Versicherung, anwaltliche – Begriff, Bedeutung und Einordnung
Die „anwaltliche Versicherung“ ist eine schriftliche Erklärung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts, mit der bestimmte Tatsachen versichert werden. Sie dient dazu, den Wahrheitsgehalt von Angaben zu untermauern, ohne den formalen Rang einer eidesstattlichen Versicherung zu erreichen. Ihr besonderes Gewicht beruht auf den berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrheit und Sorgfalt sowie auf der Verantwortung für abgegebene Erklärungen.
Definition
Unter einer anwaltlichen Versicherung versteht man die ausdrücklich als solche bezeichnete Erklärung, dass eine bestimmte Tatsache nach eigener Kenntnis zutrifft oder nach eingehender Prüfung als zutreffend angesehen wird. Häufig wird sie durch die Formulierung „es wird anwaltlich versichert, dass …“ kenntlich gemacht.
Abgrenzung
Die anwaltliche Versicherung ist keine eidesstattliche Erklärung. Sie ist auch mehr als eine einfache Parteibehauptung, da sie von einer zur Wahrheit verpflichteten, unabhängigen Vertretung stammt und mit persönlicher Verantwortung verbunden ist. Gleichwohl ersetzt sie in strengen Beweisaufnahmen keine klassischen Beweismittel wie Zeugen, Urkunden oder Sachverständige.
Rechtliche Natur und Beweiswert
Die rechtliche Bedeutung der anwaltlichen Versicherung ergibt sich aus der besonderen Vertrauensstellung und der Bindung an strenge Wahrheitspflichten. Gerichte messen ihr daher in vielen Situationen ein erhebliches Überzeugungsgewicht zu.
Grundlage im Pflichtengefüge
Anwälte sind zur wahrheitsgemäßen Darstellung verpflichtet und haben die Sorgfalt eines unabhängigen Organs der Rechtspflege zu wahren. Eine bewusste Unrichtigkeit kann berufsrechtliche, zivilrechtliche und unter Umständen strafrechtliche Folgen auslösen. Diese Verantwortung verleiht der anwaltlichen Versicherung ihre Glaubwürdigkeit.
Beweiswert im Verfahren
Im Rahmen freier richterlicher Würdigung kann eine anwaltliche Versicherung ausreichen, um Tatsachen glaubhaft zu machen, insbesondere in verfahrensrechtlichen Nebenfragen. In Beweisaufnahmen mit strengen Beweisanforderungen ersetzt sie hingegen keine klassischen Beweismittel. Ihr Gewicht steigt, wenn die versicherten Tatsachen aus eigener Wahrnehmung stammen und inhaltlich nachvollziehbar dargelegt sind.
Eigene Kenntnis vs. fremde Information
Erklärungen aus eigener Kenntnis haben deutlich höheren Beweiswert als solche, die auf Mitteilungen der vertretenen Partei beruhen. Soweit Angaben auf Informationen Dritter beruhen, ist eine klare Kennzeichnung der Wissensquelle wesentlich für die Einordnung der Aussagekraft.
Rolle im Rahmen der Glaubhaftmachung
Bei Fragen, die keine abschließende Beweisführung erfordern, kann eine anwaltliche Versicherung ein zentrales Mittel der Glaubhaftmachung sein. Dies betrifft insbesondere zeit- und formbezogene Umstände, organisatorische Abläufe oder Randtatsachen mit geringem Streitwert.
Form und Inhalt
Die Wirksamkeit der anwaltlichen Versicherung hängt wesentlich von einer klaren Form und einem präzisen Inhalt ab.
Formanforderungen
Üblich ist die schriftliche Abgabe innerhalb eines Schriftsatzes an ein Gericht oder eine Behörde. Die Erklärung sollte als „anwaltliche Versicherung“ überschrieben oder eindeutig so bezeichnet sein. Sie wird eigenhändig unterschrieben oder qualifiziert elektronisch signiert, wenn sie elektronisch übermittelt wird. Adressat, Datum und Zuordnung zum Verfahren müssen eindeutig erkennbar sein.
Inhaltliche Mindestangaben
Wesentlich sind: klare Bezeichnung der versicherten Tatsachen, Darstellung der eigenen Wahrnehmung oder der Informationsquelle, zeitliche Einordnung, Vollständigkeit der relevanten Umstände sowie eine eindeutige Verantwortungsübernahme durch die unterzeichnende Person. Allgemeine Floskeln ohne Tatsachenkern besitzen nur geringen Wert.
Grenzen und Risiken
Die anwaltliche Versicherung darf nicht zur Ausfüllung von Wissenslücken eingesetzt werden. Unklare, spekulative oder bewusst unrichtige Angaben können Vertrauen zerstören und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Der Umfang der Erklärung ist auf solche Tatsachen beschränkt, die zuverlässig überprüft oder selbst wahrgenommen wurden.
Typische Anwendungsfelder
Die anwaltliche Versicherung wird in der Praxis in verschiedenen Konstellationen eingesetzt, in denen eine rasche, verlässliche Tatsachenbestätigung benötigt wird.
Fristen, Zustellung und Verfahrensorganisation
Häufig betrifft sie Angaben zur Einhaltung oder Versäumung von Fristen, zur Aufgabe von Schriftstücken zur Post, zu technischen Übermittlungen, zu Kanzleiorganisation und Kontrollen sowie zu Eingangsdaten bei Zustellungen. Sie dient hier der nachvollziehbaren Dokumentation von Abläufen.
