Legal Lexikon

Vermögensanlagen


Begriff und rechtliche Grundlagen der Vermögensanlagen

Vermögensanlagen sind ein zentraler Begriff des deutschen Kapitalmarktrechts und spielen eine bedeutende Rolle im Anlegerschutz. Sie bezeichnen bestimmte Formen der Geldanlage, die insbesondere im Gesetz über Vermögensanlagen (VermAnlG) geregelt sind. Im rechtlichen Sinne versteht man unter Vermögensanlagen diejenigen Anlageformen, die nicht als Wertpapiere, Anteile an Investmentvermögen oder bestimmte Geldmarktinstrumente qualifizieren, aber dennoch zur Kapitalanlage durch eine Vielzahl von Anlegern dienen. Dieser Artikel erläutert den Begriff „Vermögensanlagen“ umfassend, beschreibt die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen, die Relevanz für den Kapitalmarkt sowie die Konzeption des Anlegerschutzes.

Definition und Abgrenzung

Gemäß § 1 Absatz 2 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) umfassen Vermögensanlagen insbesondere die folgenden Anlageformen:

  • Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren (z.B. Genussrechte, stille Beteiligungen)
  • Namensschuldverschreibungen
  • Nachrangdarlehen
  • Partiarische Darlehen
  • Direktinvestments (z.B. in Container, Schiffe oder Immobilien)
  • sonstige Anlagen, die eine Verzinsung oder einen anderweitigen wirtschaftlichen Vorteil gegen Einlage eines Geldbetrags versprechen

Die zentrale Abgrenzung zu anderen Anlageinstrumenten besteht darin, dass Vermögensanlagen außerhalb des regulierten Wertpapier- und Investmentrechts stehen, für die das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) oder das KAGB maßgeblich wären. Der Gesetzgeber trägt mit dem VermAnlG der Tatsache Rechnung, dass auch „alternative“ Anlageprodukte ein erhebliches Anlegerschutzbedürfnis mit sich bringen.

Anwendungsbereiche und Systematik

Das Vermögensanlagengesetz findet Anwendung auf öffentliche Angebote von Vermögensanlagen, soweit diese nicht bereits über andere Spezialgesetze reguliert sind. Die Regelungen des VermAnlG sind grundsätzlich produktbezogen ausgestaltet und knüpfen an die öffentliche Platzierung von Vermögensanlagen an, unabhängig von der konkreten Vertriebsform (online, offline, direkt oder über Vermittler).

Historische Entwicklung

Mit dem In-Kraft-Treten des VermAnlG zum 1. Juni 2012 wurde zum ersten Mal ein umfassender Rechtsrahmen zur Regulierung von Grauen Kapitalmarktprodukten geschaffen. Ziel war eine Verbesserung der Transparenz und des Anlegerschutzes im Bereich nicht-börslicher Anlageprodukte.

Pflichten und Anforderungen an Anbieter von Vermögensanlagen

Prospektpflicht und deren Ausgestaltung

Das zentrale Element zur Regulierung von Vermögensanlagen ist die Prospektpflicht nach dem VermAnlG. Wer im Inland Vermögensanlagen öffentlich anbietet, hat zuvor einen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligten Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Der Prospekt muss detaillierte Angaben zur Vermögensanlage und zu den damit verbundenen Risiken enthalten (§ 6 ff. VermAnlG).

Inhaltliches Mindestmaß des Prospekts

Der Verkaufsprospekt hat eine Vielzahl von Mindestangaben zu enthalten, darunter insbesondere:

  • Angaben zum Anbieter und der Art der Vermögensanlage
  • Darstellung der Struktur des Emittenten
  • Verwendung der Mittel aus der Kapitalaufnahme
  • Wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Risiken
  • Bedingungen der Vermögensanlage (z. B. Laufzeit, Verzinsung, Rückzahlung)
  • Wirtschaftsprüferbestätigung und ggf. Ergänzungen rund um die getätigten Prognosen

Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB)

Neben dem Prospekt ist grundsätzlich ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) zu erstellen (§ 13 VermAnlG). Das zweiseitige VIB bietet potenziellen Anlegern eine leicht verständliche und komprimierte Übersicht zu den wichtigsten Eckdaten und Risiken der Vermögensanlage.

Anlegerschutz und Aufsicht

Rolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

Die BaFin übernimmt die Billigung der Verkaufsprospekte von Vermögensanlagen sowie die Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nach dem VermAnlG. Dabei prüft sie die formale Vollständigkeit und Verständlichkeit der vorgelegten Dokumente. Eine inhaltliche oder wirtschaftliche Plausibilitätsprüfung findet durch die BaFin ausdrücklich nicht statt. Die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit verbleibt beim Emittenten.

