftungsrisikos dient als auch dem Versicherungsnehmer Planungssicherheit bezüglich erhaltener Leistungen im Schadensfall bietet. Für unterschiedliche Versicherungssparten können gemäß den gesetzlichen Rahmenbedingungen (z. B. VVG – Versicherungsvertragsgesetz, Pflichtversicherungsgesetze) zudem Mindest- oder Höchstversicherungssummen vorgeschrieben sein, die bei Vertragsabschluss beachtet werden müssen.

Wie wird eine Unterversicherung rechtlich beurteilt und welche Konsequenzen hat sie bei der Schadensregulierung?

Wird im Vertrag eine Versicherungssumme vereinbart, die unter dem tatsächlichen Versicherungswert liegt (Unterversicherung), hat dies nach § 75 VVG erhebliche rechtliche Konsequenzen. Im Falle eines Schadens wird die Entschädigung anteilig gekürzt; konkret erfolgt die Regulierung nach der sogenannten Verhältnisregel. Beträgt die Versicherungssumme beispielsweise nur 60 % des tatsächlichen Versicherungswertes, wird im Schadenfall auch nur 60 % des Schadens ersetzt. Ziel dieser Regelung ist der Schutz des kollektiven Gleichgewichts im Versicherungswesen sowie die Prävention von Vertragsmissbrauch durch bewusste Unterversicherung zur Prämienersparnis. Der Nachweis einer Unterversicherung und deren Höhe obliegt grundsätzlich dem Versicherer.

Gibt es gesetzliche Mindest- oder Höchstgrenzen für Versicherungssummen, und wann sind diese relevant?

In verschiedenen Versicherungssparten schreibt der Gesetzgeber verbindliche Mindest- oder Höchstversicherungssummen vor. Im Bereich der Haftpflichtversicherung, etwa im Straßenverkehr (Kfz-Haftpflichtversicherung), regelt das Pflichtversicherungsgesetz die Höhe der Mindestdeckung. Ziel dieser gesetzlichen Vorgaben ist der umfassende Schutz Geschädigter vor unzureichenden Leistungen im Haftungsfall. In anderen Bereichen, etwa in der Berufshaftpflicht für bestimmte Berufsgruppen (z. B. Rechtsanwälte, Architekten), sind durch berufsrechtliche Vorschriften oder berufsständische Versorgungswerke ebenso Mindestversicherungssummen verbindlich geregelt. Verstöße gegen diese Gesetzesvorgaben können zur Unwirksamkeit des Versicherungsschutzes oder zu aufsichtsrechtlichen Sanktionen führen.

In welcher Form muss die Versicherungssumme im Vertrag dokumentiert werden und wie bindend ist diese Angabe?

Nach den Vorgaben des VVG ist die Versicherungssumme in den Versicherungsunterlagen klar und eindeutig anzugeben. Die vertragliche Festlegung erfolgt zumeist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie im Versicherungsschein (Police), in dem die Versicherungssumme als wesentliche Vertragsgrundlage explizit ausgewiesen wird. Die eingetragene Summe ist für beide Vertragsparteien, also für Versicherer und Versicherungsnehmer, in ihrer konkreten Höhe rechtlich verbindlich. Änderungen der Versicherungssumme (zum Beispiel Anpassungen wegen Wertsteigerungen) erfordern eine formelle Vertragsänderung und sind rechtlich nur durch beiderseitige Vereinbarung oder im Rahmen vertraglich vereinbarter dynamischer Anpassung möglich.

Welchen Einfluss hat eine Übersicherung aus rechtlicher Sicht?

Wird eine Versicherungssumme vereinbart, die über dem tatsächlichen Versicherungswert liegt (Übersicherung), handelt es sich rechtlich um eine Übersicherung nach § 74 VVG. Der Versicherer ist im Schadenfall gesetzlich nur verpflichtet, den tatsächlich entstandenen Schaden bis zum realen Versicherungswert zu ersetzen, niemals jedoch über diesen hinaus. Aus dem Grundsatz des Bereicherungsverbots im Versicherungsrecht kann der Versicherungsnehmer keine höhere Leistung beanspruchen als den erlittenen Schaden. Eine bewusste Übersicherung kann zudem Anhaltspunkt für Versicherungsbetrug darstellen. Nach Feststellung einer Übersicherung ist der Versicherer berechtigt, eine Vertragsanpassung zu verlangen. Kommt diese nicht zustande, besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht.

Wie verhält sich die Versicherungssumme bei Mehrfachversicherungen verschiedener Anbieter?

Im Fall einer Mehrfachversicherung, also dem Abschluss mehrerer Versicherungsverträge für dasselbe Interesse bei verschiedenen Versicherern, regelt § 78 VVG das Zusammenwirken der Versicherungssummen. Die Versicherungssummen aus den einzelnen Verträgen können zusammen nicht höher angesetzt werden als der tatsächliche Versicherungswert. Die Versicherer haften anteilig im Verhältnis ihrer jeweiligen Versicherungssummen. So wird gewährleistet, dass der Versicherungsnehmer nicht durch die Vervielfachung der Versicherungssummen über seine reale Schadenshöhe hinaus entschädigt wird (bereicherungsverbot). Gleichzeitig sichern diese Regelungen die Rückgriffsrechte der beteiligten Versicherer untereinander.

Welche Bedeutung hat die Versicherungssumme im Kontext von Teilschäden und der Unterteilung nach Versicherungsarten?

Im Bereich der Schadenversicherung wird bei Teilschäden stets nur der tatsächlich eingetretene Schaden ersetzt, jedoch maximal bis zur vereinbarten Versicherungssumme. In der Haftpflichtversicherung hingegen markiert die Versicherungssumme die Obergrenze für jeden einzelnen Schadensfall oder für die Gesamtschadensleistung während eines Versicherungsjahres (sogenannte Maximierung). Der vertragliche Umfang kann hierbei unterschiedliche Ausgestaltungen enthalten, beispielsweise Jahreshöchstentschädigungen, Sublimits für bestimmte Schadensereignisse, oder Summen pro Einzelereignis. Maßgeblich für die rechtliche Bewertung bleibt die im Vertrag bestimmte Versicherungssumme und deren Konkretisierung durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie etwaige gesetzliche Sonderregelungen.