Einstweiliger Rechtsschutz und vorläufige Entscheidungen
Bei vorläufigen Maßnahmen kann die anwaltliche Versicherung zur Glaubhaftmachung einzelner Randtatsachen dienen, etwa zur Dringlichkeit oder zu Begleitumständen eines Geschehens, soweit eine sofortige Klärung erforderlich ist und kein Strengbeweis stattfindet.
Kosten- und Vergütungsfragen
In kostenrechtlichen Nebenfragen kann sie helfen, tatsächliche Voraussetzungen zu verdeutlichen, beispielsweise zu Kommunikationswegen, Terminsabläufen oder Einigungsmodalitäten, sofern dies für die Festsetzung relevant ist.
Sonstige Verfahrenssituationen
Auch in sonstigen prozessualen Nebenpunkten – etwa zur Klarstellung von Empfangs- und Vertretungsverhältnissen oder zur Richtigstellung von Versehen – findet die anwaltliche Versicherung Verwendung.
Abgrenzungen zu verwandten Erklärungen
Versicherung an Eides statt
Die eidesstattliche Versicherung ist eine förmliche, mit besonderen rechtlichen Folgen verbundene Erklärung. Die anwaltliche Versicherung hat dieses formale Gewicht nicht und dient primär der Glaubhaftmachung durch eine zur Wahrheit verpflichtete Vertretungsperson.
Parteierklärung
Eine reine Parteierklärung ist eine Aussage der betroffenen Person selbst. Ihr kommt ohne weitere Beweismittel regelmäßig geringere Überzeugungskraft zu als einer anwaltlichen Versicherung, da letztere zusätzlich an berufsrechtliche Pflichten anknüpft.
Zeugenaussage und Strengbeweis
In einem Beweisverfahren mit strengen Beweisanforderungen genügt die anwaltliche Versicherung für sich genommen nicht. Hier sind klassische Beweismittel erforderlich. Die anwaltliche Versicherung kann jedoch den Rahmen der Beweisaufnahme strukturieren oder die Relevanz von Beweisanträgen untermauern.
Haftungs- und Sanktionsfolgen
Zivilrechtliche Haftung
Unrichtige anwaltliche Versicherungen können Schadensersatzansprüche auslösen, etwa wenn durch falsche Tatsachenbestätigungen Vermögensnachteile entstehen. Maßgeblich sind dabei die Sorgfaltspflichten bei der Ermittlung und Darstellung von Tatsachen.
Berufsrechtliche Folgen
Verstöße gegen die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Darstellung können berufsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen. Das betrifft insbesondere bewusst unzutreffende oder grob fahrlässig fehlerhafte Versicherungen.
Strafrechtliche Risiken
Werden wissentlich falsche Tatsachen versichert, können strafrechtliche Normen einschlägig sein, insbesondere wenn die Erklärung gegenüber einem Gericht abgegeben wurde oder zur Täuschung über rechtserhebliche Umstände eingesetzt wird.
Zusammenfassung
Die anwaltliche Versicherung ist ein anerkanntes Instrument zur verlässlichen Tatsachenbestätigung im Verfahren. Ihr besonderes Gewicht beruht auf der Verantwortung und den Wahrheitspflichten der erklärenden Person. Sie erleichtert die Klärung verfahrensnaher Fragen und die Glaubhaftmachung, ersetzt jedoch keine förmliche Beweisführung, wenn strenge Beweisanforderungen bestehen.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet der Begriff „anwaltliche Versicherung“?
Es handelt sich um eine ausdrücklich so bezeichnete, schriftliche Erklärung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts, mit der bestimmte Tatsachen versichert und in die eigene berufliche Verantwortung übernommen werden.
Worin unterscheidet sich die anwaltliche Versicherung von der Versicherung an Eides statt?
Die anwaltliche Versicherung ist keine eidesstattliche Erklärung. Sie beruht auf beruflicher Verantwortung und Wahrheitspflichten, ohne die formale Qualität und die besonderen Folgen einer eidesstattlichen Versicherung zu haben.
Welchen Beweiswert hat eine anwaltliche Versicherung im Zivilverfahren?
Sie kann zur Glaubhaftmachung genügen und besitzt im Rahmen freier Würdigung erhebliches Gewicht, vor allem bei verfahrensnahen Tatsachen. In förmlichen Beweisaufnahmen ersetzt sie keine klassischen Beweismittel.
Welche Formanforderungen gelten für eine anwaltliche Versicherung?
Üblich sind eine klare Bezeichnung als „anwaltliche Versicherung“, schriftliche Abgabe innerhalb eines Schriftsatzes, eindeutige Zuordnung zum Verfahren, Datum sowie Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur.
Welche Folgen kann eine unzutreffende anwaltliche Versicherung haben?
Unrichtige Angaben können zivilrechtliche Haftung, berufsrechtliche Maßnahmen und unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere bei bewussten Falschangaben.
In welchen Situationen wird sie typischerweise verwendet?
Häufig in Fragen zu Fristen, Zustellungen, Kanzleiorganisation, technischen Übermittlungen, im einstweiligen Rechtsschutz zur Glaubhaftmachung sowie in kostenrechtlichen Nebenpunkten.
Kann eine anwaltliche Versicherung Angaben aus zweiter Hand enthalten?
Ja, sie kann auf Informationen der vertretenen Partei oder Dritter beruhen. Die Quelle sollte klar benannt werden; der Beweiswert ist höher, wenn die Erklärung auf eigener Wahrnehmung beruht.