Informations-, Mitteilungs- und Offenlegungspflichten

Anbieter von Vermögensanlagen unterliegen umfassenden Informationspflichten. Dies umfasst die laufende Aktualisierung des Prospekts und des VIB, die Mitteilung wesentlicher neuer Umstände sowie die jährliche Veröffentlichung von Nachträgen und Jahresabschlüssen. Verstöße gegen diese Pflichten können zivilrechtliche und aufsichtsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Haftung und Rechtsschutz

Werden unrichtige oder unvollständige Angaben im Prospekt gemacht, haftet der Anbieter potenziellen Erwerbern der Vermögensanlage nach den allgemeinen Grundsätzen des Prospekthaftungsrechts. Neben vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüchen eröffnet dies für Anleger die Möglichkeit, im Schadensfall Rückabwicklung oder Ersatzansprüche geltend zu machen.

Typische Erscheinungsformen und Anlegerrisiken

Die Bandbreite von Vermögensanlagen reicht von Unternehmensbeteiligungen und Genussrechten über Nachrangdarlehen bis hin zu atypischen Direktinvestments in Sachwerte (z.B. Container, Lebensversicherungsmodelle, Edelmetalle). Eine wesentliche Besonderheit besteht darin, dass gerade außerhalb typischer Finanzmarktprodukte häufig erhebliche Informationsasymmetrien zwischen Anbietern und Anlegern bestehen.

Risiken der Vermögensanlagen

Zu den spezifischen Risiken zählen unter anderem:

  • Totalausfallrisiko des eingesetzten Kapitals
  • Nachrangigkeit im Insolvenzfall
  • Mangelnde Handelsmöglichkeiten (fehlende Liquidität)
  • Intransparenz der wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten
  • Eingeschränkte Regulierung im Vergleich zu klassischen Wertpapieren

Die Erfahrung der Vergangenheit mit Anlagebetrugsfällen und Insolvenzen im Grauen Kapitalmarkt hat den Regelungsbedarf und die Notwendigkeit eines effektiven Anlegerschutzes nochmals unterstrichen.

Ausnahmen und Sonderregelungen

Nicht alle Geldanlagen im weiteren Sinne fallen unter das Vermögensanlagengesetz. Ausgenommen sind zum Beispiel Wertpapiere, Investmentvermögen im Sinne des KAGB und bestimmte kurzfristige Geldmarktinstrumente. Darüber hinaus bestehen diverse Schwellenregelungen (z. B. Bagatellgrenzen, Schwellenwerte des § 2 VermAnlG) sowie Ausnahmen für Kleinemissionen, um den Zugang zum Kapitalmarkt für kleinere Emittenten nicht unverhältnismäßig zu erschweren.

Literatur und weiterführende Hinweise

Für weitergehende Informationen empfiehlt sich ein Blick in die aktuellen Gesetzestexte des Vermögensanlagengesetzes, die amtlichen Veröffentlichungen der BaFin zu Prospekten und Informationsblättern sowie einschlägige Kommentarliteratur zum Kapitalmarktrecht.


Dieser Artikel bietet eine umfassende rechtliche Übersicht über den Begriff der Vermögensanlagen, deren Regulierung, typische Erscheinungsformen sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten. Vermögensanlagen nehmen einen wesentlichen Stellenwert im Kontext des Anlegerschutzes und der Kapitalmarktregulierung ein und unterliegen einer stetigen Weiterentwicklung im deutschen Recht.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Anforderungen gibt es an das Prospekt bei Vermögensanlagen?

Ein zentrales rechtliches Erfordernis im Zusammenhang mit Vermögensanlagen ist die Verpflichtung zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts vor dem öffentlichen Angebot oder der Zulassung zum Handel. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich insbesondere im Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) sowie im Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Der Prospekt muss alle wesentlichen Informationen enthalten, die für eine fundierte Anlageentscheidung erforderlich sind. Dazu zählen insbesondere Angaben zur Art und den Risiken der Vermögensanlage, zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten, zu den wesentlichen Verträgen, die mit der Vermögensanlage in Zusammenhang stehen, sowie zu den Rechten und Pflichten der Anleger. Der Prospekt muss von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligt werden. Eine fehlerhafte, unvollständige oder nicht rechtzeitig veröffentlichte Prospekterstellung kann zivilrechtliche und strafrechtliche Folgen für den Anbieter nach sich ziehen, etwa Schadensersatzforderungen oder Bußgelder.

Welche Informations- und Aufklärungspflichten bestehen gegenüber Anlegern?

Anbieter und Vermittler von Vermögensanlagen unterliegen umfassenden Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber potenziellen Anlegern. Diese Pflichten ergeben sich nicht nur aus dem VermAnlG, sondern auch aus § 31 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sowie den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Beratung. Die Pflichten umfassen insbesondere die rechtzeitige, vollständige und verständliche Information über sämtliche Risiken, Kosten, Gebühren und sonstigen Nebenbedingungen der Vermögensanlage. Des Weiteren sind Interessenkonflikte offenzulegen. Diese Aufklärung muss vor der Zeichnung, also noch vor Vertragsschluss, erfolgen und ist zu dokumentieren. Bei Verstoß gegen diese Pflichten drohen Rückabwicklungsansprüche, Schadensersatzforderungen oder sogar der Widerruf der Vertriebserlaubnis durch die Aufsichtsbehörde.

Welche Rolle spielt die BaFin bei der Überwachung von Vermögensanlagen?

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat eine zentrale Überwachungsfunktion bezüglich des rechtlichen Rahmens von Vermögensanlagen in Deutschland. Sie prüft und billigt die relevanten Verkaufsprospekte und Produktinformationen, kontrolliert den Vertrieb der Produkte und überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch Anbieter und Vermittler. Verstöße zieht die BaFin nach dem Opportunitätsprinzip mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen wie Bußgeldern, Vertriebsverboten oder der Rücknahme von Erlaubnissen zur Verantwortung. Außerdem nimmt sie laufend Kontrollen vor und gibt Warnhinweise an Anleger heraus, falls sie Unregelmäßigkeiten oder Verstöße feststellt.

Welche Verjährungsfristen gelten für Anlegeransprüche im Zusammenhang mit Vermögensanlagen?

Für Ansprüche von Anlegern, die aus fehlerhaften oder unvollständigen Angaben im Prospekt oder aus Pflichtverletzungen bei der Anlageberatung resultieren, gelten spezielle Verjährungsfristen. Nach § 21 VermAnlG bzw. § 46 WpPG verjähren Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Prospekte grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis des Mangels, spätestens jedoch zehn Jahre nach dem öffentlichen Angebot oder der Zulassung der Vermögensanlage. Ansprüche im Zusammenhang mit Beratungspflichtverletzungen unterliegen normalerweise der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anleger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Welche Vertriebsbeschränkungen und -erlaubnispflichten bestehen bei Vermögensanlagen?

Der Vertrieb von Vermögensanlagen gegenüber privaten Anlegern unterliegt in Deutschland strengen gesetzlichen Vorgaben. Wer Vermögensanlagen vertreiben oder vermitteln möchte, benötigt in der Regel eine Erlaubnis nach § 34f Gewerbeordnung (GewO) oder, in besonderen Fällen, nach dem Kreditwesengesetz (KWG). Dabei sind Produkt- und anlegerbezogene Vertriebsbeschränkungen zu beachten. So dürfen bestimmte risikoreiche Vermögensanlagen wie Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen nicht an Kleinanleger ohne zusätzliche Schutzmechanismen, beispielsweise der Abgabe einer Selbstauskunft oder einer Angemessenheitserklärung, vertrieben werden. Verstöße gegen die Erlaubnispflicht oder gegen Vertriebsbeschränkungen sind strafbewehrt und können neben aufsichtsrechtlichen Konsequenzen auch zu zivilrechtlichen Schadensersatzpflichten führen.

Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen das Vermögensanlagengesetz?

Ein Verstoß gegen die Vorschriften des Vermögensanlagengesetzes kann weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dies reicht von aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der BaFin über Bußgelder nach § 24 VermAnlG bis hin zu strafrechtlicher Verfolgung. Für Anleger bedeutend ist zudem, dass Verträge über den Erwerb von Vermögensanlagen, die ohne den erforderlichen Prospekt oder entgegen den gesetzlichen Vertriebsbeschränkungen zustande gekommen sind, als schwebend unwirksam gelten können. Anleger können in einem solchen Fall die Rückabwicklung des Geschäfts und die Rückzahlung ihres investierten Kapitals verlangen. Darüber hinaus können aufgrund von Beratungs- oder Informationspflichtverletzungen Schadensersatzansprüche entstehen, die wiederum zivilrechtlich durchgesetzt werden können.